Die Gleise verschwammen mit dem Grün der Landschaft zu einer gleichbleibenden Masse. Einer Farbe ohne Form und Konsistenz, noch von Beschaffenheit. Der Himmel floss mit seinem hellen Blau in den Strom und sorgte für ein wenig Abwechslung vor dem Fenster des Schnellzuges. Sean trug ein hellgrünes, enges Shirt unter dem weißen Hemd, was die weiblichen Züge seiner Figur verschleierte- jedoch ihm nicht den androgynen Charme nahm, der ihm zu eigen war. Eine helle Jeans und dazu passende Halbstiefel rundeten das Bild ab, während das lange, hellblonde Haar in einem locker geflochtenem Zopf über seine Schulter fiel und sich neben ihm auf den Sitz am Ende einrollte. Sie waren länger geworden, aber er hatte bisher keine Zeit darauf verwendet, sie kürzen zulassen. Ungeduldig hielt er die ganze Fahrt über die Finger vor die Lippen und dachte über den Grund nach, für den er sich auf die lange Reise gemacht hatte.
Sean war nicht am Komplex geboren, doch er hatte hier ein Großteil seiner Kindheit und Jugend verbracht. Sein Leben hatte sich zum Großteil in seinem Zimmer abgespielt, oder der Küche. Er saß entweder vor dem Computer, schneiderte Kleidung oder kochte vegane Kost in der Hoffnung sein Umfeld von einer fleischfreien Ernährung zu überzeugen. Doch das war alles nicht Kern seines Problemes gewesen. Er sah es jeden Tag an Jay und Jude..und Adam und seinem neuen Freund Dani. Seine eigenen Fehler lagen ihm schwer auf der Seele und traten immer in den Vordergrund, wenn er sah wie gut es jetzt für Jay und Adam lief, obwohl sie getrennt waren. Manchmal bedeutete Veränderung auch etwas Positives- und er war sich ganz sicher, dass wenn er früher zu dieser Erkentnis gelang wäre- Eileen niemals an seiner Liebe gezweifelt hätte. Sie hätte sich dann niemals von ihm getrennt und es hätte ihre Verbindung niemals so zerfastert.. Er seufzte schwer, und seine hellen, kaum sichtbaren Wimpern senkten sich über das trübe, müde Grün seiner Augen.
Er erinnerte sich daran, wie glücklich er gewesen war das Eileen ihn nach all den Jahren doch noch genommen hatte, obwohl sie wegen ihm so viel Unglück hatte durchleben müssen. Er würde sich nie verzeihen, ihr Herz so schlimm gebrochen zu haben. Zu allem Überfluss hatte er auch noch dazu beigetragen , dass sie ihren Bruder nicht mehr an sich heranlassen konnte und alle Kontakte aus ihrem früheren Leben abbrach um mit ihrem inneren Verlust irgendwie zurecht zu kommen. Sean konnte sich nur im Ansatz ausmalen, was das für ein Gefühl sein musste..und er hat es auch nie vergessen können. Dennoch hatte er seine Liebe für Eileen wieder zurück gehalten, anstatt nach der Trennung darum zu kämpfen. Doch seine Tatenlosigkeit und Leidensfähigkeit war erschöpft. Er sah ein, dass es nicht richtig war Dinge hinzunehmen, obwohl man mit ihnen noch nicht abgeschlossen hat. Es war sein größer Fehler dass er nie um etwas , dass er liebte gekämpft hatte. Aber wenn er sah wie glücklich Jay war, wenn er Jude anlächelte..wenn er sah wie zufrieden Adam trotzdem sein konnte und wie harmonisch nun alles war, wo sich gefunden hatte was zusammengehört: da spürte er wie sehr er Eileen vermisste. Er fühlte sich unvollkommen..und das nicht allein wegen seiner Schwächen und charakterlichen Mängeln. Er fühlte sich unvollkommen weil ihm seine große Liebe fehlte und weil er es nie geschafft hatte sie davon zu überzeugen, die eine zu sein.. Das alles war es, was ihn quälte, und vondem er hoffte dass es auch noch für Eileen eine Bedeutung hatte. Alles woran er sich halten konnte war, dass er ja wusste wo sie zuletzt gewohnt und gearbeitet hatte. Wenn der Zug also hielt, würde er sich auf den Weg in die Innenstadt machen und warten bis sie Feierabend hatte..in der Hoffnung sie dann sprechen zu können. Ihm war bewusst dass sie ihn wohl wegschicken würde..oder zu überrascht sein würde. Ja, und auch verletzt..aber vielleicht konnte er sie mindestens dann darum bitten sich mit ihm zu treffen und auszusprechen. Er wollte ihr sagen was sie ihm bedeutete..wie sehr er sie vermisste und was jeder Tag, den er auf sie verzichtete in ihm anrichtete.
Wieder musste er seufzen. Diesmal, weil die Anzeige über dem Durchgang des Wagons, in dem er saß ankündigte, dass er sein Ziel erreicht hatte. Er schlüpfte schnell in die schwarze Winterjacke mit den eingenähten Wollhandschuhen- eine Kreation, die für seine immer kalten Hände äußerst nützlich war- und klemmte sich seine kleine Tasche unter den Arm. Er wollte so schnell wie es ging aus dem Zug raus und musste für sein wild trommelndes Herz einen ausgleich finden, bis die Türen des Zuges nach dem Stillstand sich endlich öffneten. Er trat von einem Fuß auf den anderen bis das hydraulische zischen die kalte Luft des Bahnhofes zwischen den Türen eintreten ließ. Dann war Sean auch schon in der Menschenmenge verschwunden.
Auf seinem Weg zum Restaurant in dem Eileen arbeitete, hielt er noch bei einem Blumenladen. Er entschied sich für einen Strauß frischer, hellblauer Pfingsrosen. Sie waren wunderschön..wirkten wie weiche blaue Federn in einem grünen Bett aus Blättern. Die Verkäuferin wickelte ihm das Winterharte Sträußchen ein, und nachdem Sean zahlte, fanden seine Füße im Eilschritt den Weg zu Eileens Arbeitsstelle.
Ein Blick auf die Uhr verriet ihm, dass es erst gegen vier war. Vorsichtig trat er durch die Tür des Restaurants und sah sich um- ob er Eileen vielleicht schon erblickte. Als seine Augen sie jedoch nicht fanden, ließ er sich zunächst auf eine versteckte Bank hinter einem Fenster fallen. Jetzt galt es abzuwarten.. Entweder, er würde Eileen gleich sehen, oder könnte einen ihrer Kollegen fragen ob sie-und wann sie heute arbeitete. So oder so: er war wahnsinng aufgeregt und umfasste das Sträußchen neben sich ein wenig fester. Er war auf jedenfall bereit, um seine Liebe zu kämpfen...und er wusste dass er diesmal nicht zu schwach sein würde, um Eileen zu beweisen, was er fühlte.
Sean hatte sich einen Tee bestellt. Es war ein Früchtetee mit leichtem Vanilliearoma der das Wasser immer rötlicher färbte und sein süßlichen Duft verbreitete während er den langen Löffel in der Tasse drehte. Er war immer noch nervös, so dass er kaum mehr als ein paar Krümel vom Blaubeermuffin in den Mund schieben konnte ohne immer zur Tür aufzuschauen, die zur Küche führte. Dort hatte nur das Personal zugang. Die Kellner, die Köche und Küchenhilfen..
Ein seufzen verließ seine Lippen und er überschlug die Beine. Sean überlegte sich die Worte mit denen er nach Eileen fragen könnte. Würde die Bedienung darauf reagieren? Die Wahrheit sagen? Vielleicht würde man ihm gar keine Antwort geben. Datenschutz wurde ja in Unternehmen oftmals großgeschrieben. Es war nicht so dass Sean angst vor dem fragen an sich hatte. Viel mehr fürchtete er sich davor, dass er keine Antwort bekam- oder eine die ihn noch weiter zurück warf. Das schlimmste wäre, wenn Eileen verzogen wäre- wenn sie hier nicht mehr arbeiten würde und niemand wusste, wo sie sich aufhielt. Diesen Fakten galt seine größte Furcht.
"Warum denn so aufgeregt?" fragte eine ältere, jedoch warme Stimme und brachte den Blonden dazu, zusammen zu zucken. Als Sean aufsah bemerkte er einen älteren Mann, der über seine Zeitung , und den oberen Rand seine Brille schaute. Er saß einen Tisch schräg von ihm entfernt am Fenster. "Ich..ich warte auf jemanden." entgegnete Sean irritiert und blinzelte. Er biss sich kurz auf die Lippen, ehe er den Blick des älteren Mannes erneut erwiederte. "Sie arbeitet hier..oder ich hoffe besser, dass sie hier noch arbeitet. Wir haben uns lang nicht gesehen." führte er aus, in der Hoffnung dass der Mann hier vielleicht mehr Zeit verbrachte, und Eileen gesehen haben könnte. Immerhin war sie ein Blickfang.Sean hielt es für ausgeschlossen, dass man sie übersehen konnte. "Darf ..darf ich fragen ob Sie hier öfter essen?"
Der ältere Herr lächelte, nachdem sich seine Stirn kurz nachdenklich in eine tiefe Falte geworfen hatte. "Ja, eigentlich jeden Tag seitdem ich in Rente bin." er lachte abschließend, und legte seine Zeitung auf den Tisch. Offenbar hatte Sean sich nun seine Aufmerksamkeit gesichert. Das war er sich auch bewusst, weswegen er seine Haltung straffte und seine Mut zusammennahm. "Dann..dann kennen sie vielleicht meine Freundin, die ich besuchen möchte. I-ihr Name ist Eileen. Sie hat hübsches blaues Haar.." begann er und hatte die Hände in den Schoß genommen, damit man unter dem Tisch nicht sehen konnte wie er seine Fingerspitzen aneinander schlug. "Ha, na klar! Die kleine ist wirklich hübsch. reizendes Mädchen, immer freundlich." erwiederte der ältere Herr sogleich mit erhellten Augen, und machte Sean damit Hoffnung. " Ja, genau! dass muss sie sein." nickte er eifrig. "Wissen sie ob sie heute arbeitet?" wollte er weiterhin wissen, und der Mann seufzte. "Also heute habe ich sie noch nicht gesehen. Sorry wenn ich dich enttäuschen muss Junge." fügte er dem seufzen an. Offenbar hätte er wohl wirklich gern geholfen. "Aber vielleicht hat sie Spätschicht und kommt noch. Wolltest du sie überraschen?" zeigte er sich weiterhin neugierig. Sean nickte. "Im Grunde ja..ich weiß nur nicht ob sie sich freuen wird." Eigentlich stimmte das nicht. Denn Sean war sich ziemlich sicher dass sie sich nicht freuen würde. Es machte nur einen Untschied ob sie ihn wegschickte oder zumindest anhörte."Oh, hast' wohl was ausgefressen." meinte der Mann und zog eine Augenbraue nach oben. "Ja..ich habe sie sehr enttäuscht und verletzt." gab der Blonde kleinlaut zu, als hätte er zu befürchten das jemand lauschte. "Na das sind keine guten Vorraussetzungen. Wut wäre aber gut. Wut würde zeigen, dass du ihr nicht egal bist, kleiner." Hielt der ältere das Gespräch aufrecht. Sean nickte nach einer Weile, die er über den Satz nachdenken musste. "Ich glaube nicht das sie wütend ist...viel mehr traurig. Sie weiß nicht wie sehr ich sie liebe, und sie kann es mir auch nicht glauben." umriss Sean grob, auch wenn er sich unwohl fühlte. Der Mann hörte ihm zumindest zu..und es war besser als leer durch die Gegend zu starren, denn das ließ die Zeit noch langsamer vergehen.
"Klingt alles nicht sehr gut Junge..aber vielleicht kannst du sie ja noch davon überzeugen dass du sie liebst." Meinte der Mann, und Sean lächelte schief. "Ja, schon.. aber wie? Ich möchte nur dass sie mir glauben kann. Ich fühle mich ohne sie so leer..es war mein größer Fehler sie gehen zu lassen. Ich hätte ihr sofort nachreisen sollen, als sie sich getrennt hat, aber ich war zu feige. Dabei möchte ich ihr jetzt zeigen, dass ich aufgewacht bin..das ich mich geändert habe,und nie mehr so passiv alles im Leben hinnehmen werde. Sie ist mir das wichtigste auf der Welt.." endete Sean leiser, nachdem er sich warm geredet hatte. Seine Augen waren etwas feucht geworden, aber mit ein paar mal Blinzeln hatte er sich auch schon wieder im Griff. "Nun, Junge.. ich kann dir nur raten, sie das genau so spüren zu lassen, und nicht aufzugeben, egal wie lang sie dich fortschickt. Nagut..außer sie holt die Polizei, dann solltest du aufgeben. Aber solange noch ein Fünkchen Hoffnung besteht, solltest du Biss zeigen." meinte der Mann, und zeigte Sean die geballte linke Faust. Dieser bekam dabei große Augen. "Sie muss spüren dass es dur ernst ist." legte er nach, und Sean blinzelte. "Biss zeigen.." sinnierte er. "Mh..das werde ich versuchen." pflichtete er bei. Natürlich auf seine Art. Er war ja immerhin kein Barbar. Aber er dachte, man könne wohl auch mit Feingefühl hartnäckig sein.
"Glauben Sie..ich habe noch eine Chance?" Fragte Sean leise. "Nun..das kommt darauf an, ob dein Mädchen mit dir schon abgeschlossen hat. Wenn nicht, dann würde ich sagen: Klar!" lachte der Mann. "Du solltest versuchen locker zu bleiben..bei deinem Gefühl zu bleiben, damit sie es spüren kann. Mag sein dass du ihr Vertrauen zerstört hast..aber mit Gefühl..da kann man einiges reparieren. Und natülich mit viel Geduld. Glaub mir Junge.. ich hab damals auch große Fehler gemacht. Aber ich hab nicht aufgegeben..und bin nun 35 Jahre mit meiner Frau verheiratet." "Oh..darf ich denn fragen was passiert ist?" zeigte sich nun Sean neugierig. Der Mann trank einen Schluck vom kalten Kaffee, dann redete er weiter. "Meine Frau und ich haben versucht Kinder zu bekommen. Es hat nicht geklappt. Wir haben alles versucht, aber es klappte einfach nicht, und zwischen uns baute sich immer mehr Spannung auf. Wir haben wegen jeder Kleinigkeit gestritten..nur kein Wort fiel mehr über Babys.." das Lächeln auf seinen Lippen wurde eine Spur trauriger. "Schlussendlich habe ich sie betrogen..weil der Frust zu groß wurde. Und aus dieser Verbindung, mit dieser anderen Frau ..ist auch noch ein Kind entstanden."
"Oh nein, dass muss ja schrecklich für ihre Frau gewesen sein!" zeugte sich Sean bestürzt, aber sehr leise.. "Und wie.. ich habe es ihr auch erst gebeichtet, als ich wusste dass ich Vater werde. Sie trennte sich und es dauerte fast ein Jahr bis ich sie soweit hatte, sich doch noch auf mich einzulassen." Sean neigte den Kopf fragend. "Und..was ist dann geschehen?" "Wir haben das Kind adoptiert, was aus meinem Seitensprung entstanden ist. Wir haben es wieder hinbekommen.. mit viel Liebe, Geduld und Beharrlichkeit." nickte der Mann. Dann zeigte er mit dem Zeigefinger auf Sean. "Also Junge, wenn du es ernst meinst..dann zeig es dem Mädchen auch. Denn so wie ich sie kennengelernt habe, ist sie wirklich ein Hauptgewinn. Es wäre äußerst dumm, sie aufzugeben wenn du wirklich dazu gelernt hast." Sean nickte erneut. Nun war er wieder motiviert. Er fühlte sich ein wenig bestärkt. "Ich habe die Courage, und das Herz.." meinte er und fasste sich an die Brust. "Ich hoffe wirklich dass sie mir zuhört.." Der Mann lächelte, und faltete seine Zeitung zusammen. "Dann wünsche ich dir viel Erfolg, Junge. Denn das Mädchen hat es verdient, glücklich zu werden..also brech ihr nicht das Herz." Sean nahm sich die Worte sehr zu Herzen. Auch er konnte zwischen den Zeilen lesen..und so wie er den Mann verstanden hatte, war Eileen zwar freundlich, aber nicht glücklich..sie musste wie er erwartet hatte, noch sehr schlimm leiden. Er hoffte er konnte daran noch etwas ändern...
Eileen war an diesem Tag nicht gekommen. Sean war enttäuscht. Der Abend neigte sich wie die Anzahl der Gäste, die das Cafe besuchten. Ein Tisch nach dem anderen leerte sich, und der Blonde hatte die Hände nervös zusammengeschlagen. "Vielleicht hat sie ja frei?" hörte er die treuen Worte des älteren Mannes vom Tisch gegenüber. Sean sah auf. "Ja..vielleicht haben sie recht." gab er zu, und versuchte sich zusammen zu nehmen. Aber so sehr er es versuchte, konnte man ihm die Enttäuschung trotzdem sichtlich anmerken. Da ließ sich auch der ältere Herr hinter der Zeitung nichts vormachen. Er grinste wissend über den Rand seiner Brille. "Ich irre mich selten. Also Kopf hoch, Junge." versuchte er Sean weiter Mut zu zusprechen, was ihm dieser mit einem schüchternen Lächeln dankte. Der Zuspruch tat ihm gut und vertrieb die ängstigenden Gedanken wieder. Sean suchte deswegen nach seiner Jacke, um sie über die Schultern zu ziehen. "Ich weiß ja noch wo sie gewohnt hat..also zumindest hoffe ich dass sie dort noch wohnt. Aber das wird meine erste Anlaufstelle." teilte er seine Gedanken aus Dankbarkeit. "Ich werde ihr einen kleinen Brief durch den Türspalt schieben..dann weiß sie, dass ich da bin und auf sie warte." "Gute Idee, Junge. Vielleicht sogar besser als sie so blind zu überraschen, wenn euer letztes Treffen nicht so angenehm war." Und damit lag der Mann nicht mal falsch. Sean konnte sich vorstellen, dass Eileen nicht der Typ war, der auf Überraschungen stand. Deswegen nickte er auch nur knapp. "Sie haben mir so geholfen.. wenn wir uns das nächste Mal sehen, gebe ich ein Stück Kuchen aus." versprach Sean, woraufhin der Mann lachte. "Ha, und einen Kaffee bekomm ich dazu, wenn du mit deinem Mädchen Hand in Hand gehst." "Den größten Kaffee, den sie sich vorstellen können." erwiederte Sean mit einem fröhlichen Funkeln in den Augen. Als er die Jacke zugeknöpft hatte, und sich bei dem Mann verabschiedet hatte, ging er zur Theke um seine Rechnung zu begleichen. Er gab natürlich auch ein großzügiges Trinkgeld. Nicht etwa weil er glaubte Reich zu sein, und damit etwas besseres..sondern weil er die Arbeit von Bedienungen einfach sehr schätzte und wusste, was diese Menschen leisteten. Sean verabschiedete sich mit einem winken von seinem Gesprächspartner, und mit einem netten Lächeln bei der Bedienung. Dann war er auch schon daran, auf leisen Schritten , und dem Blumenstrauß in der Hand, das Cafe zu verlassen....
Sean hatte noch eine weile im Treppenhaus des Mietshauses zugebracht, in dem Eileen noch wohnte. Zumindest versprach das Klingelschild Zuversicht, und motivierte Sean die letzten Zeilen seines Briefes aufs Papier zu bekommen. Er drückte vorsichtig mit der Minie des Kugelschreibers auf die weiße Oberfläche, damit das Papier nicht riss während er es über seine Knie gespannt hatte um es vorsichtig glatt zu streichen. Er hatte begonnen mit : "liebe Eileen.." in seiner schönen, weich geschwungenen Schrift- die man eher einem Mädchen zuschreiben würde, als einem Jungen.
"Ich war heute im Cafe , indem du immer gearbeitet hast um dich zu besuchen. Ich war sehr nervös, und habe Pfingstrosen besorgt, weil mich das blau der Blüten so an deine schönen Augen erinnert hat. Die Wahrheit ist, dass ich dich sehr vermisse, und jeden Tag leide, an dem ich nicht deine Stimme hören, oder dein Lächeln sehen kann. Wenn ich meine Augen schließe, sind die Erinnerungen an den Duft deines Fruchtshampoos noch lebendig..ebenso die Erinnerung an die Art wie du gehst, oder nachdenklich die Finger unbemerkt an dein Kinn legst wenn du über etwas nachdenkst. Was ich an dir bewundert habe, war immer deine Ernsthaftigkeit. Das lag sicher daran, dass du so früh mit deinem Bruder auf eigenen Beinen stehen musstest. Ganz anders, als das bei mir der Fall war... Du hast dich nie beschwert oder beklagt, auch wenn es oftmals nicht einfach für dich gewesen ist. Du hast mir mal erzählt, dass du auch sofort die Schule verlassen hast als du konntest um arbeiten gehen zu können..genauso wie dein Bruder. So musstet ihr nicht ins Heim, und wurdet getrennt. Das waren die einfachen, und aufrichtigen Wünsche die du gehabt hattest, und die mit das Herz schwer machen...und das jedes Mal, wenn ich darüber nachdenke wie schnell du erwachsen werden musstest.
Bei mir war das ja dafür ganz anders.. ich gebe zu dass ich es als jüngster meienr Familie sehr gut hatte, auch wenn mich nie einer verstanden hat und ich in der Schule schlimm wegen meiner Einstellung zu Mode und zu meinem Körper, gemobt wurde. Aber das war nichts im Vergleich zu deinem Leben und den Prüfungen, die man dir auferlegt hat. Du bist trotzdem zu einem wunderschönen, gutmütigen und herzlichen jungen Mädchen herangewachsen. Das ist eine sehr große Leistung und spricht für dein gutes Herz. Du bist zudem bodenständig, loyal und hast trotzdem einen ganz freien Geist in indem Kopf beherbergt. Ich weiß noch wie glücklich ich war, weil du mich so akzeptiert hast wie ich bin. Du warst der erste Mensch dem ich begegnet bin, der mir Fragen gestellt hat..mich und meine Gedanken zu meiner Einstellung hinterfragt hat. Das tat mir unheimlich gut. Meine Familie hat zwar irgendwann akzeptiert, wie ich bin. Aber man hat mich nie nach dem: warum und wieso? gefragt. Was ich damit sagen will ist, dass du mich vollkommen als eigenständigen Menschen wahrgenommen hast. Nicht wie den schrulligen Typen in Mädchenkleidung, oder der kleine Bruder auf den man achten muss..
Dafür habe ich dir noch nie gedankt, und möchte es hiermit auch tun. Vielen Dank für deine Offenheit, dein Interesse an meinen Gedanken und Gefühlen, vielen Dank für deinen Respekt..und natürlich für deine Liebe. Ich habe die letzten Wochen viel Zeit mit einem guten Freund verbracht. Er hat endlich seine große Liebe gefunden. Und wann immer ich die zwei zusammen sehe..muss ich daran denken, dass ich genauso für dich fühle, wie die beiden füreinander empfinden. Du bist meine Große Liebe, Eileen. Und ich wünschte mir vom Herzen, du könntest mir noch eine Chance geben. Ich bin innerlich gereift. Ich bin erwachsener geworden. Ich kann für das , nach was ich mich sehne und was ich mir wünsche, einstehen und die Verantwortung übernehmen. Ich möchte nicht mehr still alles akzeptieren und leiden..und als gegeben hinnehmen. Von nun an bin ich ein Mann, der nach dem wie er fühlt, handelt. Deswegen bin ich hier..deswegen möchte ich noch einmal mit dir über unsere Beziehung sprechen- und dich bitten mich morgen zu treffen. Wie wäre es mit 14:00 Uhr bei dem kleinen Bäcker am Park? Wir haben dort als ich noch bei dir gewohnt habe, immer Baguetts geholt. Ich muss es noch einmal wiederholen, weil es mir so wichtig ist.. Ich vermisse dich schrecklich,und würde alles tun um meine Fehler auszuräumen. Ich laufe nicht weg, und ich ziehe mich auch nicht zurück. Falls du mich jedoch vorher sprechen möchtest..ich habe ein Zimmer in dem Hostel an der Hauptstraße .