Kyoto, ein Ort der dem Wandel der Zeit scheinbar mühelos die Stirn bietet. Weitab der hektischen Stadt, hinter dem Arashiyama Bambuswald wird dies besonders deutlich. Ein großes, altes Anwesen erstreckt sich hier mit weit über 200 Quadratmeter. Der schlichte Stil , bestehend aus ausschließlich Holz, Papier und Schilf gliedert sich fast nahtlos in die Natur ein. Hier versucht man noch, stark mit der heimischen Religion verbunden, das normale Leben mit der Natur in Einklang zu bringen. Man hat hier höchstens mal die Dachziegel getauscht, um vor Regen geschützt zu sein. Wirklich kalte Winter hingegen muss man an diesem Ort nie fürchten. Viele meinen, das liege an der unterirdischen heißen Quelle, die unter dem Anwesen verläuft..aber tatsächlich sorgt wohl der ein oder andere Natur-Dämon für ein milden Klimaverlauf. Der breiten Masse wird diese Information natürlich nicht zugetragen..doch in diesem Haus pflegt man nicht nur mit der Natur seinen Frieden. Dämonen fühlen sich hier ebenso wohl.
An diesem späten Abend war das Licht in einigen Zimmern noch nicht erloschen, und so drang ein warmer Schein auch durch die dünnen Papierwände von Kiyois Zimmer. Dieser war gerade dabei seinen Koffer zu packen..mehr oder weniger erhielt er dabei Unterstützung von seinem Diener Seishin. Der hochgewachsene, aber schlanke Mann saß an dem schlichten Tatamitisch inmitten des Raumes vor einem einer bunten Zeitschrift, während sein junger Herr seine Kleidung sorgsam faltete. "Bist du sicher das ich dir nicht helfen soll, Yoi -chan?" drang die melodisch freundliche Stimme an Kiyois Ohr. Er warf einen entschuldigenden Blick über seine Schulter. "Nichts für Ungut, aber du würdest doch so viel packen, das ich mindestens zwei Koffer bräuchte." gab er zu Antwort. Sein Diener zog die Augenbrauen zusammen, und wirkte gekränkt. "Ah, und was wäre daran so schlimm gewesen?" fragte er geradeaus, und lehnte sich weit über den Tisch, während seine Hände auf der Zeitung ruhten. Er wirkte dabei entspannt. Wie eine Schlange passte er fast formlos seinen Körper dem Tisch an, während er Antwort erhoffte. Kiyoi hob entschuldigend beide Hände und wehrte ab. "Sowas wäre unheimlich peinlich Sei.."murmelte er. Sein Blick wich zur Seite aus. "Man könnte denken ich habe Heimweh und benötige deswegen so viele Dinge von zu Hause..oder man könnte denken es sei anmaßend, sein neues zu Hause mit so vielen Sachen füllen zu müssen..so als würden unsere Verwandten in Toyko nichts haben was mir genügt." teilte er seine zerstreuten Gedanken mit Seishin, der seine Hände nun brauchte, um sein schwer gewordenes Kinn abzustützen. "Ach Yoi Chan..wie immer machst du dir viel zu viele Gedanken. Man wird sich über dich freuen..ob du nun mit einen oder zehn Koffern auftauchen würdest." Ein schmunzeln unterbrach seinen Zuspruch." Okey, vielleicht würde man bei zehn doch ein bisschen über dich lachen. Aber nur ein bisschen." milderte er mit einem Augenzwinkern. Kiyoi seufzte und wendet sich von seinem Koffer ab. Sei würde ja doch nicht Ruhe geben ehe er sich mit ihm beschäftigte. Das zufriedene Lächeln auf dem offenen Gesicht sprach Bände. "Aber ich nehme doch dich mit. Das ist doch persönlich genug. Zudem brauche ich wirklich nicht viel.. neben meiner Kleidung nur meine Bogenausrüstung und den Hakama. Zuviel Besitz belastet ohnehin nur Sei." Der Grünhaarige wirkte auf den ersten Blick älter wie Kiyoi, weswegen es merkwürdig erscheinen mochte, wieso der Junge einen belehrenden Tonfall anschlug. Aber Sei's Art zu dienen war auch nicht sonderlich traditionell, und das spiegelte sich eben auch in ihrem Umgang wieder. "Ich besitze viel vergängliches." erwiederte er deswegen ruhig seinem jungen Herren und sah ihm weiterhin freundlich in die Augen. Diese fand Sei besonders hübsch. Ein graues, mysteriös- blindes..und ein braunes..warm, gütig und traditionell. "Oh du meinst deine Haikus? Hast du wieder eines geschrieben?" Wollte Kiyoi wissen und rutschte and die Seite des Tisches, die ihm zugewandt war. "Mh..ja aber ich denke unser Umzug macht mich auch ein bisschen nervös..so recht wollen mir die letzten Verse nicht einfallen." Seufzte der schlanke Mann. Kiyois Haltung wurde entspannter, und so stieg auch die Zufriedenheit bei seinem Diener. Er blätterte in seiner bunten Zeitschrift über eine neue Pop-Idol Band die er sehr verehrte, und zog ein Stück weißes Papier aus der Poster-Mitte. "Ein wenig Liebe, ein wenig Honig.. in dieser süßen Qual. Auf diesem Weg deiner Abwesenheit ist mein Leben eine glänzende Fassade. Sinnentleert. " Las er vor, und Kiyoi blinzelte. "Du solltest Songs für deine Idol Band schreiben, ich wette, die wären ein großer Hit!" klatschte er sanft in die Hände, um seinen Diener zu loben. "Ich bewundere es, wie offen du mit deinen Gefühlen sein kannst." lobte der Junge weiterhin. Seishin schob das Papier wieder in das rosa Glanzheft ehe er den Blick hob. "Du bist lieb, Yoi -chan." erwiderte er und hob seinen Arm über den Tisch, um den Kopf seines Herren zu tätscheln. Sein Haar war dicht und schwarz...wie flüssige Seide. "Ich werde in Tokio eine große Hilfe sein. deswegen wirst du sicher länger auf neue Haikus warten müssen!" Kiyoi lachte, und die Anspannung vor dem morgigen Tag der abreise schien wirklich zu verfliegen. "Oh, dann muss ich mich in Geduld üben..." versuchte er mildernd anzufügen, doch sein Diener schütelte nur tadelnd den Kopf. "Maiko würde sagen, dass du an deinen Wünschen festhalten musst. Wenn du etwas wirklich willst, scheue nie es zu zeigen!" zitierte Seishin eines seiner Lieblingsidols, und brachte Kiyoi dazu eine Hand nachdenklich an seine eigene Wange zu legen. "Ich versuche daran zu denken Sei.." gab er die Antwort, die seinem Diener genügte. Er ritt auf dem Thema zumindest nicht mehr herum. "Ich frage mich ja wie Tokio wird..ich war auch noch nie da." suchte er deswegen ein neues Thema, das der Junge auch Dankbar aufgriff. "Ah, sie werden da sicherlich die gleichen Regeln verfolgen wie hier. Wäsche waschen..einkaufen, kochen..das Haus pflegen. Ah, und wie ich gehört habe gibt es da auch Trainingshallen. Das wird sicher aufregend." freute sich Kiyoi. Sein Diener beobachtete ihn interessiert dabei. "Mh..nun, ich werde Theodore bei seinen Aufgaben unterstützen..aber einen Blick in die Trainingshallen werde ich mir auch nicht nehmen lassen." Der Junge konnte dem verklärten Blick und erröteten Wangen entnehmen, dass sein Diener wohl für die Kampfkunst schwärmte..oder mehr den Menschen, die diese ausführten.
Nun, es lag noch viel im unklaren...aber mit seinem Diener, der mehr ein guter Freund als wirklich ein Diener war, würde das ganze vielleicht doch ein aufregendes Abenteuer werden. Was Kiyoi seinem Diener nicht anvertraut hatte war, dass er sich freute dass in Tokio wohl mehr Jugendliche in seinem alter sein mussten. Das gefiel ihm besonders weil er außerhalb der Schule nicht viele Möglichkeiten gehabt hatte, Freundschaften zu schließen. Hier in Kyoto waren die meisten Kinder entweder viel jünger wie er, oder eben bereits Erwachsen.. Einer Zukunft entgegen zu sehen, die nicht nur mit Pflichten verbunden war, sondern auch mit schönen ,hoffnungsvollen Aussichten, hätten ihn Kiyoi jetzt eher dazu bewogen, ein fröhliches Haiku zu schreiben..