"Ideo, es muss aufhören. Die Dämonen breiten sich immer weiter in Tokyo aus..und bald wird man ihre Vergehen nicht mehr als Überfall oder Unfall abtun." Juns Stimme erfüllte den kalten Raum des 54- stöckigen Hochhauses. Der Mori Tower in Roppongi bietet auf seiner beachtlichen Fläche nicht nur Platz für Geschäfte und Restaurants. In den Obersten Etagen befinden sich einige Geschäftsniederlassungen- darunter auch die des Mori- Kunstmuseums. Im Büro angelangt, hatte sich der Schüler kaum einen Schritt von der Tür entfernt, und starrte auf den breiten Teak-Tisch aus dunklem Holz, der durch das einfallende Licht der verglasten Außenwand in ein ebenso tiefes Schwarz getaucht war, wie der breite Bürostuhl der sich von ihm abwandte. "Ich hatte.. einen Traum." erwiderte ihm eine dunklere Stimme. Sie rührte vom Bürostuhl her, auf dessen Lehne eine Hand ruhte.
"Ich habe dir doch einmal erzählt, dass ich einer Gestalt begegnet bin...die aus bloßem Licht entstanden ist." Half ihm die Stimme, die Jun wohl bekannt war auf die Sprünge. Im spiegelnden Glas konnte man blass die Erscheinung des Mannes erkennen, zu dem sie gehörte. Er war groß- besaß breite Schultern, und fixierte mit seinen unnatürlich hellen Augen die grenzenlose Freiheit des Himmels. "Ja..aber da war ich doch ein Kind. Ich dachte, du erzählst mir diese Geschichte nur um mich von meinem Ärger abzulenken.." wurde Jun leiser- und innerlich schmolz die Wut zur Frustration. Die Energie die ihn dazu getrieben hatte mit seinem Bruder abzurechnen, war verflogen und ließ ihn mit dem gleichen schlechten Gefühl zurück, dass ihn seid Ideos verlassen ihrer Familie zum ständigen Begleiter geworden war. Ideo war einige Jahre älter wie er. In seiner Schulzeit unterlag er oft den Schikanen seiner Mitschüler und kam sogut wie nie ohne einem blauen Auge oder zerrissenen Sachen nach Hause. Viel tiefer gingen jedoch die verbalen Schikanen, die tiefe Spuren auf seiner Seele hinterlassen hatten. "Du hättest nichts tun können, Jun. Das war nicht dein Krieg. Es war nicht deine Aufgabe , ihn auszutragen." Fiel ihm sein Bruder ins Wort..und das wieder mit dieser schwermütigen Gelassenheit, die Jun so verabscheute. Er konnte es nicht ergründen...doch er schämte sich wann immer er mit diesem Tonfall konfrontiert wurde. "Aber was ich dir erzählt hatte, war mein ernst. Ich bin dem vollkommen, reinen Licht begegnet. Es sagte, dass es aus dem Wunsch der Menschen heraus entstanden sei. Dem Wunsch nach..Veränderung." fuhr Ideo fort, und sein jüngerer Bruder schwieg. "Die Menschen sind mit den Jahren immer mehr verfallen. Sie Lügen, betrügen...führen Kriege und warum? Aus der Lust an Macht, und der Sucht nach Besitz. Deswegen begehen sie immer wieder die selben Fehler, und verkommen zu einer schändlichen Rasse.." Ideos Stimme färbte sich düster, und die Hand die zuvor so ruhig auf der Lehne geruht hatte, ballte sich leicht zur Faust, so dass sich die Knöchel weiß unter der Haut abzeichneten, und sich die feinen Äderchen darunter spannten. "Du warst immer wütend, wenn ich verletzt aus der Schule kam..ich erinnere mich noch genau. Und heute? Heute bist du bestrebt als Schulsprecher zu verhindern, dass andere Kinder des selben Leidensdruck durchleben müssen. Jun, das ist sehr löblich.. aber siehst du nicht, dass es nicht das Problem löst? "
"Willst du behaupten, es sei Sinnlos?!" fuhr Jun ihn daraufhin an, und löste sich aus der Starre an der Tür, und schritt auf den Tisch zu, der zur Zielscheibe seiner Hände wurde als sie auf ihn nieder donnerten und anschließend von ihm abstützten. "Natürlich nicht." blieb Ideo dennoch ruhig. Er drehte sich jedoch auch nicht zu seinem Bruder um. "Nur kannst du nicht erwarten, dass Aufgrund deiner Mühe, sich andere Menschen ändern. Du magst einen kleinen Bereich dieser großen Welt für einen gewissen Zeitraum unter Kontrolle zu haben...aber das reicht nicht. Jun, es reicht nicht.." schüttelte Ideo ein weiteres Mal den Kopf. Erst jetzt drehte sich seine Erscheinung auf dem Drehstuhl um. Seine Ausstrahlung war vereinnahmend. Unter seinem Blick fiel es einem schwer, sich nicht schuldig zu fühlen- oder der Faszination zu unterliegen die tieferen Gedanken ergründen zu wollen, die sich dahinter im verborgenen hielten. Wo die äußerliche Erscheinung das Bild eines Mannes Mitte Zwanzig formten, schien dahinter eine viel ältere und wissendere Seele zu hausen... "Die Welt befindet sich im Umbruch. Und ich schenke Baphomet den Glauben daran, die Welt auf einen besseren Pfad zu führen. Verstehst du nicht? Wenn die Menschen in der Furcht davor leben müssen, dass es etwas gibt, dass mächtiger ist als sie...werden sie begreifen dass ihr Raubmord an dieser Welt sinnlos geworden ist. Sie.. können reifen und geformt werden, wenn sie ihren Drang unterdrücken müssen, sich zu behaupten. All die schlechten Zwänge und Angewohnheiten die über Jahre in unsere Gene geflossen sind werden sich zurück bilden...und es wird wieder irgendwann Menschen geben, die es verdient haben, Mensch genannt zu werden.." endete Ideo, und Juns Augen wurden schwerer, als er in das Gesicht seines Bruders sah. Er mochte die selbe Stimme haben, das selbe Gesicht...doch ansonsten konnte er ihn nicht wiedererkennen. "Ich teile deine Meinung. Aber ich weiß das Baphomet nicht die Lösung des Problems ist. Er benutzt dich nur! Und er wird es sich nicht zur Aufgabe machen Menschen zu leiten, er wird sie höchstens unterdrücken. Und dann knechtet das selbe Problem in anderer Gestalt erneut den Planeten." Juns Lippen formten die Worte so schnell, als würden sie seid Ewigkeiten auf ihnen lasten... und in gewisser Hinsicht war es auch so. "Aber ich erkenne auch, dass wir an völlig verschiedenen Punkten stehen. Vielleicht ist dieses Gespräch..das letzte das wir als Geschwister führen." seufzte Jun. Seine Krawatte hatte sich um seinen Hals gelockert- und sein Hemd schien trotz passender Größe nun fiel mehr ihn zu tragen, als umgedreht. Er fühlte sich traurig...und dennoch so paralysiert. "Ich werde jetzt gehen.." fügte er noch an, und gab den Schreibtisch frei indem er seinen Griff löste um sich aufzurichten. "Ich gebe dich noch nicht auf Jun..Die Dämonen werden auch dir die Wahrheit offenbaren. Dann wirst du an mich denken." nickte Ideo und hielt die Augen geschlossen, während sein Bruder sich umdrehte um den Raum zu verlassen. Im Schatten des hinteren Teiles, in dem sich die Tür befand auf dessen Klinke er seine Hand legte, umfing ihn eine dunkle Aura- die ihm das atmen erschwerte- und seinen Herzschlag verlangsamte... "Auch wenn ich ihn nicht mehr retten kann... Janus wirst du nicht bekommen." flüsterte in die scheinbar leere Dunkelheit. Als er die Tür jedoch hinter sich zuschlug- glühte mit einem paar roten Augen aus dem Schatten die Gewissheit eines Stillen Zuhörers...