?Wir haben uns das Resturant schon in die Küche geholt.? Lachte Kyou auf und senkte wieder den Kochlöffel um damit den Eintopf umzurühren. ?Gut?an der Tischdeko fehlt es vielleicht wirklich..aber man kann es sich ja vorstellen.? Gab er sich Mühe, die Konversation zu halten. Er hatte kein Interesse daran, ihren Vorfall zu zereden. Im Moment war es einfach besser die Angelegenheit ruhen zu lassen um sich anzunähern. Nach dem essen oder dabei, hatte man immer noch die Gelegenheit in Ruhe über alles zu sprechen. Etwas komisch war sogar ihm dabei..und würde ihn nicht dazu bringen Ausreden enttarnen zu wollen. ? Ich hoffe es schmeckt trotzdem. Für den heutigen Abend?gibt es zumindest auch nichts wichtigeres, was wir heute noch ausrichten können.? Gab er zu bedenken, und freute sich zusehen, dass Natasha die zweiten Gläser mit Wasser auffüllte. Anscheinend blieb sie doch..? Warte ich bringe den Topf.? Erwiederte er daher nur in stiller Freude, und trat sie nun nicht breit. Er drehte nur die Temperatur herunter, um dann den Topf mit zwei Geschirtüchern zum Tisch zu tragen. Die Tücher breitete er in der Mitte des Tisches aus, ehe er den Topf darauf abstellte. ?Wird gut zum Wein passen..und sei ehrlich mit meinen Kochkünsten! Ich kann an dem Rezept, alles in einen Topf zusammen zu schnippeln, noch arbeiten..? zeigte sich wieder sein Fleiß, und die Wichtigkeit Natashas Meinung für ihn. Mit der Kelle schenkte er in die abgestellten Teller den wohl duftenen Eintopf ein, ohne ein Tröpfchen zu verschütten. Erst dann setzte er sich und sah zu Natasha herüber. Ein Vergewaltiger war er wirklich nicht gewesen, aber von diesen Gedanken in Natashas Kopf ahnte er nicht bewusst etwas. Er verband nur ihre Angst und Wut gegenüber Männern schleichend damit, dass sie hinter jedem Mann einen potenziellen Täter vermutete?und leider lag sie damit im großen Schnitt nicht mal falsch. Kyou hätte ihr also auch nie einen Vorwurf daraus machen können?sondern ihr nur beweisen dass er anders war. ?Ach, ist das so? Naja..ich kann hier auch mehr ausrichten, als im Gefängnis meine Zeit absitzen. Wenn ich da an den kleinen Luc denke?und die Heilungsschacen von Omega, die gleich Null waren als ich hier ankam. Es war wirklich die richtige Entscheidung, sich dem zu stellen. Und langsam werde ich sogar akzeptiert..zumindest straft man mich nicht mehr mit den missachtenden Blicken. Oder, ich bekomme es einfach nicht mehr mit. Das ist mir ja, wie du weißt auch egal. Ich will nur?das es den Kindern besser geht. Luc geht es bei Raiden so gut?es erfüllt mich irgendwie, zusehen wie es ihm mit jeden Tag etwas besser geht.? Berichtete er von seinen eigenen Erfahrungen mit dem Leben ?auf der anderen Seite?
Er fühlte sich wohl damit, gutes zu bewirken. ?Ich mache das bestimmt auch um mein Gewissen zu beruhigen?aber was am meisten hervorsticht ist, dass es mir wirklich etwas gibt, zu helfen. Nicht nur für mich. Es zieht mich in einen Dienst an der Allgemeinheit.? Unterbrach er nur und senkte den Blick. Der Löffel war schnell zwischen die Finger genommen ?Glaubst du, es wird alles einmal ein Ende haben? Die Experimente, die Mangel an Ehrbaren Medizinern?? sinnierte er nur, und zog Kreise in seiner Suppe. Sie war noch sehr heiß- und er hob den gefüllten Löffel nur an die Nase um darin vorsichtig zu schnuppern. ?Hm..scheint wirklich gelungen. Auf einen schönen Abend, Natasha?? wünschte er durch die gesenkten Lider zu seiner Tischpartnerin. Wie gern hätte er sie so einfach in ein schickes Resturant entführt. Am Geld hätte es gewiss nicht gemangelt. Jedoch machten es ihm die Umstände umso schwerer?
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?Nein, für heute haben wir alles erledigt?? stimmte Natasha zu. Die Welt ließ sich außerdem weder an einem Tag retten, noch in einer Woche. Und schon gar nicht in den ein, zwei Stunden die ihr Abendessen dauerte. ?Ich bin sicher, dass es gut schmeck. Es hat immerhin schon gut gerochen.? Sagte sie, und nahm sich die Papierserviette, die neben dem Teller gelegen hatte. Sie schüttelte sie auf, und legte sie auf den Schoß. Sie wollte sich immerhin nicht voll kleckern? ?Das Gefängnis ist nichts für Leute wie dich.? Pflichtete sie ihm bei. ?Gefängnisinsassen haben eigentlich überhaupt keinen Wert. Die sitzen da ihre Zeit ab, und werden gratis verpflegt..? schüttelte sie den Kopf. Eigentlich war es ihr auch ziemlich egal. Was die Gesellschaft anging, hatte sie die Hoffnung schon längst aufgegeben. ?Abgesehen davon sind wir vor dem Gesetz auch nichts anderes, als Kriminelle. Die würden uns sofort einsperren, wenn sie könnten.? Entging ihr nicht die Ironie ihrer Lage. ?Ich bin nur froh, dass es den Kindern besser geht.. wobei, Omega ist eigentlich gar kein Kind mehr. So jung ist er gar nicht mehr, wie er aussieht. Luc auch nicht. Er hat sich nur in dieses frühkindliche Stadium zurückgezogen..? überlegte sie. Trotz allem war nicht abzustreiten, dass er glücklich war? und so weit sie es beurteilen konnte, war auch Raiden mit der Situation viel glücklicher, als vorher. Er machte als Vater eine gute Figur. Manchmal erstaunte es Natasha doch, wie sehr Dinge sich ändern konnten. ?Wie dem auch sei, genieß das Gefühl? du hast auch dazu beigetragen, dass es jetzt so ist, wie es ist. Gute Taten machen schlechte nicht ungeschehen, aber irgendwann muss man aufhören, auf der Vergangenheit herumzureiten. Die Hoffnung auf Erlösung durch gute Taten ist ohnehin alles, was man hat?? nickte sie ernsthaft und senkte den Blick, um in ihrem Eintopf herumzurühren. Es war noch zu heiß zum Essen.
?Aber? ob das ein Ende hat?? sie warf ihm einen kurzen Blick zu, die harten Gesichtszüge düster, wie so oft. ?Wenn ich meine ehrliche Meinung sagen soll, dann nein. Das wird nie aufhören. Es wird nur hoffentlich immer Menschen geben, die noch rechtzeitig aufwachen so wie du, und welche die den Mut haben, aufzustehen und etwas dagegen zu machen. Ansonsten sehe ich schwarz für die Zukunft.? Wenn sie an all die Opfer dachte, schnürte es ihr schon den Magen wieder zu. Wenn sie auch weiter ehrlich blieb, dann musste sie sich damit auseinandersetzen, dass auch ihr Kampf nur ein Tropfen auf dem heißen Stein war. Aber für jedes Opfer, das so gerettet wurde, war es vielleicht die Mühen wert. Natasha betrübte an diesem Fakt nur, dass für jeden befreiten Omega oder Luc irgendwo auf der Welt ein anderer entführt oder gekauft wurde? Jede zerstörte Einrichtung würde nur irgendwo anders wieder aufgebaut. Aber was blieb ihnen?? Aufgeben war keine alternative. ?Ich halte nicht einmal ein Abendessen lang durch, ohne meine negativen Ansichten zu verbreiten.? Schimpfte sie sich schon fast selbst und seufzte. ?Tut mir leid.? Sie ließ nur den Kopf etwas hängen und konnte sich dann endlich ihrem Essen widmen. ?Beginnen wir endlich mit dem schönen Teil des Abends? Das Essen schmeckt ja glücklicherweise doch.? Lächelte sie, nachdem sie probiert hatte. ?Aber ich frag mich, wo die mir versprochenen Karottensticks geblieben sind.? Ärgerte sie Kyou dann doch wieder. Sie wusste genau, warum er keine zubereitet hatte. Da war ihr Abgang dazwischen gekommen. ?Das gibt einen Minuspunkt? aber ansonsten, exzellent.? lobte sie seine Kochkunst milde.
Kyou war doch erleichtert, als Natasha sich relativ normal benahm. So kannte er sie- und so versicherte sie ihm auch, ihn nicht anders zu behandeln als noch zuvor.. "Hm.. ja, rein von ihrem Alter her, sind sie längst über das Kindesstadium hinaus. Omega ist ungefähr 20 Jahre alt, sein genaues Geburtsdatum kenne ich nicht. Eigentlich wäre er jetzt ein eigenständiger, erwachsener Mann und Luc ein Teenager mitten in der Pubertät. Man..muss ein Gewissen haben um genau zu begreifen, welche Zeit man den Kindern gestohlen hatte. "Ich lasse mich davon nicht mehr herunterziehen..aber ich denke oft darüber nach was aus ihnen geworden wäre...ob es vielleicht einer Therapie bedarf um sie in ein normales Leben zurück zu führen. Doch Luc und auch Omega, kommen mir so..glücklich vor." Davon abgesehen glaubte er nicht das Raiden, der menschliche Panzerschrank auch nur einen Arzt in Lucs Nähe lassen würde, der in seiner Psyche herumstocherte. "Raiden hat ja schon beinah die Vormundschaft für Luc übernommen und scheint davon genauso zu profitieren wie der Junge." sinnierte er und tauchte den Löffel erneut in den Eintopf ein. Auch ihm schmeckte er ausgezeichnet, und hinterließ ihm ein warmes Gefühl im Magen. "Dieser Forty hat sich dafür Omega angenommen. Ich dachte, es müsste auf Dauer für ihn richtig schwer mit so einem komplizierten Menschen wie Omega werden..doch er liebt ihn nach wie vor aufrichtig. Was kann man ihnen mehr wünschen? " stellte er die Frage in den Raum und ließ den Löffel zwischen seinen Lippen, während er nachdachte...
"Mir kommt es so vor, als ob es jeden Tag mehr dieser Menschen gibt, die sich gegen die Ungerechtigkeit stellen. Allein hier sehe ich öfter neue Gesichter...und auch wenn auf diese neuen Gesichter mehrere Schlechte kommen, so gibt mir das doch...etwas Hoffnung, nun zu dieser Gemeinschaft zu gehören." Man brauchte immer noch viel Fachwissen, um die Strukturen im Kreis der Rebellen noch weiter zu verbessern, aber im groben hatten sie alles unter Kontrolle. Kyou selbst hatte sein ganzes Vermögen abgetreten das er aufbringen konnte, um auch finanzielle Unterstützung zu bieten. Nur wusste das bis auf die Führung der Rebellen davon niemand. Von den tristen Gedanken ließ sich Kyou jedoch nicht einfangen. Irritiert blinzelte er dennoch auf als Natasha auf den Eintopf zu sprechen kam und ihn stichelte. "O-oh.." Zeigte sich durchaus, dass er den Scherz nicht gleich verstanden hatte. Kyou nahm es zunächst sehr ernst und schützte die langsam erröteten Wangen mit einem Lächeln, und einem Räuspern bei dem er die Hand vor die Lippen heben konnte. "Naja..wenn das so ist, müssen wir wieder kochen, damit ich das nächste Mal die Karottensticks nachholen kann." nutzte er die Wendung des Abendessens doch noch für sich. "Ich bin für alle Verbesserungswünsche offen. Das nächste Mal, gibt es auch ein Dessert!" versprach er und ließ sich immer wieder den Eintopf schmecken, was ihm in Natashas Gegenwart besonders gut gelang..."Nur als Entschädigung, für die Karottensticks die fehlen." fügte er noch leise lachend hinzu und hob die Servierte an seine Lippen...
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Natasha warf Kyou einen schiefen Blick zu. Nun schaffte sie es sogar, ihm ins Gesicht zu schauen, was sie bisher doch eher vermieden hatte. "Hey.. du brauchst dich nicht so aufzuregen... Das war ein Witz." wies sie ihn dann auf den Scherz mit den Karottensticks hin. Die hatte er ihr zwar wirklich versprochen gehabt, aber ihr Gespräch hatte ja nicht gerade den besten Hintergrund für fröhliches Kochen geschaffen. Irgendwie amüsierte es sie aber ein kleines bisschen, dass seine Wangen rot wurden. "Ich würde sie aber trotzdem das nächste Mal nehmen... die Chancen, dass ich in absehbarer Zeit wirklich ein schönes Restaurant von innen sehe, sind ja nicht besonders hoch..." bedauerte sie. Es war offensichtlich, dass sie gern ein Restaurant besucht hätte. "Unser Abendessen ist trotzdem schön." versicherte sie Kyou und schwieg dann eine Weile, um zu essen.
"Wenn man so darüber nachdenkt, habe ich auch den Eindruck, dass sowohl Luc als auch Omega wesentlich glücklicher zu sein scheinen, als etwa du oder ich..." ergriff sie dann das Wort wieder. "Das ist eine gute Sache.. aber ehrlich gesagt kommt es mir etwas merkwürdig vor. Vielleicht liegt es ja an uns..." Allerdings konnte Natasha auch nicht recht benennen, woran das lag. Sie sah sich außer Stande, glücklich in den Tag zu leben. Aber wo musste man da die Grenze ziehen? Sie wusste es nicht, und sie fand darauf auch so schnell keine Antwort. Sie war nicht einmal sicher, ob sie darauf überhaupt eine finden wollte. "Raiden sah auch nicht besonders glücklich aus, als er hier ankam. Wenn man seinen Hintergrund bedenkt, ist das auch kein Wunder. Jetzt hat er so etwas wie eine Familie... ich denke nicht, dass man da irgend etwas ändern muss. Keine Therapie der Welt kann dem armen Luc helfen. Warum ihm das bisschen Glück weg nehmen, das er hat? Das macht doch auch keinen Sinn..." Sie rührte noch ein wenig im Essen herum, bevor auch die letzten Reste nach und nach verschwanden, bis der Teller leer zurück blieb. "Ah... das war gut. An was für ein Dessert hast du denn das nächste mal gedacht? Ich hab Süßspeisen immer gern gegessen..."
Bei Natasha erkannte sich Kyou oftmals nicht wieder. Sie weckte etwas in ihm das ihn dazu brachte, besser sein zu wollen als zuvor. Er war nicht länger das alleinige Zentrum in seinem eigenen Leben. Das letzte Mal als er ähnliche Hingabe und Fürsorge hegte, lebte noch sein jüngerer Bruder. Gern hatte er auch für ihn gekocht und sich um ihn gesorgt, ähnlich wie jetzt wo er- Kyou , Natasha bekochte um sie zumindest etwas glücklicher zusehen. Es waren Momente wie dieser, in der dem Arzt seine kleine Familie fehlte. Und es waren ebenso Momente wie diese, in denen er erkannte dass er mehr für Natasha empfand, als er vor ihr eingestand. "Erinnerst du dich? Als wir in der Stadt waren um Omega ein Kätzchen zu kaufen...wir hatten am Ende den ganzen Wurf mitgenommen..." erinnerte er sich mit einem warmen Lächeln zurück dass sich auf seinen Lippen ausbreitete. Kyous Blick hing irgendwo in der Vergangenheit fest, mit jedem Milimenter den seine Lider über die grauen Augen herabsanken. "Jedenfalls frage ich mich, warum wir damals kein Resturant besucht haben...wir sollten das wirklich einmal nachholen.." überlegte er, ob irgendwelche EInsätze in nächster Zeit dem entgegen standen. Er musste ja auch immer in Reichweite bleiben, wenn Komplikationen auftraten. Omega konnte immer noch Rückschläge ereilen...oder Luc konnte etwas passieren bei dem er ärztliche Betreuung brauchte. Man konnte sagen was man wollte- aber Kyou hatte nuneinmal die nötige Ausbildung um im Notfall von Vorteil zusein. "Ich beneide Raiden darum, wie glücklich er ist...er hat seinen inneren Frieden gefunden. Obwohl er nie eine eigene Familie hatte, handelt er instinktiv genau richtig und hilft Luc..das ist wundervoll." teilte er seine Beobachtungen. "Manchmal kann man sich kein Glück gönnen, weil einen das negative zu stark belastet...und man muss hart bleiben damit man nicht unter dem Druck des Schlechten zerbricht. Der Teufelskreis schließt sich nur, weil man durch die Stärke und Härte mit der man gegen das schlechte ankämpft, auch kein Glück zulassen kann..." fasste er dann weiterhin zusammen und nahm ein Schluck von seinem Wasser. "Um bei dem Beispiel zu bleiben, hat Raiden den Hass und die Verletzungen, die er erlitten hatte darauf verwendet, sie ruhen zulassen. Sein Antrieb findet er in seiner Beziehung, und seiner Aufgabe als Vater für Luc. Ich denke, wenn man eine Aufgabe hat fällt es einem leichter sich auf das Glück einzulassen.." war nur eine der vielen Thesen die er aufgestellt hatte. "Wir sind Kämpfer eines Wiederstandes...und nicht nur nach außen, sondern auch in uns gibt es Wiederstände. Man kann natürlich sagen dass irgendwann der Tag kommt, an dem die Wiederstände durch einen Auslöser brechen..doch ich frage mich ob das der einzige Weg ist, oder ob man nicht bewusster Einfluss darauf nehmen kann. " Kyou glaubte, dass er sich selbst gegen sein Glück wehrte. Das machte immerhin auch angreifbar. Denn wer hatte öfter zugesehen, wie Glück zerstört wurde- wie sie beiden? "Hm.. verträgst du Milch? Ich würde sonst Pudding vorschlagen...oder Pfannkuchen mit warmer Vanillensoße.." waren es schon Zwei Vorschläge von vielen, die er nennen konnte. Kochen mochte er wohl..und Kyou glaubte, wenn er sich dem öfter zuwand, entwickelte er vielleicht noch mehr Interessen die ihm dabei halfen, das schlechte etwas mehr los zu lassen..und sich dem guten zu widmen. "Welche Süßigkeiten hast du denn gemocht? Ich war imme rganz verrückt nach diesen Keksstangen die auf einer Seite schokoladig waren, und auf der anderen gesalzen.. die mochte niemand sonst, aber ich habe sie geliebt!" Teilte er ein wenig mehr von sich mit Natasha. Das brachte sie vielleicht immer ein Stück näher...und aufgegeben hatte der Schütze noch lang nicht, wo das Ziel sich direkt vor seinen Augen befand.
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Natasha hatte inzwischen wieder zu ihrem Gleichgewicht zurück gefunden. Kyou hatte nichts mehr gesagt, und das war für sie gut genug. Sie traute in der Regel ihren Eindrücken und Gefühlen, aber was dieses spezielle Thema anging, fuhr sie oft genug unnötig aus der Haut... sie reagierte viel zu sensibel, auch wo es gar nicht angebracht war. "Hm, ja ich erinnere mich. Aber wir sind damals nicht in ein Restaurant gegangen, weil wir schon das Katzenbündel dabei hatten. Da hatten wir es eilig, wieder nach Hause zu kommen... Schade eigentlich." erinnerte sie sich. Sie hatte bei der Gelegenheit auch ein paar andere Dinge gekauft, die sie für sich persönlich gebraucht hatte, aber so weit sie wusste, hatten sie auch für ihr Lager dringend benötigte Sachen abgeholt. Alles in allem waren sie ziemlich beschäftigt gewesen. "Wir haben uns an so einem Stand was zum Essen mitgenommen, weil das schneller ging. Weißt du, was mir auch Spaß machen würde? Mal bei so einem Drive In vorbei zu fahren." schmunzelte sie ein wenig. "Irgendwann kommt es sicher auch dazu."
Natasha streckte sich etwas, um letztlich ihren Teller noch einmal zu befüllen. "Magst du auch noch?" bot sie Kyou an, auch seinen Teller zu füllen. Das ungewohnte 'du' kam ihr inzwischen schon viel leichter über die Lippen. Sie waren ja beide erwachsen... selbst wenn ihr der Klatsch und Tratsch massiv auf die Nerven ging. Sie wollte sich auch von Außenstehenden nicht diktieren und beeinflussen lassen... "Ehrlich gesagt, beineide ich Raiden überhaupt nicht. Ich empfinde... nichts... wenn ich jemanden sehe der glücklich ist. Ich habe nicht das Gefühl, selbst nach Glück zu suchen. Vielleicht ist es ja genauso, wie du sagst. Eine Art Teufelskreis. Aber bei dir ist es wohl anders... Wenn du Raiden beneidest, wünscht du dir wohl auch so ein Glück. Mein Rat wäre, gönn es dir doch einfach. Es macht doch jetzt auch keinen Sinn mehr, sich weiter zu bestrafen. Es ist nicht so, als hättest du kein Recht darauf." merkte sie mit einem Seitenblick auf ihn an. Vielleicht begriff sie ja irgendwo, dass er sich sein Glück zumindest zum Teil selbst verwehrte. Sie mochte ihn, weil er sich schlecht gefühlt hatte, weil er bereute.. aber auch Natasha fand, dass es irgendwann einmal gut sein musste. "Ah... oder ist es vielleicht, weil andere es dir missgönnen könnten? Das ist allerdings ein Problem." begriff sie. Niemand gönnte einem Verbrecher Glück. Auf der anderen Seite konnte auch niemand geläutert werden, der für immer den Stempel Verbrecher trug. Auch sie musste von ihrem Wasser trinken, bevor sie weiter essen konnte. Das angenehm warme, schwere Gefühl im Magen machte etwas müde. "Man darf sich nicht alles von anderen diktieren lassen.. auch wenns schwer ist. Ich hab damit auch zu kämpfen, wenn auch auf andere Art als du. Omega mag dich... das zählt wirklich." Es war vermutlich das aufbauendste, was Natasha überhaupt sagen konnte. "Ich mag dich genug, um mich Nachts in der Küche mit dir zu treffen. Und sogar genug, um das zu wiederholen." setzte sie sogar noch eins drauf. "Ich vertrage Milch übrigens sehr gut. Du etwa auch? Hätte ich von dir gar nicht gedacht.." schmunzelte sie. "Insbesondere wo du mir vorhin erzählt hast, dass du zum Frühstück immer Reis mit Brühe gegessen hast." Natasha und Kyou besaßen auf einer tieferen Ebene weit mehr Gemeinsamkeiten, als man annehmen würde. Ihre Abneigung gegen lustiges Essen, oder Essen das wie Tiere aussah.. Ihre Vorliebe für Essen und Kochen... "Pudding mit Früchten, einfach aber sehr lecker. Notfalls gehts aber auch ohne Früchte.. oder welche aus der Dose, die haben wir hier manchmal.." überlegte sie. "Also ich mag total gerne Mandelsplitter. Die sind außerdem richtig einfach zumachen, du kennst sie bestimmt. Man nimmt Mandelstifte unter überzieht die mit flüssiger Schokolade. Dann lässt man sie nur noch auskühlen, und schon sind sie fertig. Das ist natürlich kein richtiges Dessert. Ich mag auch Muffins und Kekse, Eiscreme..." zählte sie auf. In Wirklichkeit mochte sie fast alles, was es an Süßigkeiten gab. "Aber ein richtiges Dessert, wenn ich mir eins aussuchen könnte, wäre sowas mit Quark und Früchten. Kennst du das, wenn man unterschiedliche Schichten in einem Glas hochzieht? Sowas finde ich toll. Quark und Beerenpüree, total lecker und frisch. Am besten noch mit einer oder mehreren Zwischenschichten von Biskuit!" Wenn man ihr so zuhörte, entdeckte man vielleicht ein wenig die jüngere Natasha, die sich für viele Dinge begeistert hatte. "Aber von solchen Keksstangen habe ich noch nie was gehört, die kenne ich nicht. Es klingt aber interessant, würde ich zu gern mal probieren..." seufzte sie, und suchte dann wieder nach seinem Blick. Manchmal, wenn sie zusammen waren, genoß sie die Gesellschaft wirklich. So wie jetzt, wenn sie über Essen redeten etwa..
Kyou nahm den Nachschlag dankbar entgegen. Lang hatte er nicht so einen Appetit verspürt...und wenn er einmal die Kantine allein aufsuchte, dann erst wenn der größte Andrang verschwunden war. Nicht, dass ihn die Blicke der anderen gestört hätten, oder das er geschnitten wurde. "Weißt du, ich mag es nicht wenn man mir beim Essen auf die Finger schaut...deswegen bin ich nie zu Stoßzeiten in die Kantine gekommen. Das hier, erinnert mich ein wenig an die ruhigen Stunden wenn die meisten schon verschwunden sind, und man dann noch in Ruhe essen kann..." Erzählte er während Natasha ihm den Teller füllte, und er dies mit einem nicken danken konnte. "Meine Eltern waren immer sehr streng was die Tischmanieren anbelangt..deswegen kann ich mich kaum auf das essen konzentrieren, wenn ich denken muss man sucht an mir nach Fehlern. Und wenn es auch nur das halten des Besteckes ist." musste er über sich selbst lachen. Leise, gedämpft, ohne aufdringlich den Raum zu erfüllen. " Dabei kümmert es hier wohl am wenigsten jemand, wie ich esse." wusste er selbst, auch wenn sich die kleine Macke nicht so einfach übergehen ließ. So war jegliches logisches Denken dabei verschwendet. Kyou verwendete es daher lieber auf andere Dinge.. "Es ist nicht so, dass ich mir das Glück von anderen ausreden lasse.. viel mehr lasse ich mir Zeit, es auf mich zukommen zu lassen." Überlegte er dann als Natasha ihren Verdacht geäußert hatte, dass er sich das Glück vielleicht entgehen ließ, weil er glaubte man würde es ihm nicht gönnen. "Davon abgesehen, dass mir kaum jemand Glück wünschen würde...bin ich dafür noch nicht ganz bereit. Zulassen werde ich es deswegen langsam..." murmelte er, und nahm wieder Löffel von seinem Eintopf. "Du lässt dir etwas von anderen diktieren?" war er dann aber erstaunt, da ihm sich in den ersten Sekunden nicht erschloss, worauf Natasha hinaus wollte. "Ich hatte den Eindruck, dass du Menschen gar nicht genug an dich heran lässt um dir wirklich von ihnen etwas diktieren zu lassen.." äußerte er daher seinen verdacht und ließ den Blick sinken, so dass er sich auf den Rahmen seiner eigenen Brille konzentrierte. "Oder ist es dein Misstrauen gegenüber Männern seit dem Vorfall, was dir dein Verhalten diktiert?" das konnte schon eher der Fall sein..denn Natasha war zwar stolz, kühl und hart, doch im inneren noch immer verletzt. Wut hilft vielleicht Antrieb aus dem nichts aufzubauen, doch er heilte keine Wunden.. "Aber du hast recht...ich sollte Omegas freundschaftliche Gefühle mir zugestehen...da sollte ich mich zuerst an meine eigen Nase fassen." seufzte er mit einem weiteren Löffel des Eintopfes den er mit geschlossenen Augenlidern zwischen seine Lippen schob.
"Ah, also auch Vollblut-Japaner können gegen Laktoseintolleranz geschützt sein." musste er dann aber doch wieder ein Lächeln erkennen lassen und aufschauen. "Meine Mitschüler haben mich als Kind deswegen immer beneidet, weil ich die Taoyaki immer mit Schokoladenfüllung essen konnte..du weißt, das Gebäck in Fischform?" Kyou hob den Finger um sich bei Natasha rück zu versichern, ehe er weiter sprach. "Ich mag Schokolade sehr gern. Wie du doch auch weißt, blieben bei mir nur die Weihnachtsmänner immer stehen." erinnerte er an eines ihrer ersten Gespräche über Essen das lustige Formen hatte, und dadurch eher traurig machte, als dazu animierte gegessen zu werden. "Einen schönen, nicht so süßen Quark mit roten Früchten dazwischen..das wäre wirklich genau das richtige! " musste er wieder mit einem Lachen unterbrechen. "Auch für mich. Dafür blieb bei mir auch die Schoko-Salz- Sticks auf der Strecke..aber du musst sie auch unbedingt mal probieren. Bei unserem nächsten Stadtbesuch holen wir uns welche." freute er sich schon und schob die Kartoffelstückchen zusammen um sie gesammelt auf den Löffel zu bekommen. Kyou war es so angenehm, Natasha so losgelöst zu erleben. Ein bisschen konnte er in dieser Zeit einen Eindruck davon gewinnen, wie sie wohl einmal gewesen sein musste- als ihre Träume noch nicht zerstört worden waren. Etwas davon schlummerte sicher auch noch in ihr...und es weckte in Kyou nur mehr den Wunsch ihr näher zu kommen. Wie gern hätte er ein Kompliment über ihr Lächeln gemacht. Wie gern hätte er ihr gesagt, das es ihm gut tun würde, sie so zusehen. Doch bevor sie es damit bemerken und unterbinden würde- beließ er es beim stillen Genuss. Die Zeit würde ihm den Punkt schon näher bringen, an dem er alles loswerden konnte, was er sagen wollte..
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"Ehrlich gesagt esse ich auch lieber in Ruhe. Bei mir zu Hause wurde beim Essen nie geredet. Ich fand das immer etwas beklemmend.." meinte sie mit einem Schulterzucken. "Als ich älter wurde, habe ich sowieso nicht mehr zu Hause gegessen, sondern immer in der Schulkantine. Da war das ganz anders, irgendwie netter." Sie bedachte Kyou mit einem milden Blick. Inzwischen hatte sie ihm den Vorfall von zuvor schon gänzlich verziehen, und fühlte sich nicht länger bedroht. "Deine Tischmanieren sind übrigens ausgezeichnet... Ich würde mit dir jederzeit in ein fünf-Sterne Restaurant gehen. Andererseits... wüsste ich nicht ob ich da so eine gute Figur mache. Meine Tischmanieren sind nicht so gut wie deine, deswegen wäre es besser, doch auf den Drive-In oder ein normales Restaurant zurückzugreifen. Ja, das würde mir gefallen. Nicht zu vergessen, dass da die Preise auch erschwinglicher sind." lächelte sie. Zu viel Geld ausgeben war gar nicht in ihrem Sinn. Und ein kleines Vermögen für einen Besuch in einem überteuerten Restaurant auszugeben würde ihr wahrscheinlich keine Freude machen, sondern eher in Verlegenheit bringen. "Nun ja... ob dir andere Glück wünschen, das ist nicht so wichtig. Aber dafür bereit zu sein schon. Lass es dir nur nicht entgehen, wenn es so weit ist. Man bekommt im Leben nicht unendlich viele Chancen. Manchmal bereut man das, was man nicht getan hat mehr, als das was man getan hat. Naja, manchmal..." meinte sie noch einmal nachdenklich. Es kam wohl darauf an, was man getan hatte. "Du wärst aber wohl sehr überrascht, wenn du wüsstest wie sehr mich Menschen um mich herum beeinflussen. Ich habe ständig damit zu kämpfen, diesen Einfluss nicht jede einzelne meiner Handlungen bestimmen zu lassen..." Sie stand nur kurz auf, um in der Küche umherzuwandern. Sie suchte dabei gleichermaßen nach Worten, wie auch nach einem Stück Brot, das sie mit zum Tisch brachte. Sie brach eine Hälfte ab, um die andere Kyou anzubieten. "Wenn jemand ein bestimmtes Verhalten bei mir voraussetzt, oder über mich redet und dieses und jenes erzählt, dann zwingt mich das entweder dazu genau das Gegenteil zu machen, damit sie ja nicht recht haben..." sie zuckte die Schultern. "Egal was es ist, auf die ein oder andere Art bestimmen sie damit über mich. Ich mag das nicht, deswegen hasse ich Klatsch und Tratsch. Ich will in niemandes Bild passen, ich will aber auch nicht gegen meine Überzeugung handeln, nur um nicht dieses oder jenes zu bestätigen. Ich muss deswegen immer so viel Energie aufwenden, darüber zu stehen, aber das ist schwer." vertraute sie ihm an. Aus irgend einem Grund war es einfach, mit Kyou zu sprechen. Vielleicht lag es daran, dass er intelligent war. Aber nicht nur daran.. "Ich habe mir gedacht, bei dir könnte es genauso sein, oder so ähnlich. Jeder Mensch wird mehr oder weniger von anderen beeinflusst. Man merkt es nur meist nicht. Oder anderen ist es egal." Sie nutzte die halbe Brotscheibe, um ein Stück davon abzubrechen und es über den Tellerrand zu schieben. So ließ sich die restliche Soße aufnehmen. "Ach ja.. du hast recht. Ich habs einfach vergessen. Diese Sache mit Japanern und Laktose ist irgendwie so in meinem Kopf gespeichert. Du gehörst zu dem glücklichen, kleinen Prozentsatz. Bei mir ist es vermutlich, weil ich Mischling bin. Auf jeden Fall vertrage ich so ziemlich alles. Ich hab nicht mal wesentliche Allergien." beschenkte sie Kyou mit einer weiteren Information. "Jetzt weißt du's, für den Fall dass ich mal medizinische Hilfe brauche. Aber glaubst du wirklich, dass wir so bald wieder mal einen Ausflug in die Stadt machen können? Schneller geht es, wenn wir jemanden bitten solche Sticks mitzubringen. Unser Tratschweib kommt doch hin und wieder raus... Der würde sicher welche kaufen. Und wenn er probiert, spuckt er wahrscheinlich alles im hohen Bogen wieder aus, weil er nicht mit salzigem Geschmack rechnet. Oh... außer er würde die schon kennen." fiel ihr dann ein. Allerdings hatte ihr die Vorstellung gefallen. Sie hatte nicht wirklich was gegen Mikado... aber sein ewig rennendes Mundwerk konnte nerven. "Vielleicht kannst du ihn ja mal fragen... und sobald ich alles nötige für ein Quark-Beeren Dessert zusammen habe, überrasche ich dich damit."
Kyou war erstaunt, wie viel er doch mit Natasha gemeinsam hatte. Nicht nur ihr ähnlich kultureller Hintergrund ließ sich vereinbaren und führte beim anderen zu Verständnis. Da war auch das Gefühl da, dass sich für Kleinigkeiten erwärmen ließ. Gutes Essen, nette Gesellschaft..das waren Dinge die anderen nicht sofort ins Auge stachen, aber ihm viel wert waren. Natasha musste in der Schwesternschule wirklich glückliche Zeiten erlebt haben, ansonsten hätte sie diese Erinnerungen bestimmt nicht mit ihm geteilt. Ihre Offenheit sprach für das ehrliche hinter den Worten, die nicht nur bloße Floskeln waren um miteinander klar zu kommen. Kyou war sich sicher dass sie ihm nur so viel anvertraute weil sie ihn irgendwo mochte und damit auch in einem Teil ihres Herzens vertraute. "Abgesehen davon würde ich in einem 5- Sterneresturant sicher nicht satt werden." versuchte er sich an einem Scherz. "Das essen schmeckt entweder gut und hat zu kleine Häppchenportionen, oder es ist undefinierbar und schmeckt furchtbar. Ich mag essen, von dem ich weiß das es mir schmeckt oder ich es mir vorstellen kann.." Zeigte sich auch wieder der Kern seiner Bodenständigkeit, und die Bescheidenheit die ihm zu eigen war um nicht direkt auf Komplimente eingehen zu können, auch wenn es ihm schmeichelte, dass Natasha sich mit ihm in ein teures Restaurant trauen würde. "Ich würde lieber überall hingehen, wo man sich wohlfühlen kann, und wo man uns nicht auf die Finger sieht.." lachte er wieder leise auf und nahm einen Schluck von dem Wasser. Der Eintopf auf seinem Teller war schon wieder mehr als halb geleert und hatte seinen Magen mit angenehmer Schwere gefüllt.
Das Stück Brot dass Natasha dann im Begriff war zu holen kam gerade recht um den Magen zu schließen. Er hatte dabei keine Sekunde daran gedacht dass er Natasha wieder zu nah gekommen sein könnte nur weil sie aufgestanden war und nach Worten suchte. Langsam konnte er sie wirklich besser einschätzen, und konzentrierte sich daher auf ihre Aussagen. "Im Grunde hast du da auch wieder recht..es gibt wohl kaum jemanden der sich nicht von seiner Umwelt beeinflussen lässt. Das liegt sogar in unseren Genen als kollektive, soziale Wesen. Menschen brauchen einander wie Primaten um zu überleben. So sicherten wir uns ja auch die Vorherschaft..deswegen wird in jedem mehr oder weniger unbewusst verankert sein sich auf die eine oder andere Art beeinflussen zu lassen." fasste er zusammen und umfasste sein Kinn mit Daumen und Zeigefinger. "Ich wollte sowohl im Kreis meiner Familie immer beweisen, zu wissen was ich tue...dass ich keiner Bevormundung bedurfte. Bei der Arbeit wollte ich immer die besten Ergebnisse erzielen selbst wenn ich meine eigene Moral dabei über Bord werfen musste. Ich wollte auch immer etwas beweisen, als wenn ich mich ständig in meinem Leben für alles Rechtfertigen müsste. Wenn man es so betrachtet, dämpft das vielleicht auch den Prozess bei mir Glück zu zulassen, selbst wenn Omega mir längst verziehen hat und er der einzige ist, vor dem ich mich rechtfertigen müsste." Die anderen vor denen er sich sonst rechtfertigen müsste, waren leider alle gestorben, vermutete er. Damit musste er deswegen leben. "Mich beeinflussen selbst die Verstorbenen. Ich will alles besser machen, mich etwas größerem verschreiben damit jedem Opfer gedenkt wird, das für Missbrauchszwecke sein Leben lassen musste. Das ist sicher nicht schlecht..aber es gibt natürlich auch Beeinflussung die weniger Sinn macht. Ja, wenn ich sie offen betrachte vielleicht kann ich sie irgendwann angehen." zuckte er mit den Schultern auf und nahm das ihm gereichte Brot an, damit er es seinerseits in den Eintopf tauchen konnte. Sein Kopf arbeitete angestrengt, doch nicht im negativen Sinne. Kyou suchte ja auch den Austausch..."Wir müssen wohl alle lernen, darüber zu stehen..." endete er mit gesenkten Blick über das aufgeweichte Brot, das jedoch sehr gut schmeckte. Er fühlte sich schon ein wenig leichter, und das ließ auch den Hunger zu der ihn die letzten Wochen ganz schwach gemacht hatte. Mit Natasha war nicht nur ein Teil seiner körperlichen Kraft zurückgekehrt, sondern auch seiner seelischen.
"Sehr beruhigend, dann ist dir eine optimale Versorgung auf jeden Fall garantiert." musste er dann aber in ihre Richtung mit dem letzten Brotstück weisen, ehe er es zwischen die Lippen schob. Erst als er es aufgegessen hatte, sprach erweiter. "Ich habe auch keine Allergien, und war allgemein nie kränklich..von daher, habe ich es auch immer sehr gut gehabt." Erzählte er auch wieder etwas mehr über sich. Nun wo er langsam ein genaues Bild von Natasha gewann, er kannte er immer mehr wieso er sich so von ihr angezogen fühlte. Es waren so viele gute Eigenschaften die es ihm erleichterten, mit seinen eigenen schlechten fertig zu werden. Eine schöne Verbindung, die er hoffentlich lang genießen durfte. "Nicht dass der dann die ganze Packung wegschmeißt weil er glaubt, wir haben ihm das aufgetragen, nur weil wir damit rechnen dass er probieren würde. So wie ich Mikado kennen, würde er das gleich wieder persönlich nehmen." musste er dann aber wieder den Kopf schütteln- dabei waren seine Lippen von einem belustigten Grinsen geprägt. "Aber ich würde zu gern sein Gesicht dabei sehen, wenn er die Sticks probiert. Andererseits bekommt man ihn dann einen halben Tag nicht mehr los." fasste er zusammen. Aber das Bild eines meckernden Mikados war ihm der Spaß schon wert. Dafür sprach allein das belustigte Funkeln in seinen grauen Augen. "Hm?" musste er dann aber blinzeln, ehe er begriff worauf Natasha hinaus wollte. Das Quarkdessert hatte er schon fast wieder vergessen. Jetzt wärmte es sein Herz und seine Wangen. "Also ich lasse mich genr überraschen.." meinte er mit über der Tischkante erhobenen Händen. "Du machst sicher die leckersten Desserts..ich bin ganz gespannt darauf. Da muss ich nur dafür sorgen, dir bald ein Gericht mit Karottenbsticks präsentieren zu können." warf Kyou weiterhin erheitert ein. Der Abend hatte wieder eine Wendung zur Leichtigkeit vollzogen- und beschenkte Kyou mit vielen Kleinigkeiten die unbezahlbar waren- war einem die Gesellschaft so wichtig wie die Natashas für ihn...
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"Nein, wahrscheinlich nicht..." seufzte Natasha. "Warst du schon mal in so einem Restaurant? Ich habe immer nur gehört, dass die Portionen immer so klein sein sollen, oder zu exotisch... Aber das sind vielleicht nur Gerüchte." gab sie zu bedenken. Wahrscheinlich würde sie aber einem Bericht von jemandem Glauben schenken, der tatsächlich schon mal ein fünf-Sterne Menü gegessen hatte. "Ganz allgemein will ich aber auch lieber irgendwo hingehen, wo es gemütlich ist.. Ich finde Sushi-Bars generell ganz toll, aber wenn ich es mir aussuchen könnte, würde ich vielleicht ein französisches Restaurant aussuchen. Oder besser noch, ein kleines Straßencafe, wo man bei gutem Wetter draußen sitzen kann. Mit so kleinen Tischchen für zwei.." beschrieb sie, winkte dann aber ab. "Da fällt mir ein.. selbst wenn der unwahrscheinliche Fall eintritt, und ich ein Restaurant besuchen könnte, habe ich immer noch nichts vernünftiges anzuziehen. Und ich will mir ganz bestimmt nicht nur für einen Nachmittag oder Abend sowas kaufen." bewies sie wieder ihre praktische Denkweise. Offenbar gehörte Verschwendung und sinnloser Luxus nicht zu ihren Lastern. "Wir essen lieber weiter hier in der Küche. Da schaut dir niemand auf die Finger, und mir niemand auf die Kleidung." meinte sie mit einem schiefen Lächeln.
Sie schob ihren inzwischen leeren Teller von sich, und zog stattdessen das Weinglas wieder näher. Es war noch zur Hälfte gefüllt und wartete darauf, ausgetrunken zu werden, ebenso das Wasserglas. "Ehrlich gesagt weiß ich nicht so genau, ob mich die Tatsache nun beruhigen sollte, ein abhängiger Primat zu sein, oder nicht." gab sie zu Kyous Worten hinzu. Sie sah nicht aus, als würde sie scherzen, eher so, als würde sie sich darüber wirklich Gedanken machen. Sie tippte mit dem Zeigefinger auf die Tischplatte, was durch die dünne Decke darüber jedoch kein Geräusch verursachte. "Wie dem auch sei... Ich schätze dein schlechtes Gewissen. Selbst wenn es für die Opfer jetzt zu spät ist, kann ein Einlenken weitere Opfer verhindern. Ihr Tod und Leiden war dann wenigstens nicht umsonst. Reue ist der kleine Unterschied zwischen Toleranz und Abneigung, zumindest in meinem Fall." äußerte sie einmal mehr ihre Meinung unverblümt. Selbst wenn die Worte hart waren, enthielten sie einen gut versteckten, wärmeren Inhalt, der von Wertschätzung zeugte. "In deinem Fall ist die Beeinflussung durch die Verstorbenen wahrscheinlich weit besser. Sie bringt dich dazu, ein besserer Mensch zu werden. Mich macht sie zu einem Quertreiber, der nicht mehr weiß, zu sich selbst zu stehen. Aber ich werde schon irgendwann darüber hinweg kommen. Du sicher auch." zeigte sie sich sowohl kämpferisch, als auch optimistisch. "Und dann kann sicher auch das Glück irgendwann kommen.." Sie lehnte sich ein wenig zurück und überschlug die Beine unter dem Tisch. Das Weinglas schwenkte sie in anmutigen Kreisen, so dass die Flüssigkeit im Glas ebenfalls kleine Kreise schlug.
"Jetzt mag ich davon aber nicht mehr so viel sprechen... wir wollten schließlich ein gemütliches Abendessen zusammen verbringen. Wann immer man mir aber die Gelegenheit dazu gibt, male ich alles Schwarz.. Sag, würdest du mir glauben, wenn ich dir sage dass ich so etwas wie die Dessert-Königin bin?" wechselte sie dann auch das Thema. "Du würdest staunen, was ich im Backofen alles zaubern kann. Kuchen, Kekse, Torten, es gibt kaum was, das ich nicht kann. Ich schätze, wenn ich nicht unbedingt Krankenschwester hätte werden wollen, hätte ich mich sicher für eine Ausbildung als Konditorin entschieden. Das ist nicht übertrieben... ich beweise es dir irgendwann einmal. Wobei.. ich bin vielleicht etwas eingerostet, weil ich so lang nichts mehr gebacken habe, aber man verlernt es sicher nicht." Ein eigenes Haus mit Garten, einer wunderschönen Küche und einem Ehemann, das hatte Natasha sich immer vorgestellt, als sie noch jünger war. Alberne Träume von einem Ehemann, der vielleicht Arzt war, und mit dem sie zusammen in einer Klinik arbeitete... Die Welt verbessern, eine heile Welt... das waren ihre Träume gewesen. In der Realität hatten sie nicht bestehen können, und so fand sie sich in einem Rebellenlager wieder.. als Kriminelle, obwohl die wirklichen Verbrecher als die Guten da standen. Die Ironie entging ihr nicht. Sie wollte jedoch diesen speziellen Traum nicht mit Kyou teilen.. es milderte jedoch nicht ihre Neugier. "Kyou? Eine Frage... hast du einen Lebenstraum gehabt, bevor das alles passiert ist? Vielleicht sogar bevor du Wissenschaftler geworden bist?" fragte sie daher spontan.
Kyou konnte sich noch gut daran erinnern, wie sein erster Besuch in einem schicken Resturant lief. Er erinnerte sich sogar so gut, dass ihm ein Lächeln über die Lippen schlich und für ein herzliches Erlebnis sprach. "Es ist weniger aufregend als man meint..ich war damals ein Kind, und musste mit meinen Eltern zu so einem Fest der Firma meines Vaters. Sie hatten dafür ein teuren Laden ausgesucht...und der jammer war, das mir nichts geschmeckt hat." musste er dann wieder lachen."Ich habe meiner Mutter immer zugeflüstert, ob sie meine Häppchen essen würde. Ich weiß heute nicht mehr was drin war, aber ich fand es eklig und wollte es einfach nicht essen. Mein Vater war total genervt und ich musste mir das irgendwann reinzwingen, weil mein Bruder dann auch angefangen hatte am essen herum zu stochern. Das..gehört sich ja immerhin nicht." räusperte sich Kyou und griff dann nach dem Wasserglas. Der Teller war geleert und ebenfalls zur Seite geschoben worden und hatte den Händen den Platz eingeräumt nach dem schmalen Hals des Glases zu greifen. "Bevor ich richtig ärger bekommen habe... da habe ich eine Serviette auf meinen Schoß ausgebreitet und die Häppchen dann da reingelegt. Das wäre sicher auch aufgegangen wenn ich das beim aufstehen nicht vergessen hätte. Da fiel das Zeug nämlich auf den Boden und kullerte unter dne Tisch." Kyou schnaubte und strich sich dass Haar aus der Stirn, als es ihm vor den Brillenrahmen gefallen war. Damals war es ihm so peinlich gewesen. "Glücklicherweise hatte es niemand von den Geschäftsparntern meines Vaters mitbekommen. An meinem roten Kopf hat es nur mein Vater gemerkt. Oh, das gab ärger...aber irgendwie erinnere ich mich gern daran." versank einer seiner seltenen, herzlichen Blicke wieder in seiner Vergangenheit. Manchmal fragte er sich selbst- so wie in diesem Moment- wan er begonnen hatte sich selbst zu verraten. Zumindest schien noch nicht alles kaputt zusein. Ansonsten würde es ihn wohl nicht berühren udn mit einem Gefühl von blinder Taubheit zurücklassen. Einsam und Kalt...und nicht mit einer Schwere aus Trauer und Melachonie. "Auf..das Glück." konnte er daher nur irgendwann das Glas Wein heben, dass er bisher aufgespart hatte. Einzig und allein aus dem Zweck heraus jetzt mit dem Hals des Glases an den von Natashas Glas zu stoßen. "Ich nehme mir die Worte zu Herzen. Das...unterscheidet uns glücklicher Weise weit von einem Primaten." sprach er leise, ging dann jedoch auf den Wunsch ein, weniger über Themen zu sprechen, die Natashas Pessimismus schwarz malen konnte. Ihn hatte das ja bisher nicht gestört...aber ein schöner Abend, vor allem ein persönlicher Abend sah anders aus..
"Ich kann dich mir nur schwer beim backen vorstellen...aber nicht, weil ich dir das nicht zutraue." schmunzelte er daher nur und schüttelte den Kopf. "Ich würde dich gern mal sehen, wie du an einer Sache Spaß hast...das versagt mir nur die Vorstellung von einer gut gelaunten Natasha zwischen Kuchen und Keksen." Erklärte er und nahm einen Schluck Wein. "Dabei..ist es eigentlich gar nicht so schwer...lecker Cremes..weicher Teig..hm..." Schwärmte der Arzt und schloss die Augen."Ich mag auch Streusel... machst du die auch? Kuchen mit so Keksartigen Krümeln oben drauf...die sind himmlisch...vorallen wenn im Teig darunter Aprikosen oder Mandarinen liegen. Das liebe ich auch." Gab er wieder ein wenig mehr von sich Preis, und fühlte sich in ihrem kleinen Kreis immer wohler. Nun musste er jedoch überlegen, als er nach seinem Lebenstraum gefragt wurde. "Mh.." hörte man nur leise zwischen seinen Lippen hervor, während er blinzelte. "Ich habe mir immer eine Familie gewünscht. Das kommt mir jetzt nur vor, wie der größte Verrat an mir selbst... Ich und eigene Kinder, nachdem ..ach." Kyou schüttelte den Kopf. Den Satz hatte sie sich zuende denken können, ohne dass er es ausführen musste. "Aber Kinder habe ich mir gewünscht. Eine Frau..und einen Beruf in dem man mich schätzt und ich etwas bewirken kann. Als jedoch mein Leben die Wendung nahm..wollte ich nur noch bewirken aber das ohne Rücksicht auf Verluste. Und ohne den Gedanken an die scheinbar kleinen Opfer am großen Ziel. Ich wollte in den Sommerferien in den Urlaub fahren, wie alle Familien..der einzige Teil meines Lebenstraumes, den ich aber umsetzen konnte war das Bogenschießen. Der Bogen und der Pfeil, waren immer bei mir..und die Phillosopie die mir wohl mein Fünkchen Gewissen bewahrt hat..."
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Natasha hatte Kyou die ganze Zeit über zugehört und dabei geschwiegen. Er sah friedlich aus, während er erzählte. Trotzdem wusste Natasha die Anektdote nicht so recht einzuordnen. "Ist das wirklich eine schöne Erinnerung für dich, mit dem Restaurant? Irgendwie tust du mir ganz schön leid, wenn du solche Sachen erzählst. Für asiatische Kinder ist das Leben und die Kindheit wirklich kein Zuckerschlecken." meinte sie dann, und streckte die Beine unter dem Tisch von sich. "Naja... aber wenn die Erinnerung für dich schön ist, oder zumindest angenehm, dann.. freut mich das für dich." wollte sie ihm noch mitgeben, und stieß dann ein weiteres Mal mit ihm an. Sie hielt zwar nicht soooo viel davon, auf das Glück anzustoßen, da es so unzuverlässig und unbeständig war, aber da sie bereits einen Trinkspruch ausgesucht hatte, war es nun an ihm, ebenfalls einen zu wählen. "Auf das Glück." pflichtete sie ihm nur bei. Sie trank von ihrem Wein, und schob das Glas dann wieder zurück auf den Tisch. "Sag mal, fällt es dir wirklich so schwer, dir mich beim Backen vorzustellen? Ich finde es.. ganz natürlich." meinte sie mit einem Schulterzucken. "Ich habe allerdings nie so viel Gelegenheit dazu gehabt.. zu Hause jedenfalls nicht. Als ich noch zur Schule gegangen bin, hatte ich Hauswirtschaft. Das hat mir wirklich Spaß gemacht. Du wärst erstaunt, wenn du mich gesehen hattest, so mollig, mit rotbraunen Zöpfen. Das kann man sich jetzt nur schwer vorstellen, oder? Ja..." lächelte sie und seufzte. Schwer, aber nicht schwermütig. "Das ist schon ewig her. Das war bevor diese Sache passiert ist, und bevor ich die Schwesternschule besucht habe. Das war nicht mehr so schön, wie in meiner normalen Schulzeit. Aber... an meinem Beruf habe ich auch Spaß. Oder vielleicht nicht direkt Spaß, aber Krankenschwester sein, das bedeutet mir was. Ein Leben retten, das ist das erhebendste, das es gibt. Selbst wenn ich kein Arzt bin.. mein Beitrag ist sehr wichtig." zeigte sie sich einmal mehr selbstbewusst. Als Krankenschwester machte sie eine gute Figur. Selbst wenn sie sich ruppig und bissig gab, war sie professionell.. man konnte davon ausgehen, dass das was sie tat perfekt war. "Ah, egal." winkte sie rasch ab, und schloß dann die Augen. "Ich mag Streusel, und ich weiß wie man sie macht. Irgendwann mach ich dir eine Aprikosen-Creme Torte mit Streuseln drauf. Die wird dir schmecken, sonst gibts Ärger mit mir!" drohte sie lachend, und hob den Zeigefinger dabei. Als sie aufhörte zu lachen, fühlte sie sich einen Moment ganz frei und still, so dass sie den Arm um den eigenen Bauch schlingen musste, und den Blick ziellos durch die Küche schweifen ließ. "Das war nett.." meinte sie dann. "..das alles hier. Du bist nett..." Natashas Blick kehrte letztlich wieder zu Kyou zurück, und blieb an ihm hängen. So sehr sie sonst dazu neigte, Leute verkniffen und gleichzeitig offensiv anzustarren, schien sie jetzt ein wenig Probleme zu haben, seinem Blick zu begegnen. Am ehesten konnte man diese Blicke als schüchtern interpretieren. "Ich glaube, du wärst ein wundervoller Vater. Auch nach allem, was schon passiert ist. Das ist ein schöner Traum... Ich... hab mir immer vorgestellt, mal einen Arzt zu heiraten. Oder einen Pfleger, da bin ich nicht so wählerisch..." lächelte sie verlegen und strich sich eine Strähne hinters Ohr. "Aber -geträumt- habe ich von einem Arzt... von einem Haus, Kindern und Garten. Fast so, wie bei dir." Ganz ohne es selbst zu merken, oder es bewusst getan zu haben, war Natasha nun doch dazu übergegangen, Kyou von ihren Träumen zu erzählen. Vielleicht weil er davon angefangen hatte. Irgendwie baute das eine Brücke, die es leichter machte, sich selbst zu offenbaren. "Bogenschießen... davon verstehe ich aber ehrlich gesagt nichts. Ich wusste nicht einmal, dass da so viel Philosophie dahinter steckt. Solange es dir aber hilft..." schloß sie dann letztlich. Ihre Stimme war immer leiser geworden, zuletzt hatte sie schon wegschauen müssen, um Kyous Blicken nicht zu begegnen.
Kyou hatte ein gutes Vorstellungsvermögen. Nur deswegen hatte er viele Technologien entwickeln und durchbringen können, was ihm letztlich den Erfolg gesichert hatte. Irgendwann war ihm nur die Fantasie entglitten...und hatte der Wirtschaftlichkeit Platz geschaffen. Jetzt war es nur gar nicht mehr so schwer, als Natasha ihm mit eigenen Umschreibungen auf die Sprünge half. Da er jedes ihrer Worte ernst nahm, und die Krankenschwester ihm so viel bedeutete- gab es kaum eine Aussage die in seinem Kopf kein Bild annahm...und so bekam auch die niedliche, naive Natasha mit freundlichen, roten Wangen ein Gesicht- mit ihren rotbraunen Zöpfen und den glänzenden Augen. Wohl auch damals hätte sie ihm gefallen.. "Du warst sicher sehr süß..du hättest in jeder Back und Kochshow auftreten können. Da hättest du dich mit dem lächeln sicher in die Herzen jedes Zuschauers gebacken." freute er sich, und machte damit von ihm ungeachtet, immer wieder kleine Komplimente. "Hast du deine Schulzeit sehr vermisst? Es ist traurig..denn du hast ja versucht deinem Leben mit der Schwesternschule einen Sinn zu geben, nachdem dir sowas schlimmes passiert ist. Und dann musst du auch noch feststellen, dass die gesamte Medizin schon korrumpiert ist." Seufzte er mit einem leeren Blick in das Glas, dessen Rotweinstand schon bis zum letzten Drittel gesunken war. "Irgendwo da draußen, gibt es sicher noch Mediziner die das richtige tun..." Musste er umschwenken, und seine ehrliche Meinung teilen, die sich mit dem Pessimismus die Waage hielt. Man musste auch positive Aspekte zulassen...und Kyou freute sich zumindest ein bisschen, dass er sie schon sehen und zulassen konnte. So war das Lächeln auch schon leichter von den Lippen gegangen, als er mit einem Aprikosen-Streuselkuchen gelockt wurde. "OH also da musst du mir nicht drohen! Ich wette, ich brauche einen ganzen Kuchen für mich um überhaupt genug davon zu bekommen. ?lachte er mit erhobenen Händen, als wolle er sich ergeben. Mit Natasha war es wieder so leicht und unbeschwert, wie er sich sein Leben immer gewünscht hatte. Wäre nur sein Bruder nicht gestorben, hätte er so ein Leben gewiss schon eher führen können. Dann wäre er nicht in diese Schiene der Bio-Chemie gerutscht...wäre ein anständiger Arzt geworden. Alles Spekulationen, die ihn nur zu dem Schluss führten, dass er niemanden Schuld geben konnte- und auch nichts an der Vergangenheit mehr ändern konnte. Das hatte er von Natasha gelernt. "Hey.. das klingt so, als wären wir das Ideale Paar gewesen, oder?" musste er schmunzeln, als er von Natashas Träumen hörte. Er gab es nicht zu, aber wieder hielt sich die Waage in ihm durch zwei Gefühle: Die eine Seite machte ihn traurig, Natasha nicht früher getroffen zu haben um mit ihr das glückliche Leben eines Arztes mit einer Frau als Krankenschwester zu führen, die ihren Alltag mit Kinder und Glück bestritten. Die andere Seite war mit Wärme erfüllt weil ein Funke in ihm meinte, es war noch nicht zu spät dafür..."Wir könnten immer noch eine kleine Praxis eröffnen, irgendwann wenn wir hier genug erreicht haben..vielleicht uns um traumatisierte und andere Kinder kümmern die gerade Hilfe brauchen, weil sie sonst keine bekommen. " Sinnierte er mit tiefem Blick in sein Glas, ohne sich davon so angezogen zu fühlen, dass er meinen könnte zu viel getrunken zu haben. Es war lediglich der Blick in eine verschwommene, ungewisse Zukunft. "Ich hatte einmal einen Kollegen..er war halb Japaner und zur anderen Hälfte Koreaner. Das hat ihn auch mit den Gesellschaftlichen Hintergründen beider Nationen aufwachsen lassen. Koreaner und Japaner waren sich ja auch nie grün...und dann als Mischling Erfolg erzielen? Er hatte es zumindest geschafft..aber irgendwann hat sich etwas in seinem Blick geändert. Ich bin mir sicher, er ist mit dem Experiment..dem Jungen den er betreut hatte, auch geflohen..denn irgendwann war er einfach untergetaucht...und das mit mehreren Millionen Euro inForm des Experimentes 02-947..." Begann er und schwenkte sein Glas. "Niemand hätte das von ihm gedacht, so ambitioniert und strukturiert er war..und emotionsarm er von seinem Kulturellen Hintergrund geprägt war. Was ich damit sagen möchte ist nur, dass wohl jeder sich ändern kann und eine zweite Chance bekommt. Vielleicht bleibt das alles ja nicht nur ein Traum..was meinst du?"
Kyou fragte sich was aus Hee geworden war. Oftmals hatten sie sich auch zum Bogenschießen verabredet...und nur deswegen, hatte er sich eigentlich an den hochgewachsenen Exot erinnert. "Bogenschießen ist vielmehr ein Zustand...als eine Philosophie. Er zieht einen aus dem Alltag und lässt einen Körper und Seele spüren..nur, deswegen habe ich mir wohl noch etwas von meinem Kern erhalten können." Lächelte er nun ebenfalls mit gesenkten Blick, wo sich seine Wangen röteten. "Jetzt schweife ich schon wieder ab, entschuldige." unterbrach er mit einem lachen, bei dem er die Verlegenheit hinter den lächelnden Lippen verbarg. " Ich möchte bald deinen Aprikosen-Kuchen probieren...pass nur auf, sonst komme ich dir mit meinen Karottensticks zuvor."
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"Tja... vielleicht hätte ich wirklich zum Fernsehen gehen sollen. Andererseits ist mir diese Glitzerwelt auch nicht so geheuer. Da ist ja nichts, so wie es scheint. Und ganz ehrlich, der Gedanke ist mir nie gekommen. Ich glaube, man kommt da auch nur mit Kontakten rein... Krankenschwester ist der richtige Beruf für mich." nickte sie überzeugt. "Irgendwer muss es ja machen... Und es ist kein leichter Job. Blut, Fäkalien, Tag und Nacht Bereitschaft. Man wird oft mehr mit dem Tod konfrontiert, als einem lieb ist. Das kann halt einfach nicht jeder.." ihr Blick hatte sich nachdenklich verloren. Sie hatte auch nicht so direkt gewusst, was da auf sie zukommen würde. Man stellte sich den Beruf doch immer anders vor.. sie hatte eine viel romantischere Vorstellung gehabt, als die Realität war... und dennoch, dieser Beruf gab ihr das Gefühl, wirklich etwas zu tun. Und jetzt war sie ein wichtiges Mitglied einer Rebellengruppe durch ihre medizinischen Fachkenntnisse. Es gab eine Menge, was eine Krankenschwester auch tun konnte, auch wenn es Grenzen zum Arzt an sich gab. "Wer weiß, wo diese anständigen Mediziner sind... ein paar wird es schon noch geben. Sonst könnte man gleich aufgeben." Sie schwenkte locker die Hand und ließ sie dann wieder in ihren Schoß fallen. Ihr zuvor noch sturer Blick war weichter geworden, und sie plötzlich still, weil sie nachdachte. Als sie schließlich antwortete, klang ihre Stimme weich und sogar eine Spur leiser als sonst. Der herrische Unterton war - zumindest für den Augenblick - verschwunden. "Ja... wenn du das so sagst..." sie konnte Kyou dabei jedoch nicht in die Augen schauen. "Wie ein ideales Paar." Sie schüttelte rasch den Kopf und stützte den Ellbogen auf die Tischkante, um das Kinn in die Handfläche zu schmiegen. Jetzt schaffte sie es auch wieder, dem Arzt ins Gesicht zu schauen. "Das klingt gut für mich. Eine eigene Praxis für Kinder... ja, das wäre was." Der Gedanke schien ihr immer besser und besser zu gefallen. Selbst wenn sie für ihre Verhältnisse äußerst wortkarg war, arbeitete es doch in ihrer Mimik. Man sah ihr an, dass sie sich für diesen Gedanken erwärmen konnte, und ihn wohl auch weiter sponn. "Wenn wir genug erreicht haben, dann sollten wir das unbedingt machen. Es gibt so viel zu tun, so viele Kinder die hilfe brauchen. Wir könnten sie aufnehmen und ihnen helfen." Natasha schien sogar noch größere Pläne zu hegen. Anstatt einer Praxis würde sie am liebsten gleich ein ganzes Kinderheim gründen, aber letztlich würde wohl ihre eher praktische Natur dafür sorgen, dass das Projekt doch nicht soooo groß wurde, wie ein ganzes Kinderheim. "Ist dein Kollege wirklich mit einem Millionenschweren Projekt abgeahauen? Alle Achtung... das war sicher nicht so einfach." klärte sich ihr Blick dann jedoch wieder. "Aber das hast du ja auch gemacht... Omega mitgenommen und so." fand sie dann wieder einen Umschwung. "Ich mag ihn... er ist so süß. Schwer vorstellbar, wie Menschen überhaupt so weit gehen können. Damit meine ich nicht dich, denn du bist da hinein gerutscht. Es gab aber Menschen, die mit diesen Verbrechen begonnen haben.. die meine ich." Sie schüttelte nur wieder den Kopf. Das war offensichtlich auch nicht, was sie eigentlich hatte sagen wollen. "Ich wünschte ich hätte auch irgend einen Kampfsport gelernt. Wobei ich nicht weiß, ob man Bogenschießen wirklich als Kampfsport bezeichnen kann. Aber eigentlich hätte ich sowas schon gern gemacht. Nur habe ich nie genug Zeit dafür, und oft genug wenn ich mal Zeit habe, gar nicht die Energie dafür. Das ist... ärgerlich." meinte sie nur mit zusammengezogenen Augenbrauen. Ihre Stimmung konnte recht schnell umschlagen. "Ich würde das auch gern mal versuchen... aber ich würde bestimmt nicht so viel... Philosphie darin sehen wie du. Deswegen weiß ich nicht, ob das überhaupt Sinn macht. Bogenschießen, meine ich."
Kyou hatte für einen Moment schon befürchtet, wieder zu weit gegangen zu sein. Was würde Natasha nur von ihm denken? Wenn er schon äußerte, dass sie ideal zueinander passten, könnte dass ihr schon wieder zu nah gehen und sie zu Flucht zwingen..doch das Gegenteil war der Fall gewesen. Nach Sekunden die Kyou wie eine Ewigkeit vorgekommen waren, konnte er weiche, gar träumerische Gesichtszüge in ihrem Ausdruck finden. Die Mundwinkel waren umspielt von einem hochgezogenen Lächeln...und die Augen hatten etwas von einer seligen Schwere die Natashas Wangen noch weicher wirken ließen. Sie wirkte auf einmal noch viel femininer..und ein wenig mehr wie ein Mädchen, dass man sich vor ein paar Jahren noch mit Zöpfen und weiblicher Figur vorstellen konnte. Es erleichterte ihn ungemein..und machte auch seine Schultern mit einem seufzen leichter- unter dem die Spannung aus den Gliedern wich und die Haltung zusammen sinken ließ. "Kinder sind die, die sich am wenigsten selbst helfen können. Ihre Eltern können oder wollen sich nicht kümmern...oder enthalten ihnen eine behütete Zukunft vor..verletzen sie sogar. Und bei uns könnten sie Perspektiven bekommen..gesünder aufwachsen und zu Menschen werden, die sich für gleiche Projekte einsetzen...oder zumindest in ihren späteren eigenen Familien das Glück weitergeben können was ihnen sonst versagt geblieben wäre..Natasha, damit würden wir wirklich für etwas sorgen, dass Nachhaltigkeit beweist. Ich finde das ungemein ...Eindrucksvoll und erstrebenswert..." Fand Kyou dann keine Worte die nur im Ansatz beschrieben, wie viel ihm diese Träume bedeuteten. Mit wem hätte er auch darüber sprechen können? Ganz davon abgesehen dass ihm niemand geglaubt hätte, wäre man ihm wohl zusätzlich nur mit Spott entgegen gekommen. Ganz nach dem Motto, einmal Täter immer Täter. Doch Natasha glaubte ihn...und viel mehr noch- sie hatte sogar Interesse dabei gezeigt, mit einzuwirken. "Ich habe ja auch noch etwas Geld zurücklegen können...damit kann man sich sicher einen soliden, kleinen Start sichern...wir könnten das Projekt, je nachdem wie es läuft dann auch immer weiter ausweiten. Wenn wir mehr Menschen finden die sich einbringen wollen...warum nicht? Oder.." zuckte er mit den Schultern und musste sich die Brille richten. Vielleicht hatten ihn die Schwärmereien doch verlegen gemacht- weil er sich unbewusst hatte gehen lassen. Jedes natürliche Lächeln dass dabei seine Augenfältchen vertieft hatte, war bisher nur Angrifsfläche gewesen.. Doch bei Natasha konnte er sich auch dabei sicher sein- nicht verletzt zu werden.
"Mein Kollege war auch sehr jung...Ich frage mich oft was für ein Mensch er ist. Was zu den Seiten gehört die er nicht gezeigt hatte. Aber hinter dem Kalkül...der Ethik nach dem Bestreben nach Verbesserung, auf Kosten einer Unzahl von Menschen...muss doch Gefühl gesteckt haben. Vielleicht hat er auch eingesehen das es falsch ist. Ich hoffe er lebt mit diesem jungen Mann irgendwo in Sicherheit..." Seufzte Koyu wieder und schloss für einen Moment die Augen, ehe er sie unter einem Lächeln wieder öffnete. "Ich könnte dir mal eine Probestunde geben, wenn du magst...dann kannst du ja sehen, ob es dir gefällt. Das Bogenschießen beispielsweise..." Schlug er dann vor und suchte Natashas Blick. "Man braucht Kraft in den Armen...aber das kommt mit der Übung. Da man alle Muskeln dabei anspannen musst, merkt man seinen ganzen Körper..das ist ungemein intensiv. Oh, ich glaube du wärst eine gute Schützin, so perfektionistisch wie du bist.." War es durchaus als Kompliment zu verstehen gewesen, ganz ohne falsche Schmeicheleien. "Wenn du noch magst? Der Trainingsraum ist ganz sicher noch frei." War es dann aber doch ein schmunzeln, dass seine Frage unterbrach. "Außer, du möchtest den herrlichen Eintopf in Ruhe verdauen...dann würde ich dich Morgen entführen? So nach dem Frühstück und Omegas Untersuchung..." Gab er eine Ausweichmöglichkeit mit hochgezogenen Augenbrauen.
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