Die große Eingangshalle der Universität war wie an fast jedem Tag gut besucht. Es war ja auch ein schöner Aufenthaltsort für Studenten.. Die glänzend polierten Marmorböden waren hell und freundlich, ein kleiner Springbrunnen in der Mitte der Halle sorgte für ein angenehmes Raumklima. Das allgegenwärtige Gemurmel und Gelächter mischte sich mit dem Sonnenlicht, das durch die verglaste Decke einfiel und den Raum so in Licht und Schatten tauchte. In der Luft lag noch die Spur eines Dufts nach Essen, der aus der benachbarten Schulkantine geweht war. Das Mittagessen allerdins war bereits vorbei, nun konnte man sich dort höchstens noch mit Kaffee und Kuchen versorgen. Auf Essen jedoch hatte es das Mädchen nicht abgesehen, das eine feingliedrige Hand an einer weiß getünchten Säule abgestützt hatte und die Blicke durch die Halle schweifen ließ. Auf der Suche war sie dabei allerdings nicht. Es gab nur einen Platz, von dem die hellen blauen Augen angezogen wurden, oder besser gesagt eine Person. Diese Person war ein schlanker und blasser blonder junger Mann, der immer allein in einer kleinen Sitzgruppe abseits saß und zumeist ein Buch las. Manchmal handelte es sich um Schulbücher, das Mädchen hatte aber auch schon gelegentlich beobachtet, dass es sich um Gedichtbänder oder klassische Lyrik gehandelt hatte. Trotz der Schönheit des jungen Studenten war er immer ziemlich alleine, und der Grund dafür war sein abweisendes Verhalten. Damit hatte er sich, allem voran bei den Mädchen schon ziemlich unbeliebt gemacht, so dass er nun schon regelrecht geschnitten wurde. Sofia war das ganz recht.. da sie jedes mal wenn sie ihn mit jemand anders sah einen unangenehmen Stich im Herzen spürte, der ihr schon fast den Atem nahm. Es war schwer zu ertragen, aber bisher hatte sich aus diesen Zwischenfällen nie etwas dauerhafteres ergeben..
Nur langsam löste Sofia die Hand von der Säule, um den Blick kritisch an sich herab zu richten und ihren knielangen, braunen Rock glatt zu streichen. Danach zupfte sie noch einmal an den bis zu den Ellbogen reichenden weißen ärmeln ihrer Bluse, über die sie eine tiefdunkelrote Weste gezogen hatte. Eigentlich wirkte sie schon fast eher schwarz als rot, wenn sich die Färbung auch je nach Spektrum des Lichts verändern konnte. Eigentlich machte sie sich nicht allzu viel aus Kleidung, zumindest weniger als andere Mädchen, heute aber war es ihr wichtig, dass alles perfekt war. Aus diesem Grund fuhr sie sich auch noch einmal durch die feinen blonden Haare um den korrekten Sitz der Schleife zu überprüfen, die das Deckhaar am Hinterkopf zusammenhielt. Nachdem sie sich vergewissert hatte, das alles in Ordnung war, holte sie einmal tief Luft und schloß die Augen, um den angehaltenen Atem einige Sekunden später wieder mit leisem Zischen entweichen zu lassen. Als sie die Augen wieder geöffnet hatte, sah sie dass der Blondhaarige noch immer allein auf seinem üblichen Platz saß.. es gab also keinen Grund mehr, das unvermeidliche noch länger aufzuschieben. Mit langsamen, gemessenen Schritten die nicht so viel von der Unsicherheit zu erkennen gaben, die sie tatsächlich empfand näherte sie sich dem kleinen Bänkchen, auf dem sie schon so oft schweigend zusammen gesessen hatten, zumindest seit dieser junge Student an den Komplex gewechselt hatte, um hier zu studieren. Wie üblich trat sie dabei an das anderre Ende der Bank, das so am weitesten von dem schönen, Blonden entfernt war und stellte ihre Schultasche auf dem Boden ab, bevor sie ihren Rock glatt strich und sich setzte. Manchmal blickte sie dabei auf das schöne, engelsgleiche Gesicht und schenkte ihm ein Lächeln, das man wohl als eine Art Begrüßung interpretieren konnte, wenn man wollte, bevor sie rasch wieder weg sah. Angesprochen hatte sie ihn dabei noch nie, was zum einen daran lag, das ihr eine natürliche Schüchternheit zu eigen war, zum anderen aber daran, dass ihre ausgeprägte Intuition und die pure Beobachtungsgabe ihr verraten hatte, dass er das nicht mochte. Dagegen, dass sie dort saß schien er allerdings nie etwas gehabt zu haben. Zumindest sprach dafür das angenehme Gefühl, dass sie in der Gegenwart des jungen Mannes immer empfand. Sie hatte sich sogar die Mühe gemacht, ein wenig nachzuforschen und so zumindest den Namen des Studenten herauszufinden: Dominique.
Heute jedoch musste sie mit diesem "Ritual" des stillschweigenden Zusammensitzens brechen.. wenn auch aus einem bestimmten Grund. Zwar stellte sie ihre Tasche ab; jedoch nicht auf dem Boden neben ihrem üblichen Sitzplatz, sondern auf der Bank selbst, um aus der Tasche ein kleines Päckchen aus Silberpapier zu ziehen. Bei genauerer Betrachung konnte man erkennen, dass es kein reines Silberpapier war, sondern eher eine Art durchsichtiger Folie, die mit silbernem Muster verziert war, und somit den Blick auf den Inhalt erahnen ließ. Es handelte sich um ein Päckchen mit selbst gebackenen Keksen, welches am oberen Rand mit einer roten Schleife verknotet war. Sofia, die nicht recht wusste, wie sie es am besten anstellte, blieb einfach einige Sekunden vor Dominique stehen, um dessen Aufmerksamkeit zu gewinnen. Unabhängig davon, ob er nach ablauf der wenigen Sekunden aufsah oder nicht, nahm sie ihren Mut zusammen, ihn anzusprechen, und somit seine Aufmerksamkeit gezwungenermaßen zu gewinnen. "Hier, für dich.." sagte sie nur leise, und hielt ihm das kleine Päckchen hin.
Dominique saß wie jeden Nachmittag nach seiner letzten Vorlesung in der großen Eingangshalle der Universität. Dabei schätzte er die noble Einrichtung- und nicht etwa das rege zusammentreffen von vielen, kleinen Studentengrüppchen, die sich hier zum lernen verabredeten, oder trafen um zu einem späteren Zeitpunkt gemeinsamen Aktivitäten nachzugehen. Zumal in diesem Bereich der Uni, dass Gebiet sehr weiträumig war und somit genug Platz gegeben war, um sich allein eine Sitzgruppe zusichern. Zwar war es in den ersten Wochen noch vorgekommen, dass einige Mädchen sich zu ihm gesetzt hatten, und ebenso wie in den Gängen mit Fragen über seine Person langweilten- doch dank seiner unverblümten Desinteresse, hatte er es schnell geschafft dass keiner mehr versuchte, sich an ihn heran zumachen. Auch Jungen hielten sich dabei von ihm fern- da er weder besonders sportlich und kräftig war, um in eine Sportgemeinschaft aufgenommen zu werden- noch zu schlecht als dass er darauf angewiesen gewesen wäre- sich einer Lerngruppe anzuschließen. Ja, man konnte schon davon sprechen, dass Dominique für seine Arroganz bekannt gewesen war, die auf den ersten Blick schon allein aus der Körperhaltung des Franzosens sprach..zu jedem Moment.
In diesem Augenblick lehnte er an dem äußersten Ende der Sitzbank, dass sich beinah an einer Eckwand befand- und von dem dunklen Holz nur durch eine dekorative, hohe Zimmerpflanze getrennt war. Während der Ellenbogen somit auf der Lehne ruhte, waren die Schultern durchgestreckt und ließen den Rücken des schmalen jungen Mannes kräftiger wirken, als er eigentlich war. Das gewellte, lichtblonde Haar wurde dabei von den Reflexen des vergehenden Tageslichtes unterstrichen, und schlug mit den Spitzen auf den Schulterblättern auf- was es auch bis in den Nacken reichen ließ. Der aufgestellte Kragen des blütenweißen, eng geschnittenen Hemdes verhinderte dabei, dass die gewellten, nach allen Seiten abstehenden Haarspitzen darin verschwanden, und somit die härte seiner Mimik unterstrichen, die nun weitestgehend umschmeichelt wurde. Ändern würden aber selbst die dichten, längeren Wellen in seiner Stirn, dass der vertiefte Blick der spitz- zulaufend geschmälerten Augen immernoch abweisend und kalt wirkten..und den Groll verbargen, der sich unter der dicken Eisschicht im verborgenen hielt. Die feingeschwungenen, vollen Lippen waren dabei zu einer geraden Linie verzogen, und erhärteten den Eindruck einer Mamorstatue eines Engels- geschaffen von einem längst verangenen Künstler..wäre da nicht das gelegentliche blinzeln, oder das umschlagen der nächsten Seite in dem dunkelroten Gedichtband, dass sich auf seinem Knie befand, dass er über das andere Bein geschlagen hatte, und in eine dunkelgraue, enge Hose gefasst war. Domnique war dabei in eine Kurzgeschichte vertieft gewesen. Natürlich war der Band auch mit Gedichten, Gedanken udn einzelnden Versen gefüllt gewesen..doch wie kein zweiter wusste dabei nur der längst vergangene Voltaire das kleine Fünkchen an Gefühl in dem Eisherz zu wecken. Dieser Mann vertrat all das, was Domi schätzte. Ein bekennender Gegner der Dummheit..der Kirche, gegen die er sich ganz allein stellte um das Unrecht zu beweisen, an das er glaubte. Vielleicht war es ihm auch bedingt seiner Vorgeschichte nicht ganz vergönnt gewesen, diesen Schriftsteller und Phillosophen richtig zu verstehen..aber er konnte ihn für sich interpretieren, so dass es für Dominique selbst keinen Unterschied machte- sondern ledlich ein wenig Linderung verschaffte, wann immer sich die Agression zu stark in ihm aufbaute. Die Nacht hatte er nicht gut geschlafen- was man höchsten in dem leichten Spiegeln seiner gläsnernen Augen ausmachen konnte wenn man genauer hinsah..und desweiteren, hatte er auch noch eine Außeinandersetzung mit einem Dozenten hinter sich. Er solle sich doch noch einmal überlegen, es genauer mit dem Umgang zunehmen, wenn er sich in der Gegenwart einer Autoriätsperson befand- hatte man ihm geraten..und damit die boßhaft schlechte Laune herraufbeschworen, die wie ein Eisbrand ungesehen von der Umwelt in ihm wütete.
Somit hatte der kühle Franzose erst garnicht bemerkt, dass sich ihm wiedereinmal eine eher unscheinbare Person genähert hatte- die er unbewusst schon ab und an wahrgenommen hatte. Das Mädchen war dabei jedoch weder aufdringlich gewesen, noch schien es an einem Gespräch interessiert zusein, weswegen Dominique nie einen Blick in die Richtung der stillen 'Begleitung' gerichtet hatte. Nun.. musste er jedoch alamiert von dem leichten Schatten, der auf ihn fiel- aufsehen und dabei das Gesicht des besagten Mädchens ausmachen- wobei sich seine Augenbrauen so zusammenzogen, dass sich seine Wangenknochen verspannten, und damit eine weitere Verfinsterung in die Mimik brannten.. "Für mich?" nahm er dabei nur in seinem klaren- aber geschnitten scharfen Ton die Worte des Mädchens auf, ohne dabei eine Emotion erkennen zulassen, die seine Verwunderung und sein Misstrauen überschritt. "Warum das?" konnte er nach einer gedehnten Pause nur anfügen, in welcher er das Päckchen kritisch beäugt hatte. Dabei waren es tausende von Fragen- mit denen er sich angefangen über einen Scherz bis hin zu einem Vergiftungseversuch beschäftigte. Es konnte sich dabei ja auch um einen Versuch handeln, in auszuhorchen..aber um all die Gefahren abzuklären, für die auch nur eine minimale Wahrscheinlichkeit sprach- musste er dieser Sache erst auf den Grund gehen..und ließ dafür sogar von den Buch ab. "Wir kennen uns nicht..und in meinen Kursen, habe ich dich auch noch nie gesehen." fasste er dabei zusammen, was er wusste, während er mit aufgerichteten Blicken darauf wartete, in wiefern sich die Reaktion des Mädchens äußerten, dass nicht so abgebrüht wirkte, als dass sie dazu fähig wäre etwas vor ihm verheimlichen zu können...
Sofia war überaus nervös gewesen, sich Dominique überhaupt anzunähern. Schon als er den Blick hob und sie den eisig blauen Augen begegnete, durchzuckte sie der Blickkontakt beinahe wie eine heiße Nadel. Es war immerhin das erste Mal, dass sie einander direkt in die Augen sahen. Bisher war es, wenn es überhaupt vorkam, nur ein flüchtiger Blickkontakt gewesen, bei welchem Dominque sie nicht richtig wahrgenommen zu haben schien.. ein direkter Augenkontakt war anders, vielleicht sogar ein wenig anders, als sie es sich vorgestellt hatte. Um sich zu sammeln musste sie deshalb auch für einen kleinen Moment die Augen niederschlagen und den Kopf senken, bevor sie sich wagte den Blickkontakt wieder aufzunehmen und ein weiters warmes, wenn auch scheues Lächeln erkennen zu lassen. "Ja, für dich." wiederholte sie dabei, wobei es vor allem der Aufregung zuzuschreiben war, dass sie sich weniger auf Dominique konzentrieren konnte, als sie eigentlich wollte. Es waren zu vieles Sinneseindrücke, um sie alle auf einmal zu verarbeiten. Es war ja auch das erste Mal, dass sie seine Stimme vernahm, und mit ihm sprechen konnte. Eine Möglichkeit wäre gewesen, sich nun neben ihn auf die Bank zu setzen, und auf seine Frage zu antworten.. doch Sofia entschied sich dagegen und blieb lieber stehen wo sie war. Selbst wenn sie sich nach Dominiques Nähe sehnte, wirkte er im gleichen Maße zu abweisend und kalt, als dass sie sich einfach zu ihm gesetzt hätte und damit eine Art unsichtbarer Grenze überschritt.
"In zwei Tagen ist Halloween." antwortete sie dann milde, und bewegte die Hand, die noch immer das Päckchen hielt, vielleicht ein oder zwei Zentimeter weiter in Dominiques Richtung. Dass dieser Feiertag zufällig auch sein Geburtstag war, konnte sie natürlich nicht wissen. "Es sind selbstgebackene Kürbisplätzchen mit Zuckergussglasur... Oh." fiel ihr dann ein, und die fast unsichtbaren, feinen Augenbrauen zogen sich leicht zusammen, was ihr ein besorgtes Aussehen verlieh. "Ich hoffe du hast keine Lebensmittelallergien.. oder eine Laktoseintolleranz. Ich habe gar nicht daran gedacht." Hierbei musste sie wieder den Blick senken und machte einen einzelnen Schritt rückwärts, was sie schon etwas näher an ihren üblichen Sitzplatz auf der Bank. Behutsam stellte sie dann das kleine Plastikpäckchen ziemlich genau in der Mitte der Bank ab, bevor sie sich auf ihren üblichen Platz zu ihrer Tasche setzte und ein Bein über das andere Schlug. Die auf dem Knie gefalteten Hände versprachen ihr dann zumindest ein wenig Sicherheit. "Wir besuchen auch nicht die selben Kurse." ließ sie ihn dann noch mit einem Seitenblick wissen. "Aber wir sitzen fast jeden Tag zusammen hier." schloß sie mit einem kleinen Nicken. Selbst wenn er kalt und hart war, konnte das ihre Gefühle nicht erschüttern. Die Liebe half gegen die Kälte der Welt, bot die kleine, einzige Zuflucht. Und da sie sich keinerlei Hoffnungen machte, konnte Dominique sie auch nicht enttäuschen. Es war ihr schon genug, ihn lieben zu dürfen. Mehr konnte sie wirklich nicht verlangen.
Dominique hatte sich natürlich voll und ganz auf das Mädchen konzentriert, dem er noch die Tage - und vielleicht sogar Wochen zuvor keine größere Beachtung geschenkt hatte. Es war ja schon ein Wunder gewesen, dass sie so dezent war, dass er es ertragen konnte dass sie sich in seine Nähe saß, wo es viele Tische und Sitzgelegenheiten gegeben hätte- die sie hätte erwählen können. Weder ihr Geruch, noch ihr Auftreten oder ihre Kleidung waren so auffällig, als dass sie Domi hätten stören können..so dass er keine Gefahr sah, die ihm drohte- außer darin, sich so pikiert und abweisend zu verhalten- dass sein Verhalten zu auffällig wurde und man begann, über ihn zu reden- wo soziale Kompetenz ein wichtiger Bestandteil seine Studiumzweiges war. Und da es mittlerweile sicher nicht wenige gab, die ihn davon abbringen wollten.. wollte Dominique nicht zu viel riskieren und musterte das Mädchen von Kopf bis Fuß, während das Päckchen in ihren schmalen verletzlich wirkenden Fingern knisterte. "Halloween?" zeigte sich der Franzose dann aber wieder begriffsstutzig, und neigte den Kopf leicht. Das dieses 'amerikanische Fest' genau auf seinen Geburtstag fiel- war natürlich das erste was er neben dem zittern bemerkte, dass von dem Mädchen dessen Name er nicht kannte, auszugehen schien. Sie war nervös..hielt sich jedoch tapfer- so dass der Franzose weiterhin angespannt blieb, ohne die äußere Fassade in Bewegung geraten zu lassen, Noch konnte er nicht wissen, ob das alles Tarnung war- um mehr über ihn zu erfahren. Im leichtesten fall, war sie nur von Freundinin auf ihn angesetzt worden- die er gekränkt hatte. Der schlechteste Fall schien ein endlosen Faden zu verfolgen, dessen Abgründe man tief in Dominiques Gedanken finden konnte- und der einen gewiss zum kopfschütteln brachte- wenn man nicht unter selbiger Paranoia leidete..
Grundkenntnisse über die Bräuche und Fester aller Welt- über die Dominique verfügte, unterstützten das Mädchen jedoch damit, ihn glauben zu lassen dass es Halloween wirklich gab. Er gab jedoch noch keine Antwort, sondern wartete ab was als nächstes folgte. Fast hatte er schon geglaubt, sie würde ihm das Päckchen reichen- was ihn unbewusst schon dazu gebracht hatte die Schultern anzuspannen. Stattdessen..zog sie sich verschüchtert zurück und setzte sich wieder neben ihre Tasche auf die Bank, was Dominique dazu brachte, ihr mit einem Seitenblick zu folgen, bei dem sich nur seine Pupillen bewegten. Diese Unsicherheit wirkte wirklich nicht mehr gespielt.. aber dennoch tat sich dem Franzosen noch nicht der Grund für diese ganze Aktion auf, weswegen seine blonden - sehr feinen Augenbrauen weiterhin zusammenzogen. " Ich habe keine Allergien." wählte er seine Worte mit Absicht langsam und bedacht, ohne dabei seiner Stimme Emotion zu verleihen, oder seine Haltung aufzugeben. "Aber ich habe in zwei Tagen Geburtstag." sprach er weiterhin unverblühmt aus, um abzuwarten- ob sich das Mädchen darüber äußerte, doch von diesem Geburtstag zu wissen. Das Buch hatte Dominique schon sinken gelassen, und den Ellenbogen soweit über die Lehne rutschen lassen, dass er mit einem leichten drehen der Hüfte erreichte, sich ihr ein wenig zu zuwenden. Sie besuchten also nichteinmal die selben Kurse..was es Dominique schwer machte sich auszumalen, wie sie allein auf ihn aufmerksam geworden war.. "Das habe ich bemerkt.." sprach er daher wieder gedehnt mit geschmälertem Blick, der die Augenbrauen unter den Wellen begrub die sich an die Wangen schmiegten. "Du setzt dich immer hier her, selbst wenn noch Platz in leeren Sitzgruppen herrscht." ließ Domi ein wenig mehr seiner Zusammenfassungen verlauten, was dem guten Englisch doch leicht den französich weichen Akzent anhaften ließ- der dem kühlen Dominique doch etwas Charakter verlieh. Er vermied es dabei, Fragen zu stellen - und wählte die Worte bedacht in Form der Feststellungen. Dabei fragte er sich, ob das Mädchen überhaupt schon studierte. Sie wirkte so sitzend und mit besorgter Mimik, noch viel zarter und jünger wie zuvor- was es Dominique weiterhin erschwerte, sie einzuschätzen..Einige Fragen, kamen ihm daher dennoch pur über die blassrosa Lippen. "Warum? wer bist du eigentlich.." war sein Ton leise gewählt..und nicht verhörend. Sein Blick war dabei von ihr abgewichen, und hielt sich klammernd an dem durchscheinenden Papier mit dem roten, hübschen Schleifchen. Sie hatte sich Mühe damit gegeben- hatte er bemerkt.. und so durchscheinend wie das Papier war, konnte man schon dem Eindruck gewinnen dass sie nichts zu verbergen hatte, oder Dominique bewusst erkennen lassen wollte- was sich in dem Päckchen verbarg..
"Oh, tatsächlich. Wie schön!" schien sie doch ein wenig erfreut, als Dominique erwähnte, dass er in zwei Tagen Geburtstag hatte. Und das ausgerechnet an Halloween, einem der beliebtesten, amerikanischen Feste. Selbst wenn es sich um einen japanischen Forschungskomplex handelte, lebten hier doch so viele Amerikaner, das längst die japanischen und amerikanischen Feste gleichermaßen gefeiert wurden. "Ich wusste gar nicht, dass du dann Geburtstag hast." sagte sie, wobei das Lächeln gar nicht mehr von ihrem Gesicht weichen wollte, wenn sie auch lieber ihre verschränken Finger betrachtete. Dominique war so schön, und gleichermaßen so schrecklich, dass sie ihn nicht lange direkt ansehen konnte. Glücklicherweise musste sie ihn auch nicht immer direkt ansehen, um sich seiner Präsenz bewusst zu sein. "Es findet ja auch ein Schulfest statt. An Halloween meine ich. Du hast sicher davon gehört." dabei streifte ein kurzer Seitenblick Dominique. Leugnen konnte sie nicht, dass sie gern mit ihm auf die Party gehen würde, um ihn näher kennenzulernen, und jetzt auch noch, um mit ihm seinen Geburtstag zu feiern. Es war allerdings ein Ding der Unmöglichkeit, und das nicht allein weil Dominique sehr wahrscheinlich nicht hingehen würde. Sie hatte schlicht keine Zeit für solche Freizeitaktivitäten, was mit einer der Gründe war, warum sie selbst mehr oder weniger ein Außenseiterdasein fristete. Die einzige Freizeit die sie besaß und auch einforderte, waren die wenigen Stunden nach Schulschluss, die sei hier mit Dominiqe verbrachte.
Daher nickte sie auch nur bedächtig, wobei sie glaubte wahrzunehmen, dass sich Dominique nun, da wieder etwas mehr Abstand zwischen ihnen herrschte, etwas entspannen konnte. Das Nicken bezog sich natürlich auf seine Aussage, dass sie sich immer hierher setzte, selbst wenn noch andere Sitzgruppen frei waren. Erst Dominiques Worte, so unfreundlich sie sich im ersten Moment auch anhören mochten, erweckten bei ihr einen Anflug schlechten Gewissens. Zwar hatte es bisher keine günstige Gelegenheit dafür gegeben, dennoch war es ihr etwas unangenehm, dass sie sich nicht vorgestellt hatte. "Verzeihung." setzte sie daher an. "Ich heiße Sofia Tamaru." Dabei hatte sie wieder kurz seinen Blick gesucht, wobei ihr wieder aufgefallen war, wie schön er aussah. Wie ein Kunstwerk, wunderschön und unerreichbar. Dann jedoch löste sie eine Hand und hob sie, um mit dem ausgestreckten Zeigefinger auf einige andere Sitzgruppen zu weisen, die sich in der nähe des Springbrunnens befanden. "Ich möchte nicht so gern dort sitzen. Selbst wenn Plätze frei sind, ist es nur eine Frage der Zeit, bis sich jemand dort hin setzt. Die Plätze sind sozusagen reserviert.. für die beliebten Schüler." meinte sie und zuckte leicht mit den Schultern, da sie davon ausging dass Dominique wusste, was sie meinte. Die besten Plätze nutzten immerhin immer die selben Cliquen. "Hier sitzt nie jemand, außer dir. Es ist ein wenig ruhiger, abgeschiedener.. Ich mag das.." gestand sie schüchtern, wobei sie natürlich genauso gut hätte sagen können, dass sie ihn mochte. Ein wenig vornehme Zurückhaltung wollte sie aber doch wahren, insbesondere wo deutlich zu spüren war, wie stark sich Dominique abgrenzte.
So sehr Dominique nach Anzeichen suchte, dass dieses Mädchen ihre Schüchternheit miemte um ihn auszuhorchen- weil sie schon längst über mehr Informationen verfügte als sie zugestehen wollte- fand der penible Franzose kein Fünkchen davon in Sofias Gesicht..ihrer Stimme, Haltung oder auch nur in ihren Worten. Erklären konnte der Blonde sich damit aber immer weniger, wieso sie ihm dann überhaupt so viel Aufmerksamkeit schenkte. Wie jemand, der ihn nur rumkriegen wollte- wirkte sie immerhin auch nicht..und das waren die einzigen zwei Gründe die es für Domi erklärten, seine Nähe zusuchen. Für etwas anderes schienen Menschen seiner Meinung nach nicht geschaffen zusein, und Gefühle waren nichts weiter wie hormonell- bedingte Schwankungen. Zu tieferen Ebenen- glaubte Domi, hatten Menschen garkeinen Zugang- insofern so tiefe Ebenen überhaupt existierten. Er zog es auch nur in betracht- da die schönen Gefühle für Liebe und aufrichtiger Freundschaft in den lyrischen Werken die er so gern las- beschrieben worden. Wie es aber sein musste, so zu empfinden, war nie zu einem einzigen Zeitpunkt eine Frage gewesen, die sich Dominique gestellt hatte. Dafür grenzte er sich nicht nur von seinen Mitmenschen ab, sondern der gesammten Menschheit, gegen die er einen Groll hegte. Man konnte jedoch nicht sagen, ob er schlicht nicht fähig dazu war- herzliche Gefühle aufzubringen..da Gefühle wie Hass und Wut ebenfalls auf eine Empfindsamkeit deuteten. Selbst wenn sie es nur ganz selten schafften durch die harte Schale an Gleichmut und Kälte zu brechen.. " Ich habe davon gehört.." begann Dominique sich zu entsinnen, und nahm seine Hand von seinem Buch, damit er sich über die Schläfe reiben konnte. " Studenten nutzen jede Gelegenheit, um zu trinken.Da kommt ihnen ein Fest ganz recht." Dabei behielt es der Franzose lieber für sich, wie dämlich er die albernen Verkleidungen fand- oder auch nur die Dekoration vor der sich keiner fürchtete- sondern nur ausnutzte. Die Jungen, würden sich zusätzlich aufspielen um ein Mädchen herumzubekommen- dass angst absichtlich miemte weil es ebenso nur daran interessiert war sich die Aufmerksamkeit zu sichern. Für Dominique waren diese primitiven Gedankenmuster- die er damit seinen Mitmenschen zuschrieb, einfach nur schwach und wiederlich. "Ich mag solche Feierlichkeiten nicht..zu viele Leute. Ich muss mich außerdem auf mein Studium konzentrieren." hielt er sich deswegen kurz- wenn er es auch nicht schaffte die Bitterkeit ganz aus seiner Stimme zu verbannen. Er wollte nur so normal wie möglich wirken- was es vorraussetzte, dass er viele seiner Gedanken für sich behielt. " Gehst du hin?" war es ihm aber noch wichtig, herauszufinden, ob nicht vielleicht die Möglichkeit bestand, dass sie ihn angesprochen hatte um mit ihm zu diesem Fest zugehen. Irgendeinen Grund- musste sie ja immerhin gehabt haben. Der naheliegenste, fiel ihm dabei natürlich nicht ein..
So wartete der Franzose auch den Namen des Mädchens ab, dass sich für die verspätete Vorstellung entschuldigte- wobei es Dominique selbst war, der sich hätte entschuldigen können, wo seine Worte ebenfalls nicht gerade zuvorkommend an sie gerichtet waren. Er nickte nur knapp, während er die Augen weiterhin auf Sofia gerichtet hielt- die er nun beim Namen kannte. Das lächeln, dass zuvor ihre Lippen bestimmt hatte- war mit dem schlechten Gewissen sogar kurz gewichen, und fiel dem Franzosen auf... " Mein Name ist Dominique, Dominique Ledoux." Stellte er sich im selben Atemzug vor und folgte anschließend mit den Blicken Sofias blasser Hand, die zu der Sitzgruppe nahe des Springbrunnens wies. Dabei konnte er diesmal wirklich verstehen, was sie meinte- auch wenn er sich nicht vorstellen konnte, dass andere in seinem Alter ebenfalls nicht daran interessiert waren, sich irgendwo anzupassen um Anerkennung zu bekommen. Vielleicht lag es aber auch daran, dass Sofia wirklich so schüchtern war und daher nichts mit den 'beliebten' Schülern zutun haben wollte.. " Ich kann damit nichts anfangen.. Cliquen." Musste er dabei zugeben, ohne den Blick von dem Springbrunnen lösen zu können. " .. ich bin froh, meine Ruhe vor ihnen zu haben. Solche Leute halten nur auf.." hielt er sich vage- wobei er sicher war, dass es sich schon rumgesprochen hatte, wie unfreundlich er gewesen war. " Was studierst du, Sofia?" fragte er daher nicht ohne Grund, und sah auf sein Knie herab, was die Augen dazu brachte sich bis auf einen schmalen Spalt hin zu senken. " Deine Freunde halten sicher nicht viel davon, wenn du bei mir sitzt."..wollte er herausfinden, mit welchen Leuten sich das Mädchen abgab. Das konnte ja auch aufschluss darüber geben, wieso sie seine Nähe suchte.. oder suchte sie tatsächlich nur die Ruhe die von diesem Ort ausging? Ein bisschen wohler wurde Dominique bei diesem Gedanken- denn so sehr er auch seine Härte zeigte um Stärke deutlich zu machen- war er doch im Umgang mit Menschen ganz unbeholfen..vorallem, wenn sie sich mit ihm beschäftigten..
Egal wie sehr Dominique auch nach verdächtigen Anzeichen suchen würde, finden konnte er sie natürlich nicht, da Sofia keine tieferen Absichten verfolgte. Weder, um sich ihm anzunähern, noch um ihn auszuhorchen. Von Glück sagen konnte sie dabei nur, dass Dominiques Psychose noch nicht so weit fortgeschritten war, dass er schon Anzeichen erkannte, wo keine zu finden waren, und sich so gänzlich in Wahnvorstellungen verlor. So jedoch schien sich nach und nach ein Gespräch zu entwickeln, wenn es auch ein wenig ungeschickt und holprig begann. "Naja, da hast du vielleicht recht." meinte sie, wobei sich die Augenbrauen wieder etwas zusammenzogen. Sofias Gesichtsausdruck war dabei nicht zweifelnd, sondern wirkte eher unsicher. Ob Studenten wirklich jede Möglichkeit nutzten, um zu trinken konnte sie nicht beurteilen. Immerhin traf das auf sie nicht zu, und auf Dominique auch nicht, wie sie vermutete. Und schon das schien seine Aussage teilweise zu entkräften. Auf der anderen Seite aber hatte sie schon des öfteren Gesprächsfetzen aufgeschnappt, in der Mitschüler sich damit gerühmt hatten, so und so viel trinken zu können. Sofia konnte deswegen auch nur kurz in Dominiques Gesicht blicken und darüber rätseln, wie seine Worte gemeint waren. Er klang verbittert, und es gab nur eine relativ überschaubare Anzahl an Gründen, warum jemand Gesellschaft und Festen so abgeneigt war. Sie wollte jedoch gar nicht genauer nachforschen, weil sie viel zu sehr wert auf die Privatsphäre legte, und war schon schweigend in Gedanken versunken, als Dominique schließlich eine Frage an sie richtete. "Ich?" stellte sie überrascht eine Gegenfrage, bevor sie rasch den Kopf schüttelte. Selbst wenn sie ihn hätte fragen wollen, ob er mit ihr das Fest besuchte, hätte sie es sich spätestens nach seinen Worten anders überlegt. "Nein, ich gehe auch nicht hin." sagte sie dann, ohne einen Grund dafür zu benennen, der eh nur hätte lauten können, dass ihr Vater das gar nicht zugelassen hätte. Und ohne Begleitung wollte sie selbst ja auch nicht hin gehen, wo sie doch niemanden dort kannte. "Es ist ja auch dein Geburtstag, da hast du sicher etwas anderes geplant, als auf ein Schulfest zu gehen." mutmaßte sie dann, auch wenn sie sich dessen gar nicht so sicher war.
"Deinen Vornamen kannte ich schon." musste sie dann aber zugeben, wobei die blassrosa Färbung ihrer Wangen kenntlich wurde. "Ich habe eine Kommilitonin von dir gefragt." hierbei wagte sie es wieder, ihn mit den Blicken zu streifen um zu beobachten, wie er darauf reagierte. So, wie sie ihn kannte war es möglich, dass ihn das wütend machte, oder ärgerlich, aber als ehrlicher Mensch, der sie von Grund auf war, schwieg sie lieber, als eine Lüge auszusprechen. "Hm.." sagte sie dann aber nur, als sie Dominiques Meinung über Cliquen vernommen hatte. Wieder zeigte sich dabei die Unsicherheit gegenüber seinen Worten, oder viel mehr der Aussage, die darin steckte. "Mein Vater sagt auch immer so etwas in der Art." konnte sie dann aber beisteuern, und ließ den Blick zum Springbrunnen schweifen, der dem Auge angenehm war. Herumgesprochen hatte sich tatsächlich, wie unfreundlich Dominique war, aber das machte Sofia nichts aus. Sie hatten sich ja bisher nicht unterhalten, was Unfreundlichkeit proviziert hätte.. und wenn es nun dazu kam, änderte es nichts an ihren Gefühlen. "Ich studiere Mikrobiologie und Medizin, aber erst im ersten Semester." erzählte sie dann. Es waren zwei ergänzende Fächer, die deswegen auch Zeitintensiv waren. Da sie aber auch bescheiden war, wollte sie gar nicht mehr zu ihrem Studium sagen, außer natürlich Dominque würde weitere Fragen stellen. Im Augenblick zumindest konnte sie ihn nur mit leichter Irriation im Blick betrachten. "Nein, das stimmt nicht." musste sie ihm deswegen auch widersprechen. "Ich kenne hier kaum jemanden.. und selbst wenn würde ich nicht mit jemandem befreundet sein wollen, der mir meinen Umgang vorschreibt." Von Dominiques Unbeholfenheit bemerkte Sofia allerdings nicht besonders viel, wohl auch weil sie mit der eigenen Nervosität zu kämpfen hatte und auch nicht direkt auf den Gedanken kommen würde, das Dominique überhaupt solche Gefühle quälen konnten. Selbst wenn sie ein gewisses Gespür für ihn besaß, gab es doch bei weitem mehr Dinge über ihn, die sie nicht wusste, als Dinge die sie wusste.
Dominique hatte allgemein eine schlechte Meinun von Menschen. Er fand dabei immer Gründe die gegen beide Geschlechter sprachen..oder auch nur allumfassende Altersgruppen. Niemand hatte es ihm je so recht machen können, dass man den Franzosen als Freund gewinnen konnte. Meistens hielt er sich aber schon aus Prinzip so abgeschottet, dass hartnäckige Vertreter erst garnicht in Versuchung kamen sich ihm anzunähern. Das somit -ausgenommen von ihm selbst- seiner Meinung nach alle Kommilitonen sich gern betrinken und rauschende Partys feiner- war ebenso wenig verwunderlich, wie seine Annahme davon dass sich hinter jedem Mann ein Perversling verbarg- und hinter jeder Frau ein Flitchen oder Dummchen. Das auf Sofia weder das eine, noch das andere zutreffen würde- wusste der Franzose dabei noch nicht. Es lag jedoch auf der Hand dass es ihn doch irgendwo beeindrucken würde..genauso wie die Zusage darüber, nicht das Fest besuchen zu wollen. "Achso.." sprach er daher gedehnt und behielt den Zusatz für sich- angenommen zu haben sie wolle ihn fragen ob er mit ihr auf dieses Fest ging. Zunächst, schien er aber nicht darauf eingehen zu wollen, an seinem Geburtstag etwas besseres vor zuhaben. Bei genauerer Betrachtung konnte man auch feststellen, dass sich die harte Mimik des Franzosens verfinstert hatte. Trist waren die hellen, fast schon durchscheinenden Augenbrauen herabgesunken, genauso wie die Mundwinkel vor Bitterkeit sich für einen Moment kräuselten. Aber wie hätte er sagen sollen, dass er seinen Geburtstag nie feierte? Wie hätte das auf Sofia gewirkt, und hätte sie vielleicht doch darauf kommen können dass dies auf schlechte Erinnerungen zurückzuführen war- die mit schlimmen Erlebnissen zusammen hängen mussten..
Dominique- von innerlicher Angst durchdrungen, ließ sich diese natürlich nicht anmerken. Er wurde nur angespannter..was das stechen in der Brust auslöste, und nicht etwa eine bewusste Reaktion die er aufrief, wie seinen Gesichtsausdruck.. "Hm?" war er daher sogar ein wenig erschrocken, als Sofia meinte seinen Vornamen schon gekannt zu haben. Mit einem blinzeln, dass den Blick der hellblauen Augen klärte, konnte ihn der Umstand garnicht mehr ärgern, dass Sofia den Namen von einem Mädchen aus seinem Kurs erfahren hatte. Immerhin besser- als herumgeschnüffelt zu haben..außerdem blieb sie ehrlich- und machte nicht den Eindruck mit dem besagten Mädchen gut befreundet zusein. " Ja..natürlich." Nickte er um sich selbst zu beruhigen und schloss die Augen für einen Moment. Dabei konnte er lauschen, wie seine Meinung über Cliquenblindung wohl von Sofias Vater geteil wurde. "Die Cluquenbildung ist nur ein übergebliebener Rest aus der Evolution. Schon als Affen haben wir uns in Gruppen zusammengeschlossen..aber aus dem Grund heraus zu überleben. Heutzutage ist das garnicht mehr nötig und dient nur dem primitiven Drang nach Anerkennung und Bestätigung innerhalb der Gemeinschaft, in der man lebt.." Konnte Domi monoton gleich einer Vorlage aus einem Lexikon seine Meinung aufrufen, die seine Bitterkeit ein wenig abklingen ließ- da er sich wieder auf etwas anderes konzentrieren konnte, und sich damit nicht länger mit sich selbst beschäftigen musste. Außerdem wurde er nun von Sofia erstaunt, da sie ihn darüber aufklärte, welchen Studienzweig sie besuchte. " Oh..sogar zwei." merkte er interessiert an. Das ließ ihn vermutet das sie fleißig sein musste und klug war- und somit auch keine Zeit für Feste hatte. Überrascht von diesen klaren Übereinstimmungen, die sich ihm erklärten, konnte Dominique auch wieder ein wenig entspannter werden, und die spitzen Schultern sinken lassen. "Das muss ziemlich Zeitintensiv sein..möchtest du in die Wissenschaft einsteigen wenn du dich für Mikrobiologie interessierst?" zeigte sich der Franzose überaus gesprächsbereit. Warum, konnte man nicht genau sagen, da es noch nie vorgekommen war das er sich dazu hatte hinreißen lassen. Zu einem Teil war er wohl glücklich darüber, keine Gefahr zu spüren, und es mit einem klugen Menschen zutun zuhaben..aber zum anderen.. "Bemerkenswert." sprach er daher nur knapp aus und senkte sein Blick wieder auf das Buch das er zugeschlagen hatte, so dass er über den goldenen Aufdruck streichen konnte, der sich auf dem Einband befand.
Erst, als Sofia wieder das Wort übernahm wurde Dominiques Interesse geweckt. Erstaunt über den Wiederspruch, musste er aufschauend die Augenbrauen wieder zusammenkneifen. Ein ' Nein ' konnte immerhin immer eine Gefahr bedeuten. Aber in diesem Fall sollte es nur darauf hindeuten, dass Sofia ihren eigenen Kopf hatte und sich nicht vorschreiben ließ- mit wem sie sich abgab, selbst wenn das bedeutete auf Freundschaften zu verzichten. Das fand Dominique fast schon bemerkenswerter wie der paralell verlaufende Studienzweig, da er immer davon ausgegangen war dass Menschen dem zwang unterlagen sich anzupassen und einzugliedern..egal zu welchem Preis. Die Augen sanken daher herab- ohne dass Dominique den Blick von Sofia abwandt und somit wieder die Kekse fixierte. "Ich feiere nie Geburtstag." nahm er das Wort wieder nach einer langen, schweigenden Pause ansich, ohne den Blick von der roten Schleife zu lösen. "Ich weiß nichteinmal, ob das wirklich mein richtiger Geburtstag ist, man schloss nur darauf." Füge er an, wobei sein Blick nicht mehr länger im hier und jetzt gefangen war, sondern zurück sah.. "Außerdem, wird das alles überbewertet. Es ist ein Tag, wie jeder andere auch. Es bedeutet nur, dass man wieder ein Jahr älter geworden ist. Ich habe daher nie etwas anders zutun, als dass, was ich sonst auch mache.." Zeigte sich der Franzose ungewohnt offen und ehrlich, ohne dabei jedoch an Emotion in der Stimme zu gewinnen. Innerlich, berührte es ihn auch nicht; glaubte zumindest Dominique selbst, dessen gläsener Blick sich erst dann hob, und wieder die blauen Augen Sofias suchten. Diesmal, ganz bewusst..
Sofia hätte es natürlich schön gefunden, mit Dominique ein Fest zu besuchen, auch noch an seinem Geburtstag. Aber da es unmöglich war, blieb es bei einem vagen Traum, und diese behielt sie doch in den meisten Fällen lieber für sich selbst, da ihre Umwelt nur mit Unverständnis oder schlimmerem reagieren würde. Es kehrte ein kleines Schweigen ein, was wohl aus Sofias Geständnis rührte, seinen Namen zu kennen. Irgendwo sprach es ja auch dafür, dass sie sich für Dominique interessierte, wenn sie sich schon die Mühe machte, jemanden nach seinem Namen zu fragen. Sie beobachtete daher auch vorsichtig seine Reaktion, und konnte erst dann die unbemerkt angespannten Schultern wieder sinken lassen, als deutlich wurde dass es ihn wohl nicht verärgerte. Ob Dominique so war, wie sie sich vorgestellt hatte, das er sein würde konnte sie dabei aber gar nicht beurteilen, wie sie letztlich feststellte. Irgendwo hatte sie nämlich keine konkrete Vorstellung von ihm besessen, wie sie nun bemerkte. Es ging nur eine solche Anspannung von ihm aus, das es sie selbst ganz mitriss und Druck auf ihr Herz ausübte. Wie eine Art überspannten Faden, der jeden Moment drohte, zu zerreißen..
"Naja... aber ist das wirklich der einzige Grund?" wagte sie dann einen vorsichtigen Einwand. "Das Überleben in der Gruppe ist natürlich ein wichtiger Bestandteil warum eine Gesellschaft unter Tieren funktioniert. Man kann jedoch bei Affen auch soziale Komponenten beobachten, die keinen direkten Nutzen haben." gab sie zu bedenken. "Und eigentlich.. wäre es doch schön, jemanden zu haben, dem man vertrauen kann und der einem Achtung und Anerkennung zuteil werden lässt.." verlor sich ihr Blick dabei irgendwo in der Ferne, wobei aus der Stimme eine vage Sehnsucht sprach. Fast so, als würde sie selbst auch daran zweifeln, dass so etwas möglich war. Für die verschwommenen Gefühle jedoch ließ die Realität keinen Platz, und so klärte sich auch ihr Blick wieder, als Dominique auf ihr Studium zu sprechen kam. Erst hatte er sie noch irgendwie mehr geängstigt, sein Interesse jedoch ließ die Anspannung ein wenig nachlassen. "Hm... naja, das muss ich ja. Einsteigen, meine ich." nickte sie nur leicht auf seine Worte hin, ohne das man ihr dabei wirkliche Begeisterun ansehen konnte. Viel mehr sanken ihre Schultern noch ein wenig mehr herab und ließen ein gewisses Bild der Resignation entstehen. Für gewöhnlich gab sie sich, wenn es um ihr Studium ging, immer souverän wie man es von ihr erwartete. Bei Dominique jedoch wollte sie weder die Fassade aufrecht erhalten, noch hatte sie es darauf abgesehen, mit ihm über ihre Probleme zu sprechen, was man vielleicht noch hätte vermuten können. Es hätte sie sogar irritiert, wenn sie Dominiques Gedanken hätte folgen können, die enthüllten das er glaubte, sie hätte einen eigenen Kopf, oder einen starken Charakter. Sie sah es genau anders herum, sah ihr Leben mehr fremdbestimmt an, ohne etwas dagegen tun zu können. Zumindest was die gegenwärtige Lage anging. Vielleicht wäre es ihr ja auch nicht anders ergangen, als so vielen anderen und sie hätte sich irgendwie eingegliedert, und damit ein ganz normales Leben geführt. Die bewusste Entscheidung, Distanz zu wahren hatte sie ja selbst nur aufgrund der von außen eintreffenden Faktoren getroffen, und nicht aus freiem Willen heraus... Deswegen konnte sie sich auch nicht recht über das "Kompliment" freuen, als welches sie sein 'bemerkenswert' ansah.
Bevor sie jedoch die Betrübtheit einholen konnte, die in Dominiques Gegenwart zumeist für sie nicht so stark spürbar war, blickte sie überrascht auf, da sie seine Worte vernahm. Zuerst hatte sie noch etwas anfügen wollen, so etwas wie: 'das ist aber schade.' oder etwas ähnliches, als Dominique jedoch weiter sprach und ihr anvertraute, dass der Tag vielleicht nicht einmal sein richtiger Geburtstag war, blieb sie still und hörte ihm aufmerksam mit angespannten Gesichtszügen zu. Die Geräuschkulisse um sie herum nahm sie schon längst gar nicht mehr wahr, so stark hatte sie sich auf Dominque fokussiert. Die Worte ließen so viele Auslegungsmöglichkeiten zu, dass sie sich erst einmal gar nicht traute, etwas zu entgegnen. Sie schwieg noch immer, als Dominique sich schließlich wieder ihr zuwandte, und sich ihre Blicke ganz offen trafen. So ein direkter Blickkontakt hätte sie fast zurückschrecken lassen, da die Intensität sich ihr beinahe bis in die Seele zu brennen schien.. jedoch stellte sie fest, dass sie den Blickkontakt gar nicht abbrechen konnte. "Es ist aber kein Tag wie jeder andere." sagte sie dann und senkte den Blick vielleicht für eine Sekunde, bevor sie wieder zu ihm aufschaute. "Ich finde, dass es ein besonderer Tag ist.." Eigentlich hätte sie noch viel mehr anfügen können. Aber sie glaubte, dass es ihre Gefühle nur viel zu deutlich zum Ausdruck gebracht hätte, wenn sie nun weiter gesprochen hätte. Weich fielen deswegen auch ihre Augenlider herab, bevor sie sich wieder ein wenig hoben, nur so weit, dass sie versuchen konnte, den goldenen Schriftzug zu entziffern, der sich auf Dominiques Buch fand..
Dem Blonden Politikstudenten entging natürlich nicht, dass Sofia etwas bedrückte nachdem er ihr mit Fragen entgegen gekommen war. Für ihn war dies insofern interessant, dass es ihm mehr aufschluss über diese schüchterne Person gab, die er nicht einschätzen konnte. Noch, war es ihm nicht persönlich genug um ihn zu bedrängen oder besser gesagt- zu beängstigen..ansonsten, hätte ihn dieser Stimmungsumschwung sicher zu sehr gefordert, als dass er damit hätte umgehen können. Mit Gefühlen konnte man ihn überfordern..so wie normale Schüler in seinem Alter mit dem lernen von der Vielzahl an Studienthemen überfordert waren.. sowie auch mit dem Erfolgsdruck, der auf ihnen lastete. Für den blonden Franzosen, konnte dies nie zum Verhängniss werden..solange man nicht von ihm erwartete, Gefühle zu zeigen und nach diesen zu handeln. Daher, konnte es sich ihm auch nicht ganz erschließen, wie er wohl zu reagieren hatte- während Sofia so bedrückt wirkte. Er wusste nicht, inwieweit schon einzelnde Worte dazu fähig waren, die Distanz zu brechen und dem Mädchen damit zu nah zutreten..ihr somit erlaubend, auch näher an ihn heran zutreten. Trotzdem wagte es, ein kleiner Funke in ihm aufzukeimen, den es interessierte- was Sofia studieren würde, wenn sie die freie Wahl gehabt hätte.. "Ich habe immer gewusst, dass ich in die Politik gehen muss, weil das die einzihe Möglichkeit ist meine Ziele ...zu erreichen." verlor er sich daher nicht weiter in Genauigkeit, und atmete tief durch seine Nase durch.. "Gibt des denn etwas, was dich interessiert? Wenn es schon nicht der Wissenschaftliche Zweig ist, dem du folgen musst." Musste er dann aber doch wissen, und beobachtete gespannt, wie Sofia sich weiterhin regte.
Wieso er das schweigen dann schließlich doch brach um mehr von sich preis zu geben wusste er immer noch nicht. Viel zu sehr, war er von den Bildern vereinnahmt die vor seinem inneren Auge tanzten und versuchten ihn in einen Sog zuziehen, der ihm das Herz schwer machte und es zum schmerzen brachte. Es konnte garnicht mehr so schnell schlagen, wie es normalerweise schlug um den Franzosen aufrecht zu halten- so dass er sich einmal mehr als Gefangener seines Körpers betrachen musste. Es war frustierend- dass es immernoch geschah..dass die Erinnerungen so schwer wogen dass sie es schafften ihn zu lähmen und ihm die Hilflosigkeit vermittelten- die ihn immer wieder dazu brachte in äußersten Fällen aggressiv zu werden- allein um dieses Gefühl wieder loszuwerden. Nur in diesem Moment, hielt sich die Wut in Grenzen da von Sofia keine Gefahr ausging. Sie machte auf Dominique nicht den Eindruck als würde sie sehen können womit er kämpfte- und dass verschaffte dem Blonden doch wieder das Gefühl darüber- die Oberhand zu behalten, und damit die Kontrolle die ihm die Beruhigung verschaffte den Blick aufrecht zu halten, selbst wenn eine Spur von Qual sich durch das unbewegte Eisblau zog, und es unterhalb der hellen Wimpern , die nichts verstecken konnten, in Bewegung brachte.. "Ein besonderer Tag.." sinnierte er, wobei seine Hand sich hob, um mit ausgestrecktem Finger das rote Schleifenband zu erreichen, so dass er dafür nichteinmal großartig den Arm strecken musste. "Ich wüsste nicht was daran besonders ist. Es ändert doch nichts daran, das schlimme Dinge geschehen. Ansonsten müsste jeder Tag von Heiterkeit geprägt sein, da an jedem Tag Menschen geboren werden. Stattdessen.." Dominiques Stimme brach schließlich in sich ein..genauso, wie sich seine Fingerspitze von dem Schleifenband entfernte, dass er nur oberflächlich streifen konnte, so dass die seidige Beschaffenheit seine Fingerkuppe gestreichelt hatte. "Verzeihung. Ich feiere nur nie.." Sprach er dabei aus, und wankte kurz abwehrend mit den Kopf. Er glaubte nicht das es gut war, Sofia mit solchen Gedanken weiterhin zu beschweren, zumal das auch bedeuten konnte, ihm Gegenfragen einzubringen. Lieber folgte er - vielleicht sogar ein wenig hilflos Sofias Blicken, die zu seinem Buch führten, dessen Schriftzug er mit den Fingern verdeckt hielt.
Als er dies bemerkte, fächerte er die Finger ein wenig um die französischen Worte kenntlich zu machen, die golden auf dem dunkelroten Buch glänzten. " Ein Band über französische Phillosophen und Dichter aus der Zeit der Aufklärung..mit einigen Kurzgeschichten und Gedichten.." war das erste Mal ein wenig Wärme aus seiner Stimme zu hören gewesen, wobei er das Buch aufklappte. "Ich komme aus Frankreich, deswegen lese ich gerne französische Lyrik, selbst wenn man hier nur Übersetzungen größtenteils kaufen kann.." sprach er und blätterte ein paar Seiten weiter. "Mon amie , Nous sommes toute ,Mon amour, Nous nous aimons et nous vivons ,Et nous ne savons pas ce que c'est que la vie...le jour que l'amour.." übersetzte Dominique die englischen Zeilen gedehnt. "Ich nehme mir dann immer die Zeit, sie mir im Original vorzustellen, dass mache ich ganz gern." fügte er an, ohne sogleich zu erwähnen, was er da vorgelesen hatte. Lieber wollte er sich an die Ruhe des Momentes klammern- da er spürte wie ihn klamm ein Gefühl von Nachdenklichkeit einholte..Wieso konnte er sich dieser Begegnung nur nicht einfach entziehen?
Für Sofia zumindest war Dominiques Geburtstag ein besonderer Tag, unabhängig ob der 31. Oktober nun wirklich sein Geburtstag war, oder nur ein geschätzes Datum. Es ging ihr dabei weniger um den Tag an sich, sondern das, was sie damit verband. Trotzdem konnte sie nur schuldbewusst den Blick senken, als sie sich mit Dominiques Meinung konfrontiert sah. Doch entgegen der gefürchteten Gegenfragen hob sie auf seine Entschuldigung hin nur abwehrend die Hand und schüttelte ihrerseits den Kopf, so dass ein paar der feinen blonden Strähnen über ihre Schultern fielen. "Nein, ist schon gut.. Ich weiß was du meinst." entgegnete sie, war aber damit noch nicht bereit, das Thema fallen zu lassen. "Nichts ändert irgend etwas daran, dass schlimme Dinge geschehen.. aber allein die Tatsache, dass es dich gibt macht es ein wenig erträglicher. Deswegen ist dein Geburtstag auch etwas besonderes, selbst wenn du nicht feierst." wollte sie Dominique wissen lassen, was immer er auch mit den Worten anfangen konnte oder in sie hinein interpretierte. Ihretwegen brauchte er darauf nicht einmal etwas zu erwiedern. Selbst wenn er ihr gegenüber abweisend und boshaft werden sollte, sah sich Sofia nun, da sie Dominique ein wenig näher kennengelernt hatte, darin bestätigt dass er ein Seelenverwandter war.. Wie sonst ließ sich die Qual und Bitterkeit erklären, die immer genau so weit unter der Oberfläche dahin zog, dass sie sie wahrnehmen konnte? Mehr intuitiv als mit dem Verstand begriff sie, dass seine 'Bosheit' eine Art Schutz verkörperte und Dominique damit eine Stärke verlieh, die sie selbst nicht besaß.
"Du liest also gerne... Das habe ich mir schon gedacht, weil ich dich hier fast immer mit einem Buch gesehen habe. Jetzt weiß ich wenigstens, was du liest." milderte sich ihr Gesichtsausdruck. Selbst, wenn sie nicht verstand, was Dominique in seiner Muttersprache sagte, konnte sie doch den Klang seiner Stimme mit gesenktem Blick genießen, in der sogar ein wenig mehr Wärme erklang, als das bisher der Fall gewesen war. "Du hast mich gefragt, was ich studiert hätte, wenn ich es mir hätte aussuchen können. Um ehrlich zu sein weiß ich es nicht.. Seit ich auf der Welt bin, haben meine Eltern beschlossen das ich ihre Forschungen einmal weiterführen soll. Ich hatte erst nicht die Kraft, und später nicht den Mut mich zu weigern. Und jetzt ist es dafür ohnehin zu spät." sagte sie, wobei ihr Blick diesmal abwesender geworden war, so dass es beinahe so klang, als hätte sie die Worte gar nicht direkt an Dominique gerichtet. "Ich wollte immer Geige spielen, vielleicht hätte mir ein Musikstudium gelegen." meinte sie mit einem Achselzucken. In Wahrheit war sie sich nicht einmal sicher, ob sie überhaupt das Talent dazu besessen hätte. All das war ihr aber so fern, dass sie es einmal mehr gar nicht so sehr auf eine Antwort von Dominique abgesehen hatte. "Bei dir ist das aber anders.. du hast ein Ziel." griff sie seine Worte auf und suchte wieder nach seinem Blick. "Wenn du es an die Spitze der Politik schaffst, kannst du etwas verändern.. es besser machen." lag ihr Blick schon beinahe vertrauensvoll auf Dominique. Eigentlich wäre es naheliegend gewesen, dass sie ihn nun fragen sollte, was denn seine Ziele waren, die er zu erreichen gedachte. Schon allein aus dem Grund, da die Politik sämtliche Bereiche des Lebens regelten, angefangen von Kriegs- und Friedensverhandlungen, über den Straßenbau bishin zur Bildungs- und Familienpolitik. Sofia mit ihrem tief empfundenen Vertrauen Dominique gegenüber glaubte aber, gar nicht wissen zu müssen was er vor hatte, und welcher Bereich sein Interessenfeld abdeckte. "Es klingt sehr schön, wenn du französisch sprichst.." sagte sie daher, anstatt die eigentlich zu erwartende Frage zu stellen.
Dominique war zwar zunächst nicht darauf eingegangen- jedoch behielt er in seinem Hinterkopf immer die Gedanken um das Sozialverhalten, dass Sofia im Bezug auf die Affen angesprochen hatte. Für ihn lag die Antwort natürlich ganz klar.. Tiere waren noch zu Sozialverhalten fähig- Menschen jedoch nicht. Ansonsten wäre ihre Boshaftigkeit nicht zu erklären, die es ihm unmöglichmachte nicht egoistisch zu denken und dabei nur auf sich selbst bedacht zusein. Aber auch diese Annahmen behielt er in Sofias Gegenwart lieber für sich da er glaubte, das Mädchen damit bestimmt abzuschrecken. Dumm war sie ja immerhin nicht und würde zweifelos irgendwann erkennen dass er- der Franzose nicht viel mit Menschen anfangen konnte und von ihnen ein so schlechtes Bild hatte, dass eine Position in der Politik für ihn niemals in Frage käme. Die Meinung einer einzigen Schülerin mochte vielleicht nicht schwer wiegen..aber umso weniger er provozierte, umso weniger hatten die Leute auch schon Stoff über den sie reden konnten. Dominique war einfach immernoch zu misstrauisch, als dass er einen netten Grund hätte finden können der Sofia dazu bewegte mit ihm zu sprechen.. Diese Art des Selbstschutzes, verwies jedoch bei dem kalten Dominique aber auch auf eine Unsicherheit, die nur von dem Mädchen her rühren konnte. Auf irgendeine Art und weise erschien ihm das Gespräch angenehm..und so selten wie es vorkam, dass er sich überhaupt in einer Unterhaltung wohlfühlte- war natürlich auch das Misstrauen Dominiques geweckt, der sich nicht vorstellen konnte warum man es aus irgendeinem Grund gut mit ihm meinen konnte. Angestoßen fühlte sich sein eh schon unruhiges Herz daher auch von der Aussage des Mädchens über die Wichtigkeit seines Geburtstages. Dominique konnte daher auch garnicht anders, als fast in der Ecke zu versinken, an die er sich lehnte- wobei seine Schultern sogar ein wenig zusammen sanken und einmal mehr zu erkenenn gaben, wie hager der Körper des Franzosens war. Sein Gesicht mochte nichts von dieser Ausgezehrtheit erkennen lassen- jedoch ließ auch die schmeichelnde Kleidung bei dieser Haltung keine trügerischen Vermutungen mehr zu.
"Wieso sollte gerade ich das alles erträglicher machen.." war das schmale Lächeln auf seinen dunkler gewordenen Lippen durchaus bitter- gleich dem immer noch gläsernen Blick. In ihm kochte bereits wieder der Frust über all das, was ihm in den vergangenen Jahren geschehen war- nur weil er überhaupt geboren wurde und von seiner Mutter ausgesetzt worden war. Lieber wäre ihm da noch gewesen, er hätte das alles bereits als Säugling nicht überlebt- oder erst garnicht geboren was ihm jeglichen Schmerz erspart hätte. Doch wie sollte er das alles sagen, ohne dass er in Rage geriet und damit kenntlich machte dass etwas ganz und garnicht mit ihm stimmte? Er wusste nicht, wielang er noch die Fassung wahren konnte- da ihn seine Psychose in die er sich hineinsteigerte, bereits soweit trieb, dass seine Hände nass wurden- und gleich dem Rest seines Körpers so stark abkühlten- dass er nur noch kleiner in seiner Ecke wurde. Für ihn war sein Geburtstag nur ein weiters Brandmal dass ihn daran erinnerte an diese Existenz gebunden zusein, und damit an allem was ihm geschehen war..und gegen das er nur etwas ausrichten konnte wenn er endlich die Gelegenheit bekam, sich für all das Unrecht das ihm angetan wurde, zu rächen. Das die ganze Welt darunter leiden konnte, war ihm ganz Recht. Jeder sollte seiner Meinung nach- wenn der Groll ihn so stark befiel- genauso leiden wie er selbst. Immerhin hatte er auch nicht daraum gebeten dass seine Kindheit so verlaufen war, wie sie verlaufen war- was somit für ihn die Unschuld anderer genauso entkärftigte- die nichts mit der Sache zutun gehabt hatten. " Mein Geburtstag hatte nie für irgendjemanden Bedeutung, und für mich bedeutet dieser Tag nur..Tortúr. Alles was daran besonders ist, ist die Erinnerung daran dass dieses zehrende Leben ein weiters Jahr fortbestanden hat.." Dominique war nicht länger dazu fähig gewesen, an seiner Fassade festzuhalten die er sonst auf Befehl aufrufen konnte. Nun konnte er nur noch seine schweißnassen Hände an den Ärmeln seines Hemdes abwischen und hoffen, dass der Schwindel ihn nun nicht gänzlich einholte, nachdem er den ärger so lange unterdrückt hatte. Daher schwieg er auch..konzentrierte sich bewusst auf jedes einzelnde Wort Sofias, da er hoffte sich somit von diesem kleinen 'Anfall' zu erholen, wenn er es nur schaffte ihn wieder zu unterdrücken. Dies war die einzige Methode die er kannte- insofern er nicht allein gewesen war wo er diesem Druck auf körperlich schädlichen Weisen Erleichterung verschaffte.
Das Sofia dabei erwähnte, dass sie gern Geige gespielt hätte- schauderte ihn daher auch etwas. Musik war immerhin ebenfalls etwas, dass für ihn Emotion bedeutete- insofern sie klassich war wie die Lyrik die er so sehr liebte. " Magst du klassik?" fragte er daher, wobei sein Atem sich langsam zu beruhigen schien und die kurzatmigen Pausen schmälerte. "was hindert dich daran, es zu versuchen, Geige zu spielen .." Dominiques Augen fielen dabei erschöpft herab. Sobald er sich so sehr zusammenreißen musste, holte ihn die körperliche Erschöpfung rasch ein. Eine Hand musste er daher an seine schmerzende Stirn legen..keinen weiteren Gedanken an die Vergangenheit verschwendet, und seine Abneigung gegen seinen eigenen Geburtstag..
Da Sofia keine konkrete Vorstellung davon gehabt hatte, wie Dominique auf ihr angedeutetes Geständnis reagieren würde, konnte sie zumindest schon einmal nicht enttäuscht werden. Stattdessen jedoch wurde sie von Dominiques nur mühsam unterdrückten Zorn regelrecht verschreckt. Vielleicht sah man ihm äußerlich nicht besonders stark an, welche Gefühle unter der Oberfläche brodelten, jedoch sprachen seine Haltung, der ausgezehrte Körper und vor allem die zum Zerreißen angespannte Atmosphäre um ihn herum eine deutlichere Sprache als die, die von den Augen allein wahrgenommen werden konnte. Deswegen war es Sofia auch nicht möglich, etwas zu entgegnen. Viel mehr glaubte sie, jedes Wort, oder schlimmer noch jede Geste wäre wie der sinnbildliche Funke, der explosive Mischung zur Detonation brachte. 'So viel Hass..' war der einzige Gedanke, zu dem sie fähig war, und der schon beinahe paralysierend wirkte. Mehr an Beweis dafür, dass mit Dominique etwas nicht stimmte brauchte Sofia dabei auch gar nicht.. unterschwellig geahnt hatte sie ja schon von Anfang an, dass etwas an ihm anders gewesen war, als an anderen Menschen. Auch lieferte Dominique vielleicht ohne das er es wollte immer kleine Hinweise, die seine Vergangenheit betrafen, wie etwa den Umstand, dass sein Geburtstag nie für irgendjemanden Bedeutung besessen hatte. Die Not, in der er sich befand, war dabei für Sofia fast schon greifbar, und damit auch körperlich unangenehm. "Es tut mir leid, Dominique." sagte sie daher, und kehrte ohne die Arme weit vom Körper zu lösen die Handflächen in einer teils hilflos wirkenden, halb beschwichtigenden Geste nach oben. "Ich hätte das nicht sagen sollen. Es ist nur mein Gefühl, über dich kann ich gar nicht urteilen." Allem voran war ihr auch daran gelegen, ihn schnellstmöglich zu beruhigen, da sie fand, dass er überhaupt nicht gut aussah. Beinahe so, als würde er gleich einen Herzanfall erleiden. Um sich selbst machte sie sich dabei auch bei weitem weniger Sorgen, als um Dominique.
Nur deswegen ließ sie sich auch gleich auf seine Worte ein, die schon unpersönlicher waren als sein Geburtstag, und ihn so vielleicht ablenkten. "Ich kann nicht damit beginnen, Geigenunterricht zu nehmen." setzte sie an, ohne die geforderte Erklärung auszusparen. "Ich habe dafür doch gar keine Zeit.. und mein Vater würde es ohnehin nicht erlauben. Und selbst wenn.. ich bin schon viel zu alt, um noch etwas zu erreichen. Wenn man wirklich nach Perfektion strebt, muss man schon im Kindesalter beginnen." Das waren alles wahre und vor allem auch vordergründige Gründe, jedoch gab es dann noch einen unterschwelligeren, der sie beschäftigte, nämlich den Umstand, dass sie es gar nicht mehr versuchen wollte aus Angst, am Ende nur festzustellen dass sie überhaupt kein Talent besaß. So blieb es ein schöner, unerfüllter Traum, die Realität konnte diesen mit einem einzigen Versuch zerstören und damit nicht einmal mehr die Illusion übrig lassen.. Es war ihr schlicht zu riskant, und auch nicht wichtig genug. "Deswegen höre ich lieber nur Musik.. Klassik, wie du schon vermutet hast. Ich mag den Gedanken, das vor vielen Hunderten von Jahren ein Mensch so schöne Musik komponiert hat, dass sie selbst Jahrhunderte später noch die Herzen ihrer Zuhörer berühren kann." schloß sie, wobei ihr nur zu hoffen übrig blieb, dass sie nicht wieder unbedachte Worte angeschlagen hatte, die Dominque weiter aufbrachten. Sie hatte auch kurz erwogen, aufzustehen und sich unter einm Vorwand zu verabschieden um Dominique nicht weiter zu bedrängen.. allerdings hatte sie geglaubt, dass er sich dann nur schlechter fühlen würde. Sie war halb und halb davon überzeugt, dass er seinerseits aufgestanden und gegangen wäre, wenn er das wirklich gewollt hätte.
Dominique konnte langsam immer mehr an Ruhe gewinnen- oder viel mehr an Beherrschung- während er nicht mehr mit seinem Geburtstag konfrontiert wurde. Lieber stürzte er sich in Eindrücke von Musik, das Gefühl das Klassik ihm vermittelte. Die Wärme und Schönheit war für den Franzosen so rein und klar- dass sein Herzschlag schon langsam ruhiger wurde- und die Kälte die ihn umfangen hielt auch langsam körperlich erreichte. Es fröstelte Dominique nun daher ein wenig, weswegen er sich über den Oberarm strich der Sofia zugewandt war. Kein Wort, kein wanken des Kopfes sollte daher der Entschuligung des lieben Mädchens folgen- sondern nur beteiligtes Schweigen. Erst, als sie begann über den nicht erfüllbaren Wunsch zu sprechen, Geige zu erlernen, konnte sich Sofia wieder Dominiques Aufmerksamkeit sicher sein. Ab und an, huschten auch die Augen des Franzosens über das durchaus hübsche Gesicht des Mädchens mit den tiefblauen Augen.. "Klassik ist rein, dass mitunter einzig gute, wozu Menschen in der Vergangenheit fähig gewesen waren...genauso wie im schreiben von Lyrik." Bekräftigte Domi leise- und irgendwo wurde doch sein schlechtes Bild dass er von Menschen hatte ein weiteres Mal nicht bestätigt. Nach seinem Bild, dass er immerhin vor Augen hatte- wäre Sofia verängstigt aufgestanden und wäre verschwunden..stattdessen war sie geblieben.. hatte sich nicht von dem Franzosen ängstigen lassen, und ihn damit vorallem nicht mit seinem Kummer und seinen Schmerzen allein gelassen. All das, bekam der Franzose auch mit..nur konnte er es in diesem Moment nicht gänzlich begreifen da er immer noch zu aufgewühlt war. " In meinem Zimmer habe ich noch sehr viele Cd's aus Frankreich.. mit deutschen , französichen oder italienischen Opern und Stücken. Sowas findet man sonst nur im Internet..und wenn ich in zu Hause bin, halte ich die Nutzung solcher Medien sehr gering.." Erzählte er ein wenig von sich selbst. Dabei erinnerte er sich auch, mit weniger schlechter Befangenheit an die Chorstunden zurück die in der kirchlichen Kinderheimeinrichtung gehalten wurde. Er hatte damals eine schöne Stimme gehabt..heute, kam es nur noch selten vor dass er sich in Sprechgesang oder überhaupt Gesang verlor. Meistens- von ihm unbemerkt..und längst nicht so schön wie vor einigen Jahren. Das einzige was ihn davon abgehalten hatte, Musik mit etwas schlechtem zu verbinden war damals sein Leherer Monsier Maunier gewesen. Er hatte dem jungen Dominique, doch versucht ein wenig Menschlichkeit mit auf dem Weg zugeben. Nur hatte er nie ahnen können was den Jungen damals dazu gebracht hatte sich so abzugrenzen.
" Ich finde auch, dass Musik berührt..." sprach er daher leise, und konnte langsam die krampfenden Finger von dem weißen Hemdstoff lösen und damit seine abwehrende Haltung aufgeben..von der nichts mehr zurückblieb wie einige Falten im Hemd. " Ich lerne gut mit Musik..oder höre sie beim lesen, beim entspannen. Aber ein Instrument habe ich auch nie gelernt, nur eine Zeit im Chor gesungen." schüttelte er leicht den Kopf und verbannte ein paar der blonden Wellen aus seiner Stirn, wobei ihm auffiel, dass seine Haut immer noch durchnässt gewesen war. "Sofia?" sprach er daher das Mädchen persönlich an, ohne zu ihr aufschauen zu können- da er mit halb gesenkten Lidern seine Finger betrachten musste. "Hättest du vielleicht ein Taschentuch.." trat er mit einer Bitte an sie heran- da er sich nicht erkälten wollte, oder aber zug bekäme. Der Ausbruch an Zorn, hatte ihm doch mehr abverlangt, als er sich im ersten Moment hatte eingestehen wollen. Nur, weilmit den Schmerzen auch die Kälte aus seinen Glidern gewichen war.."Dein Vater scheint mir aber sehr streng zusein.." Wich er daher auch lieber wieder auf das Mädchen ab, als sich mit sich selbst zu beschäftigen.Das Interesse dass hinter den Fragen steckte, war jedoch ehrlicher Natur..ansonsten, hätte er wirklich einfach aufstehen können um sich zu entziehen. "Ist dass nicht sehr anstregend für dich?" wollte er wissen, da er selbst auch nicht viel Ahnung von Familiensystemen hatte. Er glaubte nur, mit so viel Autorität ein Problem zu bekommen, insofern Sofias Vater sein eigener gewesen wäre...
Selbst wenn Dominique sie nicht direkt ansah, als er ihren Namen aussprach, wandte doch Sofia ihm das Gesicht zu, um ihn fragend anzuschauen. "Ja?" konnte sie noch hervorbringen, bevor sie sich mit Dominiques Frage nach einem Taschentuch konfrontiert sah. "JA, natürlich. Einen Moment." Um nach ihrem Taschentuch zu suchen musste sie von ihrem Platz aufstehen, da sich in den Falten ihren Rocks eine kleine Tasche befand, in welchem sie ein sorgsam zusammengefaltetes und gebügeltes Stofftaschentuch verwahrte. Ebenso wie die Bluse die sie trug war es blütenweiß, wenn sich auch am Taschentuchsaum feine Spitze fand. Das zusammengefaltete Bündel reichte sie es Dominique aus Rücksicht auf seinen Zustand jedoch nicht direkt, sondern setzte sich erst wieder hin und schob es ihm dann durch ein Strecken des Armes nahe zu seiner Seite der Bank. Was wirklich mit ihm los war, konnte sie nicht wissen, bisher nicht einmal erahnen. Jedoch fragte sie sich schon, was mit dem schönen jungen Mann nicht stimmte.. "Musik ist etwas schönes.." stimmte sie ihm dann zu, es diesmal diplomatisch vermeidend, seine Aussagen zu kommentieren. Viel mehr sammelte sie jedes seiner Worte wie kleine Perlen ein, um sie für sich selbst zu behalten. Nun wusste sie zum Beispiel schon, dass er gern CDs mit europäischen Opern mochte, und Lyrik bevorzugt in seiner Muttersprache las.. "Ich mag Musik lieber als Poesie. Sie ist leichter zu verstehen und es gibt da keine Sprachbarriere." legte sie ihre Meinung so neutral wie möglich aus. Es machte ihr dabei keine Mühe, immerhin war sie, seit sie denken konnte eher der anpassungsfähige Typ gewesen. War man boshaft, hätte man es auch als schwach bezeichnen können, freundlicher formuliert konnte man es harmoniebedürftig nennen. "Ich finde immer, dass bei Übersetzungen manchmal das gewisse Etwas verloren geht. Es gibt in jeder Sprache feststehende Begriffe die sich durch reines Übersetzen emotional gar nicht zu einhundert Prozent übernehmen lässt.. Musik dagegen ist universal. Man muss nicht einmal besonders gebildet zu sein, um sie zu begreifen. Es reicht, wenn man einfach sein Herz öffnet und zuhört." verlor sich ihre Stimme in einem Seufzen.
"Wenn du magst, kannst du das Taschentuch auch behalten." sagte sie dann. "Natürlich nur wenn du kein eigenes hast und es dir gefällt. Vielleicht magst du ja keine Spitze.." fiel ihr dann auf, dass es vielleicht wirklich nicht seinem Geschmack entsprach. "Ich glaube aber nicht, dass mein Vater besonders streng ist." fuhr sie dann jedoch stirnrunzelnd fort. Es machte ihr nicht so viel aus, von sich zu erzählen, im Gegensatz zu Dominque. "Ich kann tun und lassen was ich möchte, wenn meine Noten nicht darunter leiden und ich gewisse.. Rahmenbedingungen beachte. Ich habe aber mit meinen Studien so viel zu tun das mir keine Zeit bleibt. Wenn ich noch irgendwelchen Hobbies nachginge, würden meine Noten schlechter.. und ich mag es auch nicht, wenn ich ständig in Diskussionen verwickelt würde weil ich dieses oder jenes tue.. oder mich ständig missbilligenden Blicken ausgesetzt sehen müsste." war es vielleicht doch ein wenig Verärgerung, der aus ihrer Haltung sprach. "Es ist anstrengend.. aber im Moment habe ich keine andere Wahl." schloß sie schließlich, wobei es gar nicht mehr wirkte, als ob sie mit Dominique sprach, sondern einmal mehr als würde sie zu sich selbst sprechen, wie die gerade Linie des Kinns und der entschlossene Blick verriet. Erst einige Augenblicke später milderte sich der Ausdruck auf ihrem Gesicht und wurde wieder weicher. "Das tut mir leid. Jetzt klingt es schon so, als wollte ich mich bei dir beschweren. Dabei hast du ja gar nichts damit zu tun." Und eigentlich glaubte sie auch, dass Dominique es nicht einmal so genau wissen wollte. Ebenso wenig, wie sie glaubte das er ihre Meinung zu seiner Stimme hören wollte. Wenn sie sich nicht solche Gedanken um ihn machen würde, hätte sie ihm einfach gesagt, dass sie glaubte, er habe eine sehr schöne Stimme... Sie musterte ihn nur besorgt nach seinem 'Anfall'.