Es war noch gar nicht richtig hell in der Küche. Durch das Fenster fiel nur mattgraues Tageslicht, da die schweren Regenwolken verhinderten, dass die Sonne den Raum erhellte. Die Deckenleuchte verbreitete jedoch warmes gelbes Licht, während Mikey gelangweilt einen Löffel voll Cornflakes nach dem anderen in seinen Mund schaufelte. Bei genauerer Betrachtung wirkte er dabei weniger gelangweilt, als viel mehr irritiert. Das Kinn in die freie Handfläche gestützt war es auch gar nicht einfach, so zu essen. Er schaffte es trotzdem irgendwie, die Schüssel zu leeren und in den Geschirrspüler zu räumen, bevor sich in sein Zimmer verzog. Auf all die Fragen hin, was denn mit ihm los wäre, hatte er nur antworten können, einen ziemlich verrückten Traum gehabt zu haben, an den er sich aber nicht mehr genau erinnern konnte. Je mehr er darüber nachdachte, um so verschwommener wurden auch die Details, bis letztlich gar nichts mehr übrig geblieben war, als ein komisches Gefühl im Bauch. Dagegen hatte auch eine extra große Portion süßer Cornflakes nichts geholfen. Schon allein deswegen wollte er sich anziehen und noch mal rüber in den Komplex fahren, um sich auf andere Gedanken zu bringen. Ein Besuch in der Schule war dabei trotz der Ferien auch geplant, immerhin fand wie jedes Jahr die Sommerschule statt, und die Schülerzeitung machte auch keine Sommerpause. Nachdem er müßig seine Haare hochgegelt hatte, bis sie wieder richtig standen, brauchte er nur noch Jeans, T-shirt und eine leichte Jacke überziehen damit er sich auf den Weg machen konnte.
Während der Fahrt hatte er auch nichts besseres zu tun, als aus dem Fenster in den Regen hinaus zu starren. Einzelne Tropfen perlten vom Fenster ab und hinterließen nasse Spuren, was Mikey irgendwie deprimierend fand. Er mochte halt Regenwetter nicht besonders, im überkuppelten Komplex aber würde er davon sowieso nicht viel mitbekommen, tröstete er sich. Nur ganz schwach durch den Regenschleier zu erkennen sah er noch, wie die Fähre von der Insel wieder ablegte und zum Festland zurückkehrte... wer wohl heute wieder alles angekommen war? fragte er sich müßig, es kamen und gingen jeden Tag ein paar Leute, vor allem jetzt zur Ferienzeit. Wer allerdings heute mit der Fähre angekommen war, hätte er sich wohl nicht mal in seinen kühnsten Träumen vorstellen können. Wenige Minuten später verabschiedete sich Mikey noch von dem Fahrer und warf die Tür hinter sich ins Schloß, bevor er die letzten Meter zum überdachten Eingang des Komplexgebäudes rennend überbrückte, damit seine Haare nicht wieder in sich zusammenfielen. Seine Turnschuhe spitzen dabei einige Fontänen auf, dann war er aber auch schon drinnen im Warmen und Trockenen. Die Schiebetüren schloßen sich hinter ihm, und das gedämpft geschäftigte Treiben umfing ihn wie gewohnt. Er begrüßte eine kleine Gruppe Jugendlicher mit einem Winken, die er kannte und wandte sich dann den Gängen richtung Schule zu, die er entlang streunte, zumindest so lange, bis er ein bekanntes Gesicht erspähte - oder besser gesagt einen bekannten Rücken mit rotblondem Haarschopf. Den kleinen Stich im Bauch überspielte er rasch, auch wenn es für ihn immer noch ein komisches Gefühl war, Abel zu begegnen. So richtig wusste er schließlich nie, wie er sich ihm gegenüber verhalten sollte. "Ähm... Hallo Abel." begrüßte er ihn dann, nachdem dieser wohl irgendwie seinen Blick gespürt zu haben schien und in seine Richtung schaute. Es war vielleicht auch nur ein Zufall, aber nachdem er ihn nun einmal gesehen hatte, wäre er sich noch dümmer vorgekommen, einfach so zu tun als hätte er ihn nicht gesehen. "Was machst du denn so früh hier, wo ist denn Mizu?" fragte er, langsam nervös werdend, da der scheinbare Abel gar nicht auf ihn reagierte. "Alles in Ordnung?" fügte er noch an, und kam etwas näher. "He, was hast du denn?"
Das gemurmel welches dass weitläufige Gelände am Eingang des Komplexes erfüllte , hörte John nur ganz gedämpft. Er war vollkommen in Gedanken versunken und starrte nur gelegentlich auf den Prospekt in seinen Händen. Darauf war die Glaskuppel des Komplexes zu erkennen, und wirkte durch das einfallende Sonnenlicht viel freundlicher als jetzt in Natura, wo das künstliche Licht an Decken und Seiten als einzige Lichtquelle fungierte. Vielleicht sollte er einfach wieder verschwinden? Es würde ja keiner mitbekommen.. noch wusste doch niemand, dass er angekommen war. Die Gegend war ihm dabei nicht fremder als andere Orte. Der rotblonde konnte sich eingestehen kein wirklichen Ort als zu Hause zu empfinden. Es war jedoch die Angst vor einem neuen Lebensabschnitt..die Chance jemanden kennenzulernen, der so ist wie er. Wenn er sich dabei vorstellte, von dieser Person abgelehnt zu werden, wurde ihm ganz flau im Magen.
John hielt sich daher die Hand über den flachen Bauch. Er trug einen dunklen Pullover- die blaue Kapuzenjacke hielt er dabei über die Armbeuge. Seine kleine Reisentasche stand auf dem Boden und er rang mit dem Gedanken, sie aufzuheben: da sollte er die Eingebung erfahren sich umzudrehen. Er hatte das Gefühl, man habe ihn angesprochen.. und der gerufene Name seines Bruders verwirrte ihn dabei zusätzlich. Innerlich mit Aufregung kämpfend, bemerkte er garnicht das der näher tretende Junge IHN für Abel gehalten hatte- und ihn daher so vertraut begrüßte. John war davon so überrascht, dass er zunächst garnicht anders konnte, als den Jungen lang mit halb geöffneten Lippen zu betrachten, und sie beim nächsten blinzeln zu schließen. "Ich bin nicht Abel." entfiel es ihm dann ganz knapp, als ob seine Lippen sich von allein bewegen würden. Seine Stimme klang dabei ruhig und gefasst- was seine gestraffte Rückenhaltung unterstrich. Innerlich war er jedoch äußerst unsicher und aufgeregt. " Du musst mich verwechseln.. ich kenne auch keinen Mizu." schüttelte er dabei den Kopf. In seiner Hand zerdrückte er dabei den Flyer schon unbewusst. " Du kennst meinen Bruder?" traute er sich schließlich dann doch vor und suchte den offneen Blick des Blodnschopfes. Er wirkte so freundlich und gutmütig- dass er sich darüber doch freute dass seine drohende 'Flucht' damit scheiterte. " Ach.. entschuldigung." John hatte schließlich festgestellt, sich dem Jungen nichteinmal vorgestellt zu haben, und senkte dafür den Blick für einen Moment, was die rotblonden Haarspitzen ins Gesicht trieb. " Mein Name ist John.." verharrte er dann erneut stockent. Seine Lippen fühlten sich komisch an, wenn er den Namen Hyde aussprechen wollte. Es fühlte sich beinah so an, als ob er mit der Erkenntniss über seine Herkunft eine neue Persönlichkeit annehmen musste. Davon zu sprechen sich in seiner eigenen Haut wohlzufühlen, war er noch weit entfernt. Darüber konnte er sich zu diesem Zeitpunkt jedoch keine Gedanken machen. Zu sehr war in der Situation gefangen, jemanden gegenüber zustehen der seinen Bruder wohl sehr gut kannte.. und dazu auch noch so angenehm auf ihn wirkte, seine Fluchtimpulse damit unterdrückend.
"Wie..." konnte Mikey nur fragen, dessen freundliches Gesicht mit den blauen Augen sich fragend verzog. Die gewölbten Augenbrauen beschrieben einen steilen Winkel, während er den Kopf schief legte. "Ist das ein Witz?" fragte er daher, halb belustigt, halb verunsichert. "Das ist doch sonst nicht deine Art, solche Scherze." fiel ihm ein. Zwar war Abel früher eigentlich ein ganz offener und lustiger Typ gewesen, der sich für keinen Spaß zu schade war, aber nach seinem Unfall war davon nicht mehr viel übrig geblieben. Er war seitdem nicht mehr nennenswert ausgegangen, und es war überhaupt ziemlich ruhig um ihn geworden. Mikey spürte aber bei den Worten des vermeintlichen Abel einen weiteren, diesmal heftigeren Stich im Magen, als ob Amor ihn gerade nicht mit einem Liebespfeil ins Herz, sondern mit einem richtigen in den Bauch getroffen hätte. Grund dafür war natürlich die Aussage, keinen Mizu zu kennen. Es tat so weh, dass er sich tatsächlich mit der flachen Hand an den Bauch fassen und den Kopf senken musste, wenn auch nur für einen Moment. Es sollte sich jedoch rasch aufklären.. auch wenn für Mikey dadurch erst einmal gar nichts klar wurde. Es rückte nur sein Weltbild wieder etwas zurecht, dass wer auch immer vor ihm stand, Abels Bruder sein sollte, denn zum echten Abel passten solche Scherze überhaupt nicht.
Trotzdem kam Mikey nicht umhin, dem "Fremden" nun genauer ins Gesicht zu schauen. Rein optisch gab es da nicht gerade nennenswerte Unterschiede, sogar die Frisur kam ziemlich genau an die Abels heran. Er musterte ihn aus großen, blauen Augen und blieb schließlich beim Pullover hängen; den zumindest hatte er noch nie beim Abel gesehen, und er kannte seine Garderobe eigentlich so genau, wie er sie als außenstehender guter Beobachter kennen konnte. "Ich ähm... hm.. ich hatte keine Ahnung, das Abel einen Bruder hat." musste er sich dann irgendwie äußern, oder verteidigen, so genau wusste Mikey auch nicht, wie er reagieren sollte. Insbesondere, wo er Abel zumindest im Scherz einmal danach gefragt hatte, ob er nicht einen Bruder hatte. "Er hat nie was gesagt." meinte er dann und senkte den Blick wieder, diesmal auf die Hände des Jungen, die einen Flyer oder sowas in der Art zerknüllten. "Darf ich mal?" fragte er dann und fasste ganz salopp nach der freien Hand, um sie hochzuheben und sich ihr entgegen zu beugen. Er musterte die Haut der Hand ganz genau und hob dann den eigenen Finger, um leicht über den Handrücken zu reiben. "Um Gottes willen!" entfuhr es ihm dann erschrocken, woraufhin er die Hand fallen ließ. "Das ist ja wirklich kein Witz!" entfuhr es ihm dann, wobei er um ein paar Nuancen blasser im Gesicht geworden war und fassungslos nach Johns Blick suchte. "Tut mir leid.." meinte er dann entschuldigend und machte eine ganz kleine Verbeugung in seine Richtung. "Das hab ich nur gemacht weil dein Bruder... weil Abel einen ziemlich schlimmen Unfall hatte. Die Haut an seinen Händen ist verbrannt.. die Narben könnte man nicht einfach so verstecken." nickte er und rang sich dann aber zu einem Lächeln durch. "Ich bin Mikey.." stellte er sich dann aber mit etwas Verspätung seinerseits vor.
John hatte nicht die geringste Ahnung in welchem Verhältniss der Junge zu seinem Bruder stand. Er konnte nur mutmaßen, dass er ihn gut kennen muste.. und dass es in seinem Leben einen Mizu geben musste- wenn dieser in seiner Nähe vermutet wurde. In der kurzen Zeit gab es schon wieder viele Details die ihm über seinen Bruder bekannt wurden.. unter anderem dass er wohl nicht der scherzhafteste Typ war. John fühlte sich sogar fast ein wenig schuldig, als er zusehen konnte wie Mikeys Gesichtsausdruck sich verzog. Der Junge schien ebenso verwirrt wie vielleicht sogar ein bisschen enttäuscht? John konnte es nicht so gut einschätzen und hob die Hand mit dem Flyer in Höhe seines Bauches. " Er weiß auch nichts von mir.. zumindest seit kurzem nur dass es mich gibt." zuckte er dabei mit den Schultern. Selbst von der Statur schien er sich nicht von Abel zu unterscheiden. Man musste schon ein sehr genaues Auge haben und beide gut kennen um einen Unterschied auszumachen an dem man sich festhalten konnte. "Das wäre auch kein guter Scherz.." versuchte sich der Engländer an einem kleinen Lächeln bei dem sich seine Augenbrauen zusammenzogen, als würde er sich dafür entschuldigen müssen einen Streich gespielt zu haben. " Er weiß auch nicht dass ich schon da bin.." John versuchte sich dabei mit dem weichen, angedeuteten Lächeln zu schützen und senkte den Blick. Als Mikey jedoch wieder das Wort erhob sah er mit violetten Augen ebenso schnell wieder auf wie seine Hand nach oben schnellte. Mikey hatte sie dabei erhoben und strich mit dem Fingern über die glatte und gesunde Haut. In diesem Moment hatte der Herzschlag des Blonden für eine Sekunde ausgesetzt. Er konnte nur in Zeitlupe verfolgen wie der Blonde seine Hand wieder sinken ließ und sich erschrocken mit einer Verbeugung bei ihm entschuldigte.
John konnte dazu garnichts sagen, nur seine Hand im Wechsel zu Mikeys Angesicht betrachten. Er konnte nicht einmal Fragen warum und wieso der Blondschopf nach seiner Hand gegriffen hatte. Nur dass es ihn bewegt hatte und sein Körper sich erst jetzt langsam aus seiner starre lösen konnte. Umso wilder schien sein Herz jedoch jetzt zu schlagen, als müsse es den Takt der verlorenen Sekunden nachholen. Soetwas glaubte er - noch nie gefühlt zu haben. "Schon in Ordnung.." konnte man ihn murmeln hören. Er glaubte sein Herz so laut in den Ohren rauschen zu hören, dass er nicht wusste ob er nun besonders leise sprach oder sich einfach nicht selbst verstand. Als er jedoch erfur dass sein Bruder einen schweren Unfall gehabt hatte, sollte ihn dass doch mit Besorgnis wieder auftauchen lassen. Sein Blick ruhte daher nachdenklich auf Mikey. "Schwere Verbrennungen?" wollte er dann wissen. "Mir.. hatte man nur beiläufig erzählt er hatte einen Arbeitsunfall gehabt und geht seitdem seinem Beruf als Pilot nicht mehr nach.." war er ganz entsetzt, wie seine- ihre- Eltern mit diesem schrecklichen Unfall umgegangen waren. Das entsprach ganz dem abgeklären Bild dass er von ihnen bekomnmen hatte. Es erschütterte ihn jedoch jedes Mal wieder wenn er sich damit konfrontieren musste. "Mikey.." musste John dann aber wiederholen und sah zu dem großen blauen Augenm auf. Er betrachtete sie eine ganze Weile. "Ein schöner Name." lächelte er ebenso ganz vorsichtig, und versuchte sich nicht von düsteren Gedanken einholen zu lassen. " Hast du denn etwas vor?" musste er dann wissen, was Mikey hier suchte. Vielleicht wollte er auch nur nicht, dass er nun ging wenn er wusste dass er es nicht mit 'Abel' zutun hatte. Dafür konnte sich der Engländer auch etwas hervorwagen.
"Ach so... er hat es auch nicht gewusst..." nickte er dann, als ob das alles erklären würde. Tat es in gewisser Weise auch, aber genau genommen.. verstand er gar nichts. Deswegen schaute er auch ein wenig ratlos umher, bis sein Blick auf die Reisetasche fiel, die immer noch am Boden stand. Es hätte ihm eigentlich gleich auffallen müssen, aber er konnte ja nun wirklich nicht damit rechnen, dass aus heiterem Himmel ein Zwillingsbruder auftauchen würde. "Naja... so nahe stehen wir uns ja auch wieder nicht, dass er es mir gleich erzählt hätte, nachdem er von.. hm, dir erfahren hat.." meinte er dann und musste einen Moment lang zur Seite sehen. Er konnte nicht behaupten, dass ihn die Tatsache nicht schmerzte, aber es war ja durchaus auch verständlich. "Aber jetzt habe ich dich ja trotzdem kennengelernt, das ist doch was." meinte er dann, wobei er nicht wusste, ob er sich mit der Aussage selbst tröstete. Es war für ihn einfach zu verwirrend, dem plötzlich auftauchenden Zwilling gegenüber zu stehen. Wenn er nicht mit eigenen Augen die Hände gesehen hätte, hätte er es wohl noch immer nicht geglaubt.
"Ach, naja... weißt du, Arbeitsunfall ist ganz schön untertrieben." versuchte er dann aber irgendwie, die schrecklichen Bauchschmerzen und das ganz Unglück eines halben Lebens zu überspielen. Seine Fröhlichkeit und sein Lächeln war alles, was er dem Leben noch entgegenzusetzen hatte, und auch das war in der letzten Zeit ganz schön mühselig geworden. Wann immer er glaubte, über diese Liebe hinweg gekommen zu sein, hatte er nur jedes Mal aufs Neue erkennen müssen, dass er sich etwas vorgemacht hatte. "Und ich hab auch nichts wichtiges vor, also was hälst du davon, wenn wir stattdessen erst mal einen kleinen Rundgang machen, hm?" schlug er ihm vor und bedachte John mit einem Lächeln. Wenn er ihn so anschaute, war er wirklich kaum vom Abel zu unterscheiden, abgesehen von der Kleidung, aber über die konnte er ganz leicht hinweg sehen. Das warme Gefühl kam vielleicht vom Aussehen, aber nicht nur. "Du siehst total hungrig und müde aus, du könntest wohl dringend was essbares vertragen.." plauderte er darauf los, wie es seine stärke war und kam ganz nahe, um John freundschaftlich den Arm um die Schultern zu legen. "Ich weiß auch genau, wo wir hingehen können. Danis Lieblingsbäckerei hat schon geöffnet, da gibts total leckeren Kaffee und Kuchen, aber die belegten Brötchen sind auch nicht schlecht." plauderte er munter weiter und schnappte sich im vorbeigehen noch Johns Tasche vom Boden. "Ach, und versuch gar nicht erst mir was anderes zu erzählen oder mir was vorzumachen." lachte er, ohne John zu Wort kommen zu lassen. "Ich kenne deinen Bruder seit ich zehn Jahre alt bin, und bin seitdem unsterblich in ihn verliebt gewesen.. es gibt kaum was das ich nicht von ihm weiß, ich hab ihn studiert. Da seh ich doch bei dir sofort, das du müde bist und mindestens die letzte Nacht nicht richtig geschlafen hast..." plauderte er einfach munter weiter während er ihn in Richtung Bäckerei führte. Er glaubte, seinen Herzschmerz dabei ganz gut hinter seiner Heiterkeit versteckt zu haben.
John hatte sich unwohl gefühlt, als er davon hörte dass der Arbeitsunfall seines Bruders doch schlimmere Nachfolgen mitsich zog. Wie konnten seine Eltern soetwas nur überspielen? Das Abel daher sich von ihnen fern hielt - über einen ganzen Ozean hinweg- erklärte sich ihm immer mehr. Außer Geld hatte man nichts von ihnen zu erwarten. Wenn sein Bruder es auf solche Werte ebenfalls nicht abgesehen hatte, konnte sich John damit noch ein bisschen aufmuntern und Mikeys Blick suchen. " Bei einem Rundgang bin ich dabei." nickte er daher, wobei sich in seiner Brust Wärme ausbreitete. Sein Herz schien sich aufzulösen- beruhigt von der Tatsache der Konfrontation noch eine weile aus dem Weg gehen zu können. Als Mikey ihn jedoch mehr oder weniger 'ertappte, musste er aufmerksam aufsehen. "Wie.." kam er garnicht großartig dazu, zu erfragen woher Mikey das wusste oder glaubte zu wissen. Die Wärme hatte dabei sogar seine Wangen erreicht- glühte jedoch ebenso schnell wieder ab. " Aber.." konnte er garnicht anders, als leise zu lachen, als Mikey schon wieder weiter plapperte und von Danis Lieblingsbäckerei sprach. Wer Dani war wusste er dabei nicht- doch was er wusste war, dass er sich in Mikeys Gegenwart so wohl fühlte, als würden sie sich schon ewig kennen. Der Grund dafür sollte sich aber zumindest darauf folgend aufklären, denn MIkey sollte ihm dann eröffnen- in Abel seine große Liebe zusehen..
"Oh.." entwich es ihm dann ein wenig enttäuscht. Was hatte er sich denn auch gedacht? Das sojemand wie Mikey Single war? Sein Blick wich seitlich um den Blondschopf einzufangen, der folgend nach seiner Tasche griff und ihm dabei den Arm umgelegt hatte. Dabei wurde John jedoch wieder so warm, dass er das komische Gefühl in seiner Magengegend garnicht lang dulden konnte. Es löste sich in warmen wohlgefallen und brachte ihn dazu ebenfalls seinen Arm zu heben und ihn in Hüfthöhe an Mikeys Rücken zu legen. Fast so, als würde er dies jeden Tag machen.. jeden Morgen - bei jedem treffen. Dabei war dies doch das erste Mal dass er Mikey traf. Er vermutete, dass lag an dessen unbeugsamen Charme und seiner offenen Art. John glaubte durch die blauen Augen bis auf den Grund seiner Seele schauen zu können. Zumindest bisher auf den fröhlichen, offenherzigen Teil.. "Ich habe wirklich nicht geschlafen.." berichtete er dabei, da er nicht darüber nachdenken wollte, warum er Mikey den Arm ebenfalls umgelegt hatte, und ob er damit zu weit ginge. "Ich war auf dem Flug zu aufgeregt, und die überfahrt war zu kurz um sich auszuspannen..ich hätte es bestimmt auch sonst nicht gekommt.." musste er dann wieder mit einem lächeln eingestehen. "Wenn.. du aber so verliebt in meinen Bruder bist, warum steht ihr euch dann nicht nah?" wollte er nicht begreifen, und sah in der Antwort die kommen könnte, vielleicht einen Funken Hoffnung. Warum er sich so stark von Mikey angezogen fühlte und ihm gefallen wollte, war dabei zweitranig. In diesem Moment ging es nur um die zufriedenstellung seines fortwährend schlagenden Herzens. Vielleicht war ja ein ruhiger Platz in der Bäckerei ein geeigneter Ort, um über alles zu sprechen. Seinen Arm ließ er dabei kene Sekunde sinken.
Mikey wusste gar nicht, was ihn dazu getrieben hatte, den Mut zu finden um den Arm um John zu legen. Er hatte es getan ohne über die Konsequenzen nachzudenken, und ganz bestimmt hatte er nicht damit gerechnet, dass John die freundliche Geste erwiedern würde. Sein Herz machte Sprünge wie verrückt in seiner Brust, als er ganz plötzlich Johns Arm an seinem Rücken spürte. Wenn er nicht John so nahe gewesen wäre und in der freien Hand dessen Tasche noch tragen würde, wäre er wahrscheinlich vor lauter Schreck über die eigenen Füße gestolpert. So konnte er aber nur ganz automatisch fast wie mechanisch weiterlaufen.. auch wenn das Gefühl in seiner Brust wie ein Sturm durch seinen ganzen Körper fegte. Er musste sich ermahnen, dass er hier nicht mit Abel zusammen war. Aber trotzdem war das Gefühl zu mächtig, als dass er sich ihm hätte entziehen können. Es war, als wären auf einmal in einer einzigen Sekunde die Träume der letzten zehn Jahre wahr geworden.
"M-hmm... das versteh ich doch." konnte er irgendwie noch antworten, auch wenn Johns Stimme beinahe wie durch Watte zu ihm drang. Das war Stoff aus jedem kitschigen Film den er je gesehen hatte, und trotzdem geschah es ihm nun in der Realität. Beinahe, als liefe alles in Zeitlupe ab und als würde die Welt sich nun nur noch um sie beide drehen. Zumindest war das so für Mikey, dessen Liebe in den vergangenen Jahren nie verschwunden war. Er hatte gerade Luft holen wollen um zu fragen, wie das denn gekommen war, dass weder John noch Abel bis vor kurzem voneinander gewusst hatten, aber dazu kam es gar nicht mehr, da John schneller war als er mit seiner Frage. "Ja also.." konnte er deswegen nur stammeln und fühlte sich, als hätte Amor mit seinem Pfeil gerade seine glitzernde Seifenblase zerschlossen. Sein Lächeln, das er noch auf den Lippen trug, wurde traurig, und wirkte irgendwie verloren. Ihm blieb aber keine andere Möglichkeit, sich vor der Leere zu schützen, die nur ganz knapp über der Oberfläche begann und sich bis auf den Kern seiner Persönlichkeit ausbreitete. "Er hat meine Gefühle nie erwiedert." verriet er John dann aber, wobei er kurz, aber direkt blieb. Er hätte nicht gewusst, wie er es sonst hätte umschreiben sollen. "Bei mir war es Liebe auf den ersten Blick, ich habe damals bei der Schülerzeitung angefangen und wollte ein Interview mit ihm machen.." er machte nur eine ganz kurze Pause, wobei sein Blick sich irgendwo in der Ferne verlor. "Ich hab mich nie getraut es ihm direkt zu sagen. Stattdessen hab ich unzählige Liebesbriefe geschrieben, anonym. Genau wie fast alle anderen hier, dein Bruder war vor seinem Unfall sehr beliebt.. Jedenfalls, er wusste nichts von mir, und er hat seit damals schon einen festen Freund, den Mizu." nickte er und bemühte sich, John ein Lächeln zu schenken. Er wollte sich nicht so deutlich anmerken lassen, wie verletzt er über diese unerwiderte Liebe noch viele Jahre später war. "Dein Bruder ist wirklich ein guter Mensch." war ihm aber wichtig, sich zu erklären. "So treu.. er würde nie fremdgehen. Und er hat sich immer für Schwächere eingesetzt. Der Abel ist ein richtiger Held gewesen, musst du wissen." nickte er, und senkte den Kopf so, dass er mit seiner Stirn Johns Schläfe berühren konnte. "Du brauchst dir also gar keine Sorgen machen, er ist sicher glücklich, dass du hier bist. Hab keine Angst.." murmelte er ihm noch leise zu und hob dann den Kopf wieder, um John um die nächste Ecke zu leiten, wo sie abbiegen mussten wenn sie zur Bäckerei wollten. "Da hinten ist sie auch schon.. Da können wir uns gemütlich in eine Ecke setzen und reden. Wenn du Fragen hast, ich kann dir wahrscheinlich die meisten beantworten." fügte er noch an, bevor sie das Bäckereigebäude erreicht hatten, wo um diese Zeit wenig los war. Die automatischen Schiebetüren öffnet sich und entließen dabei einen Schwall warmer, nach Brot, Kuchen und Kaffee duftender Luft, so dass man sich gleich heimisch fühlte. Nur die wenigsten Tische waren besetzt, und es waren auch nur zwei Verkäuferinnen im Laden. Nachdem die Sommerkurse schon begonnen hatten, war der erste Ansturm für heute vorbei, und erst um die Mittagszeit würde der Laden wieder überfüllt sein. Bis dahin konnten sie es sich gemütlich machen und die frischen Backwaren kosten. "Schau mal.. da hinten ist doch schön, bei der Treppe." wies er mit dem Blick in eine ungestörte Nische, von der aus sie aber ausblick über den Laden und die verglaste Frontseite nach draußen hatten.
John bekam nichteinmal mit, dass es überhaupt noch andere Menschen in diesen Gängen gab. Für ihn existierten nur noch Mikey und er, wobei er garnicht wusste wo nun er anfing, und Mikey aufhörte. Der Arm des Blondschopfes, der um seine Schultern lag fühlte sich schon an, als würde er zu seinem eigenen Körper gehören. Glücklicherweise sollte Mikey doch noch Erwiederung auf Johns Fragen dabei finden, der sich sonst in dem dichten Nebel aus Gefühlen verloren hätte. Er lauschte dabei und unterbrach Mikey nicht. Dabei sollte er schon bedeutsam viel über seinen Bruder efahren. Werte wie Mut, Einsatzbereitschaft und Treue waren alles Fakten die er sich gewünscht hatte. So hatte er sich seinen Bruder vorstellen können - traute sich letztlich jedoch nicht bis zu diesem Moment die Vorstellung zuzulassen. Aber selbst wenn Abel seinen Wünschen zu entsprechen schien, war doch ein fahler Beigeschmack der sich bitter in seiner Brust ausbreitete, und unangenehm bis in den Bauch zu fließen schien. Diesen zog er im selben Moment ein, als würde er schmerzen. Er konnte nicht begreifen, wie Abel nicht so auf Mikey reagieren konnte wie er. An der Stelle seines Bruders wäre er dem Blonden immer verfallen. Seine Briefe mussten wunderschön gewesen sein. So tief wie seine Gefühle waren, und so offen seine Art- mussten die Briefe einfach alles wiedergespiegelt haben was er fühlte. Das Mikey zusätzlich in der Schülerzeitung angefangen hatte, untermalte seine These nur noch weiter. John traute sich dabei garnicht, auch nur irgendetwas zusagen. Nur als die Stille ein wenig eingekehrt war, wollte er die Lippen öffnen und hoffen dass sein Herz für sich sprach- dann kam ihm aber auch schon Mikeys Stirn zuvor und brachte ihn zum stocken.
John hatte dabei Mikeys Atem spüren können..und die Wärme seiner Schläfe sowie den flachen Duft seines Shampoos. Alles paralysierte John so sehr, dass er garnicht wusste wie oder ob er überhaupt weiter lief. Wenn mussten seine Beine ohne seinen Kopf fungieren.. denn dieser war zu sehr vom Herz gefangen dass sich auf Mikeys Nähe versuchte einzustellen. Johns Lippen zitteren dabei für den Hauch einer Sekunde- sein Arm jedoch konnte Mikey ein wenig fester drücken. Es gab dabei so vieles was er ihn fragen würde - doch er glaubte dass er für den ersten Moment genug nach Mikeys Gefühlen gefragt hatte. Was er wusste reichte ihm um zu wissen dass er sicher nicht vergeben war.. und dass die Chance bestehen könnte Mikey doch mehr zu gefallen. Ob sein Aussehen dabei von Vorteil war konnte er nicht abschätzen. Es konnte zu gleichen Teilen Vorteilhaft und Nachteilig sein. Ob nun Mikey sich von ihm zusehr an Abel erinnert fühlte, oder außenstehende Einflüsse diese Beziehung verkomplizieren würden, stand im selben Verhältniss zu großen Liebe, die sich durch schlechtes Schicksal erst jetzt finden konnte- und sich Mikey faktisch nur in den Gefühlen für Abel verlaufen hatte- weil er ihn- John- nicht gekannt hatte. John versuchte daran festzuhalten, und sah Mikey tief in seine blauen Augen- als dieser den Kopf wieder hob. Er wollte etwas sagen.. etwas- wie ' ich hätte mich von selbst in dich verliebt..' oder ' freust du dich auch darüber, dass ich da bin?' Es gab so vieles, dass in seinem Herzen kochte, aber noch auf einer Flamme die John unter Kontrolle hatte. " Ich bin froh, dass du da bist.." erwiederte er dann aber nur daraufhin, dass sein Bruder sich wahrscheinlich über ihn freuen würde- weil er sich selbst im Moment nur darüber freuen konnte Mikey in seiner Gegenwart zu haben. problemlos hätte er Mikeys Schläfe küssen können.. mit den Lippen streifen während sie an ihm vorbei zog, doch John ließ sich nur von ihm in die Bäckerei führen, wo die Wärme und der frische Duft ihn in die Realität zurück holte. Er besann sich der Auslage, in der sich die leckeren Törtchen und Teilchen präsentierten. Auch belegte Brötchen und frisch gepresste Säfte lagen auf Eis gebettet und wirkten einladend. " Die Ecke ist gut." nickte er dann , und steuerte die gemütliche Niesche an- was vorraussetzte dass er Mikey mitsich ziehen konnte. Auf das weiche Polster der Doppelsitzbank gegenüber des Stuhls ließ er sich schließlich sinken- und sah zu Mikey auf von dessen Rücken seine Hand dabei gleiten musste. " Du kennst dich hier wirklich gut aus.." wollte er unverfangen beginnen. " Ich würde mich freuen, wenn wir uns öfter treffen könnten.. nur wenn du Zeit hast." sprach er entgegen des inneren Feuers ruhig und gestikulierte mit den Händen. " Ich würde gern die Plätze sehen die du magst.." war seine Frage danach, Mikey besser kennenlernen zu wollen und legte dabei den Kopf leicht schief. " Und ich würde gern zuerst das kosten, was du am liebsten hier isst..und wissen wer überhaupt dieser Dani ist.." versuchte er mit einem sanften Lachen zu überspielen, dass ihm ganz warm wurde. Und das gewiss nicht von den leckeren Backwaren.
Mikey stellte zuerst einmal die Reisetasche ab, die er bisher noch in der Hand gehabt hatte, und schob sie ein Stück unter den Tisch. Der Boden war so sauber, dass er sie dort bedenkenlos hatte abstellen können.. und unter dem Tisch würde schon niemand darüber stolpern oder auf die dumme Idee kommen zu klauen.. man wusste schließlich nie. Er kam aber nicht umhin, ein Gefühl des Verlusts zu empfinden, als er sich so von John lösen musste, damit sie Platz nehmen konnten. Die Wärme verschwand damit ein wenig, und auch der beheizte Raum konnte daran wenig ändern, da diese Kälte von Innen kam. "Weißt du, ich bin auch froh, dass du da bist." musste er ihm dann aber mit einem Lächeln nachträglich gestehen, nachdem er sich wieder erhoben hatte. Er hatte sich für die Worte noch einmal über den Tisch gebeugt und einen Ellbogen auf die blitzblank geputzte Oberfläche mit dem weißen Deckchen gelegt. Er hatte sich einfach so sehr darüber gefreut, dass John gesagt hatte, er würde ihn gern öfter treffen und sich für die Plätze interessierte, die er mochte. Das war es, was er sich immer von Abel gewünscht hatte, das alles und noch so viel mehr. Es war irgendwie einfach, sich halb und halb in der Illusion zu verlieren, dass diese Wünsche nun nachträglich doch noch wahr werden konnten.. doch die Innere Stimme, vielleicht sein Verstand oder sein Gewissen flüsterten dabei unablässig, vorsichtig zu sein, nicht zu vergessen, dass er hier nicht Abel vor sich hatte, sondern John.. einen jungen Mann mit eigenen Gedanken und Gefühlen, einer eigenen Persönlichkeit, die er nicht mit seinem -vielleicht-Traumbild von Abel vermischen durfte...
"Dann hole ich uns jetzt erst einmal was zu essen.. Ich lade dich natürlich ein." lächelte er noch einmal und richtete sich dann wieder auf, um sich im vorbeigehen ein Tablett zu schnappen und an den Tresen zu gehen, wo er für John einen großen Kaffee bestellte und für sich selbst einen Kakao.. aber ohne Sahne. Eine von Danis Angewohnheiten, stellte er belustigt fest. Die Verkäuferin staunte allerdings nicht schlecht, als sie Mikeys restliche Bestellung entgegen nahm, da er von jedem Teilchen mindestens eins kaufte, und sich alles in Tüten verpacken ließ. Hinzu kamen natürlich auch noch eine erlesene Auswahl an Brötchen aller Sorten, so dass am Ende mehrere große Tüten zu den beidne Tassen auf dem Tablett kamen. Er bezahlte noch mit seiner Chipkarte, bevor er wieder schwer beladen an Johns und seinen Tisch zurück kam, wo er das Tablett ächzend abstellte. "Der große Kaffee ist für dich..." lächelte er, bevor er sich an die Stirn fasste. "Ach, ich hab gar nicht gefragt, ob du den überhaupt wolltest, oder lieber was anderes. Du kannst natürlich auch meine heiße Schokolade ohne Sahne haben." bot er mit seinem Sonnenscheinlächeln an. "Oh, und in den Tüten ist alles mögliche drin... nimm was du magst!" lachte er. "Weißt du, wenn man hier drei Teilchen kauft, bekommt man das vierte umsonst, deswegen hab ich gleich neun gekauft... und jetzt sind es zwölf!" freute er sich. "Und bei den Brötchen ist das so ähnlich.." erzählte er munter. "Ach ja... ich habe ja eine Großfamilie zu Hause, deswegen nehm ich das, was du nicht schaffst aufzuessen, mit nach Hause." zwinkerte er ihm zu. "Und der Dani, nach dem du schon gefragt hast, ist der Verlobte vom Bruder meiner besten Freundin." versuchte er die Familienverhältnisse langsam zu erklären. Er glaubte nämlich, dass das gar nicht so leicht war bei einer so großen Familie, insbesondere wo John gerade erst angekommen war, und ihm alles fremd war. Da wollte er ihn schon gar nicht mit sowas überfahren. "Ich wohne auch bei den Taylors zu Hause.. sie sind wie meine richtige Familie seit ich klein bin. Wundere dich also nicht darüber.." begann er sanft und angelte dann nach seiner Schokolade.
John hatte versucht , solang er allein war sich zu beruhigen. Alles war in Ordnung..alles okey. Warum nur war er von innerlicher Aufregung so befallen ? Mikey brachte ihn ganz durcheinander.. ja, daran musste es liegen. Allein wie er sich über den Tisch gebeugt hatte und ihm- John sagte wie sehr er sich freute ihn zusehen. Damit konnte er den ganzen Rhytmus des Engländers durcheinander bringen, der garnicht mehr wusste wie ihm geschah. Er versuchte mit der Hand auf dem Herzen dieses zu beruhigen. Gleichmäßige Atemzüge sollten dieses Vorhaben unterstützen. Mit dem Lächeln dass langsam auf seine Lippen zurückkehrte glaubte er sich langsam wieder einigermaßen zu fangen. Er hoffte zumindest dass er sich dies nicht vormachte. So konnte er auch seine Jacke auf die Tasche legen die sich zu seinen Füßen befand, und die Ärmel seines Pullovers über seine Handgelenke ziehen. Nun konnte er nur hoffen dass Mikey bald wiederkäme..denn seine Bestellung sollte doch schon dauern. Dass er vollbepackt mit einem Tablett zurück kam- was locker auf zwei gepasst hätte- brachte John schon dazu aufzustehen. Er wollte Mikey das Tablett gerade abnehmen, da hatte der Blondschopf es auch schon abgestellt. "Du bist ja verrückt.." musste er lachend den Kopf schütteln. "Ich weiß nicht ob ich so viel essen kann.." wurde er dann wieder typisch seiner englischen Manier etwas ernster. Nicht, weil er glaubte dass Mikey zuviel gekauft hatte- sondern weil er fürchtete Mikey könnte davon enttäuscht sein. Deswegen suchte er auch den ernsten, aber betroffenen Blick. Als er sich gesetzt hatte sollte Mikey ihn dann aber auch wieder erleichtern. So viele Teilchen gab es also wegen der großen Familie die auf ihn zu Hause wartete. "So eine Große Familie hast du.." war er ganz erstaunt und betrachtete mit großen Augen die Tütenberge. Anschließend musste er wieder lächeln. Mikeys Herz schien wirklich groß zusein, wenn er so viel mitdachte. "Kaffee ist außerdem in Ordnung..ich trinke gern Kaffee. Kaffee und Tee." musste er dann aber doch wieder murmelnd eingestehen und den Kafeebecher an sich heran ziehen. Er war zu gerührt davon dass Mikey ihm seine Sahnefreie Schokolade angeboten hatte. Dabei sah er so verunsichert und betroffen aus, dass John ihn am liebsten in die Arme geschlossen hätte. So konnte er Mikey nur betrachten, während er die erste Tüte öffnete und sich ein Teilchen mit Pudding und Schokolade herauszog. Ein Stückchen brach er davon ab und tauchte es in den Kafee, bevor er es in den Mund nahm. " Oh..das schmeckt ja wunderbar. Eigentlich mag ich lieber herzhafte Sachen. Aber das Gebäck ist wirklich lecker." war er ganz begeistert, und verzog genussvoll die Augenbrauen. Dabei konnte er auch Mikey folgen, der ihn über seine Familienverhältnisse aufklärte.
Dabei konnte er nicht anders, als einmal mit dem Kopf zu schütteln. "Ich wundere mich doch nicht.." unterbrach er Mikey sanft und blickte mit ebenso gütigem Ausdruck auf seine Kafeetasse. "Ihr scheint ein sehr harmonisches Familienleben zu führen.. da ist doch Stille sicherlich ein Fremdwort.." musste er mit einem Lächeln unterstreichen. Er versank mit den Blicken wohl nicht im schwarzen Kaffee, sondern in seine eigene Vergangenheit. "ich mag stille nicht sonderlich. Sie ist meist beklemmend.. " Die Violetten Augen glitten dabei seitlich von ihrem Ziel ab, bis hin zum bunten Männchen auf der Bäckertüte. "Man muss sich überlegen was man sagt..das ist doch erdrückend.." machte er sich mit einem tiefen Seufzen frei. Immerhin befand er sich in Mikeys Gegenwart..an einem geschützten und hellen Raum voller wärme. " Ihr versteht euch alle sehr gut, oder?" erfragte John dann mit hebendem Kopf. Mikeys Geschichten schienen ihn davon abzuhalten, alles so dunkel zusehen wie der Kaffee vor ihm.
"Hey.. wieso hab ich nur das Gefühl, das schon mal gehört zu haben?" meinte er unschuldig und richtete den Blick zur Decke. "Wenn du wüsstest, wie oft ich das schon gehört habe, 'du bist ja verrückt!'" meinte er dann belustigt und rutschte wieder ganz nahe zu John auf die gepolsterte Bank. "Ich kauf öfter Sachen im Angebot.. und jedes Mal beschwert sich jemand darüber. Aber früher oder später braucht es dann doch jemand." lächelte er milde. Es war eine seiner Eigenheiten, dass er so sparsam war, obwohl er sich in seinem ganzen Leben noch keine Sorgen um Geld hatte machen müssen. Aber trotzdem.. das war etwas, über das er sicher irgendwann einmal mit John sprechen würde. Nur nicht jetzt im Moment, wo sie einander gerade erst kennenlernten, und wo das zusammensein so angenehm war. Es gab tausend Dinge, über die er lieber sprechen wollte. "Ohh..." machte er dann aber betroffen. "Ich hab extra keine Sandwiches gekauft.. wie dumm von mir!" meinte er dann und sah halb so aus, als ob er gleich wieder aufspringen wollte, um für John noch etwas anderes zu kaufen. "Bei uns zu Hause gibts nie gekaufte Sandwiches, nur selbstgemachte." erklärte er John, warum seine Einkäufe so ausgefallen waren. "Adam, der Bruder von meiner besten Freundin und Danis Verlobter..." erklärte er noch einmal die Familienverhältnisse "..macht nämlich die weltbesten Sandwiches! Du musst unbedingt mal zu besuch kommen und probieren.. dann schmecken dir auch keine anderen mehr." lachte er, und war doch erleichtert darüber, dass John doch noch Geschmack an einem Puddingteilchen gefunden hatte.
Mikeys Gesichtsausdruck wurde jedoch etwas ernster, aufmerksamer, als John begann, zu erzählen. Sein Reporter-Scharfsinn kam ihm dabei zu hilfe, und Menschenkenntnis war ohnehin seine große Stärke. So erkannte er, dass das, was John sagte sehr wichtig war. Nicht nur für ihn, sondern auch für diejenigen, mit denen er zu tun hatte. Mikey spürte, dass John nicht nur allgemein über Stille sprach, sondern ganz konkret davon, wie er Stille empfand. Daraus und aus den restlichen Worten schloß er, dass John wohl kein harmonisches Familienleben genossen hatte, und einmal mehr drängte sich ihm die Frage auf, wie es wohl möglich sein konnte dass die Zwillingsbrüder bis vor kurzem nicht voneinander gewusst hatten. "Dann würdest du dich bei mir zu Hause sicher wohl fühlen.." meinte er und senkte den Kopf ein wenig, fast so als wollte er Johns Blick von der Kaffeetasse in die er starrte aus auffangen, damit er wieder aufschauen konnte. Er schlug einen weichen, leiseren Tonfall an als zuvor, seinem lebhaften und üblichen Plauderton. "Bei uns im Haus ist es sehr lebendig. Zumindest seit Adam Dani vor ein paar Jahren mitgebracht hat. Alle verstehen sich gut.. wir grillen auch fast jede Woche zusammen, wenn das Wetter es zulässt. Wir wohnen ja nicht im Komplex sondern in der Villa den kleinen Hügel hinauf.. bei dem Wetter hast du sie von der Fähre aus aber wahrscheinlich nicht sehen können." meinte er. "Jedenfalls, was ich sagen will.. du bist immer herzlich willkommen, und du musst auch nicht aufpassen was du sagst. Bei uns jedenfalls nicht.. und bei mir schon gar nicht.." kam er etwas langsam zum Ende, wobei seine Wangen schon ein gesundes rosa angenommen hatten. Er konnte dabei auch gar nicht anders, als die Hand zu heben und liebevoll über Johns Oberarm zu streicheln. Ihm wurde selbst bei der Berührung ganz warm, sein Herz klopfe.. so glücklich hatte er sich ewig nicht gefühlt. Er glaubte, nicht mehr seit er sich vor einem halben Leben in Abel verliebt hatte. Mehr hatte er im Moment auch noch nicht anzufügen gehabt. Mikey wollte abwarten, ob John von selbst von sich erzählte.. oder wie er reagierte. Erst dann würde er, wenn er nicht von selbst aus darauf kam, vielleicht ganz vorsichtig nachfragen, wie seine Familienverhältnisse lagen.. Diplomatie und Takt gehörten ja auch zu seinen Stärken, die ihm jetzt endlich einmal nützlich waren. Er vertraute darauf, den richtigen Moment und die richtigen Worte zu finden, wenn die Situation entsprechend war.. so lang würde er seine Neugier zügeln.
John war Mikey nicht entglitten..aber dennoch hatte er sich ein wenig innerlich zurückgezogen um gegen den Schmerz und die Angst anzukämpfen die ihn manchmal einholte. Er hatte mit diesen Zuständen schon vor der Eröffnung über seine Herkunft zutun gehabt...als sich jedoch alles überschlug sollten auch die Angstzustände zunehmen und ihn damit einschränken. Er kam auch nicht umhin, dass dieser Umstand in seiner ' neuen ' Familie bemerkt wurde - wenn es ihm besonders schlecht ging. Man schickte ihm zum Arzt der ihm Medikamente verschrieb.. doch diese lagen so unberührt in der Folie wie die Angst in seinen Knochen. Vieles war zu bizarr und erdrückend gewesen als dass er es als Kind alles hätte begreifen können. Nur unterschwellig hatte er mitbekommen dass etwas nicht stimmen konnte. Aber so war das nunmal bei den Hydes..glaubte John. Jedes Problem ließ sich mit Geld und Medikamenten regeln. Die Erkenntniss warf ein seufzen auf, dass seine Schultern auflockerte. Diese sanken ein wenig in sich zusammen, fanden Halt an der Seite Mikeys der seinen Oberarm streichelte. Er konnte weder auf das Sandwich eingehen, noch die Aussicht auf Grillfeste und dass er Willkommen war. Das versetzte ihm nur weitere kleine Nadelstiche unterhalb der Haut. So schnell wie man sie empfand, waren sie auch schon verschwunden als dass man was hätte dagegen unternehmen können.
"Ich bin als Kind entführt worden." meinte er dann und sah zu wie sich der weiße Milchschaum auf der Oberfläche aus tiefer Schwärze verteilte. " Aus dem Kinderwagen während eines Einkaufs." fügte er an, wobei seine Lippen ganz trocken wurden. Nur langsam konnte er den Kopf seitlich neigen, um Mikey mit einem kurzen Blick zu streifen. "Das Paar das mich aufgezogen hat konnte keine Kinder bekommen und akzeptierte keine Adoption..das hätte zu lang gedauert und außerdem.. nun, sagen wir- hatten sie ihre eigenen Vorstellungen in die eine Adoption nicht gepasst hätte." zuckte er mit den Schultern auf. "Ich war ihr Kind mit dem Tag, an dem sie mich genommen hatten, und kein angenommenes.." konnte er es nicht besser in Worte kleiden. Seine Hände fühlten sich dabei ganz kalt an- obwohl der Raum gut geheizt war. "Ich hatte vor ungefähr einem Monat einen Unfall.. nichts bedenkliches, ich bin vom Stuhl gefallen. " hielt er sich knapp. Die Worte fielen ihm nicht leicht- so dass er sich durch sie förmlich kämpfen musste. "Bei den Tests wurde festgestellt dass ich andere Blutgruppe hatte, als in meinem gefälschten Ausweis angegeben. Das Dokument wurde angezweifelt.. Man hat mich mehere Stunden in einem Zimmer sitzen lassen und irgendwann am Abend eröffnet dass ich vor 21 Jahren entführt worden bin, und meine richtigen Eltern im Nebenraum warteten.." konnte er nicht anders, als in das schnauben ein lachen einfließen zu lassen. Anders war die ganze Misere garnicht zu ertragen gewesen. "Es machte auf einmal Sinn, wieso meine Eltern...die, die ich bis dahin für meine Eltern gehalten hatte so komisch waren. Wir sind nicht nur oft umgezogen..sie haben sich nicht verhalten wie ..gesunde Menschen. " zuckte er mit den Schultern auf. "Aber die Hydes waren nicht viel anders..nur auf eine ganz andere Weise. Ich hatte ja keine Chance als zu akzeptieren und anzunehmen. " Beschrieb er sein 'vom Regen in die Traufe- Effekt' Leben. "Sie waren kühl..beherrscht. Ich habe keine Emotion in ihren Gesichtern gesehen..dabei hatte ich gedacht dass man doch bestimmt erleichtert.. aufgeregt und erfreut ist wenn man sein verlorenes Kind wieder sehen kann. Ich redete mir ein, sie wären geschockt gewesen.. doch ich glaube mittlerweile dass sie einfach so sind."
John musste wieder aufseufzen. Es gab so vieles was passiert war. Das passte alles garnicht in eine Erzählung. Bilder flackerten vor seinem inneren Auge auf, und er wusste sich nicht anders zu helfen als sich ein paar Strähnen aus der Stirn zu wischen. " Als Kind bin ich ziemlich oft umgezogen. Ist ja klar, wenn man sich verstecken muss. Dabei habe ich gelernt dass es nie gut ist Fragen zustellen..das bedeutete immer ärger. Mein Vater hat mich zwar nie angefasst, aber er war unterschwellig aggressiv. Man hat sich garnicht an ihn herangetraut. Nur meine Mutter.." bekam er es garnicht hervor, aber er fühlte sich im aufkommenen Schweigen so abgebrochen. Er glaubte auszubluten..und das fühlte sich nicht gut an. " Als ich noch kleiner war, wollte ich mit ein paar Freunden abends raus. Es war noch nichtmal dunkel.. aber sie wollte einfach nicht dass ich rausgehe. Dafür hatte ich kein Verständnis. Für mich war nur wichtig raus zu kommen damit ich spielen kann. Da hat sie mich im Hausflur gepackt und ich hab solang dagegen gezogen bis sie mir den Arm ausgekugelt hatte. Seitdem hatte ich mir nie wieder soetwas getraut... und außerdem bin ich immer ganz früh ins Bett gegangen damit ich nicht mitbekomme wenn mein Vater nach Hause kam. Denn dann wurde es oft laut." berichtete er aus den Fetzen heraus die er aus den Bildern vor seinen Augen filterte. " Das war nur ein Beispiel.. und es gibt so viele aus meinem Leben die alle darauf hinauslaufen, keinen Stress ertragen zu können. Wenn es besonders Still ist habe ich immer die Befürchtung dass was schlechtes passiert. das werde ich nicht los." schüttelte er den Kopf. Dann fühlte er sich jedoch so matt, dass er sich von seinen Erinnerungen losreißen konnte. Viel mehr jedoch rissen sie ab weil er garnicht die Kraft hatte sich weiter von ihnen vereinnahmen zu lassen. "Es tut mir leid.." sprach er dann milde, etwas wacher. Immer wieder wenn er sich beruhigte, viel ihm auf dass er einfach keine Wahl gehabt hatte. In keinem Bereich seines Lebens . Zumindest bisher. " ..jetzt ist der Kaffee kalt." meinte er betroffen mit einem Blick vom Kaffee, der ihn zu Mikey führte. Er glaubte nicht dass es besonders gut war , Mikey nun vielleicht angst gemacht zu haben. Immerhin hatte er es nicht mit einem Helden zutun- so wie sein Bruder einer war. Daher versuchte sich John zumindest an einem traurigen Lächeln, und hob seine Hand damit er über Mikeys Schulter streichen konnte, die ihm zugewandt war.
Es war ein glücklicher Zufall, dass Mikey nicht nur ein ausgezeichneter Redner war, sondern vielleicht sogar ein noch viel besserer Zuhörer. Es waren Eigenschaften die ihn auszeichneten, und die vielleicht mit der Grund waren, warum sich viele Menschen in seiner Gegenwart wohl fühlten. Jetzt war es nicht nur einfach nützlich, solch eine Eigenschaft zu besitzen, sondern es war geradezu elementar. Er öffnete deswegen auch kein einziges Mal den Mund, während John erzählte, sondern lauschte aufmerksam. Er hatte nicht damit gerechnet, dass er sich ihm so schnell offenbaren würde.. aber nun wo es so weit war, hatte er seine gesamte Aufmerksamkeit. Er fühlte dabei Betroffenheit, Kummer.. aber auch die Hilflosigkeit, die von John auf ihn überschwappte. Es erklärte wie und warum niemand vom anderen Hyde-Zwilling je gewusst hatte.. es war ebenso schockierend wie unerklärlich. Das waren Dinge, die man nur aus dem Fernsehen oder der Zeitung kannte, nichts was jemals im eigenen Umfeld passierte. Da aber genau das seine Welt war, konnte er reagieren, ohne sich vom Schock paralysieren zu lassen.
"Sch..sch... ist doch egal.. Ich kauf dir so viel Kaffee oder Tee, wie du nur trinken kannst." machte er beruhigend und rutschte ganz nahe, um den Arm gänzlich um John zu schlingen und ihn an seine Brust zu ziehen. Er traute sich das, weil John von selbst über seine Schulter gestreichelt hatte. Anders hätte er wahrscheinlich nicht den Mut gehabt, sich ihm so zu nähern, auch wenn sein Herz danach verlangte. Er wusste nicht, was er sonst sagen sollte, deswegen hob er nur die freie Hand und streichelte über Johns Arm, so weit er ihn erreichen konnte. "Ich bin für dich da.." war es nur ein heiseres Flüstern, das von seinem Herzen aus direkt über seine Lippen kam. Für ihn verschwammen Vergangenheit und Gegenwart für einen Moment, ebenso wie die klare Sicht vor seinen Augen, weswegen er blinzeln musste. Er hatte sich immer gewünscht, mehr noch sich danach verzehrt, Abel so in den Armen zu halten, nach dessen Unfall. Er hatte sich vielleicht als Junge in einen Helden verliebt, aber geliebt hatte er den Menschen dahinter.. und das hatte sich auch nach dem schweren Unfall nicht geändert. Er liebte mit allen Stärken und Schwächen, und jetzt brannte sein Herz nicht nur aus Mitgefühl für John. Er konnte gar nicht anders, als seine Stirn wieder an die Johns zu schmiegen und ihm nahe zu sein, selbst wenn er damit jetzt riskierte, dass dieser ihn jeden Augenblick von sich stoßen konnten. Selbst wenn Mikey vielleicht durch die langjährige Liebe zu Abel jetzt das Gefühl hatte, John schon ewig zu kennen konnte er nicht wissen, dass dieser sein Gefühl teilte. Er konnte sich nicht dagegen wehren, ihn jetzt halten und beschützen zu wollen.. er würde auch nicht aufhören, wenn John ihn nicht zurückstieß.
John konnte garnicht beschreiben, wie er in Mikeys Armen gelandet war. Auf einmal fand er Stütze an dessen Brust..fühlte dessen Herzschlag an seiner eigenen Schläfe, spürte jede Regung seines Körpers und die Wärme seiner Haut durch die Stirn des Blonden, die seine eigene streifte. John registrierte erst dabei dass er in Mikeys Armen lag und dieser ihm flüsternd zuspruch gab. Im ersten Moment hatte er sich davon so erschrocken dass er fast zurück gezuckt wäre.. aber er konnte garnicht anders als den eigenen Arm schwer zu heben und über Mikeys Schoß zu heben, so dass er ihn vollkommen um dessen Bauch schließen konnte. Er wusste nicht wieso er diesem Jungen so stark vertraute. Er kannte ihn doch nicht einmal einen ganzen Tag.. Es war daher fast selbstverständlich dass er sich darum sorgte wie Mikey seine Geständnisse aufnahm. Vielleicht hielt er ihn ebenfalls für einen Freak..würde auf Abstand gehen. Doch würde er sich dann so warmherzig um ihn kümmern? John wagte es garnicht den Kopf zu heben um seine Befürchtungen zu pürfen. Er genoss es einfach zu sehr in Mikeys Armen zu liegen..und wenn es das einzige und letzte Mal sein sollte wollte er es genießen um sich daran erinnern zu können. Seine negative Einstellung war dabei reine Schutzmaßnahme. Wenn dann etwas schlimmes passierte konnte er sich immer noch selbst auffangen. Und wenn dann etwas gutes geschah..konnte er sich umso mehr erleichtert darüber freuen.
Wie oft hatte er sich denn jemanden gewünscht der für ihn da war? Zählen konnte er die Momente bei weitem nicht mehr. Und Mikey musste er um diesen Satz nichteinmal bitten. Er kam von ganz allein auf ihn zu und brachte John seinen Arm nur noch fester um ihn zu schlingen. " Ich wollte dich nicht belasten.." sprach er dabei leise gegen Mikeys Brust. " Ich habe das Gefühl das soetwas den meisten Menschen angst macht. Aber ich konnte nicht anders.." wollte er nicht ungesagt lassen und schloss die Augen für einen Moment. "Und du sagst einfach du bist da.." verschwieg er ebenfalls nicht seinen Dank. Ihm war Mikey bereits zu wichtig geworden, als dass er dieses Gefühl ignorieren könnte. Das der Blondschopf dabei angst hatte abgewiesen zu werden, wäre ihm im Traum nichteinmal eingefallen. Dafür wirkte er zu sicher in seinen Handlungen. " Ich würde deine Familie gern kennen lernen..aber ich glaube auch dass ich mich dumm anstellen könnte." mutmaßte er, seine Kehle war ganz trocken gewesen, wie der Scherz an dem er sich halb versucht hatte. Den Kopf hob er dabei ein wenig mehr, wobei er knapp mit der Augenbraue Mikeys Lippen streifte. Das Gefühl brachte ihm ein schwaches Lächeln ein. Er wusste nicht wohin das alles führte.. er wollte nur nicht dass es endete. "Ich hätte dich schon viel eher gebraucht. Wenn.. wenn ich nicht entführt worden wäre, hätten wir uns sicher auch kennengelernt." untermalte John mit einem weiteren kleinen Lächeln, dass seine Augen jedoch nicht erreichte. "Dann hätte ich dich weggeschnappt und du wärst garnicht dazu gekommen Liebeskummer zu empfinden.." träumte John weiterhin offen von seinen Gefühlen. Nun war er derjenige der sich mit dem Ellenbogen abstützte um Mikeys Blick zusuchen. Seine Wimpern kitzelten dabei das Kinn des Blondschopfes, was aufzeigte wie nah er seinem Gesicht für diesen Moment gekommen war. Vieleicht wäre er ja so selbstsicher gewesen? Wer weiß wie er sich entwickelt hätte wenn er sich unter normalen Umständen hätte entfalten können. Zumindest wra er sich sicher dass ihm Mikey sofort gefallen hätte, und das er ihn ebenso hätte haben wollen. Wenn sein Bruder davon schon nichts mitbekommen hatte, hätte er sich umso mehr um den schüchternen, sensiblen Blondschopf bemüht den er so eingehend betrachtete.
Mikeys Erleichterung war fast grenzenlos, als John ihn nicht von sich stieß.. er glaubte, das wäre die normalste Reaktion gewesen, oder zumindest wenn er sich befremdet von ihm abgewandt hätte. So jedoch kam er in den Genuß, die Wärme von Johns Körper zu spüren. Er war nicht unerfahren - er hatte mehr als genug Affairen während seiner Schulzeit gehabt, aber noch nie hatte sich ein Körper so gut und so schön in seinen Armen angefühlt. Das Gefühl berauschte ihn, belebte sein Herz neu.. als würden die Jahre des Kummers von ihm abgewaschen. Alles nur, weil er John in seinen Armen halten konnte.. "Aber du belastest mich doch nicht.." konnte er deswegen nur murmeln. Er versuchte sogar, ein bisschen zu lachen weil ihm der Fakt so komisch vorkam, dass John glaubte ihn zu belasten. "Ich bin doch froh, dass du mit mir sprichst.. Nach dem Unfall deines Bruders hab ich mir so gewünscht, für ihn da sein zu können und ihm zu helfen. Ich hatte doch nie die Chance dazu, aber für dich kann ich da sein.." murmelte er weiter und konnte dabei gar nicht anders, als mit dem umschlungenen Arm Johns Rücken zu streicheln. Vergangenheit und Gegenwart verflossen immer mehr und ließen nur noch Raum für die so lang unterdrückte Liebe, die in ihm überfloss. "Ich wäre doch so dankbar, wenn ich wenigstens für dich da sein könnte.." Während er sprach wusste er schon selbst nicht mehr, wen er nun liebte, Abel oder John. Er wusste eigentlich nur noch, dass die Liebe der Person galt, die er nun in seinen Armen hielt und die Bereitschaft zeigte, seine Liebe anzunehmen. Selbst wenn er zuletzt feststellen musste, dass John ihn vielleicht doch nicht lieben würde oder allerhöchstens an einer Freundschaft interessiert war, war ihm das das Risiko wert. Alles war besser, als noch länger dieser unseeligen Liebe nachzuhängen, die ihn immer traurig machen würde.
Er konnte all diese schönen und schrecklichen Gefühle zugleich nicht verstecken, als er den Blick in Johns Augen suchte, der zu ihm aufsah. Es waren die selben Augen wie die Abels, aber doch ganz ganz anders.. er konnte es deutlich erkennen. Deswegen war er auch sicher, dass er die beiden unabhängig von Abels Narben immer würde unterscheiden können.. es würde reichen die Augen zu sehen, den Gesichtsausdruck. Sein Herz zerfloß regelrecht vor Liebe, während er John betrachtete. "Ich hätte dich genauso gebraucht..." gestand er ihm daher. "Ich war zwar nicht allein, aber der Schmerz war schwer zu ertragen all die Jahre. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie unglücklich diese Liebe wirklich war. Niemand konnte es verstehen.." sprach er die Worte leise und schnell aus. "Wenn sie dich nicht gestohlen hätten.." konnte er es kaum ertragen Johns Worten zu folgen. Ihm war beinahe so als würde der Boden unter ihm wegbrechen und ihn in ein endloses dunkles Loch fallen lassen, aber natürlich war der Boden so fest wie eh und je, er konnte ja das Polster unter sich fühlen und den Fußboden unter den Schuhsohlen... Und dann war da noch John in seinen Armen, den er nicht nur festhielt, sondern der ihm auch Halt gab. Wer konnte denn schon wiederlegen, dass sie sich nicht ineinander verliebt hätten, wenn er beide Zwillinge gleichzeitig kennengelernt hätte? Er glaubte, die Wahrscheinlichkeit wäre gar nicht so gering gewesen, insbesondere wenn Abel schon kein Interesse an ihm gezeigt hätte. Er wollte es glauben.. auch wenn er schon befürchtete, was alle anderen darüber vielleicht denken würden. Es war egal, so lange sich John nicht davon abschrecken ließ und am Ende noch glaubte, er gäbe sich wegen ihm nur wegen seines Aussehens ab.. und weil er nie beim Abel hatte landen können. "Du würdest dich auch nicht dumm anstellen.. Alle würden dich lieben, genau wie ich.." formten seine Lippen die Worte aus seinem Herzen heraus, ohne dass er dabei bemerkte, dass er sie tatsächlich laut aussprach, und sie nicht nur gedacht hatte.