"Schwer zu glauben, dass du wirklich schon 23 bist..." sagte Clive, und tippte Luc mit dem Zeigefinger auf die Nase. Der kniff die Augen zusammen und wischte sich mit dem Ärmel die Nase, bevor er die Hand wieder sinken ließ und sich seiner Zeichnung widmete. Sie saßen beide in der kleinen Küche, durch deren Fenster die die Mittagssonne fiel, und Luc hatte mit Wachsmalkreide ein Bild angefangen. Die Veränderungen, die in den letzten Jahren mit seinem Körper geschehen waren, waren Minimal. Er war kein Stück mehr gewachsen, und auch noch annähernd so dünn wie damals, als sie ihn befreit hatten. Die weiche Gesichtshaut glich immer noch einem Pfirsich, und keine Spur eines Barts war zu erkennen. Er hatte ein paar hauchdünne Mimikfältchen bekommen, aber auch die waren nur zu sehen, wenn man ganz genau hinschaute. Clive fand, er sah immer noch genauso aus wie mit 16. Was immer man ihm verabreichte, war offensichtlich wirksam. Während Luc eine dicke, gelbe Sonne kritzelte, fragte Clive sich, ob seine geistige Zurückgebliebenheit nun eine Nachwirkung seiner Schädelverletzung war, oder ob es sich um eine Nebenwirkung der Präparate handelte, die man ihm gespritzt hatte. Bei dem Gedanken schauderte er unwillkürlich. Er hatte eine recht genaue Vorstellung, wofür man Medikamente brauchte, die Kinder in ihrer aktuellen Entwicklungsphase hielten, und auch noch dafür sorgten, dass sie geistig nicht weiter reiften. Die Nackenhaare sträubten sich ihm, und er war froh, dass sie diese Einrichtung mit einem Sprengsatz dem Erdboden gleichgemacht hatten. Selbst wenn es ein Tropfen auf dem heißen Stein war, er konnte den Gedanken nicht ertragen, die Hände in den Schoß zu legen und das Elend zu ignorieren, dass die Gesellschaft wie ein Krebsgeschwür auffraß. "Wann kommt Papa Raiden?" fragte Luc, der inzwischen von seinem Bild aufgeschaut hatte. Selbst seine Stimme war weich geblieben. Da er sich jedoch im Stimmbruch befunden hatte, als er die Chemikalien bekommen hatte, überschlug sie sich manchmal. Clive dachte, dass man den Jungen vielleicht für jünger gehalten hatte, als er tatsächlich war. Er schaute auf seine Uhr und runzelte die Stirn. "In einer halben Stunde ungefähr. Meinst du, du schaffst es so lang?" fragte er, und suchte den Blickkontakt mit Luc. Der hatte sein Bild beendet und kein neues mehr angefangen. Meist ein Anzeichen dafür, dass er wieder müde wurde. "Hm..." Luc gähnte und schaffte es gerade noch so, den Ärmel an den Mund zu heben. Sein Blick ging zum Backofen, in den Clive vor vielleicht zehn Minuten das Mittagessen geschoben hatte. Luc hatte sich einen Nudelauflauf gewünscht, und auch wenn Clive alles andere als ein Sternekoch war, das bekam er noch hin. Jetzt schätzte Bambi ab, ob er es schaffen konnte noch mindestens eine halbe Stunde wach zu bleiben und dann gemeinsam mit seinem Papa zu essen, oder ob er so müde war dass er sich vorher noch hinlegen musste. Wenn er das tat, würde er aber sehr wahrscheinlich bis zum Abend durchschlafen und das Mittagessen verpassen. Mit schweren Augenlidern stützte er sich auf dem Tisch ab. "Das schaff ich noch... Sonst ist Papa am Ende wieder weg bis ich aufwache." Und das wollte er auf keinen Fall. "Na gut.. aber überanstreng dich nicht." sagte Clive, und strubelte Luc sanft durchs Haar. Der Lächelte nur matt, und sah aus als ob ihm die Augen doch jeden Moment zufallen würden. Mit schierer Willenskraft schob er das fertige Bild unter seinen Blätterstapel, wodurch ein weiteres weißes Blatt frei wurde. Er begann die Umrisse von ein paar Tieren zu malen. Eine Katze, ein Schwein, ein Vogel... Ein paar Minuten verstrichen, und als Lucs Striche immer langsamer wurden brachte Clive ihm ein Glas Wasser. Er trank geistesabwesend ein paar Schlucke und schien dadurch wenigstens wieder etwas munterer zu werden. Träumerisch langsam stand er auf und trottete zum Fenster, um hinauszuschauen. Die Ellbogen auf das Fensterbrett gestützt, saß er fast aus wie ein kleiner Welpe, während er auf Raiden wartete. Clive machte sich daran, den Tisch zu decken, damit alles bereit war wenn sein Freund nach Hause kam.
If only the people around the world Knew that the children needed peace A playful soul, full of strength, free Hope of a peaceful dream, someday.