Noah saß an dem kleinen Schreibtisch, der einer Person platz bot. Die Ellbogen hatte er auf der Tischplatte abgestützt, während er die Finger ineinander so verschlungen hielt, das sein Kinn darauf eine Stütze fand. Er mochte es eigentlich, wie der Schreibtisch stand. In der linken Ecke stand ordentlich der kleine Monitor des Computers, der am Boden stand und leise summte, während vor ihm ein aufgeschlagenes Buch lag. Diesem schenkte er jedoch genauso wenig Beachtung, wie den Stiften, die in einer Box vor ihm standen, oder gar dem Rechenheft. Viel mehr schaute er nach draußen, wo die dünnen weißen Vorhänge den Blick auf ein bisschen grünen Rasen nicht verbergen konnten. Ein paar vereinzelte Lichtstrahlen fielen herein und verrieten so, das es Nachmittag war. Und obwohl Noah sich eigentlich in dem neu eingerichteten Zimmer, das wirklich hübsch war, ganz wohl fühlte, obwohl es vorher ausgerechnet Dani gehört hatte, wollte sich an diesem Tag wie an vielen anderen nicht recht ein geborgenes oder gemütliches Gefühl einstellen. Für gewöhnlich lernte er gern am Nachmittag, vor allem für sein Lieblingsfach Mathematik, in dem er ohnehin einen Leistungskurs besuchte, der eigentlich für Studenten gedacht war... Aber heute wusste ihn die Materie einmal mehr nicht zu fesseln. Verrätersich waren dabei schon die Ohrstöpsel, die sich unter den glutroten Haarspitzen versteckten. Das Kabel verschwand zwar am Hals in Noahs Kragen, um dann vorbei an Brust und Bauch in seiner Hosentasche zu münden, wo sich ein kleiner Mp3 Player befand. Wenn man es auch von hinten vielleicht nicht unbedingt sofort sah, so konnte man doch die leisen, unverkenntbaren Geräusche vernehmen, die Musik verursachte, wenn man sie auch mit Kopfhörern hörte. Und gewöhnlich hörte Noah keine Musik, wenn er lernte.
Wenn man Noah kannte, wusste man vermutlich auch über ihn, das Musik eine seiner großen Leidenschaften war, wenn er auch einen recht eigenen, vielleicht gar ungewöhnlichen Geschmack hatte. Verloren schweifte sein Blick nach draußen, ohne wirklich an etwas hängen zu bleiben, während er vorgab zu lernen. Dies hatte natürlich nur den Grund, das er seine wahren Gefühle verbergen wollte. Und diese Gefühle besagten nach wie vor, das er an schlimmem Liebeskummer litt. Untröstlich befanden sich diese nahe unter der Oberfläche, ohne das es etwas gab, was der schüchterne Rothaarige hätte dagegen tun können. Leicht bewegten sich seine Lippen aber, ein weiteres verräterisches Zeichen, wenn er geräuschlos einige Zeilen des Songs mitsprach, als er sie hörte. Once you were mine, of my soul, going high and falling into dark again... Schweren Herzens entließ Noah den Atem, der sich in seiner Brust angestaut hatte, bevor er es verhindern konnte, woraufhin er sich schuldbewusst umdrehen musste, um zu sehen, ob Aaron ein solch verräterisches Zeichen bemerkt hatte.. ob er überhaupt im Raum war. Noah war sich nicht sicher, da er mit den Kopfhörern in den Ohren unmöglich etwas hatte hören können. Überhaupt.. war es einfach nicht fair. Nicht fair, wie sehr Dani sein Leben beeinflusste und auf den Kopf stellte. Alles hatte damit angefangen das er in seine Klasse gekommen war. Von Anfang an waren sie nicht miteinander ausgekommen... Und als würde das allein nicht schon ausreichen, musste sich nach und nach entwicklen, das ausgerechnet sein ungeliebter Mitschüler der uneheliche Sohn seines großen und eigentlich einzigen Idols sein musste.. dem einzigartigen Jay Gordon, der so sensible und intensive Texte über seine ihm so geliebten Videospiel-Charaktere eines gewissen Videospiels schrieb.. das bis dahin auch völlig unbekannt gewesen war. Und nicht nur das.. irgendwie sollte es Dani auch noch schaffen, seinen Freund zu stehlen, der der einzige gewesen war, den er wirklich geliebt hatte, und von dem er sich geliebt gefühlt hatte. Noah konnte einfach nicht verstehen, wie es so weit hatte kommen können. Und nun wohnte er auch noch in Danis ehemaligem Zimmer. Viel schlimmer hatte es also kaum kommen können, wie er fand. Und es war nur Aaron zu verdanken gewesen, das er zumindest von seinen Eltern weg gekommen war.. den Eltern, denen er abgesehen von Dani als einzigen die Schuld geben konnte, warum er seine große Liebe verloren hatte. Wie er mit dem Verlust zurecht kommen sollte, war ihm aber noch nicht recht klar gewesen. An manchen Tagen kam er damit zurecht.. und dann gab es immer wieder die Tage, die ihn völlig zurück warfen. Tage, an denen er glaubte er könnte einfach zu Aiden zurückkehren.. sich darauf einzulassen, das es für Aiden eben mehr gab als ihn.. das er sich damit arrangieren würde, wenn sie dann nur wieder zusammen sein könnten... doch das verging immer wieder dann, wenn er an Aaron dachte.
Aaron, der ihn aufgefangen hatte, als es ihm schlecht ging, Aaron der ihn von zu Hause weg geholt hatte und mit ihm in ein anderes Zimmer eingezogen war. Aaron, der nicht hatte zulassen wollen, das er als Mechaniker anfing nur um sich ein Leben zu finanzieren und seinen großen Traum, Mathematik zu studieren damit aufgab... Und nicht zuletzt Aaron, der den selben quälenden Liebesschmerz wie er durchgemacht hatte. Aaron, der sich zu jeder Zeit um ihn gekümmert hatte.. Wie sehr das Herz auch schmerzte, sagte doch der Verstand, das es das Beste war, wenn er einfach bei Aaron blieb, der zuverlässig war und die selben Interessen wie er hatte. Es gab keine Enttäuschungen, und wenn Noah an alles dachte, was Aaron tatsächlich für ihn getan hatte, wurde ihm das Herz erneut schwer, weil er keinen Grund dafür fand, warum er das für den Ex-Freund seines Zwillingsbruders tun sollte. Love was Illusion.. Warum nur schlug sein Herz dann immer noch für Aiden, wenn doch alles an Aaron so perfekt war? Es war und blieb ein Mysterium, das Noah nicht entschlüsseln konnte. Er wusste jedoch zumindest, das er Aaron nicht zeigen wollte, wie sehr er in Wirklichkeit noch unter der Trennung litt. Deswegen tat er auch immer so, als würde er lernen, wenn es ihn wieder überkam, und er Zuflucht in seiner Musik suchte...
Aaron hatte sich an diesem Nachmittag bereits in dem Zimmer eingefunden, dass er mit Noah teilte- und das ursprünglich einmal Dani gehört hatte. Doch das leise surren der Ohrstopsel, hatte sich dem störrischen der beiden Zwillingsbrüder schon angekündigt, als er aus dem Bad gekommen war, bevor er sich dazu entschied sein Mathematikbuch erneut zu ergreifen, und sich mit diesem auf das Bett zu legen. In jenes Bett, dass sich im Rücken des kleinen Schreibtisches befand, an dem Noah saß und seiner Trauer nachhing- und an dem ein großes Kissen an der Wand dafür sorgte, dass Aaron seinen flachen Bauch dafür gebrauchen konnte, sein Buch so abzustützen, dass die Kannten von ihm und den Oberschenkeln gestützt wurden. An diesem Tag trug er wie so oft einen dünnen, braunen Pullover, der seiner natürlichen Haarfarbe entsprach, die nun wieder seit längerer Zeit zusehen war. Glücklicher weise, war der ''Farbunfall'' einem Mittel zu verdanken gewesen, dass sich mit wenigen Haarwäschen entfernen ließ, und dabei auch keine hässlichen Flecken oder violette Verfärbungen zurück ließ. Was jedoch für viele an eine Katastrophe gegrenzt hätte, störte Aaron nichteinmal sonderlich. Zumindest nicht in seinem derzeitigen Zustand, in dem er eine Seite nach der nächgsten umblätterte, und scheinbar interessiert die Ränder mit Bleistiftnotitzen versetzte. Wie so oft war es auch ihm nicht anzusehen, dass er viel resignierter sein daleben fristete- als der sichtliche Starrsinn vermuten ließ. Im Prinzip wäre es ihm ja sogar egal gewesen, wenn seine Haare pink gewesen wären, nur um es Aiden wie so oft recht zu machen..wenn da nicht Noah gewesen wäre.
Der Junge mit dem roten Schopf- der Exfreund seines Bruders war auch der Grund dafür, wieso Aaron auch noch nicht längst gänzlich aufgegeben hatte. Um auf ihn zu achten, verzichtete er die Einigung auf Pink, um die Schulklasse auf einen unkonventionellen Weg zu wechseln.. Für ihn hatte er auch darauf aufgepasst, mit ordentlichen und regelmäßigen Mahlzeiten Vorbild zu präsentieren..Stärke und Rückhalt ebenso, genauso wie er versucht hatte dies mit Worten und Taten zu bereichern. Aaron wusste immerhin,dass Noah dies in dieser schweren zeit brauchte. Abgesehen von der Trennung, gab es da ja auch seine furchtbaren Eltern, von denen der Braunhaarige immer noch nichts genau wissen konnte- aber von denen er genug aufgeschnappt hatte um ihnen psychopatische Ansätze zuzuschreiben. Was das anbelangte, war Aaron sehr klar strukturiert- wenn er durch seine klaren Strukturen auch zu Vorurteilen neigen konnte. Aber dass er in dem Fall genau richtig lag, konnte er ja nicht wissen. Wissen tat er nur, dass Noah ihn brauchte..oder viel mehr, dass er Noah brauchte? Ein schweifender Blick schaffte es über den blauen Umschlag des Buches, und sogar an der Jeanshose vorbei- um Noah mit den tiefbraunen Augen zu erfassen, den etwas ruhiges, bestimmendes innewohnte. Doch was Aaron sah, kam keiner Antwort gleich. Nur ein schmales paar Schultern wieß ihm auf, dass Noah längst nicht damit beschäftigt war, weiteren Mathematikaufgaben nachzuhängen. Zudem hörte er auch immer noch Musik- wenn diese für Aaron auch akustisch nicht zu verstehen gewesen war. Worauf Aaron daraus aber aus Erfahrung schließen konnte, war das seine Vermutung sich nur noch weiter erhärtete- und Noah etwas ganz anders beschäftigten musste, wie komplizierte Formeln.
Wenn das Leben nur aus Formeln und Gleichungen bestehen würde- so glaubte Aaron, würde es bestimmt keine Probleme mehr geben. Jedoch war der Mensch eine viel zu große, eigene Variable- als dass sein Konzept eines perfekten Lebensmodell aufgehen könnte. Nach einem Seufzen war Aaron aber bei dieser Erkenntnis nicht- hatte er doch eigentlich mit dem Glück ansich eh abgeschlossen. Aber um einmal damit abschließen zu können- musste es ersteinmal erwacht sein. Und wenn er sich auch oftmals mit Dani aufgrund von Missverständnissen gestritten hatte- so musste er doch sagen das er durch Dani erst Glück kennengelernt hatte..und war es auch nur von kurzer Dauer gewesen. Der Schmerz war jedoch treu gewesen- und für Aaron somit auch verlässlicher wie das Glück- dem er eigentlich keine Chance mehr hatte geben wollen. Und das schloss vorallem seinen Bruder ein, dem er seine Gefühle gebeichtet hatte- und am Ende doch zulang damit allein gelassen worden war- als dass sie sich hätten offener binden können. Dennoch gab er Dani nicht dafür die Schuld. Immerhin hatte dieser dafür gesorgt, dass er- Aaron zumindest seine eigenen Fehler erkannt hatte- ohne die er vielleicht sogar eine Chance auf Aiden gehabt hätte... So war es nur der stechende Schmerz, menschlich nicht genügend zu sein..irgendwo zu leer zu sein, um eine Bindung eingehen zu können- der dominierte und es eigentlich fast unmöglich machte, zu diesem Sturkopf vorzudringen, der viel zu stolz gewesen war um auch nur einen Schimmer seiner Selbstzweifel zu zeigen. Doch Noah..der kleine, kluge..und auch süße Rotschopf, wie Aaron schon bemerkt hatte- wollte ihm weder aus dem Herz- noch aus dem Kopf gehen. Sie teilten Interesse und Kummer- genauso wie in diesem Augenblick den Augenkontakt- da der schüchterne Junge sich nach seinem verklungenen Seufzen umgedreht hatte- das Aaron beobachtete.
Für diesen Jungen wollte er da sein..glaubte- dass er ihm etwas gutes getan hatte, indem er sich nicht davon hatte abbringen lassen- Noah von seinem Plan abzubringen, bei seinen Eltern wohnen zu bleiben, oder sich von ihnen zu lösen und dafür Mechaniker zu werden- nur um seinen Unterhalt allein zu finanzieren. Dafür hatte Noah seiner Meinung nach viel zu viel gutes Potenzial.. ein hohes Verständniss an Mathematik und Wissen- Logik. All das, was Aaron für sicher und damit gut befunden hatte, verkörperte auch Noah..und das jedoch nocht zu kühl, als dass Aaron es geschafft hätte je von Noah abzulassen. Obwohl der Junge nämlich schüchtern und still gewesen war, wirkte es sogar auf den Gefühlsarmen Aaron so, als würde er noch mit den tiefen Verletzungen und der Trauer kämpfen- die seine Gefühle länsgt begraben hatten. Doch unter dem Haufen an Schutt, Ruß und Staub..klopfte etwas leben und versicherte Aaron- dass er Noah trästen wollte..dass er ihn schützen wollte..und dass er wollte das es ihm gut geht. Naürlich hatte er sich daher gewünscht, dass es zumindest zwischen Aiden und ihm- Noah wieder funktioniert hätte..da er genau fühlen konnte, dass die Trennung auch seinen sensiblen Bruder nicht leicht gefallen war, und er Noah immer noch so sehr liebte , dass er mit ihm zusammen sein wollte. Doch wo es keine Sicherheit war, die Noah davor bewahrte doch nicht mit der Beziehung klar zukommen, in der sich auch Dani befand- hielt es der Sturkopf auch nicht für richtig, Noah in eine derartige Richtung zu leiten. Es war daher auch kein Lächeln, dass ihm auf Noahs Blick über die Lippen glitt, als sich ihre Blicke trafen. Viel mehr hielt der Braunhaarige den Augenkontakt unbewegt, bevor einem blinzeln ein Handwink folgte, der dafür sorgte dass das eigene Buch zuklappte, und einige der wenigen braunen Strähnen aufwirbelte, die an Aarons Seiten herab hingen, und nicht von dem Haargummi erfasst worden waren. Seine Lippen öffneten sich doch, ohne weiter nachzudenken für einen winzigen Spalt, und formten ein paar Bewegungen- denen zum Verständniss noch der Fingerzeig fehlte, mit dem Aaaron an sein Ohr zeigte, und dabei suggerierte, dass er Noahs Stecker gesehen hatte. '' Für heute haben wir genug gelernt.'' sprach er, nachdem das erste kratzen seiner Stimme sich verflogen hatte- dass immer wieder seine Stimme befiel, wenn er lang nichts sagte. Danach milderte sich jedoch die Rauhheit Aarons Stimme immer mehr, und ergab eine flüssigerer Klangmelodie..wenn der charackteristische, leicht raue Unterton auch letztlich den Unterschied zwischen den Zwillingen ausmachte, wenn man beide kannte- und sich nicht allein auf Noten und Haarfarbe verließ. Aaron neigte daraufhin auch ein wenig den Kopf, und legte das Buch zur Seite, bevor er dazu überging, auf die Bettkannte zu klopfen, und dabei Noah mit dem Zeigefinger heran zu winken. Zwar wusste er nicht, was er tun sollte..doch wenn es ein Rat gab, den er sich von Dani hatte bewahen können, obwohl er so festfefahren war, dass er oft gute Ratschläge nach einer Zeit vergas- dann war es der, einfach nicht zu denken, und das zutun, was man vielleicht auch nicht direkt bestimmen oder wahrnehmen konnte. Es mochte schief gehen..aber es konnte auch nicht schlimmer sein, wie Noah allein mit seinem Schicksal zu lassen. Außerdem konnte Aaron auch nicht leugnen, dass es ihn bekümmerte, wenn er Noah so leiden sah.. wie seine Lippen unbewegt nicht mit einem Lächeln dafür sorgen konnten, dass der hübsche kleine Schönheitsfleck sich bewegte. '' hast du einen Moment für mich?'' Fragte Aaron daher sogar, einmal nicht bestimmend, so wie er sein Leben sonst strukturierte- indem er, wenn er gezwungen war mit anderen Menschen auszukommen, ihnen klare Ansagen erteilte. Det jüngere Zwilling mochte damit eigen und verschroben sein..doch Noah hatte etwas ansich, dass sogar die harten Mauern zu schmelzen vermochte..ob er es darauf anlegte, oder aber auch nicht.
Noah, der immer schon extrem schüchtern gewesen war, fühlte sich ertappt, als sein Blick sich mit Aarons kreuzte. Schon aus Reflex musste er den Blick abwenden und schlug die Augen nieder, um den Blickkontakt zu brechen. Das war nicht immer so gewesen, wie er sich zurück erinnerte. Er hatte es generell überhaupt nie gemocht, jemanden in die Augen zu sehen und hatte es deswegen so gut wie möglich vermieden, jedoch hatte dies nicht für Aiden gegolten, und auch nicht für Aaron, den er näher kennengelernt hatte, während er mit Aiden zusammen gewesen war. Zu Anfang war es schwierig gewesen, weil er den jüngeren und vor allem mürrischeren der Zwillinge erst einmal hatte kennenlernen müssen, sich sicher sein musste, das dieser ihm keine Vorwürfe machte, das er ihm den Bruder "wegnahm"... danach jedoch waren sie ganz gut ausgekommen miteinander, und Noah hatte geglaubte, das sie zu dritt glücklich waren und viele schöne Momente zusammen verbracht hatten. Vielleicht war es ja auch so gewesen, jedoch schien das was sie gehabt hatten nicht ausgereicht zu haben. Jedenfalls nicht, um den schönen Aiden bei ihm zu halten. Noah jedoch hatte genau das insgeheim immer schon befürchtet, weil er schon von Anfang an nicht geglaubt hatte, das Aiden wirklich mit jemandem wie ihn zusammen sein wollte. Wo schon vorher nicht viel Selbstwertgefühl vorhanden war, fanden die Komplexe nun weiteren nahrhaften Boden, um sich in seine Seele zu fressen. Das es jedoch so weh tun würde, hätte Noah sich nicht einmal in seinen kühnsten Vorstellungen ausgemalt. So war es aber leider.. und jetzt hatte sich sein Liebeskummer schon zu ausgewachsenem Gram vertieft, der ihn in den Krallen hielt.
Schon allein deswegen war er eigentlich nicht gewillt, die Musik auszustellen, oder sein Alibi, das in Form eines aufgeschlagenen Buchs vor ihm lag, aufzugeben. Er mochte Aaron.. mochte ihn sogar sehr, jedoch neigte Noah dazu, sich um so mehr abzuschotten und in sich selbst zu vergraben, je mehr er litt. Allein sein war das einzige, das seinen Kummer zwar nicht lindern konnte, aber zumindest erträglicher machte. Noah mochte es nicht Gefühle zu zeigen, da es ihn um so verletzlicher machte - zumindest war das immer so gewesen, hatte ihn zur Zielscheibe für allen möglichen Spott gemacht, so lange bis er überhaupt keine Gefühle mehr zeigte. Das hatte es nicht einfacher, aber zumindest weniger demütigend gemacht, Gleichgültigkeit zu heucheln. Es war ihm deswegen auch immer ein wenig schwer gefallen, Aiden zu zeigen wie sehr er ihn wirklich geliebt hatte.. obwohl er dabei natürlich schnell und gute Fortschritte gemacht hatte. Er war mit Aiden wirklich glücklich gewesen, auch wenn es ein kurzes Glück gewesen war, das in keinem Verhältnis zum angrenzenden Leid gewesen war... Und dennoch blieb ihm nichts anderes, als unwillig zumindest einen der Ohrstöpsel zu entfernen, der mit leisen Rascheln herabfiel und über den weichen Stoff von Noahs Pullover fiel, bis er zur Ruhe kam. Der andere verblieb unverändert, jedoch war eine halb hörbare Welt schlimm genug. Die Bewegung, die Aaron ausführte, nämlich das Klopfen auf die Bettkante, das symbolisieren sollte, das Noah sich zu ihm setzen sollte, konnte er dabei nicht überrsehen, da er den Blick ohnehin von Aarons Gesicht auf dessen Bauch gesenkt hielt.. und so natürlich die Hand im Blick gehabt hatte. Eigentlich wollte er sich nicht zu ihm setzen, jedoch lag dies nicht an Aaron oder daran das er ihn ablehnte, sondern einzig und allein daran, das er jetzt überhaupt am liebsten allein gewesen wäre. Ging es nach Noah, hätte er sich nun irgendwo in ein Loch vergraben und wäre überhaupt nicht mehr herausgezogen. So jedoch konnte er nur nicken, ohne eine Miene zu verziehen, und ohne Aaron noch einmal in die Augen zu schauen. Vielleicht fürchtete er ja, das der kluge und starke Aaron ihm den Seelenschmerz schon aus den Augen ablesen konnte, weswegen er diese auch auf seine Schuhe gerichtet hielt, während er den Stuhl zurück schob und aufstand. Dabei verriet ihn jedoch schon seine Haltung, wie die schmalen Schultern durch hingen und ihm etwas zerbrechliches verliehen. Ein schmächtiger Junge war er ja immer schon gewesen. "Sicher.." murmelte er daher auch nur leise, was sich auf Aarons Frage bezog, ob er einen Moment für ihn hatte.
Wie ein Schatten ließ er sich nach den wenigen Schritten daher auf der Kante nieder, wobei sein schmales Federgewicht so leicht war, das Aaron wohl kaum gespürt haben dürfte, das er sich dort auf der Kante niedergelassen hatte. Natürlich lag dies auch zum Teil daran, das er wirklich größtenteils auf der Kante saß, und nicht etwa sich auf die Matratze gesetzt hatte. Die kleinen weißen Finger hatten sich zu festen Fäustchen geballt, die verkrampft auf seinen Oberschenkeln lagen und nach einem Halt suchten, den er irgendwo doch längst verloren hatte. "Um was geht es denn?" fragte er, wobei er noch immer den Blickkontakt mied, oder immer nur für sekundenbruchteile herstellte, bevor er wieder wegschauen musste. Insgeheim fragte sich Noah ja doch, ob sein gebrochenes Herz jemals wieder lieben konnte. Er glaubte zumindest, das man so eine Liebe nur einmal im Leben empfinden konnte... und was Aiden anging... Vielleicht hatte er ihn ja nicht so geliebt, wie es umgekehrt gewesen war, oder hatte in Dani eben die eine Liebe gefunden, ohne die man sich sein Leben nicht mehr vorstellen konnte. Noah glaubte, das es wohl so sein musste, da er deswegen keine andere Chance mehr gesehen hatte als sich zu trennen.. und immerhin war er es gewesen, der auch auf eine Trennung bestanden hatte, wenn er nicht der einzige für Aiden sein konnte.. Es war seine Wahl gewesen.. und doch.. Jetzt war Noah einfach nicht mehr sicher. Nur war es jetzt auch zu spät um noch etwas daran zu ändern. Er hatte Aiden nicht teilen wollen, und nachdem er es zugelassen hatte, hatte er ihm nicht mehr die Liebe zukommen lassen können, nach der er sich vielleicht gesehnt hatte.. und jetzt war er weg, ohne jedoch aus seinem Herzen gewichen zu sein. Noah wusste nicht wie man so weiter leben sollte, außer vielleicht in völliger Einsamkeit... Fester gruben sich über diese Gedanken ganz unbewusst die Fingernägel in die weichere Haut der Handinnenflächen, wo sie kleine, rote Halbmonde hinterließen.
Weder Noah noch Aaron hatten Aiden bei seiner Entscheidung verstehen können. Auch wenn sie Zwillinge gewesen waren- so sah sich Aaron schlicht des Gedankens fern, sein Herz teilen zu können. Wenn man jemanden liebte, so sollte diese Person doch die einzige sein... und genauso wie Noah, hatte auch Aaron es so wahrgenommen, dass Aiden in ihrer Gegenwart glücklich gewesen war. Doch was er dabei nicht begreifen konnte, war der Umstand, dass Aiden es wirklich war..aber er dennoch an der Vergangenheit und den Gefühlen zu Dani hing. Es war dem älteren Zwilling eigentlich auch garnicht möglich gewesen, eine Entscheidung zu treffen. Noch oft litt er daher unter der Sehnsucht nach Noah, seinem süßen, schüchternen Lächeln und seiner Nähe, die sich so vorsichtig aufgebaut hatte, dass sie jedesmal einen mächtigen Herzschlag herbeizuführen wusste, wenn sie sich intensivierte. Es war auch für Aiden eine Explosion an Gefühlen gewesen, die ihn an Noah band, und letztlich auch in dem hölzernen Herz verewigt wurde, dass er auf den Kisten am Hangar zurück gelassen hatte. Genau an der Stelle, wo Noah ihm den Zettel hinterlassen hatte, der dem Piloten mit dem pinken Haaren immer ein wenig Trost spendete- wurde die Sehnsucht zu schlimm. Doch so ehrlich seine Gefühle waren, gab es weder eine Möglichkeit sich Noah anzunähern, noch seinem ebenfalls verletzten Bruder, dessen Gefühlswelt mehr zu Stein geworden war, als zu Eis erfrohren. Eine dicke Mauer verhinderte bis heute, dass er auch nur einen Funken seiner Trauer hindurch dringen lassen konnte.. aber sie wusste nicht seine Wahrnehmung so stark einzuschränken, dass er nicht bemerken konnte, wie schlecht es Noah wegen seinen Gefühlen ging.
Dessen Gefühle war sich Aaron, der sehr aufmerksam Noahs Gesicht studiert hatte- bewusst. Ein Blick auf seine verkrampfte Fäuste, die sich schwerlich versuchten an den Oberschenkeln zu halten- reichten dafür schon aus und bedurften kaum mehr den zusammengefallenen Schultern, zwischen denen der rote Schopf schon fast verschwand, wenn Noah den Blickkonakt abbrach. Aaron, der das Buch bereits beiseite über das Bett geschoben hatte, tat Noah sehr leid. So wie dieser Junge es schon in seinem Leben schwer gehabt hatte- vermochte immer nur noch mehr schlechtes über ihn einzubrechen. Vielleicht war es aber auch das, was ihm, Aaron eine gewisse Verbundenheit vermittelte. Er war plötzlich nicht mehr der einzige Mensch auf der Welt dem es so ging. Und damit, war auch nicht länger zu behaupten, dass Unglück normal sei. Zumindest nicht, wenn es den süßen, schmächtigen Noah betraf, von dessen Schultern der mürrische beider Zwillinge gern alles Unglück nehmen würde. Er konnte es immerhin vergraben..es auf eine Art akzeptieren, die seiner Selbstlosigkeit entsprang. Doch Noah, der die Liebe so dankbar angenommen hatte, und mit Aiden so aufgeblüht war- verdiente es einfach so ein dauerhaftes Glück zu erfahren. Vielleicht war auch dieser starke Wunsch in Aaron dafür verantwortlich, dass er sich in seinem gesammten Leben zum ersten Mal eingestand, dass es besser wäre, wenn er ein wenig mehr wie sein Bruder wäre. Dann könnte er vielleicht den Rotschopf mit den traurigen Augen auffangen. So konnte ihn zwar vor seinen Eltern schützen und ein sicheres zu Hause beiten..doch an der innerlichen Wärme hatte es ihn immer gemangelt- und es verhindert das er ein engeres Verhältnis zu Noah hatte aufbauen können. Aber da es Noah immer schlechter ging, war diese Tatsache für Aaron nicht länger zu akzeptieren. Er musste sich innerlich öffnen, um Noah etwas zu geben, andem er festhalten konnte. Vielleicht war dies nicht heute, morgen, oder die Tage möglich. Aber irgendwann...und in Geduld üben, verstand sich kaum jemand besser, wie Aaron. '' Darf ich vielleicht mithören?'' Verließ Aarons Lippen daher auf Noahs Frage hin, und der jüngere Bruder der unglücklichen Liebe raffte sich dazu auf, sich mit den Händen von seinem Kissen abzustützen, und daher Noahs Rücken näher zu kommen. Davor musste er nur das eine aufgestellte Bein senken und anschließend anziehen, damit der sonst entstandene Zwischenraum ihm nicht erlaubt hätte, schräg über Noahs Schultern zu schauen. Wie traurig er doch aussah..so verbissen in seinem Gram, dass es an Aarons Herz nagte und damit daran erinnerte, dass er immer noch eins besaß.
'' Ich würde gern wissen, was du für Musik hörst..'' behielt es Aaron auch für sich, dass die Mathematikformeln des letzten Kapitels, dass sie im Leistungskurs behandelt hatten- längst keine Herausforderung mehr darstellten. Er wollte ja auch mehr über Noah herausfinden..und nicht seine Meinung zu Gleichungen oder aufgezeichneten Diagrammen. Daher waren es auch Aarons Augen bei den ungewohnten Gedankengängen, die mit der Feststellung herabsanken, und somit an Noahs Ohrstöpsel hängen blieben. '' Ich habe nie oft Musik gehört, weil ich meinte, sie lenkt mich nur ab. Aber dass scheint doch manchmal ganz gut zusein..'' Fuhr Aaron weiter fort, und konnte nicht länger mit ansehen, wie Noah versuchte, sich irgendwie festzuhalten. So langte Aaron mit einem Arm um Noahs Bauch, indem er ihn zwischen den Armen des Jungens hindurch schob- so dass er dessen Pullover eindellte, bis der erreichte Bauch so viel Wiederstand bildetet, dass Aaron den Jungen daran gehalten, nur noch an seine eigene Seite ziehen musste, so dass sein Köpfchen an die Schulter platz fand. Aaron ging dabei jedoch nicht noch soweit, selbst nach dem Ohrstöpsel zu greifen..aber dennoch war sein Griff so bestimmend, dass Noah sich gewiss nicht dagegen wehren konnte. Aaron kannte es ja bereits, dass der Junge bei überraschter Umarmung oder Nähe sofort verkrampfte.. genauso, wie er es nachvollziehen konnte- da er selbst konsequent darauf geachtet hatte, nie jemanden so nah zu kommen, dass er riskierte von ihm berührt zu werden. Aaron wusste dabei selbst nicht genau, woran es lag.. nur dass es kein Ekel war.. sondern mehr eine Art von Ablehnung gegen alles Fremde- was ihn dazu veranlasste sich nicht wohl zufühlen. Durch Dani und Aiden hatte sich diese strinkte Ablehnung jedoch schon ein wenig abgebaut.. doch das war nicht der Grund dafür, dass er Noah umarmen wollte. Diesen Wunsch hätte er gewiss auch verspürt, wenn er noch nicht soweit gewesen wäre- solche Nähe kennengelernt zu haben. Noah mochte er immerhin..und er war ihm vertraut.
Es war zwar eine Tatsache, das es Noah sichtlich schlechter ging, je mehr Zeit verging - warum dies aber so war, blieb ein Mysterium. Bei den meisten Menschen wäre es wohl so gewesen, dass der Trennungsschmerz in der ersten Zeit schrecklich gewesen wäre; irgendwann jedoch hätte sich nach und nach eine Besserung eingestellt. Und je mehr Zeit verging, um so mehr arrangierte man sich mit der Lage, bis man irgendwann wieder in die Zukunft blicken konnte, sich vielleicht für eine neue Liebe öffnete oder sein Leben zumindest sonst irgendwie wieder in Richtung nach vorn lenken konnte. Bei Noah jedoch schien der Prozess genau umgekehrt zu verlaufen. Wo er am Anfang noch fast gleichgültig und wie emotionslos gewirkt hatte, brachen diese ganzen Hüllen nach und nach in sich zusammen, so das sein Zustand sich anstatt zu bessern weiter verschlechterte. Dabei fehlte es ihm an nichts. Es war nicht so, das er niemanden hatte der für ihn da war. Er war nur nicht in der Lage, es zuzulassen, oder sich überhaupt für etwas zu öffnen. Dass der Schmerz und die Einsamkeit sich eine Bahn brachen, war natürlich nicht gewollt, nur eben auch nicht zu verhindern gewesen. Noah schien dabei das Unglück magisch anzuziehen, und inzwischen rettete ihn nicht einmal mehr seine pessimistische Grundeinstellung, da ihm die Einsamkeit fehlte. Es war wesentlich leichter das Schicksal und Unglück einfach anzunehmen, wenn da niemand war, der sich um einen kümmerte. So wie Aaron.
Doch selbst diesen konnte Noah an besonders schlechten Tagen gar nicht zulassen, oder an sich heranlassen. Mit Aiden war es besonders gewesen, da er vor diesem im Gegensatz zu eigentlich allen anderen Menschen keine Angst gehabt hatte. Woran das lag, hatte Noah nie ergründen können, vielleicht an den rosa farbenen Haaren, oder seiner ihm ganz eigenen Ausstahlung. Was immer es auch gewesen war, es hatte ihm keine Angst eingejagt. Aaron war auch nicht mehr besonders beängstigend, doch wo sie sich vorher auf neutraler Ebene gut verstanden hatten, hatte sich in Noahs Herz wieder eine Abwehrhaltung eingeschlichen, die nun insbesondere herausstach, als Aaron fragte, ob er mithören durfte. Schon allein eine so harmlose Frage reichte aus, um ihn völlig erstarren zu lassen. Einen rationalen Grund dafür gab es nicht, jedoch glitt Noahs Hand schon aus Reflex zu seiner Hosentasche, wo er den Lautstärkeregler fand und diesen auf as Minimum reduzierte. Das, was Noah wirklich wichtig gewesen war, hatte er nicht einmal mit Aiden wirklich zu teilen gewagt. Einmal hatte er ihm ein Bild gezeigt. Ein Bild von einer Person, die nur ein Auge und einen Arm besaß.. dafür aber ein süßes Gesicht und lange rosafarbene Haare im selben Farbton wie Aiden. Als dieser ihn gefragt hatte, hatte er nur gelächelt und gesagt, er würde ihm irgendwann einmal zeigen, woher er es hatte. Dieses "irgendwann" war nie mehr eingetreten, und im nachhinein war Noah darüber eigentlich ganz froh. Er teilte generell nicht besonders gern und war keine freigibige Person.. was Dinge anbelangte, die ihn wirklich innerlich berührten, sogar noch weniger. Dabei war er nicht geizig oder egoistisch, viel mehr hatte ihn nur das Leben gelehrt, das man solche Dinge allzu oft gegen ihn verwendete. Sich etwa über ihn lustig machte oder das verspottete, was ihm wichtig war. Von Aiden hatte er so nicht gedacht, und auch von Aaron dachte er nicht so, aber teilen wollte er dennoch nicht, denn für ihn handelte es sich hierbei nicht um Musik.. "Sie lenkt mich nicht ab. Sie erzählt meine Geschichte." fand er dann aber zumindest eine Antwort, wenn sie auch kryptischer Natur war, und damit für Aaron vielleicht nicht unbedingt verständlich. Zumindest aber war es überhaupt eine Antwort, die die blassen Lippen verließ, während sich Noahs blick kummerumwölkt wieder senkte.
Und wenn sich sein Körper bei Aarons plötzlicher Berührung auch wie zu erwarten wieder verkrampfte, versuchte er zumindest nicht den jüngeren der Zwillinge von sich zu stoßen. Es war ja auch nicht so, dass ihm Aarons Berührungen unangenehm waren. Er hatte oft genug in seinen Armen gelegen, um das nicht mehr als so bedrohlich zu empfinden. Und deswegen war es Noah auch möglich, langsam die Augen zu schließen und seine Wange an Aarons Brust zu schmiegen, während sein Köpfchen an seiner Schulter ruhte. Die Anspannung verließ ihn zwar dabei nicht gänzlich, jedoch schmolz ein wenig von seinem Widerstand dahin, wenn auch nicht genug, das er bereit war, seine Musik zu teilen. Ebenso wenig konnte er seinerseits die Arme um Aaron legen, aber doch bemerken, wie warm seine Haut war, oder wie angenehm der schwache Geruch von Haut, Haar und Waschmittel, der seiner Kleidung anhaftete war.. Schon allein deswegen schmiegte er die Nase an den dünnen braunen Pulloverstoff, dem etwas tröstliches innewohnte. "Du würdest das ja doch nicht verstehen.." murmelte er dann, weniger abweisend und anschuldigend, sondern von seiner Hoffnungslosigkeit durchzogen. "Ich höre nicht einfach nur irgendwelche Musik.. niemand versteht das." teilte er Aaron sein empfinden zumindest mit. Und überhaupt war es auch zu kompliziert, wie Noah fand. Man hätte sich schon ähnlich intensiv wie er mit seinen Videospielen auseinandersetzen müssen um zu begreifen, welcher Art die Charaktere waren, warum ihn ausgerechnet diese Musik so berührte, warum die Texte ihm etwas bedeuteten.. und natürlich nicht zuletzt warum er sich selbst damit identifizieren wollte. Noah hatte sich damit jahrelang befasst, und das sicherlich genauso intensiv, oder sogar noch viel intensiver als mit seiner geliebten Mathematik. Hierbei jedoch gab es weder Formeln noch allgemein gültige Gesetze. Es war sein Gefühl, das mit eingeflossen war, und wie hätte man das erklären können? Es gab dafür keine Möglichkeit. Und selbst wenn er Aaron den Ohrstöpsel gegeben hätte um ihn ein Lied, oder irgend ein anderes Lied hören zu lassen, hätte er ja doch nur einen Text verstanden, der ihn vielleicht berührt hätte, oder vielleicht auch nicht.. aber er hätte ja aufgrund seiner mangelnden Erfahrung dessen, wie stark der Text mit Noah verbunden war, doch etwas völlig anderes gehört, als der Rothaarige. Betrübt stellte er bei dieser Gelegenheit fest, das erfundene Pixel ihm tatsächlich genauso viel bedeuteten, wie Menschen aus Fleisch und Blut. Sogar mehr, weil er sie irgendwo als "Freunde" betrachtete. Es waren nur fiktive Personen, und trotzdem waren sie zuverlässiger gewesen als die realen Menschen, vielleicht weil sie aufgrund der eingeschränkten Handlungsfähigkeit ihn nicht verlassen konnten - oder Ablehnung entgegen bringen. Aber wie auch immer sich der genaue Bezug nun gestaltete, Noah schämte sich auf der einen Seite dafür, und auf der anderen wollte er sich damit gar nicht erst auseinander setzen. Vielleicht würde er ja Aaron einen Einblick in das gewähren, was ihm am Herzen lag, wenn Aaron das wirklich wollte... Schritt für Schritt.
Jetzt jedoch war alles was er tun konnte, doch noch die Arme eng um die schmale Taille seines Freundes zu schlingen und sich an ihm festzuhalten, anstatt weitere Halbmonde in seine Handflächen zu drücken. Aaron war gütig und irgendwo liebevoll, wie Noah spürte, und so war ihm in seinem Kummer auch nicht entgangen, das er sich um ihn bemühte, nur irgendwo nach einem Weg gesucht hatte, ihn von seinem Kummer abzulenken. Aaron hatte dabei ja nicht wissen können, in welchem Verhältnis Musik und Kummer zueinander standen. Aber eigentlich war es für Noah auch nicht so wichtig gewesen, der schon spüren konnte wie sich heiße Tränen in seinen Augen sammelten, die jedoch fest zusammengekniffen waren, und damit zurückgedrängt wurden. Er war nie der Typ gewesen, der einfach so losweinte wenn ihm danach war. Und jetzt wollte er auch nicht gerade damit anfangen. Viel mehr als sein eigenes Leid bekümmerte ihn nämlich in diesem Moment der Umstand, wie wenig er Aaron zurück geben konnte, der seinerseits viel für ihn getan hatte, und immer noch tat.. obwohl er darin selbst kaum besser war, als der Rothaarige.
Aaron sah sich nicht durch Noah verletzt oder Missverstanden. Neutral und nachdenklich eingestellt, wie er immer war- konnte er schon verstehen dass Noah das schützen wollte, was ihm soetwas wie eine Zuflucht bot. Weder durch seine Eltern oder einen anderen Menschen 'verunreinigt' besaß diese Musik sicher mehr Inhalt, wie irgendwelche Texte und Klangstücke. Es musste für Noah schon ein eigenes Universum sein, wenn er meinte es sei keine Musik, sondern seine Geschichte..und damit irgendwo doch sein armes Herz, dass Aaron bereits so leid tat, dass er keine andere Möglichkeit gefunden hatte, sein Mitgefühl auszudrücken- als den Arm schützend um den schmächtigen Rotschopf zu schlingen. Es war jedoch auch nicht sicher, dass er einen anderen Weg gewählt hätte, wenn er die Auswahl gehabt hätte. Aaron sah in dieser schützenden Nähe den Vorteil, dass es keine Worte brauchte um die Gefühle auszudrücken, die es in ihrer Entwicklung eh schon so schwer gehabt hatten. So konnte er Noah festhalten.. darauf waren, dass sein Köpfchen an seine Brust sank, und damit ein innehalten des Atemzuges verursachte, der Aaron sonst so gleichmäßig verließ. Auch für ihn war es noch eine Umstellung gewesen, auch Nähe zu empfangen..und gerade im Bezug auf Noah, vermochte diese Erwiederung doch mehr auszulösen, wie die Stillung des Mitgefühls. Es tat ihm gut, dass der Junge sich auf ihn verließ, und seinen Wiederstand soweit aufgab, dass er dem umgeschlungenen Arm nichts entgegen setzte. Im Gegenteil- sollte es doch das kleine Näschen sein, dass sich in die weichen Stoffalten des Pullovers vergrub, der bedingt der Jahreszeit noch besonders dünn gewesen war. Aaron konnte dabei den flachen Atem spüren, der durch jede der feinen Fasern drang, und damit die wohl geschützte Haut streichelte, die zuvor noch nie so sanft berührt worden war- wie in diesem Moment. Somit musste auch der Braunhaarige seinen Atem flach durch die nase ausstoßen, was einem seufzen gleichkam, und dabei Noahs rote Strähnen am Kopf aufwirbelte. Durch die starke Pigmentierung, die bei natürlichen Rottönen vorhanden war, besaßen sie auch einen besonderen Glanz, wie Aaron feststellte. Weich waren sie und von Noahs ganz eigenem Duft bestimmt, der unter dem schwachen Shampooduft vernehmbar war. Das alles gehörte mit zu Noah..genauso wie sein wohl gehütetes Innenleben. Aaron war strikt sicher, dass es nichts gab, was an Noah ungenügend sein könnte..und wie sich dieser Gedanken auch zu einem Fadengeflecht entwickelte, gewannen sie dabei nicht nur an Muster und Strucktur, sondern wussten Aaron sogar ein wenig zu erschrecken, da er sich dabei ertappte, dass er Noah sicherlich mehr zuschätzen gewusst hätte, und glücklich gewesen wäre, wenn sie beide..
...doch bevor das Herz den Gedanken gänzlich in das Bewustsein schlagen konnte, war es schon Aarons eigene Art die ihn annehmen ließ, dass es hierbei nicht um seine Gefühle ging, sondern um die Noahs. Der kleine Rotschopf der noch nicht dazu bereit gewesen war das zu teilen, was sein Herz noch in Bewegung hielt. '' Es tut mir leid..'' murmelte Aaron daher nicht bedrückt, sondern viel mehr ruhig- aber dennoch von ernsten Charackter durchzogen. '' Ich wollte dich nur verstehen..und dir nicht zu nah treten.'' Fügte er noch beschwichtigend an, und hielt seine wachsamen Augen auf Noah gerichtet, selbst wenn sie gegen die schwere ankämpfen mussten, sich gänzlich zu schließen. Selbst wenn der Blick dadurch verschleiert oder verklärt war- so gebührte er doch Noah allein, über dessen Bauch Aarons Hand sich beinah von selbst bewegte. Recht mitbekommen hatte es der jüngere Bruder nichteinmal- doch seine Finger waren behutsam nicht dem Ohrstöpsel näher gekommen- aber doch dem Stoff der sich über Noahs Bauch befand- und immer wieder einer Richtung folgend- von ihm glatt gestrichen wurde. Ob er nun schräg abwärts seine Handfläche gleiten ließ, oder sie wieder nach oben zog, weil es sonst bedeutet hätte dass er seinen Griff hätte lösen müssen, den sein Arm geschlungen hatte- Aaron genoss die Wärme und Weichheit von Noahs zerbrechlichem Körper, für den er sich verantwortlich fühlte. Es war daher garnicht schwer gewesen, sich doch wieder mit Noah im Arm zurückfallen zu lassen, so das Aaron sich von dem Kissen am Rücken auffangen lassen konnte- es dabei für schön empfindend, dass Noahs Federgewicht durch die leichte Schräglage noch mehr auf seiner Brust spürbar geworden war. Noch mehr, wie durch die Ärmchen allein, die sich bereits um seine Taile gefunden hatten. '' Ich interessiere mich für dich, deswegen ist es mir wichtig, mehr über dich zu erfahren..aber, das hat natürlich Zeit..'' Murmelte Aaron weiterhin tief und hob den anderen Arm, der sich an Noahs umschlungenen stützte- um seine Hand dem Rotschopf näher zu bringen, von dem schon eine gewisse Hitze ausstrahlte, nachdem spürbar gewesen war, dass Noah die Augen stark zusammengekniffen hatte. Ob er weinte? Aaron konnte es nicht genau bestimmen, da er nur auf Noahs Schopf herabblicken konnte.. aber ob er es nur vermutete, oder es der Wahrheit entspach- es war nicht verkehrt, behutsam die Finger gefächert durch die roten Strähnen zu schicken, die am Schopf ein wenig kürzer gehalten waren, wie beispielsweise am Pony oder im Nacken. Zumindest konnte Aaron dabei eine abstehende Strähne ausmachen, die seinen Fingerspitzen entglitt, und Noah eine weitere Besonderheit verlieh.
Für Aaron bestand Noah aus vielen Besonderheiten- die nur er seiner Meinung nach wirklich würdigte, weil er die Chance hatte, sie kennen zu lernen. Dabei zog es den Daumen auch schon über die blasse Schläfe des Jungens, als er aus dem Haarschopf wieder hervorragte- und begann die Haut sanft zu streicheln. '' Ich hätte nie gedacht, dass ich mir einmal so viel..aus überhaupt jemanden machen würde, wie dir. Sobald jemand meinte, mir näher zu kommen, habe ich es schon durch mein Misstrauen geschaft, jeden zu verekeln. Aber bei dir..war es von Anfang an nicht so. Du hast soetwas natürlich offenes..ungefährliches.'' Schloss Aaron zunächst, ohne mit den Schultenr zu zucken- aber wohl den Tonfall zu senken. Seiner Wange musste er dann aber doch nachgeben, und sie gegen Noahs weichen Schopf sinken lassen, da ihm bereits sein eigener Kopf zu schwer geworden war...'' Ich sah vielleicht immer gefährlich aus..aber in Wahrheit finde ich Gewalt furchtbar und wäre niemals in der lage sie zu verüben. Nur um mich von Gefahr..Leid und Gewalt fernzuhalten, bin ich meistens, wie ich bin..'' Versuchte er seine Rauheit zu erklären, die man manchmal dem heiseren Unterton entnehmen konnte. Aaron war auch nie ein Typ gewesen, der schrie..er war nur äußerst konsequent und besorgt gewesen, wenn es um seinen Bruder ging- der überhaupt nichts von Vorsichtsmaßnahmen hielt- und in jeden Menschen noch etwas gutes sah. Aber auch das war etwas, was Aaron nur lernen konnte, wenn er es zuließ. Er musste lernen, dass ihm nicht die ganze Welt feindlich gesinnt war..sondern ihm wohl auch einen Lebensraum bieten konnte, indem er glücklich werden kann. Was das anbelangte, so befand sich Aaron jedoch schon auf einen guten Weg, da er Noah hatte.. einen Menschen, der ihm etwas bedeutete- sogar mehr wie er sich eigentlich eingestehen wollte. Durch Noah hatte er einen Sinn gefunden, der sich nicht nur darauf beschränkte alles schlechte von seinem Bruder fernzuhalten. Und selbst wenn Aaaron noch weit davon entfernt war, ein besseres Gefühl für sich selbst zu entwickeln und damit seine ungesunde Einstellung zur Selbstlosigkeit aufzugeben- so spürte er schon, dass er nicht länger in seinem trott verharren wollte..dass er Noah wollte- und ohne diesen sich komplett dem fortschreitenen Lebensweg entsagen würde. Wo es früher auf mehr platonischem Weg Aiden gewesen war, der seinen Lebensweg bestärkt hatte ohne direkt auf ihn einzuwirken, sah Aaron nun ein viel mehr Kraft in Noah. Und damit, gewann auch Aarons Anspruch ein wenig mehr an gesunden Ego. ''Kinder sind überall gleich.. ob ich nun an das Leben im Heim, oder an den anderen Komplex zurückdenke, sehe ich wirklich keinen Unterschied in den Gründen ihrer Aggressionen. Und aus diesen Kindern, werden natürlich auch Erwachsene..deswegen habe ich auch weder den Bezug zu gleichaltigen, älteren - oder jüngeren gesucht. Du bist der erste, mit dem..ich es nicht schwer hatte.''.. Machte Aaron seinem rothaarigen Schützling doch noch ein leises Zugeständniss, dass sich im gewirr seiner Haarstähnen verlor, gegen die sich das Lippenpaar des jüngeren Zwillings schmiegten- ohne es verhindern zu können, dass der Atem kitzelnd die Kopfhaut des Jungens heimsuchte, da sich die Nase ebenso in dem Schopf vergraben hatte.
Dabei war es für Aaron auch schön, dass Noah seine Arme noch immer um ihn geschlungen hielt. Es war kein Bedrängniss..sondern viel mehr gewollte Bestätigung, die er durch diese Geste erfuhr, und die seinem eigenen Schmerz ein wenig kühlende Liderung verschaffte. Aaron wusste auch nicht, was es war..nur, dass ihm Noah von Anfang an angenehm gewesen war- als er wusste dass er keine Gefahr darstellte. Ihm hatte er Aidens Gefühle sogar zugestehen können, ohne darunter zu leiden. Viel mehr, war ihm immer danach gewesen, ihn glücklich zu sehen..selbst wenn er sich ihm durch ihre gemeinsame Trauer und Einstellung erst verbunden gefühlt hatte.
"Schon gut... es muss dir nicht leid tun.." murmelte Noah, dessen Gefühle zwar verletzt waren, aber nicht von Aaron. Was Aaron von ihm halten würde wenn er sich ihm tatsächlich öffnete, war ihm zwar nicht klar, jedoch würde es vermutlich anders laufen, als mit anderen Menschen. Aiden hätte ihn sicherlich auch nicht verurteilt.. und auch Aaron würde es wahrscheinlich nicht tun, selbst wenn er ihn dann mit Geringschätzung betrachten würde. Noah wusste es nicht, und es war zu früh sich darüber Gedanken zu machen. Er wusste ja selbst kaum etwas von Aaron, und es war auch nicht so gewesen, das er viel hinterfragt hätte. Was das reden anging, waren sie beide eher schweigsam. Vieles bedurfte auch keiner Worte, wenn man einen Blick, eine gewisse Haltung erkannte. Sie waren sich ähnlich gewesen, und doch waren sie irgendwo verschieden. Manchmal hatte Noah sich gefragt, ob das der Grund gewesen sein könnte, warum Aiden sich ursprünglich für ihn interessiert hatte, und dann das Interesse jedoch verloren hatte, als sich herausgestellt hatte, das er Aaron doch nicht so ähnlich war... Falls das der Grund war, hatte er jedoch bis heute nicht begriffen, warum sich nun das eingeritzte Herz in der Holzkiste befand, an der Stelle wo er zuvor seinen kleinen Zettel hatte fallen lassen. Diese Erinnerung schmerzte ganz besonders, und Noah war seit der Entdeckung kein einziges Mal mehr zum Hangar gegangen. Er hatte auch Aaron nichts davon erzählt. Das Schweigen jedoch machte den Kummer nicht geringer. Es schien überhaupt nichts zu geben, das den Schmerz lindern konnte. Noah, der von Gefühlen nicht viel verstand, wusste überhaupt nicht, warum er so darunter litt. Zu Anfang war es leichter gewesen.. warum weigerte sich der Schmerz dann so hartnäckig, zu vergehen und wurde im Gegenteil sogar immer schlimmer? Es war nicht normal, so befürchtete Noah, unfähig jedoch dagegen ein Mittel zu finden. Vielleicht hatte er sich ja zu Anfang noch Hoffnungen gemacht, das da doch noch etwas war... doch mit dem Zerschlagen seiner Hoffnungen gab es auch keinen Damm mehr, der die Schmerzen im Zaum hielt. Wäre er nicht so ein ruhiger und schüchterner Junge, hätte er wohl sicher randaliert oder viel Schlechtes getan.. doch all das entsprach nicht seinem Naturell, sondern viel mehr der stille, am liebsten ungesehene Verfall.
Noahs Zähne vergruben sich in seiner Unterlippe, als er Aarons Worten weiter lauschte, das dieser sich für ihn interessierte und mehr über ihn erfahren wollte. In Verbindung mit dem eigentlich beruhigenden Streicheln über seinen Bauch regte es doch nur wieder die harte Schale an, mit der er sich umgeben hatte. Zu viele Jahre Zweifel am Selbstwert und mangelnde Bestätigung von Außen hatten schon zu tiefe Spuren hinterlassen, und der Verlust seiner Liebe hatte regelrecht die Farbe aus seinem Leben gewaschen. Es war so schön gewesen, wenn Aiden ihn berührt hatte, jedes Mal hatte ihn dabei eine regelrechte Welle von Glück überschwemmt, so sehr das Noah gar nicht hatte fassen können, das es so etwas gab. Er glaubte, das nur Neugeborene sich so fühlen konnten, unverdorben von der Welt und offen für jedes Wunder.. für jedes Wort und jede Berührung, die Art wie Essen schmeckte und wie Licht und Farben beschaffen waren.. so war Aiden für ihn gewesen, durch ihn hatte sein Leben an Farbe und Konsistenz gewonnen. Für Noah war es das erste und größte Glück in seinem Leben gewesen, und er konnte einfach nicht glauben, das man so etwas mehr als einmal im Leben empfand.. oder überhaupt. Er vermutete, das die meisten das nie erlebten, sonst würden sie sich gar nicht erst trennen. Jetzt jedoch war Aiden fort.. und vielleicht verspürte er ja das selbe Glück, das er Noah geschenkt hatte, wenn er mit Dani zusammen war. In einem Winkel seines Herzens hoffte Noah, das dem so war, das es das alles Wert gewesen war und sein eigenes Leid zumindest nicht umsonst war. Die Liebe jedoch würde in seinem Herzen vielleicht nie wieder Einzug halten; was wohl auch der Grund dafür war, das sich sein Körper einfach nicht entspannen konnte, und in Alarmbereitschaft war, je behutsamer Aaron mit ihm umging. "Was redest du denn da..." konnte er deswegen nur hervorbringen, wobei die Worte ihm Mühe bereiteten. "Das weiß ich doch alles.. Ich weiß das du nicht gewalttätig bist.." versicherte er dem Braunhaarigen, dem er schon längst nicht mehr solche Charaktereigenschaften zuschrieb. Es war eine Fehleinschätzung gewesen, die obendrein ziemlich kindisch und oberflächlich gewesen war, und im Nachhinein sogar etwas peinlich. Aber aus Noahs Sicht war dies längst bereinigt gewesen. Was ihn jedoch mehr verunsicherte war nicht, das Aaron sich etwas mehr öffnete, in dem er von sich erzählte, und damit eigentlich Fakten nannte die Noah schon kannte, sondern die Tatsache das er ihn - Noah - irgendwie besser darstellte als er sich fühlte.
"Ich war der Freund deines Bruders... Was hättest du sagen können?" stellte er daher eine eher rhetorische Frage. "Es hätte.. Aiden.. ja doch nur verletzt wenn du etwas schlechtes über mich gesagt hättest, oder mich abgelehnt hättest." Dass das aber gar nicht der Punkt war, hatte Noah begriffen, weswegen sich seine Augenbrauen wieder leidend zusammen zogen. "Du hattest es mit mir nur nicht schwer weil... weil du Aidens Bruder bist. Ich hätte doch nie etwas getan das dir geschadet hätte. Ich wollte kein Eindringling bei euch sein.. das ist alles." versuchte er sich selbst so klein zu halten, wie er sich fühlte. Allein den Gedanken zuzulassen das er in irgend einer Hinsicht besonders war schmerzte schon und musste damit abgeschwächt werden. Noch tobte der Schmerz zu sehr in seinem Körper und seiner Seele, doch irgendwann wenn er nachgelassen hatte, würde er Aarons Worte überdenken, und dies nicht nur im Bezug auf sich, sondern auch - und vor allem - das was Aaron damit über sich selbst enthüllt hatte. So verletzt Noah auch war, schätzte er Aaron doch sehr, so sehr das er ihm nicht absichtlich weh tun wollte.. und natürlich auch nicht unabsichtlich. Schon allein deswegen wollte er keine weiteren Worte mehr über die Lippen bringen. "Du warst so nett zu mir.. Ich habe mich nicht gefühlt.. wie ein Eindringling, oder als wolltest du mich nicht hier haben. Es war schön.. wenn wir zu dritt waren." konnte er zumindest angenehmere Erinnerungen zulassen, wenn sie auch bittersüß waren und voller Verlust.. dennoch waren sie noch schön und ihnen haftete ein Hauch von Restwärme an, wenn er an die gemeinsamen Essen dachte, oder daran wie sie gemeinsam im kleinen Badezimmer gesessen und Aidens Haare nachgefärbt hatten. Es war ruhig gewesen und schön.. und Noah war glücklich gewesen. Sie alle, so glaubte er. Und deswegen war die zentrale Frage auch immer nach dem warum. Nur eine Antwort fand er darauf nicht. Er nicht, und auch Aaron konnte sie ihm nicht geben. Nicht einmal Aiden, so vermutete Noah, aber den wollte er danach auch gar nicht danach fragen. "Ich war so überrascht, das du gar nicht böse bist." erinnerte er sich stattdessen, wenn es auch nicht ganz dazu reichte, ihm ein schwaches lächeln zu entlocken. Wohl aber wurde der kleine, so schutzlose Körper etwas weicher in Aarons Armen.
Aaron glaubte nicht, dass Noah ihm aggressive Eigenschaften zuschrieb. Viel mehr hatte er das allgemeine Bild vermitteln wollen..den Eindruck, den er vermittelte, indem er sich so schroff und abweisend gab. Immerhin war es nicht nur Noah, der sich vor ihm gefürchtet hatte, als er ihn noch nicht kannte, sondern auch einige andere Mitschüler, oder auch welche aus jüngeren Jahrgängen. Jetzt jedoch spielte das auch garkeine Rolle- zumal Aaaron sowieso jeder egal gewesen war, und er auch niemanden kennenlernen wollte. Er wollte sich nur mit Noah befassen..und würde ihn weder verurteilen, noch gering schätzen. Trotz seiner eigensinnigen Art die ihn oft dazu brachte, Voruteile zu entwickeln, hätte er sich immer mühe gegeben, Noah zu verstehen..wodurch sich sein Interesse nur noch mehr verhärtet hätte. Immerhin verkörperten auch Videospiele Welten und Characktere, mit denen auch Aaron sich gewiss besser arrangieren würde, wie mit richtigen Menschen, die oftmals nicht nur enttäuschend gewesen waren. Wohl könnten beide damit einne Rahmen schaffen, indem sie sich gleichermaßen wohlfühlen konnten..doch, bis dahin war es noch ein weiter weg. Gegenwärtig war es viel präsenter, wie Noahs Körperhaltung an Anspannung gewann, je mehr Aaron sich öffnete und damit Noahs gute Seiten zur Geltung brachte, die er in ihm sah.. Doch den Jungen wollte er damit keineswegs verletzen. Viel mehr, wollte er nur verdeutlichen, dass er ihm wirklich viel bedeutete..und das er viel in ihm sah. So viel dass es sogar aus ihm herausgebrochen war. Es war zwar dafür zu früh gewesen, musste Aaaron einräumen, der bemerkte dass Noahs Worte doch ein stechen in dem schmalen Spalt auslösten, den er zu seinem Herzen hin geöffnet hatte- um ihm näher zu kommen. Doch es war ein erster Schritt gewesen, eine gemeinsame Basis zu finden. Sie konnten darauf aufbauen..und Aaaron würde Noah niemals in seinen selbstzweifelnden Ansichten zurücklassen. '' Du bist nicht nur der Freund meines Bruders gewesen.. Ich habe dich einfach gemocht.'' Versuchte Aaron die grobe Fehleinschätzung zu mildern- ohne ihr anmaßend entgegen zu wirken. Das würde den Jungen doch nur noch mehr verletzen..glaubte er, während sich seine Augenbrauen nachdenklich zusammenzogen, und die Hände es nicht gestatteten, Noah freizugeben.
'' Wenn Aiden jemanden gehabt hätte..der mir garnicht gefällt, dann hätte ich das deutlich gemacht. Entweder würde ich etwas sagen und mich anschließend entfernen, oder ich wäre gleich gegangen.'' Gedachte Aaron trotzdem nicht, das sensible Thema zu beenden. Er versuchte nur vorsichtig wie möglich dabei zu sein. Und das nicht, um sich selbst zu beruhigen-sondern weil er glaubte, dass es nur so Noah länmgerfristig helfen konnte, wenn er Stück für Stück zu ihm vordrang- und dabei verdeutlichte dass seien Absichten mehr als ehrlich waren..und damit auch seine Einschätzungen über Noahs Charackter und seine Art. '' Ich fand es auch schön, wenn du bei uns warst.. ich habe mich sogar gefreut, wenn die Schule vorbei war, und damit bedeutete dass du den Nachmittag bei uns verbringst.'' Musste Aaaron mit einem knappen nicken noch zugeben, als Noah in ihm die Erinnerungen wach rief, die er schon längst versucht hatte, zu verbannen. Auch ihm hatte es gefallen, die friedlichen Nachmittage zu teilen..die Mahlzeiten- die nicht immer nach seinem Geschmack gewesen waren- ihn aber doch leichter gefallen waren wie jede gesunde, die er vermeindlich gewollt hatte. Aiden war so leicht und unkompliziert gewesen..und dennoch von so einer Sicherheit in seinen Taten bestimmt, dass es leicht gefallen war sich auf ihn und seinen Charme einzulassen.. und verführte er dabei auch nur zu ungesunden, von Konservierungsstoffen verseuchten Ravioli. Es war die Sammlung von Kleinigkeiten, die ihre Zeit so kostbar und besonders gemacht hatten..und Aaron nicht nur an ihr Glück erinnerten, warum er sie hatte vergraben wollen. Sie taten zu sehr weh..und Schmerz war etwas, was er sich nicht leisten konnte. Das krampfen in seiner Brust, was die überlagerten Muskelstränge zum zusammenzucken brachte- war dennoch nicht zu verhindern gewesen und ließ den unangenehmen Schauer durch seinen ganzen Körper rieseln, wo er angekommen für millionen kleiner Nadelstiche sorgte- die selbst stachen, wenn Aaron sich nicht bewegte.
Gefühle waren nichts schlechtes..sie waren eine Bereicherung - hatte Aaron bereits gelernt..und deswegen wollte er auch nicht erkennen lassen, dass er meinte sich schmerzen nicht leisten zu können. Es würde doch nur für noch mehr Verstörung sorgen und garkeine Heilung herbei führen, wenn sie überhaupt in irgendeiner Form möglich gewesen war. Aber.. vielleicht gab es auch garkeine Möglichkeit, zu Heilen.. sondern nur daraus zu wachsen. Aaron wusste es nicht, und er sah sich auch fern Noah damit zu konfrontieren und damit zu belasten. Dennoch musste er nach einer Lösung suchen, und streichelte still umso liebevoller durch Noahs Haar und dem sich anschließenden Ansatz der Schläfe, die sich von der Beschaffenheit klar von dem weichen Haar unterhalb der Fingerspitzen unterschied. Aber ob Aiden ihm eine Antwort auf all die Fragen geben konnte, bezweifelte auch Aaron stark. Immerhin war es ihm nach der Trennung auch sehr schlecht gegangen..und so gut, wie Aaron ihn kannte, war es kein Mitleid was ihn dazu gebracht hatte. Viel mehr war er auch nur seinem Herzen erlegen, und konnte deswegen keine Entscheidung treffen..sondern nur die anderen entscheiden lassen, die wählen konnten ob sie dennoch bei ihm bleiben konnten, oder aber nicht. Auch er hatte verloren..und da der jüngere auch immer noch die Verbindung zu seinem älteren Zwilling spürte- glaubte er auch, dass auch Aiden sich dies oft bewusst machen musste. Über das eingeritzte Herz am Hangar, hätte sich Aaron somit garnicht gewundert. Viel mehr, hatte er so ein Zeichen bereits erwartet, weil er wusste wie sehr Aiden auch Noah liebte. Aber was den braunhaarigen aus seinen Überlegungen riss, war die schlichte Frage, die an seinem Herzen nagte. Warum sollte er Noah böse sein? So sehr Aaron auch erneut die Augenbrauen zusammenkniff, und überlegte, fiel ihm kein Ereigniss auf, wegen dem er dem Rotschopf böse sein sollte. Er gab sich dabei auch wirklich Mühe..wollte er doch Noah auch nicht zusätzlich stressen. Aber so sehr er sich auch bemühte, wusste er schlicht nicht, weswegen er ihm böse sein sollte. Er hatte ihm doch Aiden nicht weggenommen..und er hätte sich doch auch nicht von ihm getrennt, wenn sich die Umstände nicht so schmerzlich geändert hätten. '' Ich weiß nicht, wieso ich dir böse sein sollte..'' Musste Aaron daher nachdenklich einräumen, wobei sich ein brummen nicht vermeiden ließ. Es war jedoch kein anklagendes brummen, sondern mehr von der nachdenklichkeit bestimmt, die er auch beim lernen an den Tag legte. ''Ich..hätte das auch nicht ertragen. Abgesehen davon, fühle ich mich auch nur noch in deiner Nähe wohl..''
Obwohl Noah ein sensibler Junge war, war er doch weit davon entfernt, besonders zartfühlend oder einfühlsam zu sein. Es war zumindest keine seiner hervorstechenden Charaktereigenschaften, dennoch konnte er gar nicht anders als zu bemerken, wie sich Aarons Körper verspannte, als er sich in den gemeinsamen Erinnerungen verlor. Die verkrampften Muskeln. Es war nicht mehr als eine körperliche Reaktion, die man vielleicht unter anderen Umständen gar nicht näher hätte beachtet - so jedoch war auch für Noah ersichtlich, woher die Schmerzen stammten, teilte er sie doch mit Aaron, wie vielleicht kein anderer Mensch auf der Welt. Noah wusste zu gut, wie das stechende Herz den Körper lähmen konnte und man diesem Zustand machtlos gegenüber stand. Trotz der eigenen Schmerzen, die Noah sowohl körperlich als auch seelisch plagten, konnte er sich auch den liebevollen Berührungen Aarons nicht näher öffnen, wenn er sie auch entgegen früher nicht zurück wies. Bei dieser Gelegenheit konnte er sich auch dessen Worte durch den Kopf gehen lassen, dass er, Noah, nicht nur der Freund seines Bruders gewesen war, sondern das er ihn einfach gemocht hatte. Selbstverständlich war das nicht gewesen. "Verstehe..." murmelte er daher, was zumindest ein teilweises Eingeständnis an Aaron war.
"Aber ich habe es nicht so gemeint." kam er dann nicht umhin, Aarons Worte zu wiederlegen, oder eher die eigenen zu präzisieren. "Ich habe nicht gemeint, das du böse auf mich warst. Damals hatte ich dich nur für den bösen Zwilling gehalten.. Wie in diesen albernen Serien." verwies er Aaron darauf, wie er darauf gekommen war. "Als ich Aiden am Hangar gesehen habe, hast du immer so böse zu mir geschaut... Aiden hat gelächelt. Aber vertrieben hat mich eigentlich beides." kamen die Worte leise über seine Lippen, wobei sie eher klangen als kämen sie von ganz weit weg, vielleicht weil Noahs Gedanken sich an diesen weit entfernten Ort verirrt hatten. Auch wenn es zeitlich gesehen nicht so lange her war, waren es doch Erinnerungen aus einem ganz anderen Leben, und dieses war für den Rothaarigen nun für immer verloren. "Es war Liebe auf den ersten Blick, aber dich fand ich ziemlich bedrohlich." Natürlich war das lange bevor sie einander besser kennengelernt hatten gewesen, und wenn es nach Noah gegangen wäre, hätte sich an ihrer Beziehung nie etwas ändern müssen. "Ich bin aber froh, dass du mich gemocht hast. Ich hätte es nicht ertragen wenn ich ständig das Gefühl gehabt hätte, dir deinen Bruder wegzunehmen." war Noah noch wichtig gewesen Aaron zu gestehen, da sein eigenes Herz trotz der zahlreichen scharfen Bruchstücke aus denen es bestand, doch noch fähig war Mitleid für Aaron zu empfinden, der sicherlich auch litt.. wenn Noah auch glaubte, das er dies vor ihm weitestgehend zu verbergen versuchte. Es war eben ihre Art, miteinander umzugehen. Noah, der Aarons Gefühle teilte und verstand, war besser als jeder andere in der Lage dessen Schmerzen zu verstehen und zu erkennen - und zog es dennoch vor, nichts zu sagen oder gar vorzugeben es zu übersehen. Umgekehrt wollte er ja auch nicht, das Aaron ihn darauf ansprach, selbst wenn er wusste, wie es um ihn stand. Bis zu einem gewissen Grad war es eine Erleichterung mit jemandem zusammen zu sein der war wie man selbst.. wenn man so kompliziert war wie der Rothaarige. Doch fehlte es gerade dann an etwas, das Aiden besessen hatte, und was der Grund dafür war, warum Noah sich ausgerechnet in ihn verliebt hatte. Damit das er erfolgreicher Pilot und gutaussehend war, hatte es nicht viel zu tun gehabt, das waren alles Dinge die für Noah nicht so wichtig waren. Er wusste nicht genau was es gewesen war, nur das etwas an Aiden verstanden hatte sein Herz zu wärmen und ihm Gefühle zu vermitteln, von denen er zuvor nur hatte träumen können.. oder viel mehr nicht einmal im Traum gekannt hatte. Dennoch wusste er Aarons Mühe zu schätzen, die dieser sich ganz offensichtlich mit ihm machte, selbst wenn das anders war, als seine Gefühle für Aiden. Schon allein deswegen war auch Noah bemüht, seine Gefühle rasch wieder unter Kontrolle zu bringen, um es nicht für Aaron noch schmerzhafter zu machen, als es war, und ihn mit Kummer ´zu konfrontieren.
Dennoch war es eine ziemliche Anstrengung, sich von den schmerzhaften Gefühlen und Erinnerungen loszureißen, deren Umklammerung allgegenwärtig zu sein schien. Das einzige Problem war, das Noah nicht einfiel ,wie er am besten von der Situation ablenken konnte. Er wusste nur, das er Aaron nicht weh tun wollte, der immer für ihn da gewesen war, und sich damit als zuverlässiger als Aiden erwiesen hatte.. vielleicht war zuverlässiger auch das falsche Wort, zumindest jedoch teilten er und Aaron die selben Wertevorstellungen und Lebensauffassung... Und trotz all dieser Gefühle war es seltsam, Aarons Berührungen zu spüren, von denen er nicht wusste,welche Gefühle sie bei ihm, Noah, auslösten. Es ließ sich ganz und gar nicht beschreiben, wie dessen zärtliches Streicheln durch sein Haar ihn verunsicherte.. ihn dazu brachte sich zu verkrampfen und trotz allem schön war... Für Noah war es verwirrend, so sehr das es ihm die Stimme raubte. Anstatt also etwas zu sagen, das Aaron ablenkte.. vielleicht etwas über die Schule, über den Haushalt, was noch erledigt werden musste, verblieb er stumm in der durchaus verunsichernden Situation. Es war, so glaubte er, zwischen ihnen besonders kompliziert, da sie einander so ähnlich waren.. obwohl Noah immer geglaubt hatte, Ähnlichkeit würde ein Auskommen miteinander einfacher machen. "Ich bin dankbar dafür... dich zu haben." brachte er dann aber ungeschickt über die Lippen, wobei er es nicht besser ausdrücken konnte und seine Gefühle schlicht und unverblümt aussprach.
Dem braunhaarigen war es dann doch peinlich Noahs Antwort zu vernehmen. So kam er nicht umhin zu bemerken, wie sich die Hitze in seine Wangen schlich als er feststellen musste, dass der kleine Rotschopf seine Aussage ganz anders gemeint hatte. Dieser hatte immerhin nicht befürchtet, dass Aaron IHM böse gewesen war..sondern er hatte sich vor dem bösen Blick geängstigt, der ihn durch dass Misstrauen des jüngeren Zwillings getroffen hatte. Verlegen war deer braunhaarige zwar nicht- aber musste er dennoch das Kinn senken, und streifte abei as wiche rote Haar des Jungens, der ihn daeüber aufklärte- ihn für den 'bösen Zwilling' gehalten zu haben. Dies war etwas, was Aaron doch dazu brachte ein wenig aus seiner Scham zu lösen, und sich zu fragen ob nicht jeder so gedacht hatte, er ihn mit Aiden damals gesehen hatte. '' Böser Zwilling..'' wiederholte er daher, und hob die rechte beider geschwungenen Augenbrauen. '' Ich erinnere mich.. Aiden hatte immer gelächelt, und dass war es was mir so sorgen bereitet hatte. Ich glaubte er könnte so leicht an jemanden geraten der ihm schaden könnte.. ihn ausnutzen würde.'' Versuchte Aaron sich zu erklären- ohne zu bemerken dass er seine Wange weiterhin an das wärmende, so kuschlig rote Haar schmiegte- und damit geborgenheit vermittelte. '' Ich hatte jedem misstraut, der sich uns genähert hatte. Natürlich ist es immer spannend, wenn Neulinge irgendwo auftauchen..aber das rege Interesse an diesem Komplex war mir ebenso fremd wie unangenehm. Ich wollte hier nicht sein, und deswegen auch nichts gutes sehen..'' Zeigte Aaron sich weiterhin konsequent, aber immerhin einsichtig, indem er den Arm auch beiläufig enger um Noahs Bauch schlang, während die anderen Finger immer noch damit beschäftigt waren, sich nicht ebenfalls in den Stoff des Pullovers zu vergraben- sondern Noahs Haar zu streicheln- und dabei liebevoll den Ansatz zu bekunden, der sich zu erkennen gab. Alles an Noah war so weich.. so zerbrechlich- obwohl die Schale des Jungen einen ganz anderen Eindruck vermittelte. Wo man von außen Gleichgültigkeit oder Gefasstheit vermuten konnte- den Willen nach vorn zu schauen un an die Zukunft zu denken- betrachtete Aaron nun seiner Meinung nach einen ganz anderen Noah. Einen, der viel verletzlicher war- und der immer wieder in die Erinnerungen abtauchte- wie er selbst noch vor einiger Zeit. Selbst wenn auch er, Aaron nicht zu den sensibelsten gehörte- ode besser denen, die ihre Sensibilität besser zum Ausruck bringen konnten- so war es für ihn dennoch nicht schwer zu verfolgen, wie sich Noahs Stimmlage, oder sein Blick veränderte, wenn er von seiner früheren Zeit mit Aiden sprach..
Die Zeit, die sie gemeinsam so vermissten- und in der auch der missmutige Aaron glücklich gewesen war. Er hatte nichts vermisst, oder sich in irgendeiner Form beraubt gefühlt. Viel mehr hatte ihn Noah bereichert..und, wenn Aaron begann, es sich einzugestehen, musste er auch zugeben das Noah sein Leben immer noch bereicherte, und es nicht nur in irgendeiner Form erhielt. Ihn hielt immerhin kein Pflichtbewustsein an Noah..es war ein viel stärkers Gefühl, was Aaron selbst noch nicht benennen konnte. Er konnte nur die Anziehung spüren..den Wunsch, für diesen Menschen da zusein- amit es ihm besser geht.. damit er noch einmal eines dieser spärlichen Lächeln sehen konnte, die Noahs Lippen damals geschmückt hatten, wenn Aiden es geschafft hatte ihn zu erheitern. Schon bei diesen Erinnerungen war ein seuftzen nicht länger den eigenen Lippen fern zuhalten. Aaron konnte es einfach nicht vergessen, wie friedlich alles gewesen war, und dass er zum ersten Mal in seinem Leben Momente erlebt hatte, indenen er unbekümmert gewesen war, und nicht fortwährend daran denken musste, wie er seine Zukunft und Sicherheit zu planen hatte. Aber diese Zeit war nun einmal vorbei..und so sehr Aaron auch den für ihn kindischen Wunsch verspührte, die Zeit zurückdrehen zu wollen, würde dieser Effekt ausbleiben. Deswegen galt seine Konzentration und sein vorsichtiges Gefühl allein Noah, den er noch immer in den Armen hielt- und an dessen Stoffalten an den Seiten sich schon die Finger des jüngeren Zwillings angepasst hatten. '' Es tut mir leid..wenn ich dir angst gemacht hatte.'' wollte Aaron sich mit einem murmeln wieder bemerkbar machen, als er spürte zu lang in seiner Nachdenklichkeit zu verharren. '' Wir sehen uns zwar sehr ähnlich..Aiden und ich..aber dennoch sind wir wirklich sehr verschieden.'' Versuchte der braunhaarige sich sogar an einem kleinen Lächeln, dass Noah vielleicht nicht sehen konnte, aber wohl an seinem Haar wahrnehmen- da es von den angezogenen Mundwinkeln leicht in Bewegung gebracht wurde. '' Du hast mir aber wirklich nichts weg genommen.. eher hast du mir noch mehr eingebracht, da wir immer etwas zusammen gemacht hatten.'' Versuchte er auch unbeholfen sich weiter zu erklären, ohne sich in Unsicherheit zu verennen, die ihn am ende sogar stottern eingebracht hätte. Sobald es um seine eigenen Gefühle ging, war es für Aaron immer schwer, Worte zu finden- und diese vorallem zuzulassen. '' An dir habe ich auch nicht berohliche finden können. Klar.. am Anfang war ich sehr misstrauisch, als du immer fortgelaufen bist..aber dann konnten wir uns ja langsam kennenlernen..'' Erinnerte sich Aaron weiterhin zurück und fan Beruhigung darin, wieder die Fassung über seine Worte erlangt zu haben. Es war ihm so leichter, wieder dieSicherheit zu empfinden, die er Noah vermitteln wollte- und mit der er für ihn da sein wollte.
Dessen Schmerz und Leid, waren dem jüngeren Zwilling auch viel präsenter wie die eigenen Probleme. Der Schmerz hatte auch garkeine Möglichkeit gehabt, lang an seinem Herzen festzuhalten, da es immer kleiner unter dem strengen Griff geworden war, der auch Noah allgegenwärtig umfing. Aber auch, wenn Aaron meinte, damit zurrecht zukommen- konnte sich sein kleines Herz nicht dagegen wehren, Stiche aus dem inneren zu erfahren. Woher diese jedoch stammten- konnte er noch nicht bestimmen. Beschränken konnte er dieses schlimme Gefühl jedoch auf solche Momente, in denen er Noahs Nähe suchte und glaubte aufgrund seiner Art nicht genügend Hilfe leisten zu können, so wie er es gern würde. Es war eigenartig und ungewohnt .. und daher auch nur durch etwas zu unterbrechen,was so schön und schmerzlich zugleich sein konnte- wie die unbeholfenen Worte die der Junge in den braunen Pullover murmelte, den Aaron trug. Das kleine Stechen, das mit dem funken einer fortwährenden Stichflamme zu vergleichen war, da sie sich an einem Gefühlspunkt in dem schmerzenden Organ konzentrierte- sollte auflodern und seine Impulse durch jeden Muskel, und jede Aer schicken, die das Herz am Leben erhielten. Krampfhaft bileten sich Schlingen und zerrten an Aaarons Empfindungen- die sich nicht länger unter dem Schutt an Selbstaufgabe verbergen konnten. Dankbar.. war das Wort, was Aarons Trancezustand durchbohrt hatte, und ein kleines Leck aufzuweisen wusste. aus dem Gefühl tropfte.. Wie hätte der jüngere Zwilling schon anders gekonnt, als die Umarmung fester um den kleineren Körper zu schlingen, ohne eine wörtliche Erwiederung zu finden, wo der Schimmer im braun der Augen schon verräterisch glänzte? Aaron hatte es nicht gekonnt.. nur musste er sich nun mit er Erkenntnis befassen, was Noahs Worte in ihm auslösten..und vorallem; warum sie dies konnten. Es war ein Gefühl, was Aaron dafür verantwortlich machte. Ein Gefühl, dass ihm aus seinen schmerzenden Erinnerungen bekannt gewesen war- und das ihn mit Aiden verband : Liebe. Nur war diese eigentlich schöne, und reichhaltige Gefühl auf dem sich so viel heilsames und wundervolles aufbauen ließ- für Aaron behaftet mit so viel Schmerz, Demütigung und Schwäche- dass es in ihm nicht nur Panik aufsteigen ließ- weil er es für Noah empfand- sondern weil er immer dem glauben erlegen war, diesem Gefühl nicht zu genügen. Warum verliebte er sich ausgerechnet in den Exfreund seines Bruders, den er über Jahre geliebt hatte ohne es zeigen zu können, un ihn deswegen verloren hatte? Aaron glaubte das Leben machte sich über ihn lustig- und das auf eine gewaltig groteske Weise, die ihn daran zweifeln ließ ob es überhaupt einen Sinn für ihn selbst gab. Aber er konnte nichteinmal in seiner sturen Mentalität behaupten, sich dann eben dem Leben zu entziehen..dafür hatten ihn die Gefühle für Noah schon viel zu sehr an seine Existenz gebunden. Eine Situation, mit der sich Aaron schlicht überfordert sah. '' Ich will dich nie verlieren..'' Musste er eingestehen, und fand wieder zur Stimme wieder- selbst wenn es ihr an kühner Festigkeit fehlte, die sonst für Aaron typisch war. '' Du gibst mir viel mehr, wie du vielleicht glaubst..'' Seufzte es zwischen dem ausgetrockneten, rauhen Lippenpaar hervor- wobei die Finger von Noahs Haar abglitten- aber auch nur, um durch den fehlenden Halt in den Nacken des Jungens abzugleiten, und dabei sanft die weiche Haut zu streicheln- nach welcher es seinem schmerzenen Herz so verzerrte- das er noch keinen Weg gefunden hatte, seine Gefühle zu verinnerlichen.
Noah war erst im Nachhinein aufgefallen, wie albern eine Denkweise wie guter Zwilling, böser Zwilling eigentlich war. Das Problem war nur gewesen, das er keinerlei soziale Kontakte gepflegt hatte, und deswegen auch nicht gewusst hatte, das ein so beliebter Klassiker aus Film und Literatur nichts weiter als aus der Luft gegriffener Unsinn war. Dass er sich für seine Unwissenheit nicht zu Tode geschämt hatte, lag vor allem daran, das Aiden die ganze Sache lustig gefunden und mit seinem Lachen unwichtig gemacht hatte.. kein Grund sich zu schämen, kein Grund sich darüber den Kopf zu zerbrechen... Wie einfach alles sein konnte, hatte Noah erst durch Aiden erfahren, wenn sein Leben auch kompliziert geblieben war. Zumindest jedoch hatte er unbeschwerte Stunden erfahren und Glück, was für die meisten anderen irgendwo schon selbstverständlich gewesen war. "Es waren nicht die bösen Blicke, wegen denen ich weggelaufen bin." war ihm dann aber noch wichtig gewesen, Aaron zu entgegnen, wenn er sich dabei auch nicht bewegte, oder nicht den Blick erhob. "Aiden hat mich manchmal angelächelt wenn du nicht da warst, und das war für mich auch schon Grund genug zu verschwinden. Ich war wohl einfach.. schüchtern." fiel ihm kein besseres Wort ein. Überhaupt war wohl Schüchternheit seine größte Schwäche, und in dieser Ausprägung ein ziemlicher Einschnitt in seine Lebensqualität. Das alles war aber unwichtig geworden, als er mit Aiden zusammen gekommen war, und somit auch Aaron näher kennengelernt hatte. Die Schüchternheit und Reserviertheit hatte er zwar nie richtig abgelegt, aber gebessert hatte sich zumindest seine übertriebene Zurückhaltung nach und nach. Wenn es um Aiden gegangen war, war er nicht einmal mehr vor zufälligen Berührungen zurückgeschreckt und hatte sie zulassen können, wenn auch jeder Kuss von einer zitternden Anspannung begleitet worden war, die Noah nicht hatte ablegen können. Zeit war hier wohl ein wesentlicher Schlüsselfaktor, doch die Zeit lief für unterschiedliche Menschen auch unterschiedlich schnell ab. Und so gern auch Noah sie zurückgedreht hätte, war dies eines der wenigen Dinge, die kein Mensch bewerkstelligen konnte, auch wenn Noah glaubte, das es niemanden gab der sich dies nicht schon einmal oder mehrmals sehnsüchtig gewünscht hätte.
"Es macht ja auch nichts.. Ich habe irgendwo vielleicht schon verstanden warum du so bist.. das du nur auf Aiden aufpassen wolltest. Es war bestimmt früher auch schon so.. an eurem alten Komplex." vermutete Noah zumindest. "Aiden wirkt eben so.. anziehend." wusste er es nicht besser auszudrücken. Wo Piloten immer interessant und Zielscheibe der meisten Schulmädchen waren, war selbst Aiden überproportional beliebt gewesen, wie Noah gefunden hatte. Und so weit er wusste hatte es überhaupt nur einen einzigen Piloten gegeben, der dermaßen beliebt gewesen war.. und das war ein hübscher blonder Engländer gewesen, der durch seinen Unfall zwar irgendwo einen Legendenstatus erworben hatte, aber seit seiner Rückkehr nicht mehr so umschwärmt war. Noah, den so etwas nur zu einem ärgerlichen Stirnrunzeln oder Kopfschütteln verleitete, hatte nicht viel dafür übrig, das man sein Idol oder seinen Schwarm so rasch fallen ließ, um sich einen anderen zu suchen.. aber immerhin verlangte es auch niemand von ihm. Die treuherzigen natürlich hatten den blonden Abel Hyde zumindest nicht vergessen, aber der Rest.. war Noahs Ansicht nach nur allzu rasch Aiden verfallen, als dieser am Komplex aufgetaucht war. Schon allein deswegen störte es auch Noah nicht, als sich das schweigen zwischen ihnen wieder aufgebaut hatte, da auch Aaron in seiner Nachdenklichkeit versunken war. Als dieser das Schweigen jedoch brach, konnte Noah den Worten gleich folgen. "Mir hat alles Angst gemacht. Du brauchst dich deswegen nicht zu entschuldigen." fand er dann aber eine Antwort, die schlicht und ehrlich war, und auch nicht übertrieben. Mit alles meinte Noah auch alles, was ziemlich viel war, und sich schon allein deshalb gar nicht besser erklären ließ. "Aiden hat mir die Kraft gegeben dich kennenzulernen, und ich habe es nicht bereut. Ich habe es mit der Zeit sogar mehr genossen wenn wir zu dritt zusammen waren.. es schien mir irgendwie sicherer." musste er diesmal doch ganz leicht mit den Schultern zucken. "Und jemand der immer wegläuft.. ist nicht besonders bedrohlich." fügte er noch an, wobei ein schnauben seiner Nase entwich, das man unter anderen Umständen vielleicht als Anflug eines Lachens hätte werten können. Vielleicht war es das auch bei Noah gewesen, falls es jedoch dieser Natur war, war es zumindest ein humorloses Lachen gewesen.. vielleicht war der Junge aber auch mit seinen kaum 18 Jahren schon so verbittert. Eine Rolle zumindest spielte es für den Rothaarigen nun jedoch nicht mehr.
Wo Noah jedoch in den Fluten seines eigenen Kummers, den man schon getrost als Gram bezeichnen konnte, versinken konnte, hatte er sich dennoch einen Funken Herz bewahrt, und dieser Funken war noch so lebendig, das er nicht gänzlich vor dem Leid anderer verschlossen blieb. Anderer.. war in diesem Fall zwar nur eine Person, doch Noahs Welt war auch klein, so das die Menge anderer Personen unwichtig war, sondern nur die Bedeutung die sie hatten. Wie etwa Aaron, in dessen Griff er sich unwillig ein wenig wand, als dieser fester geworden war. Ohne es benennen zu können, oder gar blickkontakt mit Aaron aufgenommen zu haben, spürte der innerlich doch sensible Noah, das etwas nicht in Ordnung war - etwas das die generelle Situation überstieg. Schließlich war bei ihnen schon immer etwas nicht in Ordnung gewesen, und hatte nur eine kurzzeitige Linderung erfahren. "Aaron." sprach er deswegen den Namen seines Freundes aus, schon halbwegs alarmiert von dem ungewohnten Anflug an Gefühl, der wie eine Flut über ihn hereinbrach.. obwohl faktisch gesehen gar nichts zwischen ihnen passierte. "Was ist?" klang es deswegen schon besorgter. "Warum sagst du so etwas.. Verlieren.." regte sich Noah wieder unwohl, wenn er dabei auch noch nicht versuchte, sich aus Aarons Griff zu befreien. Nur fühlte er sich irgendwie unwohl in der Situation, die er nicht recht begreifen konnte, und die er so verzweifelt mit seinem Verstand zu erfassen versuchte. Viel mehr rannen Schauer durch Noahs Körper, die von Aarons Fingern ausgingen, die in seinen Nacken abgerutscht waren und die sensible Körperregion wieder streichelten. Es war keine direkte Angst, auch keine Panik, die sonst wohl dazu geführt hätte, das sich Noah hätte losreißen müssen, beunruhigt war er aber ganz offensichtlich. "Ich bin nicht so.." raunte er daher, einen leisen Tonfall anschlagend. "Ich würde dich nie fallen lassen nach allem was du für mich getan hast. Sonst könnte ich nicht einmal mehr in den Spiegel sehen." Und das konnte Noah so sicher sagen, da er selbst oft genug darüber nachgedacht hatte, wie es denn wohl wäre, noch einmal eine Chance mit Aiden zu haben.. Vielleicht konnte er ja tatsächlich nie wieder lieben, aber das war für ihn kein Grund, den einzigen Menschen zu verlassen, der sich nicht nur emotional etwas aus ihm gemacht hatte.. sondern dies auch und vor allem durch seine Taten bewiiesen hatte, und dieser Mensch war nun einmal Aaron.
Aaron, dessen Gedächtnis dem eines Elefanten glich, wusste noch genau wie er die Zeit mit seinem Bruder am anderen Komplex verbracht hatte. Viel kleiner war dieser gewesen- überschaubarer- und für Aiden auch nicht wirklich ein Ort gewesen, an dem er sich hatte ausleben können. Sein Freigeist eckte bereits mit seiner untypischen Haarfarbe an, die keineswegs natürlich war- und zudem auch noch in einem Ton den man eher Mädchen zuschreiben würde. Dennoch hatte Aiden weder an Männlichkeit, noch an Überzeugung verloren..und nach anfänglichen differenzen, stellten sich auch hier die ersten Begeisterten ein, die sich mit dem Piloten hatten schmücken wollen. Alles was Aaron dabei empfinden konnte war Unverständniss. Sein Groll galt dabei besonderen Mitschülern, die in ihrer eingeschränkten Denkweise oft veranlassten, dass die Zwillinge ärger bekamen. Ob dies nun verbal, oder in Handgreiflichkeiten, die der jüngere beider Zwillinge niemals vergessen würde. Meistens war es auch Aaron, der überhaupt darunter zu leiden hatte, weil Aiden viel zu offen und direkt war, um überhaupt eine Angriffsfläche zu bieten, die er nicht hätte schützen können..so wie Aaron, dessen Empfindsamkeit schon in dieser Zeit erste Verletzungen erfahren hatte. Sagen konnte und wollte Aaron darüber jedoch in dem Moment nichts. Die Probleme die er nun hatte, waren nicht nur wichtiger, sondern viel allgegenwärtiger. Für Aaron gab es nur noch Noah.. und nicht nur in seiner schlichten Verantwortung, sondern in seinem vollen Gefühl das er für den Jungen mit dem roten Haar empfand. Immer mehr konnte der jüngere Zwilling verstehen, was auch Aiden dazu bewogen hatte sich so Hals über Kopf in Noah zu verlieben. Allein seine Ansicht, welche die Welt in Guten- und Bösen- Zwilling geteilt hatte, war so direkt, unverblühmt und klar, dass sie schon beinah naiv war.. und damit aber nicht kompliziert..sondern einfach leicht- und verlieh Noah etwas süßes. Aaron mochte es.. und fühlte sich sogar ein wenig dadurch beruhigt, selbst wenn es immer noch die Gefühle waren, die in ihm fortwährend tobten.
'' Stimmt.. du warst nicht besonders bedrohlich.'' Musste Aaron daher einstimmlich beipflichten, und gab dabei ein nicken zu erkennen, bei dem sich die Augen langsam schlossen. ''Ich fand deine Reaktion trotzdem im ersten Moment..eigenartig. Aber ich mochte dich schon irgendwie mehr, wie all die anderen die so aufdringlich Aidens Nähe gesucht hatten..oder auch versucht hatten über mich an ihn heranzukommen.'' Aaron musste mit einem Kopfschütteln seine Aussage unterbrechen, da die Erinnerungen zu stark waren um nicht mit Missbilligung bekundet zu werden. Aaron konnte nicht begreifen, wie man so taktlos und ehrlos durchs Leben gehen konnte, nur um sein Ziel zu erreichen. Mit der Ehrlichkeit der Absichten, konnte es da ja nicht so weit her sein. Und da Aaron auf solche bodenständigen Eigenschaften wert legte, konnte er es auch nicht akzeptieren wenn man in seinem direkten Umfeld eine solche leichtfertige Einstellung vertrat. '' Er hat ständig von dir geredet..'' Verklang es murmelnd, wobei Aaron schon wieder in seine Gedanken abdriftete, die wie sooft in der Vergangenheit hingen. Aiden war so glücklich, so verliebt.. es war unbeschreiblich, wie sehr er sich über jeden kleinen Schritt gefreut hatte, mit dem er Noah näher gekommen war. Und Aaron war sich sicher, dass sich an dieser Gewalt an Gefühl nichts geändert hatte. Es musste für den älteren Zwilling auch nicht leicht sein, nun auf diese Nähe zu verzichten...aber es schien einfach keinen Weg zugeben, über den Annäherung geschafft werden konnte. Aaron, der sich seiner Gefühle für Noah schon voll bewusst war- ertappte sich dennoch bei dem Gedanken- dass er es seinem Bruder und Noah immer noch wünschte, sie würden wieder zueinander finden. Einfach, weil er auch glaubte das Aiden Noah gut tat- ebenso wie er umgekehrt dafür gesorgt hatte das Aiden glücklich gewesen war. Dies war ein Lebensumstand, mit dem er so zufrieden sein konnte, dass ihm seine eigenen Gefühle auch nicht im Weg stehen würden..
Doch darüber konnte der verinnerlichte Aaron nicht weiter nachdenken. Schon war es wieder der süße Rotschopf mit seiner besorgten Stimme, der versuchte an sein Ohr zu appelieren, und damit Aarons Aufmerksamkeit zu erringen. Dazu musste Noah nur seinen Namen erwähnen, um sich aller gewünschter Aufmerksamkeit sicher zu sein- wohlgleich Aaron auch nicht gedachte sogleich den festeren Griff zu lösen, der bei Noah für unbehagen gesorgt hatte. Das es jedoch der kleine Rotschopf war, der sich unwohl fühlte- verstand der jüngere Zwilling zunächst nichteinmal. Es war jedoch offensichtlich an seiner Stimmlage, und der angespannten Körperhaltung zu erkennen, mit der sich Noah gegen den Griff stämmte ohne ihm auszuweichen. '' Es ist nichts.'' Sprach Aaron daher ruhig- auch wenn der süße Rotschopf dies nicht gelten ließ, und entgegen seiner Schüchternheit und seinem hang zum schweigen sogar seine Sorgen präzisierte. '' Noah..'' musste Aaron daher beinah schuldbewust hauchen, wobei die Augenbrauen sich schwer senkten und dabei auch veranlassten,dass sich der Blick unterhalb dieser Last schmälern musste...nichts mehr erkennen lassend, wie ein schmaler Streifen an hellem braun. '' Ich vertraue dir. Du könntest mich nicht verletzen, dafür kenne ich dich zu gut.'' Versuchte Aaron ruhig zu beschwichten, wobei sich die erwachten Gefühle hartnäckig im Hinterkopf hielten, und ständig für Erinnerung sorgten- was es Aaron nur nicht unbedingt leichter machte, sie zu ignorieren.'' Ich wäre glücklich, wenn du es bist..egal was du vor hättest. Ich würde immer hinter dir stehen, so wie ich weiß, dass du hinter mir stehst..'' Fügte Aaron sogar an, obwohl er auch nicht gerade dafür berühmt war, viele Worte zu gebrauchen um sein Anliegen zu formulieren. Direkt und kurz waren sie meist..doch nicht ausführlich- und schon garnicht von derartiger Wärme durchzogen, die auch in den Berührungen steckte die er Noah zukommen ließ. Um jenen auch zusätrzlich zu beschwichten, entspannte auch der braunhaarige wieder seine Muskeln, so dass aucch der Griff entspannte, den er um Noahs Bauch geschlungen hatte. '' Ich habe auch viel mehr zu mir selbst gesprochen, als ich meinte dass ich dich nicht verlieren will.. und das ist ein gutes Gefühl. Keine Befürchtung, dass es eintritt..'' Aaron wusste nicht, ob Noah seine Erklärung verstand, doch er hatte wirklich nicht befürchtet, dass der Junge ihn allein ließ.. zumindest wenn er nur nichts von seinen Gefühlen erfuhr. Diese würden ihn ja doch nur noch mehr überfordern und ein weiteren Zugang unmöglich machen- so glaubte es der misstrauische Zwilling der einen tiefen Atemzug entweichen ließ, so dass Noah tiefer an seine Brust sinken musste. '' Ich hätte auch sagen können, dass ich froh bin dich niemals zu verlieren.. '' murmelte er noch in den Ansatz des roten Haares, da es schon wieder sein Kopf war, der schwerer wurde und in das angelehnte Kissen zurück sank. '' Ich wollte dich nicht verwirren..'' gedachte Aaron auch nicht seine rege Wortflut zu unterbrechen, selbst wenn sie nur langsam und in größeren Abständen von seinen Lippen brach. '' Das ist mir schon öfter passiert..aber so oft unterhalte ich mich nuneinmal nicht..deswegen habe ich mich noch schwer, genauer in dem zusein, was ich eigentlich vermitteln will..Aiden hat wenn es nötig war, immer das reden übernommen, wenn er merkte dass etwas schief läuft..'' Versuchte er auch weitere Erklärungen zu finden, und löste auch nicht seinen sicheren Griff den er um die schmale Taile des Jungen geschlossen hielt, in den er sich verliebt hatte- ohne es sich in irgendeiner Weise erklären zu können. Es war einfach passiert, und machte es Aaron nicht nur schwerer überhaupt mit dem Gefühl umzugehen, was ihn immer schmerzen bereitete- noch machte es ihm in irgendeiner Weise leichter, Noah überhaupt je wieder loszulassen..'' Ich bin auch einfach froh..dich zu haben..'' ..waren es zum glück auch nicht die roten Wangen, die Noah hatte sehen können, während Aaron versuchte sie unter den einfallenden Strähnen zu verbergen..oder aber an dem ebenso roten Schopf des Jungens den er liebte..und von dem er wusste, dass er auch der Junge war, den sein Bruder liebte..
Noah hätte sich vermutlich sehr für Aarons und Aidens Vergangenheit interessiert, wenn er den Gedankengängen seines Freundes hätte folgen können. Tatsächlich hatte er auch, wann immer es vorgekommen war, interessiert zugehört wenn Aiden etwas über ihre Vergangenheit erzählt hatte. Für Noah, der aus Schüchternheit nie nachgefragt hatte, war es immer ein Rätsel geblieben und hatte ihn in Erstaunen versetzt, wenn er gehört hatte das es auch im Leben der Zwillinge viele Zusammenstöße mit anderen Menschen gegeben hatte. Nie hätte er sich vorstellen können, warum jemand die beiden hätte schlecht behandeln sollen.. wo doch der eine von ihnen unglaublich liebenswürdig, offen und anziehend war, wärend der andere ernst und klug war.. Doch Noah wusste überhaupt wenig über andere Menschen und deren Denkweise, die nicht die seine war, das er es ohnehin nie begreifen könnte - es hatte ihm lediglich ein Gefühl gegeben, als wäre er nicht der einzige Mensch auf der Welt, der ein Leben als Außenseiter fristete und unter der Gesellschaft zu leiden hatte. Allerdings musste er zugeben, das die Übergriffe seit er Aiden kannte zum Erliegen gekommen waren. Die Neider hatten sich nicht mehr getraut etwas gegen ihn zu unternehmen, und der Rest hatte ihn seither schlichtweg ignoriert, was dem introvertierten Rothaarigen nur recht gewesen war. Jetzt jedoch war Aiden weg - und die schadenfrohen bis mitleidigen Blicke waren ihm inzwischen fast genauso zuwieder, wie es damals die Anfeindungen gewesen waren. "Ich bin eben eigenartig.." murmelte Noah und schlug die Augen dabei nieder. Freak war das Wort mit dem man ihn nur allzuoft bedacht hatte, und was dazu am passendsten war. Dennoch fand er die anderen, die sich immer so aufdringlich an Aiden herangemacht hatten, noch bei weiterem schlimmer. Abgesehen davon war Noah trotz seiner Minderwertigkeitskomplexe und seiner mangelnden Hoffnungen zum Trotz schon irgendwie eifersüchtig gewesen.. eifersüchtig wie sich andere Menschen einfach die Freiheit hatten nehmen können, Aiden oder Aaron so unbefangen anzusprechen und mit ihnen zu reden.. etwas das der Rotschopf sich im Leben nie getraut hätte, weil er sich dazu gar nicht berechtigt gefühlt hatte.
"Ja.. haben sie wohl.." musste Noah zugeben, als Aaron sich erinnerte, wie einige Mitschüler versucht hatten, über den ernsteren Aaron an Aiden heranzukommen. "Ein paar haben es aber ernst gemeint. Ich habe gehört wie die Mädchen über dich gesprochen haben." fügte er seinen Erinnerungen hinzu, da Noah sehr wohl ein Ohr für alles hatte, was gesprochen worden war. Er sah das als Fluch an, weil er so jeden bösen Kommentar nicht hatte überhören können, die so viele Mitschüler über ihn gesagt hatten.. angefangen von seinem roten Haar bishin zu seiner schlaksigen Gestalt und seiner Schüchternheit, die ihn nicht gerade zum geborenen Poeten machte.. "Sie haben im Hauswirtschaftsunterricht für dich gebacken. Naja.. die die sich für dich interessiert haben waren immer schüchtern und hatten zu wenig Selbstvertrauen. Und weil du an keiner Interesse gezeigt hast, haben sie es irgendwann aufgegeben." rekonstruierte er die Gespräche, die er mitbekommen hatte. Er glaubte, das die Mädchen zumindest nett gewesen waren, doch seine Gedanken in diese Richtung zerstreuten sich rasch wieder, da er nicht weiter darüber nachdenken wollte. Das lag natürlich hauptsächlich daran, das Aaron ihm verriet, das Aiden damals ständig von ihm, Noah, gesprochen hatte. Noah, der die Bitterkeit in seiner Seele schon auf der Zunge spüren konnte, biss sich auf die Unterlippe, damit seine Augen nicht von plötzlich aufsteigenden Tränen überflossen, die er nicht mehr hätte verbergen können. Jetzt war das natürlich vorbei.. nun sprach Aiden nicht mehr von ihm, mehr als eine Erinnerung war er für den schönen Piloten nicht mehr. Und über die Schmerzen dieser Erkenntnis, die jedes mal aufs neue so stach wie beim ersten Mal, konnte auch Noah gar nicht zulassen, das Aarons Worte einen Sinn für ihn ergaben. "Ich weiß nicht warum du alle diese Dinge sagst." kam es rauh über seine Lippen, wobei die Rauhheit der Stimme vor allem von den tiefgehenden Emotionen herrührte, die seine Stimme kratzig werden ließen. "Ich werde nie mehr glücklich sein, und darüber hinaus bin ich völlig sinnlos, weswegen es nichts weiter als ein symbolischer Akt ist, wenn du sagst das du weißt das ich hinter dir stehe. Selbst wenn ich es tue, bin ich zu nutzlos als dass es eine Auswirkung hätte."
Das Noah so dachte, lag natürlich nicht an Aarons ausdrucksfähigkeit. Selbst ein begnadeter Dichter oder ein Psychologe hätten wohl nichts an der Einstellung des Rothaarigen ändern können, der ganz seinem Sternzeichen gemäß einen unglaublichen Starrsinn an den Tag legen konnte, wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hatte. Noah, der nicht mehr an die Zukunft denken wollte da sie ihm schwarz und leer erschien, dem die verlorene Vergangenheit schmerzen bereitete, und der sich in der Gegenwart noch nie wirklich wohlgefühlt hatte, sah sich schlicht außer Stande, Aarons sanfte, irgendwie schöne Worte anzunehmen, oder auch nur sie im entferntesten so zu begreifen, wie dieser sie meinte. Dafür waren wohl die Wunden auch noch zu frisch, vielleicht auch die Gefühle für Aiden noch zu stark. Dennoch gab er zumindest seinen Widerstand auf und ließ zu, das Aaron ihn wieder mehr an sich zog, nachdem er seinen zu starken Griff gelockert hatte, der Noah so beunruhigt hatte, das er nicht recht hatte einordnen können, was ihn daran verstört hatte. "Ich weiß nicht warum du das alles sagst." fand er dann nach einer ganzen Zeit des Schweigens Worte. "Ich weiß nicht warum du überhaupt willst das ich bei dir bleibe. Du hast mich ja schon damals nicht gehen lassen, als ich wieder zurück zu meinen Eltern wollte." räumte er ein, wobei sich an seinem kratzigen Tonfall wenig geändert hatte. Es war einfach Noahs Art.. zumeist kühl und rasch zu sprechen, wortkarg dabei. Nur zusammen mit Aiden hatte er manchmal gelacht und war aufgetaut. Jetzt jedoch sah man solche Zeichen gar nicht mehr bei dem Rothaarigen, der an manchen Tagen ein Stipendium an einer weit entfernten Universität beantragen wollte.. und an anderen Tagen eigentlich einfach gar nichts wollte. "Ich weiß nicht was du überhaupt an mir findest. Du könntest es besser haben." sprach er deswegen auch aus was er dachte, ohne dabei nach Komplimenten zu heischen. Tatsächlich wirkte er nicht einmal als wollte er überhaupt wissen, was Aaron an ihm fand - und auch nicht so als würde er es annehmen, wenn der jüngere der Zwillingsbrüder es ihm sagen wollte. "Aber wenn es dir etwas bedeutet dann bleibe ich eben, weil es sonst nichts gibt was ich tun kann.. oder tun will." Ahnen konnte er dabei natürlich noch nicht, das Aaron Liebe für ihn empfinden konnte. Das war etwas, das er sich nicht vorstellen konnte. Es war ihm schon schwer genug gefallen zu akzeptieren, das Aiden ihn geliebt hatte, und das natürlich nur unter der Bedingung das es sowieso irgendwann einmal vorbei ging.. und das war es dann ja auch, wenn Noah sich auch nicht sicher war, in wie weit er die Schuld daran trug. Im Nachhinein fand er tausend Dinge die er hätte machen sollen, oder nicht hätte machen sollen, um seine Beziehung zu erhalten, aber dafür war es natürlich hinterher zu spät gewesen. Und jetzt lebte Aiden immerhin in einem schönen Haus in dem es ihm bestimmt nie an etwas fehlte, sei es nun weltlicher Natur oder Emotionaler.. Wie hätte Noah ihm also einen Vorwurf daraus machen können? Viel mehr war es das Unverständnis, warum Aaron nicht zu seinem Bruder ging.. wo es ebenfalls sicher einen Platz für ihn gegeben hätte und ihn ein weitestgehend sorgenfreies Leben an der Seite seines Bruders erwartete. Es wollte ihm nicht in den Sinn, warum Aaron sich dagegen so sehr wehrte, aber entgegen der meisten anderen Menschen war er weder scharf darauf, seinen Freund in dieser Hinsicht zu irgend etwas zu drängen, noch sein Seelenleben auseinander zu nehmen und ihn detailgenau auszufragen. Vielleicht, so glaubte er, hätte er bei Aiden freizügiger sein müssen.. aber jetzt war es dafür ohnehin zu spät. Und über all die viel zu praktischen Gedanken merkte der Rothaarige nicht einmal, mit welchen Gefühlen sich Aaron herumschlug, der seine errötende und erhitzte Wange an seine weichen Haare schmiegte. Einmal mehr lag nichts so weit entfernt, wie das Naheliegendste.
Noah konnte natürlich weder etwas über den Gefühlszustand seines Freundes Aaron wissen, noch über dessen Gründe, nicht zu seinem Bruder zu ziehen. Sicher hätte er sofort in der Villa einziehen können- wo er sicher auch ein eigenes Zimmer hätte bewohnen können, wenn er nicht mit Aiden zusammen in einem Raum schlafen wollte. Sicher hätte er auch sein Studium leichter finanzieren können- und wäre nicht auf ein Stipendium angewiesen gewesen, wie in seiner derzeitigen Lage. War man so kühl und analytisch auf seinen Verstand geprägt, wie Noah und Aaron gleichermaßen, waren dies wirklich auch alles Gründe die an der Entscheidung des jüngeren Zwillings zweifeln ließen. Warum er dennoch nicht umziehen wollte? Nun, der wichtigste Punkt dabei, waren wohl nichteinmal die Gefühle die für Noah erwacht waren..sondern auch noch viel mehr sein Wort, dass er ihm gegeben hatte. Daran konnten auch nicht die rauhen Worte etwas ändern, die mit kratzigen Unterton an das Ohr des jüngeren Zwillings drangen. Die Bitterkeit war somit auch für ihn vernämlich gewesen, und stieß damit auch die Trauer in das kleine Leck des erneut so geschrumpften Herzens- dass Aaron durch seine Gefühle entdeckt hatte. Die Zeit der Taubheit war damit jedenfalls vorbei gewesen.. und wenn es auch ein angenehmer Zustand gewesen war, den Schmerz nicht mehr direkt spüren zu müssen, selbst wenn es bedeutete garnichts mehr wirklich zu spüren- so wollte Aaron auf diesen Schmerz doch nicht verzichten- da er das Bindeglied zwischen ihm und Noah gewesen war. Indem Noah immerhin in ihm Gefühle auslösen konnte, waren sie im Auge Aarons verbunden gewesen..und das nicht nur durch den geteilten Kummer, oder die Vorliebe für Mathematik. Und so musste er durch- auch wenn jedes Wort Noahs schmerzte - war er doch viel mehr als Sinnlos gewesen. Zumindest nicht für Aaron, der trotz seiner Vorsätze es nicht geschafft hatte, sich der Gefühle für Noah zu verwehren. Was er jedoch alles in Noah sah- konnte er natürlich nicht sagen..und was vielleicht unter anderen Umständen für Erleichterung gesorgt hätte- musste weiterhin im inneren des jüngeren Zwillings verharren und ihn mit Gefühlen konfrontieren, die beinah unerträglich gewesen waren. Wenn man sich sein Herz mit einem geschrumpften, vertrocknetem Apfel vergleichen würde- so würde seinem empfinden nach dieses Obst erneut so stark genährt, dass es aus seiner Form platzte- da die Schale nicht mehr den Wiederstand bieten konnte wie die eines frischen Apfels.
Aber es half nichts- sah sich der jüngere Zwilling nicht einmal im Stande zu jammern oder zu klagen. Viel mehr sah er es als sein Schicksal an, dass ihm soetwas wiederfahren musste. Das Unglück klebte an ihm wie ein Schatten.. und wo vielleicht eine Chance bestanden hätte, mit Noah dennoch glücklich werden zu können- waren dessen Wunden noch mindestens genauso frisch- wie die Gefühle für Aiden noch groß gewesen waren. Aaron konnte in dieser Konstellation keine übereinkunft finden..keine Möglichkeit Noahs Herz für sich zu gewinnen. Trotz des schieren Frustes und Trauer- konnte Aaron aber zumindest ansatzweise nachempfinden, wie sich erst die Mädchen gefühlt haben mussten, die es ehrlich mit ihren Geschenken gemeint hatten. Wie Noah immerhin erzählt hatte, steckte richtige Mühe hinter ihren Gebäcken und Süßigkeiten, die sie im Hauswirtschaftsunterricht gefertigt hatten. Und dennoch war es ihnen unmöglich gewesen, weder den einen, noch den anderen Zwilling von sich zu überzeugen.Des innerlichen Krampfes zum trotz, musste den Braunhaarigen daher ein Seufzen verlassen, mit dem sich die Glieder wieder lockerten, und er sacht beginnen konnte über Noahs Seite zu streichen. Die Finger in dessen Nacken, waren längst wieder in dem weichen Haar verschwunden, und kraulten liebevoll durch den Schopf des unglücklichen Jungens, den er so sehr liebte.'' Du bist garnicht nutzlos.. du bist klug und der einzige Mensch, mit dem ich es aushalte..'' ..War Aaron natürlich ungeschickt in der Wahl seiner Worte gewesen, doch immerhin ehrlich. Es war ja auch kein Geheimniss gewesen- seit je her dass Aaron nicht der Typ war, der sich sonderlich viel aus Bekanntschaften oder Freunden machte. Die Bekanntschaften und Freundschaften die er besaß, hatte er sich nicht ausgesucht- sondern waren von Dani herbeigeführt worden. So war es auch noch Adam gewesen, den er kannte und der ab und an mit ihm sprach.. oder es verblieb bei den knappen Grüßen mit Angelo, dem schwarzhaarigen Typen, gegen dessen Stil Aaron zwar nichts einzuwenden hatte- aber in dessen Gegenwart er sich erst recht nicht wohlfühlen konnte. Man musste Aaron nichteinmal etwas tun- oder etwas gegen ihn sagen, um an seine Empfindsamkeit zu stoßen, oder an eine seiner Kanten anzuecken. Es glich daher auch einem kleinen Wunder, dass er von selbst Noahs Freund sein wollte..und sich zusätzlich auch noch von selbst in ihn verliebt hatte, ohne dass es ein zutun des süßen Rotschopfes benötigte. '' Wenn du wüsstest, wieviele schon zu mir meinten, ich sei eigenartig..und das in einem weitaus weniger freundlicheren Tonfall.'' verließ es Aarons Lippen nicht etwa spöttisch, aber gleichbleibend ruhig- wie die Berührungen seiner Hände- die doch entgegen seiner rohen Art- sehr zärtlich mit dem kleinen Körper umgehen konnten, den sie festhielten. '' Ich konnte das nie zugeben, aber ich habe mich Aiden gegenüber immer genauso nutzlos gefühlt, weil ich ihm weder sagen konnte, wie die anderen Schüler früher mit mit umgegangen waren- noch mich dagegen wehren konnte. Die einzige Chance mich zu beweisen sah ich darin, das schlechte schweigend von ihm fernzuhalten. Das wirklich schlechte daran war jedoch, dass ich mich abgekapselt habe, und auch immer unzugänglicher für meinen Bruder wurde..das tat ihm natürlich auch weh..'' Sprach Aaron weiter aus der gemeinsamen Vergangenheit mit Aiden, selbst wenn es nicht zu dem Punkt gehörte, auf den er eigentlich hatte kommen wollen. '' Ich habe deswegen auch nie denken können, irgendetwas richtig zu machen, oder eine hilfe zu sein..ich konnte mich nur auch nicht durchringen, anders zu sein..'' War die einzige Erklärung gewesen, die er schulterzuckend hatte aufbringen können.
Aaron hatte entgegen seines sturen Kopfes auch keinen praktischen Gedanken aus seinem Kopf vertrieben, und damals öfter versucht, anders zu sein.. leider nur ohne weiteren Erfolg, stärker zu werden oder sich Aiden wieder anzunähern. Es lag nicht in seiner Natur, zu so starken Veränderungen zu neigen..und so hatte er sich auch damit abgefunden. '' Aber du siehst..'' begann nach eingetretener Stille sich doch wieder die Stimme des Braunhaarigen zu erheben, selbst wenn die Augenlider herabsanken..'' Du bist froh, dass ich da bin.. du magst mich, obwohl ich selbst davon überzeugt bin, keinen Sinn oder Nutzen zu erfüllen. Und genauso geht es mir mit dir..'' Versuchte es Aaron auch weiterhin an das Herz des Jungens zu appelieren, ohne dabei auch nur eine Sekunde lang seine streichenden Berührungen zu unterbrechen, die den Stoff des Pullovers zum rascheln brachten. '' Ich fühle mich in deiner Gegenwart wohl.. und in einem vollen Haus, könnte ich niemals zur Ruhe kommen. Es ist zu viel passiert, als dass ich diese Nähe dauerhaft aushalten könnte..egal wie sehr ich versuchen würde die Beziehung wieder aufzubauen..'' Dessen war sich der braunhaarige sicher gewesen- wo doch gleiches Unterfangen schon Jahre zuvor zu keinem furchtbaren Ergebniss geführt hatte..''Außerdem habe ich dir versprochen, dass ich immer zu dir stehen werde, immer bei dir sein werde.. und das halte ich nicht aus Pflichtbewustsein, sondern weil ich mich bewust dafür entschieden habe.'' Sicher, würden Noah diese Worte nicht so erreichen können, wie Aaron es sich gewünscht hätte..aber dennoch sah sich der jüngere Zwilling der Entscheidung fern, seinen Freund loszulassen. '' Egal wie es dir geht, und was du glaubst.. du wirst dich immer auf mich verlassen können. Und indem du da bist, erfüllst du mehr wie einen symbolischen Akt für mich..'' verklang es in einem rauhen Flüstern, das ebenso Aarons typischer Stimmfarbe angehörte, während sein Herz schwer gegen die Brust klopfte. Erfüllt von Liebe, und dem gleichzeitigen Wissen darum- sie nicht teilen zu können..
Noah glaubte, das er wohl an Aarons Stelle nicht so lang gezögert hätte, wenn er in dessen Situation gewesen wäre. Immerhin war es eine gute Möglichkeit auf ein einfacheres Leben.. In einem schönen Haus zu wohnen, bei seinem Bruder sein zu können, sich auf das naheliegende Studium zu konzentrieren.. das alles schienen ihm Dinge zu sein, die erstrebenswert waren - und das bei weitem mehr als bei dem abgelegten Ex-Freund seines Bruders zu bleiben, selbst wenn er diesen irgendwie mochte. Es war ja nicht so, das er überhaupt nicht allein zurecht kam, fand Noah. Sicher hatte er es nun besser, weil er dem Zugriff seiner Eltern erst einmal entkommen war, aber das war für ihn kein Grund, das Aaron auf irgend etwas verzichtete. Inzwischen glaubte Noah, das man ihm schon gar nichts mehr antun konnte, weil er das kostbarste schon verloren hatte. Leben, Zukunft, all das bedeutete ihm nichts mehr, oder zumindest nicht genug, das er darum kämpfen würde. Aber letztlich war es Aarons Entscheidung, wo und mit wem er leben wollte. Noah würde ihn nicht aus Egoismus zum einen oder zum anderen raten. Aber er war im Gegenteil auch nicht gewillt, die Sache einfach auf sich beruhen zu lassen. Vorsichtige Gespräche waren das, wovon er noch am ehesten glaubte, das er auf Aaron irgendwie positiv einwirken konnte, aber konkrete Pläne hatte er dafür jedenfalls noch nicht. Noah war nämlich nicht besonders gut darin, überhaupt auf irgendjemanden positiv zu wirken, da er sich zumeist selbst irgendwo zwischen Depression und Minderwertigkeitskomplex befand.. zumindest jedoch war er nicht der Typ Mensch, der sich durch immerwährendes Jammern gehör verschaffte und damit noch seine gesamte Umwelt herunterzog. Dazu hätte es eine Umwelt gebraucht.. und da diese so ziemlich nur aus Aaron bestand, dem er nicht weh tun oder weiter belasten wollte, zog er das Schweigen einfach vor... zumindest dann wenn es nicht aus ihm herausbrach, wie das in der letzten Zeit vermehrt der Fall gewesen war. Es blieb nur zu hoffen, das es irgendwann aufhörte.
"Aaron.." murmelte er daher etwas weicher, weniger in seiner raschen und kühlen Sprechweise, sondern gedehnter. "Jetzt übertreibst du aber. Ich bin doch nicht der einzige mit dem du es aushältst.. du bist doch kein Eremit." Irgendwo war er das natürlich doch.. aber das lag, so glaubte Noah, nicht an seiner Umwelt, sondern viel mehr an Aaron selbst, der viele Möglichkeiten hätte, wenn er sie nur nutzen wollte. Nur wollte er eben nicht.. und deswegen glaubte er auch, das er seinem Freund in irgend einer Form helfen musste.. Nur war das nicht so einfach, weil Noah immer irgendwo das Gefühl gehabt hatte, das da mehr vorging, als man bereit war ihm zu sagen. Und er im Gegenzug hatte nie gefragt, aus Angst, das man ihn zurückweisen und ausschließen würde, wie das so oft der Fall gewesen war in seiner Vergangenheit. Nur hatte er irgendwie nicht bemerkt, das er sich damit selber ausgeschlossen hatte.. und so wohl auch Aiden verloren hatte, mit dem er nicht sprechen wollte, und der mit ihm auch nie über seine Probleme gesprochen hatte, sondern sie lieber selbst getragen hatte, bis er unter der Last zusammengebrochen war. Hoffnungslos.. so sah Noah sich, unfähig sich zu ändern.. aber zumindest bereit, wenigstens etwas für Aaron zu tun, wo er wenigstens noch die Chance hatte. Schon allein deswegen ließ er ein Seufzen vernehmen und spannte seinen kleinen, aber sehnigen Körper an, um etwas höher zu rutschen und das Gesicht an Aarons Brust zu vergraben, während er den Arm um dessen Taille schlang, was wenigstens ein bisschen mehr Nähe schuf. Noah musste dabei aber feststellen, das es nicht die verschlungenen Glieder waren, die Nähe schufen, sondern mehr die Worte, die Aaron aussprach, nachdem ein Moment des Schweigens eingetreten war, der durch die sanften Berührungen seiner Hände ausgefüllt worden war. Vielleicht war das, was er aus seiner gemeinsamen Vergangenheit mit ihm und Aiden erzählte nicht das, worauf er eigentlich hatte hinaus gewollt, Fakt war jedoch, das die Worte Noah erreichten und dessen Herz ebenso berührten, wie es Noahs Worte zuvor bei Aaron getan hatten, auch wenn er es nicht bemerkt hatte. Der Unterschied lag nur darin, das Noah es bisher einfach nicht recht über sich hatte bringen können, die Tränen zu vergießen die sich durch Kummer und Bitterkeit genährt nur innerlich eine Bahn gebrochen hatten. Jetzt jedoch stieg die heiße, salzige Flüssigkeit auf, um im Augenwinkel gesammelt überzufließen... Die heißen Tränen zogen dennoch kühle Bahnen auf Noahs Wangen, bevor die kleinen Tropfen dunkle, ebenso kleine Flecken auf Aarons braunem Pullover hinterließen.. und somit selbst wenn Noah sich nicht gerührt hatte, doch eindeutige Beweise für dessen Tränen waren.
Das Unglück seines Freundes wusste ihn mehr zu berühren als das eigene.. zumal dessen Unglück auch Aidens Unglück bedeutete, und damit ein klareres Bild von den Zwillingen malte, als Noah bisher besessen hatte. In seiner Vorstellung hatten die beiden sich näher gestanden als andere Menschen. Näher auch als er und Aiden, obwohl sie ein Liebespaar gewesen waren.. und das war für Noah auch in Ordnung gewesen, deswegen hatte er auch wert auf Aarons Meinung gelegt und sich immer Sorgen gemacht, ihm etwas wegzunehmen. Und ganz unrecht hatte er mit seiner Annahme auch nicht gehabt; nur hatte Noah ein verfälschtes Bild besessen, und nicht gewusst wie kompliziert die Beziehung der Zwillinge zueinander schon vorher gewesen war. Und selbst jetzt waren dem Gesamtbild nur ein paar weitere Teile hinzugekommen, die längst keinen vollständigen Eindruck vermittelten. Dennoch reichte es aus, um Noah zu Tränen zu rühren, der verstehen konnte wie Aaron empfunden hatte, da er selbst ein ähnliches Schicksal geteilt hatte. Traurig war nur.. das Aaron den Zwillingsbruder besessen hatte, den er sich in seinen einsamen Stunden so sehnlichst gewünscht hatte... und trotzdem genauso allein und hilflos gewesen war, als hätte er überhaupt niemanden gehabt. Erschüttert von der Erkenntnis wusste er im ersten Moment gar nichts zu entgegnen, außer den Tränen, die nach wie vor von seinen Wangen auf Aarons Pullover tropften. "Ich habe es nicht gewusst.." suchte Noah nach einer Erklärung, die den plötzlichen Gefühlsausbruch rechtfertigten, oder den heiseren Tonfall, der die Stimme fast zum Flüstern bremste. Dabei wusste der Rothaarige nicht, ob sein Gefühlsausbruch oder Aarons Ruhe der Situation unangemessener waren. Was er wusste war zumindest, das er die Scham über die zur Schau gestellten Gefühle nun nach hinten drängen musste, weswegen er es auch schaffte, den Kopf zu heben und somit einen Blick auf die tränennassen Wangen zu gewähren. "Aber Aaron." setzte er dabei an, bevor sein Freund Gelegenheit hatte etwas zu erwiedern. "Du warst doch kaum mehr als ein Junge. Heute ist das anders. Du kannst das nicht vergleichen." suchend hielten sich die von Glanz überzogenen braunen Augen Noahs an Aarons fest, weil ihm die Worte fehlten, die geschliffenen Worte, die seine Gefühle vielleicht hätten umschreiben können.. So blieb nur der eindringliche Blick, in dem Aaron zumindest lesen konnte, das Noah glaubte, das Aaron doch ganz anders war als er sich fühlte.. weder nutzlos noch ungenügend.. Deswegen waren es auch seine Fingerspitzen, die Aarons Wange fanden, nachdem er den Arm von dessen Taille genommen hatte. Zart strich er über die Haut, deren Partien in seinem eigenen Gesicht von Feuchtigkeit glänzten. "Die Umstände waren damals anders als sie es heute sind.. du kannst das nicht vergleichen.." Und ohne es zu wollen musste Noah erkennen, das Aaron in Wirklichkeit viel einsamer als er selbst gewesen war, obwohl er, Noah, niemanden gehabt hatte. Der Punkt war, das man die Einsamkeit nur um so mehr spürte, wenn jemand da war, der aber aus welchen Gründen auch immer unerreichbar wurde.. und unerreichbar geblieben war.