Der heutige Tag begrüßte Lian so sonnig, dass er sein eigenes Gemüt sofort mit guter Laune ansteckte. Der Junge war langsam in seiner neuen Heimat angekommen, aber er hatte es immer noch schwer damit, Anschluss zu finden. Das setzte seinem zarten Gefühlsleben des Jungens schon zu- jedoch ohne das er die Hoffnung aufgab. Er wusste ja, dass es nicht nur an seiner Schüchternheit lag, dass er nicht leicht Freunde finden konnte. (Obwohl diese einen Großteil dazu bei trug. Auch wenn er es nicht gern zu gab war er in seinem Verhalten noch sehr von den Schikanen geprägt, die an seiner alten Schule stattgefunden hatten. Er merkte, dass er misstrauischer geworden war. Diese düstere Veränderung in seinem Wesen gefiel ihm nicht sonderlich..aber er glaubte auch, dass dies sicherlich noch ausheilen konnte, wenn er bessere Erfahrung sammelte. Dafür hatte er angefangen Tagebuch zu führen. Wann immer etwas gutes geschah, schrieb er es auf. Das hatte den Hintergrund, dass er falls es ihm schlecht ging- er sich damit aufheitern konnte dass ihm auch gute Dinge wiederfuhren. Das erste große Positive was ihm am Komplex wiederfahren war, koppelte sich zwar Nahtlos an eine kleine Katastrophe an- mündete aber doch schlussendlich in einem Erfolgserlebnis!
Lian schmunzelte wenn er daran dachte. Gerade war er aufgestanden und hatte sich im Bad auf einen Hocker gesetzt, um sich seine Haare zu einem Zopf zusammen zu binden. Er wollte noch schnell Duschen bevor er zur Arbeit aufbrach. Er dachte daran wie er seinen Nebenjob im Cafe bekommen hatte...und wie sehr er sich für seinen tränenreichen Ausbruch geschämt hatte. Aber jeder der dort Angestellten war so nett zu ihm gewesen dass er sich sofort wohl gefühlt hatte. Selbst wenn er vor Yoshi noch immer einen gesunden Respekt (also Abstand) hielt- so freute er sich allgemein darüber wie aufmerksam, freundlich und verständnisvoll jeder mit ihm umgegangen war. Niemand hatte ihn damit aufgezogen das er weinte. Auch hatte niemand darauf rumgehackt, oder ihn für seine weibliche Erscheinung kritisiert. Das schien für jeden total normal zu sein. Sicher, mochte man am Komplex durch einen anderen Jungen Erfahrung damit gesammelt haben, dass auch Jungen feminin aussehen können..doch Selbstverständlich machte es das für Lian nicht. Er war Sean auch wenn er ihn nicht kannte dankbar, dass er sozusagen der Vorreiter war und eine Basis für Akzeptanz geschaffen hatte..aber er wusste auch das Akzeptanz noch immer nicht bedeutete, für andere normal zu sein. Für Lian fühlte es sich noch immer wie ein langer Weg an. Während die kurze Dusche auf seine Haut prasselte, dachte er auch darüber nach dass er gar nicht der Typ dafür war, der viele Freunde brauchte. Eigentlich suchte er nur die eine große Liebe..und vielleicht einen kleinen Kreis in dem man eben nicht auf ihn herab sah, oder ihn auf seine äußerlichkeiten reduzierte. Alles was er sich wünschte war, nicht groß aufzufallen, ohne sich verstellen zu müssen- und ein nettes Mädchen zu finden, dass genau das an ihm schätzte. Lian seufzte und versuchte sich schnell mit einem Handtuch trocken zu reiben, ehe ihm zu kalt wurde. Dann huschte er zurück in sein kleines Zimmer und wählte an seiner Komode ein hübsches Wäscheset aus.
Sein Zimmer war klein, aber schön. Er hatte ein abgetrenntes kleines Bad mit einem Waschbecken, einer Toilette und einer Dusche. Der zweite Raum verfügte über keine Küchenzeile, dafür aber über ein gemütliches Bett vor dem Fenster. Am Fußteil befand sich eine Komode auf welcher ein Fernseher stand, von welchem er aus dem Bett aus seine Lieblingsserien schauen konnte. Für Lian war es wichtig das es schön hell war. Viel Platz brauchte er nicht. Viel persönliches befand sich auch nicht in dem kleinen Zimmer. Zumindest nichts sichtbares.. Das einzige was Lian für persönlich hielt war seine schöne Wäsche. Heute wollte er ein rosanes Set tragen. Es bestand aus einem seidigen, weichen Stoff der glänzte. Am Bündchen befand sich ein violettes Schleifchen, dass man auch am dazu passenden BH wiederfand. Darüber brauchte er nur noch einen weißen, kuscheligen Pullover der etwas zu weit war. Er hatte einen schönen, hellblauen Streifen in Brusthöhe der zu seiner Jeans passte. Als er auf dem Weg zur Tür in den Spiegel sah, war er froh darüber dass seine Oberweite nicht zu sehr auffiel. Nun musste er sich jedoch beeilen, um nicht zu spät zu seiner Schicht auf der Krankenstation zu erscheinen. Er war schon soweit befugt,bei den Stationären Patienten Blutdruck zu messen und Verbände zu wechseln- und diese Aufgaben nahm er sehr ernst. Darauf freute er sich genauso sehr, wie auf das Cafe in dem er später noch ein paar Stunden aushelfen würde.