Die Luft an diesem Morgen machte den kommenden Winter deutlich spürbar. Schwer klebte der Morgenreif an den Gräsern und Büschen im Garten. Dass die Oberfläche auf dem kleinen Bach noch in Bewegung blieb, war einziges Zeugnis dafür, dass die Temperaturen Nachts noch nicht unter den Gefrierpunkt fielen. Shigeru hatte sich zum meditieren auf die Veranda vor dem Dojo niedergelassen. Die Kälte schien ihm selbst in seinem dünnen, schlichten grauen Gewandt nichts auszumachen. Sein Puls blieb gleichmäßig ruhig, aber etwas hinderte ihn daran, seine Gedanken ruhen zu lassen. Unruhig machten sie ihn, und gestatteten es seinen Muskeln nicht, locker zu lassen. Was war an diesem Morgen anders, als sonst? Die Antwort wollte ihm nicht einfallen, bis ein schrilles jaulen die Stille durchbrach. Es klang, als würden wilde Hunde miteinander kämpfen..aber das war für diese Gegend eher ungewöhnlich. Shigeru gab deswegen seine sitzende Haltung auf und richtete seinen Gürtel, an dem sein Katana befestigt war. Seine schnellen Schritte führten ihn zum Eingangstor, welches er aufschob um auf die Nebenstraße vor dem Anwesen zu gelangen. Was sich dabei seinem entsetzten Blick bot, hatte er nicht erwartet... Es waren zwei Füchse..oder etwas, das großen Fuchsgestalten ähnelte. Einer der Füchse war weiß, der andere schwarz..sowohl ihre Schwänze, als auch ihre Füße schienen durchsichtig und verloren sich in dünnen Rauchschwaden. Vor ihnen lag ein schwarzer, lebloser Fleck dickflüssiger Substanz. Den dünnen schwarzen Fäden, die aus den bedrohlich geöffneten Mäulern tropften, sprachen dafür dass sich diese Gestalten über die schwarze Masse her gemacht hatten. Wirkliche Absichten konnte Shigeru nicht deuten..er spürte weder negative, noch positive Gesinnung auf sich einwirken, was dafür sprach dass diese Geisterscheinungen unter Kontrolle einer weiteren Person standen. Shigeru war aber auch nicht die Art Krieger, die einer Gefahr lange Zeit gab um sich eventuell an ihm vorbei in das Familienanwesen zu schleichen. So wanderte seine Hand langsam an seine rechte Seite um den Griff seines Katanas zum umschließen. Mit dem Daumen drückte er es aus der Schwertscheide und überbrückte mit fließender Geschwindigkeit die Distanz zu den Geisterscheinungen. Den schwarzen Fuchs zerschnitt er, noch bevor das laute "HALT!" seine Ohren erreichte. Der schwarze Fuchs löste sich bei Berührung mit dem kühlen Stahl in schwarzen Rauch auf..und ließ Shigeru mit erstaunten Blick auf das Nichts vor ihm starren. "Ah..ich habe doch halt gerufen..du bist einfach zu schnell.." wurde nun die Stimme, nun mit klagendem Unterton deutlicher. Schwer atmend sah Shigeru über seine Schulter und sah Seishin hinter sich stehen. Bei ihm der weiße Fuchs. "Was.." brachte er nur über die rauen Lippen, sein entsetztes Gesicht sprach Bände. Seishin kraulte den Kopf des weißen Fuchses, woraufhin dieser sich ebenfalls in Rauch auflöste. Dieser jedoch war weiß.. "Das sind meine Shikigamis..du hast sie bei der Arbeit gestört." erklärte Seishin, während Shigeru sich zu ihm wandte und sein Katana zurück zog. "Und von welcher Arbeit sprichst du? Was war das da?" fragte der Samurai mit seiner ihm eigenen, patzigen Art. Mit seinem Ellenbogen zeigte er auf den schwarzen Fleck, der nun keine Konsistenz mehr besaß. "Das mein Lieber, war ein Fluch." Stand Seishin ihm Rede und Antwort. "Eine Verkörperung kollektiver Furcht begünstigt die Entstehung eines Fluches. Deswegen entstehen diese in Großstädten wie dieser viel häufiger als in ländlichen Regionen wie Kyoto." "Was ein Fluch ist weiß ich..aber was sucht er hier vor unserem Haus?" Wollte Shigeru wissen, und Seishin seufzte. "Ich gehe jeden morgen spazieren, wie du weist...und als ich and er Schule vorbei kam, ist mir dieser Fluch aufgefallen. Ich habe meine Füchse auf ihn gehetzt..denn sie fressen Flüche." Shigeru lauschte Seishin, und er glaubte auch zu wissen, worauf es hinaus lief.. "Sie haben den Fluch hier gestellt..und du hättest sie fast beim fressen gestört. Ein Glück das sie schon so gut wie fertig waren." Seishin musste innehalten und seine Hand an die Nase heben, da ein warmer schwall Blut herunter tropfte. "Mist..wie peinlich.." murmelte er. "Stimmt etwas nicht?" Fragte Shigeru, diesmal leicht besorgt. "Ah, dass ist weil du mit deinem Katana durch meinen Fluchfresser geglitten bist als bestünde er aus Papier.." stöhnte Seishin. "Überhaupt..ist deine Klinge gesegnet? Normale Schwerter können meinen kleinen eigentlich nichts anhaben." "Habe ich ihn etwa getötet?" fiel ihm Shigeru entsetzt ins Wort, aber Seishin winkte mit der freien Hand ab. "Nein nein..er brauch nur ein wenig um sich zu regenerieren. Solange ich lebe, leben auch meine Fluchfresser. Sie sind im übrigen auch ganz nützlich, wenn man sich im Wald verirrt. Sie bringen einen immer wieder zurück in die Zivilisation." schmunzelte er, und wischte sich das Blut ab, als es aufgehört hatte zu fliesen. "Ach, deswegen das Nasenbluten..ich habe also eher dir, als den Füchsen was getan. Bitte entschuldige." brummte Shigeru mit leichter Verbeugung, woraufhin Seishin nur sanft lächelte. "Ah... nichts, was ein guter Tee wieder hinbekommen würde. Aber einen Gefallen könntest du mir tun. Immerhin schuldest du mir jetzt was." Shigeru rollte mit den Augen. Der amüsierte Tonfall des Naturgeistes gefiel ihm gar nicht. Außerdem ärgerte er sich massiv über sich selbst. Kyoto war für seine Exorzisten bekannt. Tastu war einer...und Kiyoi war einer in Ausbildung. Wieso sollte sich also Seishin als sein Diener mit diesen Praktiken nicht auskennen? "Kämpf gegen mich , ja? Nur ein Übungskampf." bat der Grünhaarige, der seine Hände nun zusammengefaltet hatte. Er neigte lächelnd den Kopf, wobei das geronnene Blut noch auf seiner hellen Haut zusehen war. "Ich kämpfe mit Tessen..aber bin schon eine Weile aus der Übung. In Kyoto gab es zu wenig Kämpfer als das ich meine Fähigkeiten als Beschützer trainieren konnte. " Erklärte der Naturgeist ruhig, und brachte Shigeru erneut zum seufzen. Der Samurai verschränkte die Hände vor der Brust, während er überlegte. "Also gut..gegen Training ist ja wirklich nichts einzuwenden. Aber unter einer Bedingung." Stellte er klar. "Erst, wenn du dich erholt hast. Ein geschenkter Sieg schmeckt bitter." Seishin nickte, mit der Einschränkung schien er zufrieden zu sein. Sollte Shigeru ruhig das letzte Wort haben... "Danke!" rief der Grünhaarige. "Ich denke ich bin morgen schon wieder fit. Die Sonne wird heute noch scheinen..und ich lasse mich mit Tee verwöhnen." schwärmte er. "..Aber vorher nehme ich noch ein Bad." musste er korrigieren, als er die blutigen Flecke an seinem Ärmel bemerkte. Er drehte sich um, und entschuldigte sich während er ging noch bei Shigeru für den ganzen Ärger. Dieser blieb noch eine weile vor dem schwarzen Fleck stehen, der schon bald gar nicht mehr zusehen war. Die Verwandtschaft aus Kyoto war schon sehr eigen...
Your voice below the sakura tree The spring breeze bothered and I didn't heard