Charakter: extrem schüchtern und zurückhaltend, leidet an leichten Sozialphobien und ist spielsüchtig
Hintergrund:
Chihiros Lebensgeschichte klingt wie ein Hollywood Film oder ein Bestseller. Zumindest aber nicht wie der Lebenslauf eines normalen Menschen. Sie spricht nicht über ihre Vergangenheit, und nur Hiro ist es gelungen, große Teile davon zu ergründen, obwohl er sie eigentlich nur wegen ihrer Spielsucht therapieren sollte...
Der Grund, warum sie zu ihm in die Therapie kam, war eher zufälliger Natur. Sie war in den vergangenen Jahren bereits bei einem halben Dutzend anderer Therapeuten in Behandlung, aber keiner davon schaffte es, zu ihr durchzudringen. Ein Arzt hatte nach ihrem versehentlichen Kreislaufzusammenbruch die Idee, sie zu dem ortsansässigen, japanischen Psychologen zu schicken ("...weil beide Japaner sind...") und tatsächlich verstand sie sich mit Hiro von Anfang an sehr gut. Snacks, Eistee und die Tatsache, dass er sich nicht an ihrem Handheld-Schutzschild störte, waren eine gute Basis für ihre Therapie. Zuerst drehte sich alles um ihren Kreislaufzusammenbruch, den sie erlitten hatte weil sie tagelang das Essen und Trinken vergessen hatte. Sie konnte Hiro glaubhaft versichern, dass es sich dabei nicht um einen Selbstmordversuch gehandelt hatte, sondern um ein Versehen. Unter anderem brachte er ihr daraufhin auch den Wecker-Trick bei, den sie bis heute anwendet, um Essen, Trinken oder Verabredungen nicht versehentlich zu vergessen.
Der feinsinnige Hiro spürte jedoch von Anfang an, dass es tiefsitzendere Probleme als nur die Spielsucht geben musste, die Chihiro belasten. Sie wird sehr schnell verschlossen, wenn man sie nach persönlichen Belangen fragt und zieht sich in ihre virtuelle Realität zurück. Viele, viele Treffen in denen sie oft sogar nur über den Alltag oder Spiele geredet hatten, die sie beide kennen, waren nötig, bevor sie zum ersten Mal über sich selbst sprach. Über ihre Vergangenheit, und ihre Herkunft.
Sie hat zwar dänische Eltern, stammt aber wie Hiro ursprünglich aus Japan. Wann und warum ihre Eltern ausgewandert sind, weiß sie nicht. Sie hat kaum Erinnerungen an sie. Nach einigen weiteren Sitzungen fügte sie diesen wenigen Informationen weitere hinzu. Chihiro wuchs nicht bei ihren Eltern auf. Ihre Erinnerungen sind so vage, dass sie glaubt, nur bis zum dritten oder vielleicht vierten Lebensjahr bei ihnen gelebt zu haben. Sie wuchs bei einem reichen Geschäftsmann auf, der ihrer Aussage nach "mehr Geld als Gott" hat. Das Anwesen war mehr als luxuriös, und zu Anfang besuchten ihre Eltern sie noch gelegentlich, aber irgendwann hörte das auf. Auf Chihiros Fragen hin erfuhr sie nur, dass ihre Eltern bei einem Unfall verstorben sein sollen. Später, sehr viel später, hatte sie sich manchmal hinterfragt, ob ihre Eltern sie zum einen wirklich an den Geschäftsmann verkauft, und zum anderen wirklich bei einem Unfall gestorben waren. Der Gedanke, dass es sich vielleicht um einen Mord handeln konnte, wurde von ihr aber immer wieder verdrängt. Sie wollte auf diese Fragen keine Antworten. In weiteren Sitzungen enthüllte sie Hiro, dass der reiche Geschäftsmann sich nur für kleine Mädchen interessierte. Als Kind hatte sie das nicht verstanden, erst wesentlich später, als sie sich damit auseinandergesetzt und sich dann dazu entschlossen hatte, alles zu verdrängen. Es war der Geschäftsmann, der ihr ihre ersten Videospiele und Konsolen gekauft hatte. Es hatte ihr auch an sonst nichts gefehlt, aber die Handhelds wurden im Lauf der Zeit zu ihren besten Freunden. Es störte ihn nicht, wenn sie spielte während er sie "besuchte", zumindest die meiste Zeit über nicht. Sie betonte Hiro gegenüber, dass er sie immer nur sanft und behutsam behandelt hatte. Keine Schreie, keine Gewalt, keine Verletzungen.
Sie lebte über zehn Jahre bei ihm, ohne in dieser Zeit eine Schule zu besuchen oder das große Anwesen zu verlassen, weshalb sie japanisch nicht richtig gut lesen und schreiben kann, aber zumindest gut spricht. Da sie Zeit ihres Lebens sehr klein und zierlich war und spät in die Pubertät kam, hatte er sie länger als jedes andere Kind vor und nach ihr behalten, und erst mit 15 Jahren weg geschickt. Sie kam daraufhin zu einer entfernten Verwandten in Dänemark, mit der sie sich aber nicht verstand und in eine staatliche Einrichtung kam. Chihiro war damit nicht besonders glücklich, aber auch wenn er sie weggeschickt hatte, hatte der Geschäftsmann sie nicht vergessen. Er richtete ihr ein Konto ein, auf dass er ihr nach wie vor einen monatlichen Betrag überweist, der für ihren Lebensstil mehr als ausreichend ist. Sie konnte sich damit nach einem Jahr in dem Kinderheim das Apartment leisten, dass sie bis heute bewohnt. Zu Anfang kamen ständig Mitarbeiter vom Jugendamt, aber mit der Zeit wurde es besser, und seit ihrem 18. Lebensjahr konnte sie endlich für sich leben. Das verschaffte ihr auch genug Zeit, endlich so viel zu spielen, wie sie wollte - bis zu ihrem Zusammenbruch.
Seitdem ist viel passiert. Durch Hiro hat sie sogar einen jungen Mann kennengelernt und sich in ihn verliebt. Und auch wenn sie ihm wahrscheinlich nie von ihrer Vergangenheit erzählen wird, liebt sie ihren Freund aufrichtig. Auch ihre Spielsucht hat sich seitdem sehr gebessert und sie kann mit ihm für begrenzte Zeit nach draußen gehen, etwa um einzukaufen oder einen Spaziergang zu machen. Sie versteht sich mit seinen Freunden und besucht Hiro regelmäßig an den Wochenenden zu Hause. Chihiro ist sehr umgänglich, wenn man sich nicht daran stört, dass sie manchmal lieber in der Ecke sitzt und spielt, während die anderen sich unterhalten.