Sofia fand es sehr angenehm, dass Dominique so eng an ihrer Seite war, das sie einander fast berühren konnten. Selbst wenn sie sich nicht vor den größtenteils unbekannten Mitschülern fürchtete, tat es doch gut den schönen Blonden so nahe bei sich zu fühlen und sich auf seine Gegenwart zu konzentrieren. "Oh, ach so. Da kann ich ja von Glück sagen." nahm sie dann das Gespräch auf, ohne die Stimme so zu heben, dass sie befürchten mussten, jemand könnte etwas davon aufschnappen. "Ich mag nämlich sehr gerne Torten mit Sahne oder Schokoladencreme.." überlegte sie. "Aber auch Obstkuchen und einfache Rührkuchen.." bei genauerer Betrachtung stellte sie fest, dass es kaum einen Kuchen oder eine Torte gab, die sie nicht gerne aß.. Sie konnte nur von Glück sagen, dass sie nicht unter Haut- oder Figurproblemen litt bei ihrer Vorliebe für Süßigkeiten. Andererseits ließ die wenige Freizeit und der Dauerstress vielfach auch gar nicht zu, dass sie viel aß, oder überhaupt etwas ansetzen konnte. "Deswegen hätte ich sicher ein Rezept für eine schöne Cremetorte ausgesucht.. aber jetzt wo ich weiß was du magst, werde ich dir das nächste Mal etwas backen das du magst." versprach sie ihm. Auch wenn sie glaubte, dass es bis dahin noch etwas dauern würde, da sie mindestens einmal ein Rezept ausprobieren musste, bevor sie Dominique das Resultat zu essen geben konnte.
"Ja, du hast schon recht.. ich hab dafür nicht so oft Zeit, aber hin und wieder muss ich auch mal abschalten. Dann sind so einfache Aufgaben wie kochen oder backen das richtige, damit ich wieder zu mir selbst finde." verriet sie ihm auch dabei wieder ein wenig mehr über sich selbst, während sie auf dem Weg zum Cafe waren. Schon von außen machte es einen hübschen Eindruck auf Sofia, die bisher noch nicht hier gewesen war. Ein paar Gäste waren zwar außer ihnen schon da, aber sie wollten ja eh nur ein Stück Kuchen kaufen und dann wieder gehen. "Bist du sicher?" erfolgte dann aber an der Tür noch ein kurzer Einwand, während Dominique die Glastür öffnete. "Heute ist doch dein Tag, da sollte eigentlich eher ich dich einladen.. Aber wenn du darauf bestehst... vielen Dank." schloß sie mehr oder weniger ungeschickt, allem voran verlegen. Immerhin war das auch für sie das erste Mal, dass sie von jemandem eingeladen wurde. Und dann auch noch von dem jungen Mann, den sie liebte und als ihren Seelenverwandten erkannt zu haben glaubte... Von Innen her überzeugte das Cafe dann aber auch die schöne Einrichtung und vor allem der köstliche Duft, der in der Luft lag, so dass Sofia rasch neben Dominique an die Kuchentheke trat und erst einmal die Auslagen musterte. Bei so einer Auswahl fiel ihr die Entscheidung natürlich um so schwerer. Nachdem Dominique seine Bestellung nach einem Stück Schokoladentarte aufgegeben hatte, blieb Sofia keine Zeit mehr, es sich noch einmal anders zu überlegen, und sie wählte ein Stück Schokoladentorte, dessen Hauptbestandteile sicherlich Schokolade und Sahne sein dürften.. was die Torte sicher überaus köstlich machte. Während ihre beiden Kuchenstücke sorgsam zum Mitnehmen verpackt wurden, wandte sie sich wieder Dominique zu und trat ganz nahe an ihn heran um sich auf die Zehenspitzen zu ihm noch einmal "Danke.." ins Ohr zu flüstern. Wieder hätte sie dabei am liebsten seine schöne, so weich wirktende Wange mit einem Kuss bedacht, wagte es aber nicht und hob stattdessen nur die Hand an die eigenen Lippen, um die Fingerspitzen mit einem Kuss zu bedenken und diesen anschließend in Dominiques Richtung zu hauchen. Die Geste war dabei mit so schlichten und gleichermaßen eleganten Bewegungen geführt worden, dass sie wohl kaum jemand anders aufgefallen sein dürfte, selbst wenn in dem Moment jemand zu ihnen gesehen hätte. Sofias Hand war bereits wieder herabgesunken, als die Bedienung den in eine Plastiktüte verpackten Kuchen auf den Tresen stellte und im Austausch Dominiques Chipkarte entgegen nahm, um den Bezahlvorgang abzuschließen.
Das Cafe war im Anschluss rasch verlassen, und Sofia fühlte sich gleichermaßen nervös und aufgeregt, was die frische Luft aber ein wenig milderte. "Ich vermute, dass die meisten sich auch noch etwas für heute abend holen wollen.. Halloween ist für Amerikaner wirklich ein großes Fest." zuckte sie leicht mit den Schultern. Dominique war ja Europäer, wie sie nun wusste, und dort gab es ihres Wissens nach nicht einen solchen Hype. Sie blickte sich auf dem Weg zu Dominiques Wohnung aufmerksam um, vor allem da sie diesen nun - vielleicht aufgrund der aufgenkommenen Nervosität - eher schweigend zurücklegten. Allem voran im Fahrstuhl war sie so nervös, dass sie an ihrer Bluse herumzupfen musste, obwohl diese tadellos saß. An der Tür angekommen nahm sie Dominique die Tüte auch auf dessen Bitte hin aus der Hand und wartete, dass er die Tür öffnete. Sie war schon sehr neugierig, wie Dominique wohnte, so dass sie mit einem aufgeregten Lächeln schließlich nach ihm über die Türschwelle trat und im Eingangsbereich stehen blieb, um sich umzusehen. "Oh Dominique!" rief sie dann aus und wandte sich wieder zu ihm um. "Es ist wunderschön!" war ihr die Begeisterung anzusehen. "Du hast es wirklich gemütlich hier..." wurden ihre Worte wieder ruhiger, ohne an Wärme zu verlieren. Auch sie schlüpfte dann aus den Schuhen, die ohnehin nur von einem dünnen Riemchen gehalten wurden und stellte sie neben Dominiques. Eine Jacke hatte sie zwar nicht, den hellen Schal jedoch hängte sie über den Bügel, den Dominique ihr angeboten hatte. "Es gefällt mir sehr gut.. es ist sooo schön." bestätigte sie noch einmal schwärmend, wobei ihr Blick wieder durch den Raum glitt, der so überschaubar und gemütlich war.. Sie mochte alles daran, angefangen von der vorherrschenden Ordnung und klaren Struktur bishin zu der Tatsache, dass alles hier Dominique auszustrahlen schien.. es verstärkte den Eindruck, den sie bisher nur immer von ihm gewonnen hatte, während sie fast täglich neben ihm auf der Bank gesessen hatte. Ihre Schultasche stellte sie nahe den Schuhen erst einmal auf dem Boden ab. "Ich gehe mich dann kurz frisch machen." sagte sie auf Dominiques Hinweis in Richtung des Badezimmers. "Hm... wenn du Milch da hast, trinke ich gern Kaffee mit dir.. aber sonst mag ich auch gern grünen Tee, oder was immer du für Tee hast." lächelte sie. "Ich mag eigentlich alles, deswegen mach ruhig worauf du am meisten Lust hast." sagte sie noch, bevor sie im Badezimmer verschwand, um sich die Hände zu waschen und noch einen Blick in den Spiegel zu werfen.. und vielleicht auch, um das wild pochende Herz ein wenig zu beruhigen..
Dominique freute sich über das Kompliment dass Sofia über seine Wohnung machte. Solche Zusprüche, konnte er ebenso gut aufnehmen wie Komplimente über seine Äußere Erscheinung da dies zu den Dingen gehörte auf die er Einfluss nehmen konnte. Kontrolle war etwas wichtiges in seinem Leben gewesen..und dazu gehörte nicht nur die Kontrolle über die Ordnung, sondern auch über all das offensichtliche wie die Einrichtung seiner Wohnung, oder wie Wahl seiner Kleidung. " Ich habe mir Mühe gegeben den Platz optimal zu nutzen." gab er sich jedoch relativ bescheiden und wandt sich der Küchenzeile zu. Aus einer kleinen Schale, die sich auf der Theke gegenüber der Küchenzeile befand, holte er einen schmalen schwarzen Haargummi, mit dem er sich das Haar im Nacken locker zusammenbinden konnte. Erst anschließend konnte er sich an dem Spühlbecken die Hände waschen, und diese auch anschließend mit dem sauberen Geschirhandtuch trocknen- was die Vorraussetzung für die Zubereitung der mitgebrachten Süßspeise war. Diese richtete Dominique nach dem auspacken, auf zwei hübschen Porzelantellern an, die gänzlich weiß gewesen waren und nur durch einen dunkelblauen Rand bestachen, der sie besonders wirken ließ. "Ich koche uns einen Tee.." Lächelte er daher, während er zusah wie Sofia im Bad verschwandt. Anschließend, schob er seine Ärmel bis zu den Ellenbögen und fügte den Tellern noch zwei Gabeln hinzu, sowie jeweils eine Serviette, die er aus einer Packung aus dem Schubfach hervorzog. Der Tee, würde nicht lange brauchen und würde nur das heiße Wasser benötigen, dass er ansetzte während er in dem oberen Küchenschrank nach der Dose mit den losen Teeblättern suchte- die er in eine spezielle Teekanne schüttete. In das gläserne Gefäß, musste man zunächst die Blätter geben, und mit heißem Wasser auffüllen. Anschließend, musste man den verchromten Deckel darüber schließen, und mit einem Stab, der in der Mitte des Deckels angesetzt war, das daran befestigte Sieb herunter drücken. Das Aroma wurde durch die grünen Blätter dabei sofort freigesetzt, und verringerte die Zieh-Zeit um weitere Sekunden, in denen Dominique nur die Tassen herausstellte, die zu den Tellern passten und mit dem Tee befüllt wurden- der dabei war mit seinem Duft den Raum zusätzlich zu erfüllen.
Anschließend, musste Dominique nur nach und nach die Teller, sowie die Tassen an den tiefen Tisch tragen, auf dessen Mitte sich sogar eine bereits angebrannte Kerze befand, die der Franzose in einem weiteren Schritt ebenfalls mit einem Streichholz entzünden wollte- um eine noch wohligere Atmosphäre zu schaffen. Dabei merkte er garnicht, wie einfach ihm der Umgang mit Sofia fiel- und wieviel freude es ihm bereitete, auf diese kleinen Details zu achten- die er sonst nur erfüllte um sich selbst zufrieden zustellen. Nun konnte er neben seinem eigenen Gedeck auch das von Sofia bewundern..und ließ sich daher langsam in die Ecke nieder, so dass er mit einem Arm zum Regal greifen konnte, wo sich die gesammelten Cd's befanden, Eine Vorauswahl konnte er dabei noch treffen- da er auch nicht glaubte, dass Sofia sich lang im Bad aufhalten würde..
Allzu lange brauchte Dominique auch nicht auf Sofia zu warten. Sie hatte tatsächlich nur die Zeit genutzt um sich die Hände zu waschen und einen prüfenden Blick in den Spiegel zu werfen. Sie trug heute ein ganz leichtes Make-up: etwas Puder, Lidstrich und einen Hauch Lipgloss, was jedoch alles so dezent war, dass es sehr natürlich wirkte. Dennoch war der prüfende Blick nötig um sich zu versichern, dass nichts verschmiert war. Zufrieden richtete sie das Handtuch, das sie zum Hände abtrockenen benutz hatte wieder so hin, wie sie es vorgefunden hatte und knipste das Licht beim Verlassen des Badezimmers wieder aus. Hierbei stieg ihr schon der Duft von Tee in die Nase, der angenehme Atmosphäre verbreitete, ebenso wie die Kerze, die Dominique auch schon entzündet hatte... Zusammen mit dem gedeckten Tisch konnte Sofia einen Moment lang gar nichts sagen, sondern nur das perfekte Bild vor sich betrachten und auf sich wirken lassen. "Dominique.. es ist wunderschön." brachte sie dann hervor, und löste sich schließlich doch noch aus der Starre, die sie befangen hatte. Ein verräterischer Glanz war ihr in die Augen getreten, den sie aber rasch wegblinzeln konnte als sie sich noch einmal zu ihrer Tasche umwandte und diese mit zum Sofa nahm, wo sie sich auf den ihr zugedachten Platz setze, der unschwer an ihrem Kuchenstück zu erkennen war. Einfach alles schien so perfekt, dass es sie berührte. Es war auch für Sofia schwer zu erfassen, dass es auf der Welt so viel Schönes gab, eine Perfektion, wo sonst überall nur das Chaos regierte...
Bevor sie jedoch damit beginnen konnten, den Kuchen zu verzehren klappte sie noch die Metallverschlüsse ihrer Tasche auf, um das längliche, schmale Päckchen herauszuziehen und die kleinen Schleifchen glatt zu streichen. "Ich habe doch auch noch ein Geschenk für dich.." setzte sie dabei an, wobei sie ihre Worte bedächtig wählte. "Herzlichen Glückwunsch, Dominique.. Ich bin sehr froh, deinen Geburtstag mit dir zu verbringen." gestand sie ihm, wobei sie natürlich hoffte, dass dies nicht wieder einen Anfall heraufbeschwor und damit die angenehme Atmosphhäre verstörte, die Dominique geschaffen hatte. "Bitte schön.. ich hoffe es gefällt dir auch.." verklang ihre Stimme schließlich leise, während sie Dominique das Päckchen entgegen hielt.
Dominique hatte sich ebenfalls sehr wohl gefühlt, nachdem er die Kerze entzündet hatte. Das warme, kleine Licht hatte doch etwas heimisches ansich, was diesem Nachmittag doch an Festlichkeit verlieh- ohne dass man auf große Dekoration angewiesen war. Dabei hatte Dominique die Kerze weniger wegen seinem Geburtstag entzündet, als viel mehr für seinem Besuch- dem er gefallen wollte.. "Es freut mich wenn es dir gefällt. Setz dich doch Sofia.." bat er mit aufschauendem Blick und versuchte sich an einem scheuen Lächeln, bei dem er auf den Platz klopfte, auf dem er Sofias Gedeck angerichtet hatte. Dann wartete er jedoch ab, da das Mädchen damit beschäftigt war nach seiner Tasche zu greifen, und diese zu öffnen. Dominique legte dafür sogar die Cd's aus seiner Hand und schob sie wieder in das Regal, so dass er aufmerksam mit ineinander verschränkten Fingern darauf achten konnte, was Sofia im Begriff war zutun. "Ein.. Geschenk?" fragte er dann aber erstaunt und hob die durchscheinend blonden Augenbrauen. Immer, wenn es um Geschenke, und damit seinen Geburtstag ging, war es die Anspannung die seinen Körper befiel. Ob und wie er darauf reagierte, hing dabei von vielen Faktoren ab.. und da es immer noch Sofias warme Stimme gewesen war die er hören konnte, war der Atem auch rasch wieder ruhiger geworden. Hier befand er sich nicht in seinem dunklen, kühlen Zimmer im kirchlichen Wohnheim, dessen knarrender Boden das Unheil ankündigte. Auch aus diesem Grund bevorzugte Dominique Teppiche- da dabei schon kein Boden knarren konnte- oder unangenehm hart und kalt sein konnte..
Sagen , oder viel mehr in irgendeiner Hinsicht reagieren konnte Dominique nicht sogleich, sondern nur insich selbst versunken auf Sofias Hände starren- bis die verschwommene Sicht wieder Konturen annahm und das kleine Schleifchen durchscheinen ließ- dass ein letztes Blinzeln von den letzten trüben Schleiern befreite. So nahm er das Päckchen in die Hände, und strich dabei bedächtig über den Rand der vom hübschen Papier eingefasst war. " Ich wollte nicht feiern.." murmelte er zunächst, wobei seine Augenlider wieder schmaler wurden, und das verdächtige helle aufblitzen in den blauen Augen vergrub. " ... aber sogesehen, ist es mein erster Geburtstag an diesem Komplex. Vielleicht wird es Zeit an diesem Prinzip etwas zu ändern.." Dominique kostete es dabei sehr viel mut, ein derartiges Eingeständnis und gleichzeitig Zugeständnis zumachen. Das bedeutete einmal mehr, sich intensiver auf Sofia zu verlassen- deren Geschenk von der Schleife sorgsam befreit wurde. " Vielen Dank.." blieb Dominique daher weiterhin ein wenig scheu, und befreite den Gedichtband aus dem hübschen Geschenkpapier, dass er neben sich auf den freien Platz legte. " Das.. dass ist ja französisch." merkte der Franzose dann aber überrascht, und schlug sogleich die ersten Seiten auf, um herauszufinden worum es sich dabei handelte. " Gedichte.." war die Stimme immernoch leise, aber durchaus wärmer gewesen. "Wie hast du sowas nur gefunden?" wagte Dominique aufzuschauen, und dies sogar mit einem lächeln.. " Das ist das schönste Geschenk dass man mir je gemacht hat.." War es daher auch nicht übertrieben gewesen, und musste daher auch an Sofia direkt gerichtet werden. Die eisblauen Augen sprachen dabei noch tieferen, leidene Worte der Vergangenheit, ohne dass sie über seine Lippen wichen.
Das Sofa war schön weich und gemütlich, so dass Sofia am liebsten darin versunken wäre. Aber noch war es ein wenig zu früh dafür, weil sie ja Dominique noch sein Geschenk überreichen wollte, auch wenn sie davor ein wenig Angst gehabt hatte. Sie konnte ja auch nicht ahnen, welche Ängste und schlechten Erinnerungen Dominique immer befielen, wenn es um seinen Geburtstag ging.. oder vielleicht auch bei vielen anderen, kleinen alltäglichen Situationen. Trotzdem verblieb sie ruhig und wartete einfach auf seine Reaktion, egal wie sie ausfallen mochte.. hauptsache war natürlich, dass er sie nicht umgehend wieder dazu auffordern würde zu gehen. Das hätte sie verletzt, glücklicherweise trat dieser schlimmste Fall aber nicht ein. Er ging sogar so weit, nach einer gewissen Zeitspanne das liebevoll verpackte Päckchen an sich zu nehmen und über die Oberlfäche zu streicheln. Sofia hielt sich dabei auch weiterhin bedächtig im Hintergrund und beobachtete Dominique aufmerksam, da seine abwesenden Blicke und Gesten doch viel über ihn verrieten und somit zwar keinen Aufschluss, aber dennoch ein wenig Einblick über ihn gaben.
Auf seine einsichtigen, ihm so schwerfallenden Worte nickte sie dann aber, zum einen um ihm zuzustimmen, zum anderen auch weil sie ihn ermutigen wollte. "Es ist ja auch keine richtige Feier.. oder zumindest nur eine ganz, ganz kleine.. nur wir beide. Daran kann doch nichts falsch sein.." wählte sie ihre Worte behutsam und vor allem leise. "Bitte sehr.. ich hoffe das Gedichtband gefällt dir. Ich habe mit einem Antiquariat auf dem Festland telefoniert, und als sich herausstellte, dass unter den vorrätigen Büchern französische Literatur war, habe ich einen Ausflug unternommen, um die Bücher zu kaufen.." erzählte sie ihm und beantwortete damit gleichzeitig seine Frage. "Ich habe noch zwei Bücher gekauft.. nur weiß ich nicht, was das für Bücher sind." gestand sie ihm mit einem verlegenen Lächeln. Dieses hielt sich aber nur schwerlich auf ihren Lippen, da es unmöglich zu übersehen war, dass hinter dem eisigen Blau von Dominiques Augen eine kaum verborgene Seelenqual lauerte. Dieser Ausdruck brachte sie fast dazu, näher zu rutschen und nach seiner Hand zu greifen um sie zu halten und zu streicheln.. aber sie war es gewohnt, solche Gefühle zu unterdrücken. Stattdessen versuchte sie, ihn mit Worten zu erreichen, und so seinem Schmerz ein wenig Linderung zu verschaffen. "Ich habe die Bücher mitgebracht.. wenn du möchtest, kannst du ja einen Blick darauf werfen, vielleicht ist es ja etwas das dir gefällt.. es kann aber auch etwas völlig unpassendes sein. Weder ich noch der Antiquariat können französisch." erklärte sie, bevor sie den Kopf schräg neigte und ihm einen fragenden Blick zuwarf. "Wenn du magst, kannst du aber auch mit mir reden.. wenn dich etwas bedrückt." wollte sie ihm zumindest anbieten und ihm damit das Interesse an seiner Person und vor allem seinem Wohlbefinden zum Ausdruck bringen, ohne dass es zu aufdringlich wirkte.. Die Wahl bleib ja bei Dominique.
Dominique schien geradezuz in die Buchstaben in französischer Schrift zu versinken. In Wirklichkeit jedoch schien er noch viel tiefer zu blicken. In eine längst vergangene Zeit voller Kälte und Abscheulichkeit, die in dem Franzosen immer die Abwerhaltung wach rief, die für seine innerliche Haltung zu den Ereignissen stand. Die Abwehrhaltung war sogar soweit gegangen dass er garkeinen Menschen mehr an sich heranlassen konnte- oder auch nur in seiner näheren Umgebung dulden konnte. Die unterschwellige Wut und Aggression gegen die eigene 'Rasse' hatte sich bisher auch immer durchgesetzt und den Hass und damit die Kraft genährt die Dominique am Leben ließ, ohne an Drogen oder seinen Erinnerungen zu Grunde zugehen. Gesund war diese Haltung trotz allem nicht, da sie sein Herz auffraß. Zu erkennen ganz leicht an seiner ausgemärgelten Gestalt- und den bestehenden Herzproblemen die rein psychischer Natur waren und trotzdem darauf ausliefen dem jungen Politikstudenten einen frühen Herzinfakt zu bescheren. Daran dachte der Franzose jedoch keinen Moment, sondern strich nachdenklich über das ausgeblichene Papier mit den schönen Schriften. Es war ein Wintergedicht gewesen- dass die wärmende Sonne mit der Liebe verglich die selbst in den kältesten Stunden den beschriebenen Baum mit Wärme und Licht versorgte, so dass er trotz der totengleichen, blätterlosen Gestalt im Frühjahr wieder erblühen konnte.. " Vielleicht.." konnte er daher nur leise auf Sofias Aussage hin entgegnen- dass es sich bei diesem kleinen Treffen um keine richtige Feier handeln musste. Sein Herzschlag normalisierte sich dabei nicht von den Worten die Sofia gewählt hatte, sondern viel mehr wegen der Tonlage die sie wählte, und damit es noch schaffte den verstörten Franzosen zu erreichen. Erkennen konnte man dies nur nicht offensichtlich weil er immer noch bitter an seiner Fassung und damit Körperspannung festhielt. "Ich hätte es sonst auch nicht zulassen können." fügte er nur verspätet an und verbannte den Schleier der sich vor seine Augen gelegt hatte mit einem weiteren, klärenden Augenaufschlag, auf den er anschließend hin Sofias Blicke suchte..
"Welche anderen Bücher?" fragte er dabei und senkte wieder den Kopf über das hübsch gemalte Bild in dem Gedichtband. "Das hier, ist schon sehr schön.. die anderen sicher auch." sprach er dabei, und begann ein paar Zeilen aus dem kurzen Gedicht vorzutragen. Dabei war die Stimme auch viel leiser, sogar wärmer gestimmt um die weichen Vokale über die eingeschwungenen Lippen mit der Schönheit zu bringen, die sie verdienten. " Es geht um einen jungen Baum der über das Jahr hin von der Sonne begleitet wurde, und die auch über ihn wachte als er mit den Herbst und Wintermonaten an Leben und Kraft verlor. Der Baum hatte sie gebeten, sich von ihm abzuwenden, da er sich selbst nicht mehr ohne seine Blüten und Blätter ertragen konnte und glaubte zu sterben. Die Sonne hielt jedoch zu ihm und wärmte ihn bis zum nahenden Frühjahr.." übersetzte er grob das, was die Rahmenhandlung ausmachte, ohne auf den selbst verstandenen Inhalt einzugehen. Für diese Interpretation, fehlte es ihm auch noch an Verständniss. "Du kannst mir die Bücher ruhig zeigen." War er trotzdem ermutigt, zu Sofia aufzuschauen, als sie davon sprach, wie sie an die Bücher gekommen war. Dass sie dafür extra auf das Festland gefahren war- brachte auch wieder die Wärme in die Wangen Dominiques. "Warum sollte mich etwas bedrücken.." war es doch ein wenig die Angst die ihn mit Sofias abschließenden Angebot einholte. Darum musste er auch seine langen Finger um den Band schließen den er in den Händen hielt. Ob sie etwas ahnte, oder ihm etwa anmerkte das etwas nicht stimmte? Ihm selbst fiel es ja nicht auf, dass seine Anfälle die er unterdrückte, trotzdem Wirkung erzielten..selbst wie jeder unbedachte Blick der Traurigkeit und des Hasses, den er nicht mehr spürte da er ihm allgegenwertig geworden war. " Glaubst du das?" wollte er sich daher versichern, ohne jedoch eine Spaur der Agression zuzeigen. Von Sofia ging wirklich keine drohende Gefahr aus..und auch keine Sicherheit die dafür sprach, genauer bescheid zu wissen. Aber dennoch konnte der Blonde Franzose nichts gegen den von Angst getriebenen Herzschlag unternehmen..
Sofia empfand tiefes Mitleid für Dominique, dem man seine Verzweiflung anmerken konnte wenn man sich ihm erst einmal angenähert hatte und damit hinter die kalte Fassade blicken konnte. Es waren viele kleine Indizien, die man wie ein Puzzle zusammensetzen konnte, ohne dabei aber das Gesamtbild wirklich erkennen zu können. Die abwesenden Blicke, der viel zu dünne Körper und die gelegentlichen Ausbrüche die auf Zorn oder Panik schließen ließen, waren dabei nur Beispiele. Und selbst wenn sie von Dominique nur eine Armlänge entfernt war, sah sie auch ins einem Fall keine Möglichkeit ihn zu erreichen, oder gar zu helfen. Zumindest aber konnte sie das Gefühl der Hilflosigkeit herunterschlucken und sich auf das wesentliche konzentrieren. "Ich zeig sie dir." anwortete sie dann auf seine Frage nach den anderen Büchern, die sie im Antiquariat erstanden hatte. Während sie jedoch ein paar Schnellhefter mit Notizen beiseite schob um die beiden altmodisch anmutenden Bücher hervorzuziehen, überraschte Dominique sie mit der vagen Übersetzung eines der Gedichte, die er aus seinem Geburtstagsgeschenk herausgelesen hatte. So verharrte Sofias Hand auch auf dem leicht rauhen Einband, während ihr Blick auf nichts bestimmtes gerichtet war. "Was für ein schönes Gedicht.." konnte sie nur murmeln, da sich ihr - entgegen Dominique - der Sinn des Gedichts erschloss.
"Oh, die Bücher.." kehrten ihre abgeschweiften Gedanken dann aber wieder zurück ins Hier und jetzt, so dass sie beide Bücher hervorzog, die relativ schmal wirkten und deren Seiten eine ganz leichte Vergilbung erkennen ließen, die für ihr Alter sprachen. "Hier, bitte.." sagte sie und reichte Dominique die beiden Bücher. "Vielleicht sind es Romane." mutmaßte sie, aber Dominique würde sich ja gleich selbst ein Bild über den Inhalt machen können. Da der Einbände keine Bilder zeigten, sondern lediglich ein Titel in das rauhe Material eingeätzt oder eingebrannt war, konnte es sich um nahezu wirklich alles mögliche handeln. "Naja..." setzte sie dann an. "Jeden bedrückt doch irgend etwas." zuckte sie dann mit den Schultern. "Bei manchen Leuten sind es nur ziemlich belanglose Sorgen, andere wiederum haben es wirklich schwer." meinte sie dann und schwieg einen Moment, der länger schien als er tatsächlich dauerte. "Ich weiß nicht, was du auf dem Herzen hast. Ich wollte nur dass du weißt, dass ich für dich da bin wenn du jemanden brauchst oder reden willst." Irgendwie schaffte sie es dabei immer, ruhig zu bleiben. Vielleicht weil sie darin nun schon so viel Übung hatte, und die Angst vor Dominique ein wenig abgenommen hatte, nun da sie einander ein wenig besser kannten. Erst jetzt schaffte sie es auch, ihm das Gesicht wieder zuzuwenden, ohne allzu intensiv nach Blickkontakt zu suchen. Da Dominique so scheu war, wollte sie ihn nicht durch eine unbedachte Bewegung oder auch nur einen Blick verscheuchen. "Ich glaube wirklich, dass dir etwas zu schaffen macht." nickte sie dann, wie um sich selbst zuzustimmen als Antwort auf seine Frage. "Du musst dir deswegen aber keine Sorgen machen. Ich sage nichts, und ich werde auch nicht anfangen dich auszufragen wenn du nicht darüber sprechen willst." Es war dabei mehr eine Intuition, die ihr verriet, das selbst das für Dominique bereits eine Gefahrenquelle sein konnte.. wie eine feine Nase bereits das erste Fähnchen Rauch wahrnehmen konnte, das vor einem Großbrand in der Luft lag. "Ich glaube aber nicht, dass es irgendjemand anders aufgefallen ist. Mir auch nur, weil es mir manchmal so ähnlich geht, wie dir.." fügte sie deswegen an und suchte kurz nach seinem Blick, um sich über seinen Gemütszustand abzusichern..
Dominique war nicht wohl gewesen. Wo vorher die Kälte seinen Körper heimgesucht hatte war es nun eine Art Brand die unterhalb seiner Haut feuerte ohne ihn zu erwärmen. Dieses Gefühl war eigenartig gewsen und brachte dem Franzosen Schwindelgefühl ein, dass auf die Panik hindeutete die begann in ihm erneut aufzukeimen. Sofia hatte zugegeben, ihm anzusehen dass ihn etwas bedrückt.. und das es sich dabei nicht um eine lapidare Sache handelte, wie Probleme über die sich Jungen in seinem Alter sonst den Kopf zerbrachen. Das brachte Dominique die Realität schon viel zu nah, wo sonst immer so hart die Verdränung von Erinnerung umkämpft war und viel Kraft kostete. Der Atem wurde flacher- doch konnte man nicht behaupten dass der Herzschlag es ihm gleich tat. Er schein sich sogar gegen den Atem zu stellen und umso kräftiger zu pochen, was die schwarzen Flecken vor Dominiques Augen deutlicher werden ließ..genauso wie das Gefühl in der Magegenegend wegen dem er Übelkeit verspürte. Die Bücher hatte er auch zuvor nur annehmen können weil Sofia sie ihm gereicht hatte. Bewusst hatte er schon garnicht mehr wahrnehmen können dass er die Bücher hatte annehmen wollen. Er konnte nur noch daran denken, was wohl Sofia dachte- und wie nah ihm die Realität damit auf den Versen war. Wie gut konnte er noch die Selbstbeherrschung wahren wenn es auch nur ein paar wissende Augen gab die ihn seiner Meinung nach an seine Schwäche erinnern konnten? Die Mitleid mit ihn hatten und so entkräftigten dass ihm schlicht die Worte fehlten um beschreiben zu können was das für ihn ausmachen würde. Wie er es schaffte Sofia ausreden zulassen, blieb daher schon fast ein Wunder. Eine für ihn normale Reaktion wäre darin geendet den Besuch abzubrechen, sich einzuschließen und erst wieder vor die Tür zutreten wenn er dem innerlichen Wutrtrieb luft verschafft hatte. Nur bei Sofia konnte er seinen Zerstörungstrieb nicht walten lassen.. " Es ist schlimm genug, dass du etwas siehst." war sein Ton daher kalt- aber doch so brüchig dass der Widerstand nicht von härte untermalt werden konnte. " Mir kann niemand helfen, es ist längst Vergangenheit. Ich kann nur selbst nachhaltig etwas erreichen." Versuchte er sich dennoch erbittert an Stärke, ohne sich dabei bewusst gegen Sofia zu richten, die sonst- wenn es sich um eine andere Person gehandelt hätte- alle Schuld abbgekommen hätte. " Ich will nie wieder ein Opfer sein.." flüsterte er dabei wieder abwesend, beinah drohend - wobei er vor dem innerlichen Auge das Ziel zu fixieren schien, dem die ganze Wut und der Hass galt. Die Bücher konnte er längst nicht mehr halten, sondern nur die Arme an seinen Körper ziehen und überkreuzt um den flachen Bauch schlingen, als wäre dies die letzte Möglichkeit um sich sprichwörtlich über Wasser zu halten, dass ihn drohte mit der Unterdrückung seiner Gefühle zu ertränken. "Darüber zu sprechen, ändert nichts. Nur Taten schaffen Vergeltung für Taten.." war seine Meinung gewesen, bei der sich die leidend zusammengezogenen Augenbrauen ihre Anspannung lösten, und sich anschließend nahe über die Augen senkten.. " Oder was glaubst du?" setzte er daher zur Gegenanfrage an, und suchte trotz des bewegten Farbenspiels zwischen dunklen und hellen Blautönen in seinen Augen, Sofias Angesicht. " Glaubst du dass es eine höhere Bestimmung gibt der wir folgen müssen, und die erklärt was unsere Vergangenheit prägt, was uns dazu zwingt sie zu akzeptieren? Ich werde niemals, akzeptieren, ich lasse mich nicht zwingen, niemals.." Ließ er seine letzten Worte leise ausklingen, ohne eine Spur von Wut erkenenn zulassen. Es war mehr die Bitterkeit die sich noch als letzter Schutz vor die inneren Wunden stellte, die niemals abheilten und immer wieder bluteten, wann immer sich die empfindsame Seele Dominiques berührt sah..
Sofia fühlte sich schuldig, da sie durch ihre Worte maßgeblich an Dominiques sclechter Verfassung beteiligt war und auch beobachten konnte, wie es ihm von Minute zu Minute schlechter ging. Selbst wenn man Situationen kannte, in denen man immer wieder dazu verdammt war, in Hilflosigkeit zu verharren und nichts unternehmen zu können, war sie nie dagegen abgestumpft. So auch nicht in dieser Situation, in der ihr das eigene Herz schwer wurde und wie auf den Grund eines dunklen Sees herab sank. Sie rechnete daher schon halb und halb damit, dass Dominique sie herauswerfen würde, und ihr von dem Moment ab nicht mehr gut gesonnen sein würde. Niedergeschlagen wartete sie daher, schon bereit, das Feld zu räumen um ihn nicht noch mehr zu verärgern und damit am ende Wirklich einen Herzanfall zu provozieren. Noch jedoch trat es nicht ein, und sie verblieb deswegen stumm. Obwohl sie nicht einmal wusste, ob er es überhaupt zur Kenntnis nahm, ließ sie bei seinen Worten nur ein Nicken erkennen. Es gab schließlich nichts, das sie sagen konnte das die Situation nicht verschlechterte. Ohne Hintergrundwissen, was Dominique bedrückte, war jedes Wort nur ein Herumstochern im Dunklen, das ihn am Ende nur weiter verletzte.
Erst, als Dominique sich direkt an sie wendete, zog sie selbst die Augenbrauen zusammen, da sie seine Worte erst überdenken musste, um eine Antwort zu formulieren. "Ich weiß nicht, Dominique. Zu reden ändert vielleicht nichts, aber sich jemandem anzuvertrauen kann es leichter machen. Vergeltung allein bringt leider nicht immer den erhofften Frieden." seufzte sie und wandte das Gesicht von Dominique ab, um sich selbst wieder zu fassen. "Ich glaube an eine höhere Bestimmung, aber ich glaube nicht dass sich dadurch erklären lässt warum die Welt so ist, wie sie ist. Für die Boshaftigkeit der Menschen gibt es keine Grenzen und keine Erklärungen.." legte sie ihre Meinung dar. "Dominique.." versuchte sie daher, ihn zu erreichen indem sie eindringlich seinen Namen aussprach. "Du bist doch hier. Niemand kann dich zu irgend etwas zwingen. Es ist deine Wohnung und ich bin nicht dein Feind." versuchte sie seine Gedanken von wo auch immer sie verweilten weg zu locken und ihn wieder zurück in die sichere Umgebung seiner Wohnung zu lenken. "Ich bin doch nur hier weil du mir etwas bedeutest, und nicht um dich zu bedrohen. Ich würde doch nie etwas tun das dir schadet... Ich tu alles für dich." sagte sie und musste damit endgültig den Blick auf die eigenen Hände niederschlagen, die sich unbemerkt im Wollstoff ihres Rocks vergraben hatten und diesen zerknautschten.
Dominique konnte nur ein schwaches, aber sarkastisches Lächeln über die Lippen bringen. Vielleicht, war es auch kein Sarkasmus der aus diesem Lächeln sprach, sondern viel mehr Erkenntnis deren Bitterkeit immernoch deutlich für ihn zu schmecken war..selbst wenn der Geschmack ihn allgegenwertig verfolgte. Abgestumpft konnte der Franzose damit auch nicht sein, da seine Gefühlswelt viel zu tief ging, und auch nur schwerlich für Dominique zu unterdrücken war. Eine andere Form, mit seinen Problemen fertig zu werden hatte er nie kenenngelernt. Seit frühester Kindheit lassen sich eine vielzahl seiner Erinnerungen nur mit Verdränung so bewältigen dass sie ein weiterleben möglich machten. Drogen waren davon abgesehen, dass sie weit von seinem Umfeld abgeschirmt wurden- aber nie eine Option für den Stolz des Franzosens gewesen, der unbedingt leben wollte um eines Tages den Schmerz auch andere spüren zulassen. Allen vorran diejenigen sollten ihn spüren, die ihm den Schmerz eingebracht hatten. Angefangen von seiner Mutter, bis hin zu dem Heimleiter der Kinderheimeinrichtung und dessen kirchlichen Betreuerbeistand. "Mir wurde damals sugeriert, dass man sein Schicksal zu akzeptieren hat um daran zu wachsen. Das jeder Mensch einem bestimmten Plan zu verfolgen hat, dessen Erfüllung ihn am Ende seines Lebens ins Paradies bringt. Was für ein Unsinn." konnte er sich nur abfällig mit einem Schnauben anschließen, bei dem er den Blick abwenden musste. " Was sollte Schicksal auch sonst bedeuten, außer vorgeschriebenen Lebensweg? Wenn Bosheit nicht dazugehört und nicht davon bestimmt wird, wieso kann sie dann auf diese Form der Bestimmung einfluss nehmen? Für mich hat Gott seine Wirkung und Bestimmung verspielt." äußerte er sich weiterhin rau - wobei die abweisende Haltung nur für die schmerzenden Verletzungen sprach, die sich nicht besänftigen ließen. Wo man gegen Bauch und Kopfschmerzen Mittel einnehmen konnte, waren diese inneren Wunden durch nichts zu beeinflussen.
Es führte jedoch alles darauf hinaus, dass Dominique ein Problem mit Fremdbestimmungen hatte, dessen Gründe für Sofia jedoch noch nicht bekannt waren. Hinweise darauf legte der Franzose aber auch schon in seinem Alltag, in dem er immer wieder mit Professoren zusammenstieß die ihr Wissen mit ihrer Autorität bekräftigten. Bevor er jedoch sich weiter in seine Gedanken hineinsteigern konnte, war es schon erneut Sofias Stimme die ihn zu erreichen wusste, selbst wenn Sofia ebenfalls mit den Reaktionen Dominiques zu kämpfen hatte, den sie zudem auch noch liebte.. Ihr Schmerz dürfte damit das Leiden des Franzosens teilen, ohne dass dieser davon etwas ahnen konnte.. ungeahnt der Kraft die Liebe freizusetzen mochte. " Ja... das ist meine Wohnung." besann er sich damit auch, und sank wieder zurück in das weiche Polster des Sofas, wobei ihm langsam wieder bewusst wurde wo er sich befand. Er spürte den weichen, flauschigen Teppich in dem seine Zehenspitzen versanken- und die Wärme die ihn umfing während seine Arme sich langsam aus der verkrampften Haltung lösten und an seine Seiten herab sanken. Der weite, weiche Pullover den er trug, hatte bereits erste Knitterspuren in der Region aufgewiesen, um die sich seine Arme zuvor gefesselt hatten. Nun lagen sie nur in seinem Schoß, mit den Handinnenflächen nach oben gekehrt, als würden sie eine Schale bilden.. "Du kennst mich doch nicht.. wie kann ich dir nur etwas bedeuten?" war es kein anklagender Ton zu dem Dominique nach der längeren Phase des Schweigens fähig war. Viel mehr hatte er die Spur der verletzlichkeit nicht verloren, und vermittelte beinah den Anschein, Hilfe in den Antworten die er erwartete zusuchen. Auch aus diesem Grund musste er mit stutzig zusammengezogenen Augenbrauen den Blick heben, und ihn auf Sofia richten. " Aber wahrscheinlich merkst du, dass ich nicht der grausame Mensch bin. Wie sonst, könntest du sonst vermuten ich könnte in dir eine Bedrohung sehen.." erklärte sich dabei zumindest eine Antwort selbst, wonach auch sein Blick traurig von Sofias Gesicht abglitt und sich auf ihre Hände richtete die sich in dem dunklen Rock verfangen hatten. Es gab Bilder in seinen Kopf, in denen er sich in einer selben Position befunden hatte..in der er sich ebenso festgeklammert hatte- wenn es sich dabei auch um keinen Rock gehandelt hatte.
"Du hast auch schmerzen.." Mutmaßte er an, und empfand oberflächlich unbemerkt, im inneren seines Herzens für einen Moment lang das Stechen von Mitgefühl.. "Ich habe das auch immer gemacht." fügte er daher an, ohne seinen Blick von Sofias Händen zu lösen, die ebenso kraftlos wirkten, sie seine damals. " Ich bin nicht bei meinen Eltern aufgewachsen. Ich weiß nichteinmal wer sie sind. Ich bin namenslos im Weisenhaus einer französichen Gemeinde abgegeben worden, die sehr kirchlich war. Dort wurde ich im glauben erzogen und besuchte die Chorschule auf dem gleichen Gelände." Setzte er an, wobei seine Hände sich langsam zusammenkrümmten, wie eine Blume die sich beim senken der Sonne schloss. " Es war kein Ort des Schutzes, sondern ein Vorhof der Hölle von vielen." Dominique wandt dabei langsam seinen Blick von Sofias Händen ab, um sich einmal in seiner Wohung umzusehen. Ein Ort des Rückzuges und des Schutzes den er selbst aufgebaut hatte.. und weswegen er nicht glaubte dass ein Ort des Schutzes anders errichtet werden konnte, außer von eigenen Händen. "Die Welt ist voller Vorhöfe..und ich bin sicher kein so guter Mensch, wie du ihn vielleicht in mir gesehen hast.." versuchte er sich zu erklären, wieso ihm Sofia so treu gewesen war. Es musste doch eine Vorstellung von ihm in ihrem Kopf existieren.. ansonsten konnte er sich nicht vorstellen wie er so eine hohe Loyalität verdiente. Er konnte jedoch langsam nicht leugnen, dass es ihn erwärmen würde und etwas bedeutete, wenn diese Zuneigung nicht doch auf einer Vorstellung von ihm beruhte, die niemals der Wahrheit entsprechen würde..
Sofia wünschte, dass sie Antworten auf Dominiques Fragen besitzen würde, die sie ihm geben konnte.. doch in vielfacher Hinsicht gab es keine befriedigenden Antworten, keine absolute Bestimmtheit. Und die meisten dieser Fragen hatte sie sich selbst schon gestellt. Einzig für sich selbst hatte sie eine Antwort gefunden, die vielleicht unzureichend war, aber ihr für den Moment ausgereicht hatte. Es war dennoch nichts handfestes, was sie Dominique geben konnte. "Ich glaube auch nicht an ein vorgeschriebenes Schicksal. Danach zu handeln würde bedeuten in Passitivität zu verfallen und sich nicht länger Mühe zu geben das Richtige zu tun.. es würde in der Endkonsequenz auch jede Tat und damit das Leben an sich sinnlos machen. Jeder Mensch entscheidet Tag für Tag ob er den guten oder schlechten Weg einschlägt, und das hat nichts mit Gott zu tun." Dabei drängte sich ihr unmittelbar das Gedicht auf, das Dominique zuvor vorgetragen hatte. Gott war wie die Sonne.. Er konnte nicht ändern, das auf den Sommer der Herbst und der Winter folgten, aber konnte doch Licht und Wärme spenden, bis irgendwann der Frühling wiederkehrte.. und damit Hoffnung und Leben. "Es bringt nichts, Gott zu hassen wenn die Schuldigen Menschen sind. Sie verstecken sich hinter ihren Deckmänteln, hinter Religion, Politik, Wissenschaft." zählte sie nur ein paar Institutionen auf die ihr spontan einfielen. Und obwohl es ein Thema gewesen wäre, das man hitzig hätte verfechten können, hob sie dabei kaum die Stimme, oder auch nur den Blick.
"Wir sind allein, Dominique. Allein unter uns Menschen und im Augenblick allein in deiner Wohnung, was zumindest etwas Gutes ist.." versuchte sie, das Positive zu ergreifen, wo es sich bot. "Ich kenne dich noch nicht sehr gut." gab sie dann zu, um auch zu zeigen das sie seine Worte ernst nahm. "Aber als ich dich zum ersten Mal an der Uni gesehen habe, wusste ich einfach dass du derjenige bist.. auf den ich gewartet habe." suchte sie nach passenden Worten, ohne es recht erklären zu können. Diffuse Gefühle und Intuition waren etwas nicht greifbares, so dass sie es ihm nicht besser veranschaulichen konnte. Während sie noch nach weiteren Worten suchte, waren es wieder Dominiques Worte, die sie aufschauen ließen. Bis zu diesem Moment hatte sie nicht bemerkt, dass sich ihre Finger in den Stoff des Kleidungsstücks gebohrt hatten, so dass sie erst begriff, als sie Dominiques Blick folgte. Es kostete sie dennoch Mühe, die verkrampften Finger zu lösen und den Wollstoff wieder zu glätten.. zumal sie nun nicht einmal mehr wusste, wohin mit ihren Händen, die sie schließlich einfach fest ineinander verschränkte. Sagen brauchte sie dabei auch nichts, da es Dominique war, der weiter sprach und ihr von seiner Herkunft erzählte. "Wie schrecklich.." murmelte sie, ohne das sie sich dabei schon des Ausmaßes des Schreckens bewusst sein konnte, der sicherlich die Vorstellungen eines normalen und geistig gesunden Menschen bei weitem überschritt. Es fiel ihr schwer, dabei Worte zu finden, weil ihr eigenes Herz noch schwerer wurde, so dass es ihr beinahe die Stimme raubte. In einer solchen Situation half ihr nur die erworbene Disziplin, die ihren Blick scharf werden ließ.. und sich nur auf ein Ziel fokussierte, um alles andere auszublenden. "Ich hatte eigentlich keine Vorstellung von dir." ließ sie ihn dann wissen. "Ich habe dich einfach gesehen. Deswegen glaube ich auch.. dass es vielleicht gar keine Rolle gespielt hätte, ob du nun grausam gewesen wärst, oder nicht. Aber ich bin froh, dass du es nicht bist." musste sie mit einem schwachen Lächeln gestehen. "So ist es doch viel schöner.. ich mag so vieles an dir und bin gern mit dir zusammen.. dann habe ich auch keine Schmerzen." gestand sie ihre Liebe zwar nicht direkt ,aber doch indirekt. "Und ich wünschte, dass es dir auch so ginge.. dass ich deine Schmerzen lindern könnte.. Vielleicht ist es ja nicht möglich, aber ich bin für dich da wenn du mich brauchst.. das zumindest."
Dominique wusste nicht womit er rechnen sollte. So gern er sich auf alle eintreffenden Lagen in seinem Leben vorbereitete- wusste er dass er diesmal abwarten musste, wenn er auch nur eine geringe Chance haben wollte zu begreifen was Sofia in seiner Gegenwart hielt, die nicht selten jemand mied wenn er herausfand was für ein Misantroph sich hinter dem engelsgleichen Gesicht verbarg. Vielleicht hoffte er irgendwo dass Sofia auch noch so denken würde- damit die Enttäuschung nicht so schwer wurde.. auf der anderen Seite wünschte er sich dass sie ihre Meinung nicht ändern würde und einen anderen, triftigen Grund hatte der bekräftigte wieso so bei ihm blieb- und daran auch zukünftig nichts ändern würde. Das Gefühl der Zerissenheit war beinah unerträglich für den Franzosen gewesen der Gefühle niemals vergab, solange es sich nicht um Verachtungoder Wut handelte. Sich irgendwie aus dem bestehenden Lebensmuster lösen zuwollen, ohne es doch gänzlich aufgeben zu wollen war für den Kopf nicht greifbar gewesen..und um zu empfinden, musste Dominique zunächst sein Herz mehr öffnen.. " Du hast auf mich gewartet?" Dominique, der bedingt seiner aufgewühlten Gefühle inständigst auf eine Antwort gehofft hatte, war mit seiner Antwort nicht sehr viel weiter gekommen. Sie gab ihm nur noch mehr Rätsel auf die er nicht begreifen konnte. Was er jedoch begriff war langsam, dass die Antwort auf die er hoffte, wohl nicht kommen konnte, da sie in Sphären lag die sich nicht mit Worten beschreiben ließen. Er selbst hatte dies noch nie erfahren, aber wohl aus Dramen und Lyriken entnommen die er gelesen hatte, und die diese Eindrücke genauso hilflos beschrieben, wie Sofia ihm versuchte sie näher zubringen. " Aber, worauf hast du gewartet..oder gehofft, wenn du es in mir siehst?" wollte er dennoch versuchen, für sich eine Art frieden zufinden- da er immer noch nicht wusste, wohin er diese empfundene Verbundenheit schieben sollte- die Sofia bei ihm gefunden hatte.
" Du bist ziemlich mutig wenn du dich dennoch in meine Nähe gewagt hast. Immerhin hast du jeden Tag bei mir gesessen, wenn ich zurück denke.." Fiel ihm dann im nachhinein auf, wobei seine Augenlider herabsanken. Zunächst hatte es ihn gestört, dass sich jemand zu ihm gesetzt hatte- doch als ihm aufgefallen war dass von dem blonde Mädchen keine Gefahr, Stimme oder sonstige Annäherung ausging- hatte er es auf sich beruhen lassen, und irgendwann garnicht mehr bemerkt, dass sie sich immer wieder zu ihm auf die Bank gesetzt hatte. Mit Sofias Bekundung über die Schrecklichkeit die von seinen Erzählungen ausgegangen war, schlossen sich jedoch seine Augen. " Es ist Vergangenheit." Gab er nur hinzu, noch immer nicht fähig sich gänzlich zu öffnen und damit all seine Schwäche zuzulassen. Das würde bedeuten dass er sich vollkommen auf sie einlassen würde.. und weil er irgendwo schon spürte, dass es ihn in diese Richtung zog, verspürte er umso mehr angst da sich dieses Verlangen weder unterdrücken, noch kontrollieren ließ. Es machte ihn so Hilflos, wie er einen Ausdruck dafür in Sofias Gesicht wiederfand, zu dem er aufsah, während sich das Kerzenwachs vom oberen Rand löste und gleich einer Träne über den Stiel rollte. " Sofia.." konnte er dabei nur murmeln, als er ihren Worten gelauscht hatte, und dabei angestrengt die Augenbrauen zusammenzog, die nur um eine winzige Nuance dunkler gewesen war, als das helle Haupthaar des Franzosen der sich fühlte, als hätte ihn ein heftiges Druckgefühl präzise genau ins Herz getroffen. Es war nur Druck, und damit nicht schmerzend.. aber doch auf eine Art und Weise unangenehm dass es nicht ignoriert werden konnte. Erst nach und nach, löste sich das unnagnehme Gefühl und lockerte die verkrampften Herzmuskeln die das weitere Schlagen verhindert hatten. Erst dann hatte Dominique aufschauen können, und konnte sich dabei über Sofias Worte bewusst werden. Sie hatte in seiner Gegenwart keine Schmerzen, hatte sie gesagt.. und ihn unbewusst damit an sich selbst erinnert, der sich vor vielen Jahren nichts anderes Gewünscht hatte, als dass über einen Menschen sagen zukönnen. Es gab eine Zeit, wo er auch auf jemanden gewartet hatte, bis man sein Grundvertrauen und den Glauben an das Gute in ihm zerstörte.
Warum er also seine Hand ausstreckte, wusste er nicht. Er dachte das erste Mal nicht bewusst, bevor er handelte und suchte die verschlungenen Finger Sofias, die den Stoff des Rockes aufgegeben hatten und nun nur noch aneinander klammern konnten. Erst, als er diese umgriffen hatte, rutschte er ein wenig näher an die blasse und verletztliche Gestalt Sofias heran. "Ich ertrage Menschen eiegentlich nicht, weil sie mich nur an schlechtes erinnern. Deswegen wird so vieles über mich erzählt, weil ich jeden vor den Kopf stoßen muss, damit er nur nicht erfährt, was mit mir ist.." sprach er dabei leise, und hob seine freie Hand nun, um sie an die Wange des Mädchens zu legen, die ihm abgewandt war, so dass er ihren Kopf ein wenig in seine Richtung lenken konnte. Worte fehlten den eindringlichen Blicken dabei, die er ihr durch halb gesenkte Lider zuwarf. Dabei kam er ihr durch senken seines Kinns, so nah dass sein kühler Atem bereits ihre Lippen streifte. " ich habe angst." flüsterte er dabei, als könnte es auch nur ein einziges Paar Ohren in diesem Raum geben, für dass diese Worte nicht gedacht war. "Das wird nie vergehen. Und was ist, wenn ich damit irgendwann zum Auslöser deiner Schmerzen werde?" fragte er ebenso leise, flüsternd, wobei seine Hand beinah zärtlich von ihrer Wange über das Kinn hinabglitt um herab zusinken. Dabei konte man genau spüren, wie unsicher und ungeübt der Franzose in derartiger Nähe war..jedoch ohne sich weiter dieser entziehen zuwollen. Ihm lag bereits so viel an Sofia, dass er seinen Kopf wieder ein wenig hob um in ihre Augen zusehen.
Sofia glaubte, dass es unmöglich war etwas zu erklären, was man nicht einmal selbst verstand. Ihre Gefühle, die sie für Dominique hegte gehörten sicherlich dazu. Manchmal war es eben so, dass man jemanden kennenlernte und sich in die Person verliebte.. und manchmal war es so, dass man jemanden liebte, und erst im Anschluss kennenlernte, so wie sie Dominique.. Sofia, die den Glauben zwar nicht aufgegeben, aber doch zur Überzeugung gelangt war, dass man nur selbst etwas bewirken konnte, konnte sich deswegen auch vorstellen wie unglaubwürdig es klang, wenn man in der heutigen Zeit noch von aufrichtiger Liebe sprach. Sie kam sich auch nicht besonders mutig vor. Es schien ihr normal, sich in die Nähe des Menschen zu wagen, den man liebte, egal welchen Ruf dieser hatte.. und er war auch nie unfreundlich zu ihr gewesen. Ein paar missbilligende Blicke von seiner Seite hatte sie verschmerzt.. und irgendwann hatte er auch damit aufgehört, sie so anzusehen. All die herumwirbelnden Gedanken ließen sie schweigen, während sie nach Antworten für Dominique suchte, oder vielleicht einem Leitfaden für sich selbst. Erst, als er ihren Namen nur murmelnd aussprach, konnte sie den Kopf so weit heben, dass ein fragender Blick aus den fast durchscheinenden Augen den seinen traf. "Ich verstehe warum du andere von die stößt.. Dominique.. aber was ist mit dir? Was quält dich so, obwohl es vergangen ist.." flüsterte sie ganz leise. Der Effekt, der dabei die Augen so durchschneinend wirken ließ, lag jedoch nicht an der Farbe, sondern an der Offenheit, als könnte man durch die Augen direkt auf den klaren Grund der Seele blicken, wie auf einen stillen Teich.
"Dominique.." war sie es dann, die seinen Namen aussprach. Es war beinahe so, als würde ihr Herz zerreißen, oder ein heftiger Blitzschlag sie aus heiterem Himmel treffen, als der Blondhaarige seine Hand ausstreckte, um damit ihre verschlungenen zu umfassen. Trotz des Schocks trat kein Reflex des Zurückzuckens auf, da sich im gleichen Moment alles in ihr nach Dominiques Nähe und seiner Wärme verzehrte, so dass es jede Zurückhaltung und jede mühsam erarbeitete Diszuplin einer Naturgewalt gleich hinfortwehen konnte. Ihr Herz schlug so rasch und so leicht, das es ihr beinahe wie das Herz eines kleinen Vögelchens vorkam. Darauf erfolgte sofort die Wärme, die bis ins Herz reichte als sie den ersten Schrecken überwunden hatte, und das Glücksgefühl in Strömen durch sämtliche Adern und Nervenbahnen fließen ließ. Sie konnte deswegen auch nur ganz still halten als Dominique seine freie Hand hob um sie an ihre Wange zu legen, während sich ihre Lippen unbemerkt leicht geöffnet hatten, damit sie Atem schöpfen konnte. Dabei sträubte sie sich auch nicht gegen die leichte Berührung, mit der er ihr Gesicht mehr zu sich drehte, damit sie schließlich seinen Blicken begegnen konnte, und in diesen vielleicht nach der selben Sicherheit suchte, die er bei ihr zu finden hoffte. "Ich habe auch Angst.." flüsterte sie ein leises Bekenntnis, die Stimme dabei ebenso leise, wie seine. "Aber nicht davor, dass du zum Auslöser meiner Schmerzen wirst. Das passiert vielleicht nie, und wenn doch werde ich damit leben. Ich erwarte doch nichts von dir.." verklang das flüstern, während sie es nicht mehr schaffte die Augen offen zu halten, als Dominiques Hand von ihrer Wange glitt und das Kinn streifte, bevor die Wärme der Berührung sich verflüchtigte, als die Hand herabsank. "Ich liebe dich doch.. dafür musst du nichts tun.." kam es als leiser Hauch über ihre Lippen, die nun die Wahrheit ausgesprochen hatten, die sie so lange schon im Herzen trug. Sie brauchte dabei auch den Mut auf, wieder aufzuschauen und dabei nach Dominiques Blicken zu suchen.
Angst war ein weitläufiger Begriff, wenn Dominique davon sprach sie zu empfinden. Sie wurde umfasst von den Erinnerungen, die Scham und die Schmerzen die er durchlitten hatte, sowie von den Nachwirkungen die sich in den Alltag schlichen. Plötzliche Panikattacken waren bei ihm nicht unüblich und gehörten genauso dazu wie schweißbadende Alpträume, dass erstarren bei unverhofften Berührungen, die Wut und Aggressionen heraufbeschwörten. Es gab so vieles, dass manb im Umgang mit ihm falsch machen konnte, und selbst wenn Sofia versicherte nichts von dem Franzosen zu erwarten, blieb dieser dennoch kritisch. Es war ihm nicht egal gewesen, wenn er schlud an Sofias Schmerzen tragen würde. Dafür bedeutete sie ihm einfach schon viel zu viel, als dass sein Gewissen sich nicht melden würde und den Umgang weiter so unbeteiligt pflegen lassen würde, wie zuvor. Doch Sofia ließ die Gedanken des Franzosen wieder schwerer werden, als sie die Stimme erneut erhob und sich damit die Aufmerksamkeit Dominiques sicherte. Auch er brach den Blickkontakt nicht ab, und sah direkt auf den Grund der unschuldigen Seele des hübschen Mädchens, dessen Haut sich ganz weich angefühlt hatte, als seine Fingerkuppen an der Wange herabgeglitten waren- und dass den Franzosen immer mehr an sich selbst erinnerte- wenn auch mit charakterlichen Unterschieden..
Nun konnte Dominique, der immer auf Antworten hoffte , seinen Ohren nicht glauben. Hatte sie tatsächlich gemeint, ihn zu lieben? Irritiert, und ebenso unsicher zogen sich die Augenbrauen schützend zusammen und ließen eine Sorgenfalte in ihrer Mitte entstehen, was die kürzeren Wellen dazu brachte in die Stirn zufallen. Dominique , der nicht glaubte dass Menschen zu solchen Gefühlen fähig waren, bemerkte doch wie verdächtig schnell sein eigenes Herz schlug, als er diese bekennenden Worte von Sofia vernahm, deren Wahrheit nichteinmal von ihm bestritten werden konnte. Dafür, musste man auch keine gute Menschenkenntniss besitzen. Es lag in Sofias Worten..ihren Gesten und Blicken voller Aufrichtigkeit, die es dem Franzosen auch unmöglich machte sich von ihr abzuwenden. Stattdessen, hob er seine Hand erneut, so dass seine Fingerspitzen über ihre Wange streichen konnten, und dabei den Mundwinkel streiften, der so weich war, dass er ganz leicht unter der zarten Berührung nachgab. Dominique glaubte nicht, dass sie sein Herz brechen würde- da aus ihren Augen die Sehnsucht sprach, die er meinte aus Büchern zu kennen, und nach der er sich unterbewusst vielleicht schon seit längerer Zeit sehnte. Was nützten da auch schon Worte? Was brachten lange Erklärungen.. Dominique war zumindest zu keiner fähig. Weder konnte er davon erzählen, was ihn quälte, noch konnte er wörtlich auf Sofias Liebesgeständnis reagieren. Er konnte sie nur ansehen.. noch ein Stück näher rutschen, bis sein Bein ihres brührte und er sich nur noch über sie beugen musste um dem feingeschwungenen Lippenbögen Sofias mit den eigenen so nah zukommen, dass sie einander fast berührten. Nur im stillen zögern verharrte der Franzose dabei, den ein anflügliches zittern befiel, während er es wagte sie zu küssen. Zaghaft ging er vor, doch von einer unterschwelligen Leidenschaft begleitet, einer Sehnsucht die das zittern auslöschte, als er fühlte wie anschmiegsam ihre Lippen sich unter seinen anfühlten.. Eindringlicher, wurde der Kuss dabei nicht.. dennoch nahm sich Dominique die Zeit, sich erst langsam von Sofia zu lösen, und erst dann die Augen wieder um einen winzigen Spalt zu öffnen, so dass er sie ansehen konnte. "Ich habe in deiner Gegenwart, weniger Angst vor dem, was mich quält.. und gleichzeitig mehr angst vor dem was ich fühle.." sprach er dabei aus, nicht ohne ein weiteres Mal über Sofias Wange zu streichen, und sich anschließend in eine ihrer Strähnen zu verirren, die sich an ihrer Seite entlang zog, und zu kurz war um in das Schleifenband in ihrem Nacken zupassen. " Sofia.. könntest.. könntest du heute vielleicht bei mir bleiben?" fügte er danach ebenso leise hauchend an, wobei seine Wangen es endlich schafften die Farbe zu zeigen, die schon ein paar mal unterhalb seiner Haut die Wangen erwärmt hatte.. " Es gibt so viel, und ich weiß nicht, wie ich sonst damit fertig werden soll.." konnte er nur zugeben, und Sofia mit der Aufrichtigkeit begegnen, mit der sie ihn erwärmt hatte. Dabei sollte seine Hand keine Sekunde von ihren Händen wichen, die sie zusammengefaltet hatte..